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Simonie

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Als Simonie wird der Kauf oder Verkauf eines kirchlichen Amtes, von Pfründen, Sakramenten, Reliquien oder Ähnlichem bezeichnet.

Der Begriff ist abgeleitet von Simon Magus, einem "großen Zauberer" einer Stadt in Samaria.

Apostelgeschichte: Simon der Zauberer

Der entsprechende Bibelstelle in der Apostelgeschichte (8,5-8,24) lautet mit Einbeziehung der Vorgeschichte wie folgt:

"8,5 Philippus aber ging hinab in eine Stadt Samarias und predigte ihnen den Christus. 8,6 Die Volksmengen achteten einmütig auf das, was von Philippus geredet wurde, indem sie zuhörten und die Zeichen sahen, die er tat. 8,7 Denn von vielen, die unreine Geister hatten, fuhren sie aus, mit lauter Stimme schreiend; und viele Gelähmte und Lahme wurden geheilt. 8,8 Und es war große Freude in jener Stadt. 8,9 Ein Mann aber, mit Namen Simon, befand sich vorher in der Stadt, der trieb Zauberei und brachte das Volk von Samaria außer sich, indem er von sich selbst sagte, daß er etwas Großes sei; 8,10 dem hingen alle, vom Kleinen bis zum Großen, an und sagten: Dieser ist die Kraft Gottes, die man die große nennt. 8,11 Sie hingen ihm an, weil er sie lange Zeit mit den Zaubereien außer sich gebracht hatte. 8,12 Als sie aber dem Philippus glaubten, der das Evangelium vom Reich Gottes und dem Namen Jesu Christi verkündigte, wurden sie getauft, sowohl Männer als Frauen. 8,13 Auch Simon selbst glaubte, und als er getauft war, hielt er sich zu Philippus; und als er die Zeichen und großen Wunder sah, die geschahen, geriet er außer sich.
8,14 Als die Apostel in Jerusalem gehört hatten, daß Samaria das Wort Gottes angenommen habe, sandten sie Petrus und Johannes zu ihnen. 8,15 Als diese hinabgekommen waren, beteten sie für sie, damit sie den Heiligen Geist empfangen möchten; 8,16 denn er war noch auf keinen von ihnen gefallen, sondern sie waren allein getauft auf den Namen des Herrn Jesus. 8,17 Dann legten sie ihnen die Hände auf, und sie empfingen den Heiligen Geist. 8,18 Als aber Simon sah, daß durch das Auflegen der Hände der Apostel der Geist gegeben wurde, brachte er ihnen Geld 8,19 und sagte: Gebt auch mir diese Macht, daß der, dem ich die Hände auflege, den Heiligen Geist empfange. 8,20 Petrus aber sprach zu ihm: Dein Geld fahre mit dir ins Verderben, weil du gemeint hast, daß die Gabe Gottes durch Geld zu erlangen sei! 8,21 Du hast weder Teil noch Recht an dieser Sache, denn dein Herz ist nicht aufrichtig vor Gott. 8,22 Tu nun Buße über diese deine Bosheit und bitte den Herrn, ob dir etwa der Anschlag deines Herzens vergeben werde; 8,23 denn ich sehe, daß du voll bitterer Galle und in Banden der Ungerechtigkeit bist. 8,24 Simon aber antwortete und sprach: Bittet ihr für mich den Herrn, damit nichts über mich komme von dem, was ihr gesagt habt."

"Simonie" wird in diesem Text der Apostelgeschichte somit bedeutend umfassender als im kirchenrechtlichen Sinn beschrieben. Eine historische Tatsache ist aber auch, dass Simonie als Mittel zur alleinigen und unverschämten Bereicherung an Macht wie Geld für viele Jahre ein so verbreitetes Übel war, dass vor allem das Papstum noch heute damit oft in Verbindung gebracht wird.

Geschichtliche Aspekte

Mit dem Toleranzedikt von Mailand von 313 unter Kaiser Konstantin I. und seinem oströmischen Mitkaiser Licinius, das die Christenverfolgung im gesamten Römischen Reich beendete, sah sich das Christentum mit neuen, völlig anders gearteten Herausforderungen konfrontiert, denn mit dieser Akzeptanz als Staatsreligion (zunächst neben vielen anderen) wurde die Ausübung von Macht innerhalb des Christentums und des Staates erst wirklich möglich. Auf dem Konzil von Chalkedon 451 wurden Priesterweihen gegen Bezahlung ausdrücklich und offiziell verboten. Von Papst Nikolaus II. wurde die Simonie auf der Synode von 1059/1060, als "dreigeteilte simonistische Häresie bezeichnet, was auf seiner Einteilung in simonistischen oder nicht-simonistischen Ämterkauf sowie in daran beteilgte Simonisten und Nicht-Simonisten beruhte. Jede Weihe, die auf sidonistische Weise zustandegekommen sei, solle mit der Entfernung des Amtsinhabers aus dem Amt beantwortet werden.

Auch wenn dieses Verbot auf weiteren Konzilen bestätigt wurde - wie dem Konzil im Lateran II (1139), dem Konzil im Lateran III 1179 und dem Konzil von Trient (1545-1563) - war der Kauf von Ämtern weiterhin weit verbreitet.

