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Hellmuth von Mücke

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Hellmuth von Mücke (* 25. Juni 1881 in Zwickau; † 30. Juli 1957 in Ahrensburg) war Offizier der kaiserlichen Marine und wurde als Führer einer kleinen Gruppe deutscher Matrosen, die sich während des Krieges vom Indischen Ozean nach Deutschland durchschlug, bekannt. Während der Zeit der Weimarer Republik betätigte er sich als Politiker und Schriftsteller. Nachdem er aufgrund seiner publizistischen Tätigkeiten während der Zeit des Nationalsozialismus verfemt worden war, setzte er sich in der jungen Bundesrepublik vehement gegen die Wiederbewaffnung ein.

Leben

Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges diente von Mücke, der verarmtem Adel entstammte, als Erster Offizier im Rang eines Kapitänleutnants an Bord des Kleinen Kreuzers SMS Emden im deutschen Ostasien-Geschwader. Er hatte sich dorthin versetzen lassen, da er sich davon eine schnelle Beförderung versprach. Die Emden war mit dem Rest des Geschwaders in Tsingtao stationiert. Der Kommandeur Maximilian von Spee erkannte, dass der deutsche Stützpunkt Tsingtao nicht zu halten sein würde, und beschloss daher, Richtung Südamerika auszulaufen, um nach Deutschland zu fahren. Die Emden sollte diesen Abzug decken, indem sie durch Handelskrieg den britischen Nachschub stören und britische Kampfverbände auf sich ziehen sollte.

Bis Ende 1914 verliefen die Kaperfahrten erfolgreich. Für den 9. November 1914 war ein Treffen mit dem Versorgungsschiff Buresk geplant, welches bei Direction Island (Kokosinseln) stattfinden sollte. Eine auf der Insel befindliche Funkstation sollte ausgeschaltet werden. Zu diesem Zweck landete von Mücke mit einem Landungszug von insgesamt 50 Mann, die mit Gewehren, Pistolen und vier Maschinengewehren bewaffnet waren. Die Operation verlief ohne Zwischenfälle, die Station konnte jedoch noch einen Notruf absetzen. Dieser wurde von einem australischen Truppentransport-Konvoi aufgefangen, der daraufhin der Leichte Kreuzer HMAS Sydney zur Aufklärung entsandte. Die Sydney wurde zwar von der Emden gesichtet, jedoch ging die Besatzung zunächst davon aus, dass es sich um die Buresk handele. Bei dem anschließenden Gefecht trug die Sydney mit ihrer überlegenen Bewaffnung den Sieg davon. Mückes Kommando saß auf Direction Island fest. Er war entschlossen, seine Männer nicht in Gefangenschaft gehen zu lassen und ließ daher den zufällig vor der Insel liegenden Dreimast-Schoner SMS Ayesha kapern. Er steuerte zunächst Sumatra an, es schien nach wenigen Tagen jedoch so, als sei das Unternehmen zum Scheitern verurteilt. Die Ayesha war schon außer Dienst gestellt und abgetakelt worden. Das Schiff war undicht, zudem konnten die vier Trinkwassertanks nicht gereinigt werden, so dass drei von ihnen faulten und daher unbrauchbar waren. Erschwerend kam die Flaute auf See hinzu. Trotz allem erreichte von Mückes Trupp am 13. oder 14. Dezember 1914 Padang. Da Indonesien als Kolonialbesitz zu den Niederlanden gehörte, die im Krieg neutral waren, musste von Mücke binnen 24 Stunden wieder auslaufen. Es gelang ihm über den deutschen Konsul ein Treffen mit einem deutschen Frachter zu vereinbaren. Am 14. Dezember setzte die Mannschaft auf einen Frachter über und versenkte die Ayesha.

Von Mücke hatte in Padang erfahren, dass Deutschland mit dem Osmanischen Reich verbündet war und beschloss daher, über Arabien und die Türkei einen Rückkehrversuch zu unternehmen. Da das Rote Meer von alliierten Kriegsschiffen kontrolliert wurde, liefen sie Hodeidah (heute im Jemen) an und gingen dort an Land.

Von Mückes Ziel war die Hedschas-Bahn, die Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut worden war und Arabien von Norden nach Süden verbinden sollte. In Houdaidah angekommen, musste er jedoch erfahren, dass die Vollendung des letzten Teilstückes in den Wirren der Araberaufstände im Osmanischen Reich untergegangen war. Von Mücke beschloss daher, über Land nach Sanaa zu marschieren. Dort angekommen musste er feststellen, dass von den türkischen Statthaltern nur wenig Unterstützung zu erwarten war. Der türkische Militärgouverneur erhoffte sich von den deutschen Soldaten Hilfe gegen die aufständischen Araber und blockierte mehrere Wochen die Weiterreise. Nachdem von Mücke das Insistieren des türkischen Gouverneurs mehrfach zurückgewiesen hatte, trat seine Mannschaft den Rückweg nach Houdaidah an.

