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Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung

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Das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung e.V. (Abkürzung: DISS) ist eine private interdisziplinäre Forschungseinrichtung. Das Institut erstellt Analysen zur gesellschaftlichen Entwicklung für eine politische, pädagogische und/oder journalistische Praxis. Das Institut wurde 1987 gegründet. Geforscht wird insbesondere nach den Konstitutionsprozessen, die zur Entwicklung von Rechtsextremismus, Rassismus, völkisch-nationalen Tendenzen, Antisemitismus und sozialer Ausgrenzung führen. Das Institut steht nach Meinung von Fachleuten der PDS nahe. In letzter Zeit machte es bundesweite Schlagzeilen, mit dem Versuch einen Journalisten-Sprachcodex mit dem Titel "Sprachfibel der diskriminierenden und rassistischen Wörter" einzuführen.In diesem Codex sollten, "DISS" zufolge, negative Begriffe und Bezeichnungen von Minderheiten positiv umformuliert werden, um eine bessere Darstellung in der Gesellschaft zu erreichen (z.B. Migranten statt Asylbewerber).

Kritische Diskursanalyse

Das Institut verwendet bei seiner Arbeit eine Methode, die es selbst als "Kritische Diskursanalyse" bezeichnet. Diese Methode wird nicht nur angewendet, sondern auch fortlaufend weiterentwickelt. Sie basiert auf Arbeiten von Siegfried Jäger, in denen dieser an Michel Foucault, Jürgen Link und die in der Kulturhistorischen Schule beheimatete Tätigkeitstheorie Alexej Leontjews anschließt. Die Methode der Kritischen Diskursanalyse versteht sich als ein moderner Zweig der linguistischen Textanalyse. Grundlage sind Diskurs- und normalismustheoretische Überlegungen mit denen der herkömmliche von der Linguistik enger gefasste "Textbegriff" erweitert werden soll. Die Bedeutung von Texten, so das Ziel, wird somit innerhalb eines gesamtgesellschaftlichen Kontextes analysiert. Die Diskurs- und Textanalyse wird dabei als ein kulturwissenschaftliches Verfahren verstanden. Bei der Anwendung auf die Untersuchung von Medien wird hierbei davon ausgegangen, dass Medien einen entscheidenden Einfluss auf die Konstituierung von "Subjekten" haben. Durch diese Perspektive sieht Jäger die Möglichkeit gesellschaftliche Entwicklungen, wie z.B. dem Rassismus, mit wissenschaftlich fundierte Kriterien und Analysen entgegen zu wirken. [1], [2]

Siehe auch: Diskurstheorie, Dispositiv (Diskurstheorie), Theorie der Kollektivsymbolik sowie zum Stand der Bedeutung und Forschung zur Diskurstheorie in der untenangegebenen wissenschaftlichen Literatur.

Forschungsprojekte

Einwanderung im deutschen Alltagsdiskurs

Das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung führt seit den 90er-Jahre zu dem Thema des rassistischen und antisemitischen Alltagsdiskurs fortlaufende Erhebungen vor allem in Form von Tiefeninterviews durch. Das Material wird diskursanalytisch ausgewertet. Mit der Studie "BrandSätze" wurde bereits 1992 eine erste Studie veröffentlicht. Interviewt wurden deutsche Bürger und Bürgerinnen in westlichen Großstädten. Das zentrale "Ergebnis dieser Studie ist, daß alle interviewten Menschen mehr oder minder stark in den rassistischen Diskurs verstrickt sind." [3]

Eine Studie, dessen Ergebnisse 2007 vorgestellt werden soll, beschäftigt sich mit den rassistischen und antisemitischen Effekten medialer Debatten wie die um das Holocaust-Mahnmal, um die Entschädigung der Zwangsarbeiter und der Affäre um den Politiker Möllemann, der Debatten zum 11. September 2001 sowie zur Zweite Intifada in Israel und Palästina. [4]

Ethnisierung von Sexismus im Alltagsdiskurs der Einwanderung (1994-1995)

