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Engelbert Kaempfer

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Engelbert Kaempfer (* 16. September 1651 in Lemgo, Deutschland; † 2. November 1716 in Lieme, heute Ortsteil von Lemgo) war ein deutscher Arzt und Forschungsreisender. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in Japan 1690-1692 leistete er einen einflussreichen Beitrag zur Erforschung des Landes und zum europäischen Japanbild des 18. Jahrhunderts.

Leben

Kaempfer war der zweite Sohn von Johannes Kemper, einem Pastor an der St.-Nikolai-Kirche zu Lemgo, und dessen Ehefrau Christina Drepper. In seiner Jugend besuchte er zunächst die Lateinschule in seiner Heimatstadt und in Hameln (1667), danach das Gymnasium in Lüneburg, Lübeck und schließlich das „Athenaeum“ in Danzig. Es folgte ein langwieriges Studium der Philosophie und Medizin an den „Hohen Schulen“ in Thorn, Krakau und Königsberg (Preußen). 1681 wechselte er zur Akademie in Uppsala.

Am schwedischen Hof machte Kaempfer die Bekanntschaft von Samuel von Pufendorf, der ihn dem schwedischen König Karl XI. als Arzt und Sekretär für eine Gesandtschaft zum russischen und persischen Hof empfahl. Während dieser Reise schulte er seine Beobachtungsfähigkeit und fertigte umfangreiche Aufzeichnungen zu Land und Leuten in den bereisten Regionen an. Als der Gesandte Ludwig Fabritius zur Rückreise nach Schweden aufbrach, beschloss Kaempfer, im Lande zu bleiben und seine Forschungen fortzusetzen. Nach insgesamt vier Jahren in Persien folgte eine rund einjährige Tätigkeit als Schiffsarzt der niederländischen Ostindischen-Kompanie (VOC) im indischen Raum.

Nach seiner Ankunft in Batavia, der Verwaltungszentrale der Kompanie in Ostasien, versuchte Kaempfer zunächst erfolglos eine Stelle im lokalen Krankenhaus anzunehmen. Im Umgang mit ehemaligen Japanreisenden und Gebildeten in Batavia reifte der Plan zur umfassenden Erforschung des Landes, das seit 1639 nur noch einen sehr eingeschränkten Umgang mit der Außenwelt pflegte (siehe Abschließung Japans).

Von 1690 bis 1692 arbeitete Kaempfer dann als Arzt in der Handelsniederlassung Dejima (Deshima) in Nagasaki. Obwohl die Europäer die kleine Insel Dejima jährlich nur zu ein bis zwei Tagesausflügen verlassen durften, gelang es ihm, dank der Kooperation japanischer Partner wie Imamura Gen'emon, Namura Gompachi, Narabayashi Chinzan usw. zahlreiche Objekte, Bücher und Informationen zu sammeln und auszuwerten. Als Arzt durfte er auch an der jährlichen Hofreise des niederländischen Repräsentanten teilnehmen, der in Edo (heute Tokio) dem Shogun Dank abzustatten hatte für die Genehmigung zum Handel mit Japan. Diese beiden ermöglichten es ihm, diese Informationen zu überprüfen, auszuweiten und Teile des verschlossenen Landes aus eigener Anschauung kennenzulernen.

1695 kehrte Kaempfer nach Europa zurück. Nach der Promotion in Leiden, bei der er zehn Observationen zum Besten gab, ließ er sich im Steinhof zu Lieme nahe Lemgo nieder. Hier begann er mit der Auswertung der akkumulierten Schätze, doch seine ärztliche Praxis und die Tätigkeit als Leibarzt des Grafen Simon August zur Lippe in Detmold erwiesen sich als überaus zeit- und kräfteraubend. Die 1700 geschlossene, wenig glückliche Ehe mit der mehr als 30 Jahre jüngeren Sophie Wilstach trugen zur wachsenden Erschöpfung bei. 1712 gelang es ihm schließlich, die „Amoenitates Exoticae“ im heimatlichen Lemgo zu publizieren. Zum Druck eines zweiten Manuskripts („Heutiges Japan“) kam es jedoch nicht mehr. Im Alter von 65 Jahren starb Engelbert Kaempfer am 2. November 1716 im Steinhof zu Lieme.

Große Teile des vom Neffen Johann Hermann Kaempfer übernommenen Nachlasses wurden 1723 und 1725 vom Leibarzt des englischen Königs und leidenschaftlichen Sammlers Sir Hans Sloane angekauft. Dieser ließ das ungedruckte Japanmanuskript übersetzen und 1727 unter dem Titel The History of Japan publizieren. Das systematische und umfassende Werk füllte eine Lücke, da eine umfassende, neuere Beschreibung seit vielen Jahrzehnten ausstand. Schon 1729 erschienen die erste Auflagen einer französischen und einer niederländischen Übersetzung. Nach der Entdeckung eines zweiten Manuskriptes im Nachlass von Kaempfers Nichte, gab der Aufklärer und spätere Staatsrat Christian Wilhelm Dohm 1777-79 auch eine deutsche Version heraus. Besonders die französische Ausgabe wurde von der europäischen Intelligenz intensiv rezipiert. Dank der systematischen Konzeption und des Reichtums an Informationen prägte das Werk das europäische Japanbildes im 18. Jahrhundert. Unter anderem verfasste Kaempfer die erste detaillierte westliche Beschreibung des Ginkgos, ein als ausgestorben geltender Baum, der, vor etwa 1200 Jahren in Japan eingeführt, als Tempelbaum für medizinische Zwecke kultiviert wurde und darum nur dort als „lebendes Fossil“ überlebt hat. An diesem Meilenstein der Erforschung Japans orientierten sich spätere Japanreisende bis hin zu Philipp Franz von Siebold.

