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Gabbata

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Gabbata hieß nach Joh 19,13 EU ein mit Steinen oder Mosaikboden gepflasterter Platz in Jerusalem. Dort übte der Präfekt des Römischen Reiches über die Provinz Judäa im 1. Jahrhundert sein Richteramt aus.

Meister Bertram von Minden: Christus vor Pilatus, um 1390

Der Begriff wird im Neuen Testament nur diese eine Mal erwähnt, hat aber entscheidende Bedeutung: Dort sei Jesus von Nazaret vom damaligen römischen Statthalter Pontius Pilatus zur Kreuzigung verurteilt worden. Anders als über andere Stationen des Passionsweges Jesu - Tempelbezirk, Getsemani, Via Dolorosa, Golgotha - ist über Gabbata sonst wenig bekannt.

Name

Gabbata wird zwar in Joh 19,13 als hebräisches Wort eingeführt, doch damit meinte Johannes nicht das real kaum noch gesprochene Hebräisch, sondern Aramäisch, die damalige Umgangssprache der jüdischen Bevölkerung. Das aramäische gabbata stammt jedoch vom hebräischen גבחת - gabachat, das „Stirnglatze; Kahlheit“ bedeutet. Es erscheint im NT gräzisiert zu gabbatha und an der Seite des griechischen Ausdrucks λιθóστρωτον - lithostraton. Dieser bedeutet „Stein-“ oder „Mosaikpflaster“.

Das griechische lithostratum übersetzt nicht den aramäischen Ausdruck: Beide bezeichnen denselben Platz in verschiedenen Sprachen und ähnliche, aber nicht identische Eigenschaften desselben. „Stirnglatze“ kann sich auf seine geglättete Oberfläche insgesamt beziehen. Die Verbwurzel von gabbata bedeutet anheben, was auf seine Erhöhung hinweisen könnte. „Steinpflaster“ oder „Mosaikpflaster“ dagegen bezieht sich auf das dabei verwendete Bodenmaterial. Dieses bedeckte nicht nur den Innenraum des Prätoriums, sondern auch seinen vorderen Vorplatz.

Lokalisierung

Aus Mk 15,16 EU wird gefolgert, dass der Amtssitz des Pilatus identisch mit dem Prätorium (Legionslager) war. Einige Exegeten nehmen daher an, dass der Gerichtsplatz Gabbata sich ebenfalls innerhalb dieses Gebäudes befand, das sich im Bereich der heutigen Zitadelle am Jaffator befand.

Andere gehen davon aus, dass sich das Prätorium innerhalb der Burg Antonia, die Herodes der Große als seinen Palast hatte bauen lassen, befand. Dies war eine mit dicken Mauern und Toren befestigte Kasernenanlage an der nordwestlichen Ecke des Tempelplatzes, die den römischen Besatzern notfalls auch Zuflucht vor jüdischen Aufständen bot.

Versuche, den Platz mit dem ebenfalls gepflasterten Tempelvorhof für die „Heiden“ oder dem Platz, an dem der Sanhedrin zusammentraf, zu identifiziern, haben sich nicht durchgesetzt.[1]

Neutestamentlicher Kontext

Die synoptischen Evangelien erwähnen weder den Namen des Richtplatzes, an dem Jesus verurteilt wurde, noch ein förmliches Todesurteil des Pilatus. Nach Mk 15,1 EU wurde er direkt nach dem Prozess vor dem Sanhedrin im Palast des amtierenden Hohenpriesters Kaiphas zum Wohnsitz des Pilatus geführt. Erst nach dessen kurzem Verhör und Hinrichtungsbefehl wurde Jesus laut Mk 15,16 zur Geißelung geführt:

Die Soldaten führten ihn in den Palast hinein, das heißt in das Prätorium, und riefen die ganze Kohorte zusammen.

Demnach fand die Verurteilung nicht im Prätorium, sondern außerhalb davon statt. Nach der Folter durch römische Soldaten musste Jesus sein Kreuz zur Kreuzigung nach Golgotha - einer Anhöhe vor der Stadtmauer - tragen.