In diesem Forschungsprojekt untersuchte Margaret Jäger auf der Grundlage von Tiefeninterviews mit Menschen deutscher und christlicher Herkunft den Zusammenhang das Phänomen der Ethnisierung von Sexismus, wie es sich in der Auffassung zeigt, "dass türkische oder moslemische Männer besonders sexistisch seien, dass sie Frauen in besonderer Weise unterdrückten". Berücksichtigt wird hierbei die besondere Wirkung durch die Verschränkung der Diskurse um Einwanderung und um Sexismus. Die Ergebnisse der Studie wurden 1996 von Margret Jäger in dem Buch Fatale Effekte. Die Kritik am Patriarchat im Einwanderungsdiskurs. veröffentlicht. [5]

Rechtsextreme Verhaltensmuster (1994-1996)

Dieses vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in NRW geförderte Forschungsprojekt analysierte das "politischen Verhalten von rechtsextremen Mandatsträgern innerhalb und außerhalb der Parlamente und dem weiteren Auftreten rechtsextremer Ideologeme in der Gesellschaft insgesamt" mit dem Ziel "Grundlage Handlungsempfehlungen für Jugendarbeit und Politik" zu entwickeln. [6] Die Ergebnisse der zwei Teilstudien wurden 1997 von Christoph Butterwegge u.a. in dem Band Rechtsextremisten in Parlamenten. Forschung – Fallstudien – Gegenstrategie [7] und 1998 von Siegfried Jäger u.a. in Der Spuk ist nicht vorbei. Völkisch-nationalistische Ideologeme im öffentlichen Diskurs der Gegenwart publiziert. [8]

Biomacht und Medien (1997)

Das diskursanalytische Forschungsprojekt Biomacht und Medien beschäftigte sich mit der Frage: "Wie präsentiert sich das biopolitische Dispositiv in den Print-Medien und welche Effekte gehen von dieser Berichterstattung aus?" Für den Untersuchungszeitraum 1994 wurden fünf Tages- und drei Wochenzeitungen ausgewertet. Untersucht wurden Presseartikel zu den Themenschwerpunkten:

Die Ergebnisse wurden 1997 veröffentlicht. [10]

Medienanalysen

Im Rahmen von Medienanalysen erfoscht das DISS Themen wie Migration und Rassismus zumeist über sehr lange Zeiträume. Untersucht werden sowohl hegiomonale Printmedien, als auch kleinere rechter Medien. Eine besonders intensive Medienanalye erfolgte anhand der Wochenzeitung Junge Freiheit, die seit Anfang der 1990er-Jahre kontinuierlich ausgewertet wird.

Rechtsdruck. Die Presse der neuen Rechten (1987)

1987 analysierte das DISS erstmals die Medien der Neuen Rechten. Diskursanalytisch wurden über 130 Zeitschriften und Zeitungen der rechten Presse untersucht. Im Erhebungszeitraum wurden zu den Zeitschriften Elemente, Neue Zeit, Nation Europa, Mut, Klartext und Der Republikaner jeweils Einzelanalysen vorgenommen. Die Studie wurde 1988 von Siegfried Jäger herausgegeben und erschien unter dem Titel Rechtsdruck. Die Presse der Neuen Rechten im Dietz-Verlag Bonn.

DISS-Studien zur Wochenzeitung "Junge Freiheit" (1994/2003)

Die Studie zur Presse der Neuen Rechten fand ihre Fortsetzung in der Aufsatzsammlung zur Wochenzeitung "Junge Freiheit", die 1994 unter dem Titel Das Plagiat. Der Völkische Nationalismus der Jungen Freiheit erschien und von Helmut Kellershohn herausgeben wurde. Dieses Buch wurde recht breit rezipiert, neben traditionell antifaschistischen Initiativen auch von Bildungseinrichtungen bis zu einzelnen Verfassungsschutzmitarbeitern wie Matthias Weber vom Bundesamt für Verfassungsschutz, der diese Studie als Grundlage für einen eigenen Aufsatz im Jahrbuch Extremismus & Demokratie heranzog.