Da der Nachlass Sloanes nach dessen Tod als Gründungssammlung in die Kollektion des Britischen Museums einging, konnte dieser Teil der Kaempferschen Bestände für die Nachwelt gerettet werden. Kaempfers umfangreiche Bibliothek jedoch wurde infolge einer 1773 durchgeführten Versteigerung zerstreut. Sein „Stammbuch“ sowie Akten seines Scheidungsprozesses befinden sich in Detmold.

Neuere Forschung zeigten erhebliche Unterschiede zwischen den Druckausgaben des Japanwerks und dem in der British Library gehüteten Manuskript auf. Im Zug der kritischen Edition von Kaempfers Werken wurde 2001 die ursprüngliche Version erstmals zugänglich gemacht. Weitere Publikationen des Nachlasses zeigen eine eindrucksvolle Breite und Tiefe des Lemgoer Arztes, der mit Recht zu den herausragendsten Forschungsreisenden des 17. Jahrhunderts zählt.

Nach Engelbert Kämpfer ist in seiner Geburtsstadt Lemgo auch das Engelbert-Kaempfer-Gymnasium benannt.

Werke

  • Exercitatio politica de Majestatis divisione in realem et personalem, quam […] in celeberr. Gedanensium Athenaei Auditorio Maximo Valedictionis loco publice ventilendam proponit Engelbertus Kämpffer Lemgovia-Westphalus Anno MDCLXXIII d. 8. Junii h. mat. Dantisci [=Danzig], Impr. David Fridericus Rhetius.
  • Disputatio Medica Inauguralis Exhibens Decadem Observationum Exoticarum, quam […] pro gradu doctoratus […] publico examini subjicit Engelbert Kempfer, L. L. Westph. ad diem 22. Aprilis […] Lugduni Batavorum [Leiden], apud Abrahanum Elzevier, Academiae Typographum. MDCXCIV.
  • Amoenitatum exoticarum politico-physico-medicarum fasciculi v, quibus continentur variae relationes, observationes & descriptiones rerum Persicarum & ulterioris Asiae, multâ attentione, in peregrinationibus per universum Orientum, collecta, ab auctore Engelberto Kaempfero. Lemgoviae, Typis & impensis H.W. Meyeri, 1712.
  • The History of Japan, giving an Account of the ancient and present State and Government of that Empire; of Its Temples, Palaces, Castles and other Buildings; of its Metals, Minerals, Trees, Plants, Animals, Bi*rds and Fishes; of The Chronology and Succession of the Emperors, Ecclesiastical and Secular; of The Original Descent, Religions, Customs, and Manufactures of the Natives, and of thier Trade and Commerce with the Dutch and Chinese. Together with a Description of the Kingdom of Siam. Written in High-Dutch by Engelbertus Kaempfer, M. D. Physician to the Dutch Embassy to the Emperor's Court; and translated from his Original Manuscript, never before printed, by J. G. Scheuchzer, F. R. S. and a member of the College of Physicians, London. With the Life of the Author, and an Introduction. Illustrated with many copperplates. Vol. I/II. London: Printed for the Translator, MDCCXXVII.
  • Kaempfer, Engelberts Weyl. D. M. und Hochgräfl. Lippischen Leibmedikus Geschichte und Beschreibung von Japan. Aus den Originalhandschriften des Verfassers herausgegeben von Christian Wilhelm Dohm [..]. Erster Band. Mit Kupfern und Charten. Lemgo, im Verlage der Meyerschen Buchhandlung, 1777; Zweyter und lezter Band. Mit Kupfern und Charten. Lemgo, im Verlage der Meyerschen Buchhandlung, 1779.

Engelbert Kaempfer, Werke. Kritische Ausgabe in Einzelbänden. Herausgegeben von Detlef Haberland, Wolfgang Michel, Elisabeth Gössmann.

Literatur

  • Kapitza, Peter: Engelbert Kaempfer und die europäische Aufklärung. Dem Andenken des Lemgoer Reisenden aus Anlaß seines 350. Geburtstags am 16. September 2001. – München: Iudicum Verl., ISBN 3-89129-991-5
  • Haberland, Detlef (Hrsg.), Engelbert Kaempfer - Werk und Wirkung. Franz Steiner: Stuttgart 1993, pp. 145-173.
  • Haberland, Detlef (Hrsg.): Engelbert Kaempfer (1651–1716): ein Gelehrtenleben zwischen Tradition und Innovation. – Wiesbaden: Harrassowitz, 2005. – ISBN 3-447-05128-0
  • Bonn, Gerhard: Engelbert Kaempfer (1651 - 1716): der Reisende und sein Einfluß auf die europäische Bewußtseinsbildung über Asien. Mit einem Geleitw. von Josef Kreiner. (Zugl. Diss. Universität Münster 2002). Lang: Frankfurt am Main u. a. 2003