Das Johannesevangelium verändert den in den älteren Evangelien weitgehend einheitlich dargestellten Ablauf der Passion Jesu an vielen Stellen. So entfällt hier der Prozess vor dem Sanhedrin. Jesus wird hier nur einem Privatverhör durch Hannas unterzogen, den Schwiegervater des Kaiphas (Joh 18,19-24 EU). Ein Rechtsgrund oder gar ein förmliches Todesurteil werden nicht erwähnt. Kaiphas habe Jesus dann direkt an den Amtssitz des Pilatus überstellt (Joh 18,28 EU):

Von Kajaphas brachten sie Jesus zum Prätorium; es war früh am Morgen.

Dies setzt voraus, dass Pilatus sich dort befand, um sein Amt auszuüben. Weiter heißt es:

Sie selbst gingen nicht in das Gebäude hinein, um nicht unrein zu werden, sondern das Paschalamm essen zu können.

Dies deutet an, dass sie an einem Ruhetag vor einem hohen Fest wie dem Pessach keine römischen Gebäude betreten durften, da diese als unrein galten. Zugleich unterstreicht die Notiz, dass Jesu Verurteilung im Innenraum des Gebäudes, nicht in der Öffentlichkeit davor, stattfand.

Das folgende Verhör Jesu durch Pilatus wird zu einer breiten Szene entfaltet, in deren Verlauf es zu einem öffentlichen Disput über die Schuld des Angeklagten vor dem Prätorium kommt. Pilatus erscheint dabei als Verteidiger der Unschuld Jesu, der dessen Leben retten und Jesus freilassen will, aber schließlich vor dem wütenden Drängen der Priester und der Volksmenge („Kreuzige ihn!“) kapituliert und ihnen Jesus ausliefert (Joh 18,33-19,16 EU). In diesem Kontext ist bedeutsam, dass Pilatus ausdrücklich seinen Richterstuhl auf Gabbata einnimmt: Damit betont Johannes die Autorität und Rechtmäßigkeit des Zeugnisses, das Pilatus gegenüber „den Juden“ für Jesus abgelegt habe: Sehet, welch ein Mensch ... sehet, das ist euer König!


Der Begriff Gabbata im Gesamtzusammenhang des Johannesevangeliums

Man bezeichnet die Szenerie auch als Jesu Verurteilung, nachdem Jesus bereits vor dem jüdischen Hohepriester Hannas unter Leitung des damals amtierenden Hohen Priester Kaiphas [2] verhört worden war (Joh 18,12-24). Danach schildert der Text ein staatliches Verhör durch Pontius Pilatus, dem Präfekt von Judäa, am frühen Morgen vor Sabbatbeginn zu Pessach im Inneren des Prätoriums (Palast des Herodes). Das Urteil wird vor dem Praeteritum an dem als Gabbata bezeichneten Ort von einem Richterstuhl aus gesprochen. Der Nennung des Ortsnamens Gabbata erfolgt zur Einleitung des Urteils, dem vorläufigen Höhepunkt der Handlung, welche zu Jesu Kreuzigung führte. Funktion dieser hebräischen Ortsnamensnennung im Text liegt in besseren Anschauungsgründen und in Verdeutlichung historischer Glaubwürdigkeit. Im darauf folgenden Vers folgt eine Zeitangabe, nach welcher das Urteil des Pilatus „um die sechste Stunde“, gegen Mittag erfolgte (Joh 19,14 EU).



Referenzen

  1. Jewish Encyclopedia: Gabbatha
  2. P. Winter, On the Trial of Jesus, S. 31–43 und die dort angegebene Literatur.

Literatur

  • Joachim Jeremias: Jerusalem zur Zeit Jesu, Vandenhoeck + Ruprecht, Göttingen 1969 (4. Auflage), ISBN 3525535171
  • Clemens Kopp: Die heiligen Stätten der Evangelien, Pustet Verlag, 2. Auflage 1964, ASIN B0000BKEC6
  • LThK: Gabbatha