Beispiele aus der Geschichte

Den Höhepunkt erreichten Ämterkauf und -verkauf gegen Ende des Mittelalters. So solle sich Rodrigo Borgia seine Wahl zum Papst (Alexander VI.) 1492 erkauft haben, indem er das Gebot des Königs von Frankreich und der Republik Genua - 300 000 Golddukaten für ihren eigenen Favoriten - mit vier Maultierladungen Silber überboten habe. Vorsichtigere Geschichtsschreiber geben zu, dass ein Ämterkauf in diesem Fall "nicht unwahrscheinlich" sei.

Reformation als Reaktion

Es ist wichtig zu erwähnen, dass die Reformation des Christentums durch Martin Luther und andere ohne Simonie nicht hätte stattfinden müssen, vielleicht nicht hätte stattfinden können: Der Verkauf von Ablasszetteln durch den Dominikanermönch Johannes Tetzel im Auftrag des Albrecht von Mainz im Jahr 1517 brachte die Empörung des niederen Klerus jedoch zum Überlaufen, und Martin Luther, schlug seine 95 Thesen an die Tür der Kirche in Wittenberg.
Offiziell war das Geld aus dem Verkauf der Ablasszettel für den Bau der Peterskirche in Rom vorgesehen, eine Geheimabmachung mit Papst Leo X. (Papst von 1513-1521), dem zweiten Sohn von Lorenzo de Medici, erlaubte es Albrecht jedoch, die Hälfte des Geldes zur Rückzahlung seiner immensen Schulden zu verwenden. Albrecht musste sich den - dem Kirchenrecht widersprechenden - Erwerb seiner drei Bistümer nämlich mit einer halben Million Mark teuer erkaufen und hatte sich beim Bankhaus Fugger in Augsburg hoch verschuldt. Mit dem Verkauf der Ablasszettel sollten bei dieser unheiligen Liaison von Politik, Finanz und Kirche alle Seiten gewinnen. Dass Albrecht im Dezember 1517 eine Beschwerde gegen Luthers reformatorisches Auftreten in Rom einbrachte, verwundert letztlich nicht.

Simonie als Ausdruck eines Irrglaubens

Neben dem kirchenrechtlichen und geschichtlichen Aspekt ist jedoch noch ein weiterer zu erwähnen, der sich durch die tiefenpsychologische Deutung erschließt.
Simon wird als einer beschrieben, der sich selbst einen großen Namen gegeben hat, zweifelsohne um größer zu scheinen, als er tatsächlich ist. Er selbst wird sich also wesentlich kleiner fühlen, als er zugeben möchte und nach außen hin tut. Als er Phillipus das Evangelium verkündigen hört und so wie alle anderen in der Stadt den neuen Glauben annimmt hält er "sich zu Philippus" und sieht die "Zeichen" und "großen Wunder" die dieser tut. Und gerät außer sich. Wir können vermuten, dass nicht nur das Wirken, sondern auch die Wirkung dieses Mannes auf ihn selbst ihn so erschüttern - erschüttern würde, wenn er das zulassen könnte. Er scheint weiterhin nicht bereit zu sein, seine eigene Kleinheit vor dem (Vertreter des) Herrn - also dem, der alles sieht - zuzugeben. Haben oder Sein - es ist ganz klar, auf welcher Seite dieser Dichotomie Simon anzutreffen ist. Die Konsequenz ist wie selbstverständlich, dass er sich zu kaufen sucht, was er sonst nie zu bekommen glaubt. Demut, Geschenk und Gnade und vor allem Vertrauen sind Begriffe, die für Simon wichtig wären. Insofern ist sein Versuch, sich die "Gaben Gottes" erkaufen zu wollen, das genaue Gegenteil des "wahren Glaubens". Petrus erkennt dies und erschüttert ihn nun tatsächlich. Der Neid - "der Fürst der Galle", Ferdinand Raimund: Der Bauer als Millionär - und die Habsucht liegen als die wahren Motive seines Handelns offen da. Petrus lässt ihn erkennen, dass diese ihn vernichten werden, und Simon, der sich erstmals erkannt sieht, kann nun den weiteren Lauf seines Schicksals doch in andere Hände legen.

Die Simonie des Alltags

Gemäß dieser Deutung sind Neid und Habsucht als Folge eines gestörten Vetrauens in die Heilskraft Gottes und seiner "Diener" die Beweggründe für den Irrglauben, sich mit Geld alles - also auch die Macht zur Heilung der Menschen - kaufen zu können.

Diese Form der Simonie ist allerdings schwerer zu erkennen bzw. kirchenrechtlich nicht mehr strafbar. Dafür weitet sich das Feld der potentiell Gefährdeten. Es sind nicht mehr nur Kleriker, die sich mit Studium und Zölibat ihre Macht über andere Menschen - und sich selbst - "erkaufen" wollen. Alle anderen Angehörigen von Helferberufen - Ärzte, Pflegepersonen, Hebammen, Psychotherapeuten, im weiteren Sinn auch Lehrer usw. - sind gefährdet, ihren Beruf nicht als Berufung, sondern zum Zweck der Machtausübung zu erlernen.


Inwieweit ist Simonie noch heute in der Kirche anzutreffen? Entsprechend den obigen Ausführungen vermutlich nicht so selten. Heute liegen die Problem der Kirche jedoch auf andern Gebieten.

siehe auch: Reliquienhandel - Girolamo Savonarola - Deutscher Bauernkrieg