Dort organisierte Mücke zwei Daus, mit denen sie das Rote Meer nordwärts segelten. Um Begegnungen mit feindlichen Kampfschiffen zu entgehen, fuhren die beiden Boote durch Korallenriffe entlang der Küste. Die größere und schwerere der beiden Daus lief auf eines der Riffe auf und sank. Die gesamte Besatzung konnte auf das kleinere Boot gerettet werden, welches mit 70 Mann besetzt am 18. März 1915 die Region von Dschidda erreichte, wo von Mücke an Land ging. Er lernte einen ehemaligen türkischen General kennen, der aufgrund der Araberaufstände um seinen Besitz fürchtete und sich dem Marsch der deutschen Matrosen anschloss. Es wurden Kamele und Treiber organisiert, schließlich brach die Karawane Richtung Mekka auf. Von Mücke hatte nach wie vor die Hedschasbahn als Ziel vor Augen. Ein überraschender Beduinenangriff konnte mit den mitgeführten Maschinengewehren zunächst abgewehrt werden, dennoch war die Versorgungslage (vor allem Wasser) schlecht. Abdullah, der Sohn des Emirs erschien als Unterhändler und bot seinen Schutz an. Von Mücke ging auf das Angebot ein, merkte jedoch bald, dass die Deutschen eher als Gefangene denn als Gäste betrachtet wurden. Er traf daher Fluchtvorbereitungen und in der Tat gingen die Emdenfahrer an Bord einer Dau, als der Sohn des Emirs für eine kurze Zeit in Mekka weilte.

Am 7. Mai 1915 ging die Mannschaft am Nordende des Roten Meeres wieder an Land, nach wie vor auf der Suche nach der Hedschasbahn. Nach einigen Tagen Marsch war der Glaube an die Existenz dieser Bahn weitgehend verblasst, lediglich von Mücke hielt am Ziel fest. Am 7. Mai erreichte die Truppe dann tatsächlich die Bahnlinie. Ihr weiterer Weg führte sie mit dem Zug durch Syrien nach Konstantinopel. In der Zwischenzeit war der Landungszug berühmt geworden und in jedem Bahnhof gab es festliche Empfänge mit den lokalen Würdenträgern. Am 23. Mai 1915 trafen die Überlebenden (sechs Mann waren unterwegs gestorben oder gefallen) in Konstantinopel ein, die einzigen Mitglieder des Ostasien-Geschwaders, die vor Kriegsende die Heimat erreichten.

Nach den obligatorischen Ehrenempfängen und Zeremonien wurden die Mitglieder des Landungszuges auf verschiedene Fronten verteilt. Etwa die Hälfte von ihnen fiel in kurzer Zeit, was sich auf von Mücke desillusionierend auswirkte und seine spätere pazifistische Einstellung beeinflusste. Zunächst dient er jedoch weiterhin beim Militär, 1916 war Führer der Flußabteilung auf dem Euphrat, 1917 Chef der deutschen Donau-Halbflotille. Bei Kriegsende schied er im Rang eines Korvettenkapitän aus der Marine aus.

Aufgrund seiner Kriegserlebnisse nahm von Mücke eine pazifistische Position ein. Er war publizistisch tätig und engagierte sich politisch. Er trat in die DNVP ein, wechselte jedoch 1919 zur DAP (Ab 1920 NSDAP). Für die NSDAP zog er 1926 in den sächsischen Landtag ein. Ende der 1920er zog seine Familie (Mücke hatte geheiratet und vier Kinder) nach Wyk auf der Insel Föhr, nachdem er im Streit aus der NSDAP ausgeschieden war. Unter der Hitlerdiktatur galten von Mückes Schriften als „nationalbolschewistisch“ und staatsfeindlich. In den Jahren 1937 und 1939 kam er sogar in KZ-Haft und erhielt Schreibverbot. Spätestens nach dem Kriegstod seines ältesten Sohnes kehrte sich Mücke innerlich vollkommen vom nationalen Gedankengut ab.

Nach Kriegsende trat von Mücke strikt gegen die Wiederbewaffnung ein. Seine Haltung brachte ihm den Vorwurf kommunistischer Gesinnung ein, ihm wurde mit Aberkennung seiner Rente und Einweisung in die Psychiatrie gedroht. Nichtsdestotrotz behielt der ehemalige Kriegsheld seine strikte Opposition bis zu seinem Tod 1957 in Ahrensburg (wo er seit 1940 lebte) bei.

Noch zu Lebzeiten hatte Mücke ein Buch über seine Abenteuer während des Ersten Weltkrieges publiziert, welches den Namen ihres ersten Fluchtschiffes - Ayesha - zum Titel hatte. Mit einer Magisterarbeit von Andreas Hofer (2002) liegt auch eine Biografie Mückes vor.

Literatur

  • Andreas Hofer: Kapitänleutnant Hellmuth von Mücke : Marineoffizier - Politiker - Widerstandskämpfer, Wien: Diplomica, 2002; ISBN 3-8288-8564-0

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