Mit der Studie Nation statt Demokratie. Sein und Design der rechtsextremen "Jungen Freiheit" wurden die diskursanalytischen Erhebungen zu der Wochenzeitung "Junge Freiheit" um Analysen aus dem Jahre 2002 und 2003 vertieft. Die bereits in früheren und regelmäßigen Untersuchungen zur "Jungen Freiheit", ihrem Umfeld - wie dem Institut für Staatspolitik (IfS) – und ihren Ideologemen wie das ihr unterstellte Konzept des "völkischen Nationalismus" und den Bezügen zur "Konservativen Revolution" gewonnenen Ergebnisse werden hier um den neuen Untersuchungszeitraum erweitert. Im Mittelpunkt stehen hierbei die vermeintlichen Strategien und diskurspolitischen Ziele der Zeitung.

Martin Dietzsch, Siegfried Jäger, Helmut Kellershohn und Alfred Schobert veröffentlichten ihre Ergebnisse in dem Buch Nation statt Demokratie. Sein und Design der »Jungen Freiheit«", Duisburg (DISS) 2003 (2. Auflage Münster (Unrast Verlag) 2004).

Die nach eigenen Angaben „rechtskonservativeJunge Freiheit (Ausgabe vom 27. September 1996) bezeichnete ihrerseits das DISS als „geheimes Nervenzentrum der Antifa“ bzw. „eindeutig verfassungsfeindliches Privatunternehmen“.

Medien-Berichterstattung über Straftäter ausländischer und deutscher Herkunft (1997)

1997 führte das Institut im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport NRW (MASSKS) ein Forschungsprojekt über den Zusammenhang von Kriminalitätsberichterstattung und Vorurteilen gegenüber Flüchtlingen und Einwanderungen durch. Eine grundlegende Frage war die nach dem Unterschied in der Berichterstattung der Medien je nach dem, ob die Straftäter deutscher oder nicht-deutscher Herkunft sind. Die Studie wurde veröffentlicht in: Margret Jäger, Gabriele Cleve, Ina Ruth, Siegfried Jäger: Von deutschen Einzeltätern und ausländischen Banden. Medien und Straftaten, Duisburg (DISS) 1998.

Stadtteildiskurs: Leben im Brennpunkt

In diesem Forschungsprojekt über einen so genannten "Problemstadtteil" wurde 1999 "der öffentliche Diskurs über den Stadtteil Gelsenkirchen-Bismarck/Schalke-Nord und seine Auswirkungen auf die Bevölkerung" untersucht. Gegenstand der Analyse waren die Diskurse der Medien, der Sozialmanager und der in diesem Stadtteil lebenden Menschen, ihre Wahrnehmung von Problemen und Konflikten und ihren Vorstellungen von Lösungen. Die Ergebnisse wurden veröffentlicht von Margarete Jäger, Gabriele Clever, Ina Ruth und Siegfried Jäger in: Leben im Brennpunkt. Der öffentliche Diskurs über den Stadtteil Gelsenkirchen-Bismarck/Schalke-Nord und seine Auswirkungen auf die Bevölkerung.

Der Nato-Krieg in Jugoslawien und die Medien (1999/2000)

Mit dem Diskursprojekt "Medien im Krieg" untersuchte das Institut den Zusammenhang zwischen Medienberichten zu dem Nato-Krieg in Jugoslawien in Bild, WAZ, FAZ, Frankfurter Rundschau, Focus, Spiegel und Zeit und ihrer Rolle hinsichtlich einer zu schaffenden Akzeptanz für Politik und Militär. Die Ergebnisse der Studie wurden 2002 von Margarete Jäger und Siegfried Jäger veröffentlicht. [11]

DISS-Projekt zum Nahost-Konflikt

Im Auftrag der Berlin Office des American Jewish Committee untersuchte das Institut die deutsche Medienberichterstattung zur "Zweiten Intifada" in Israel und Palästina. [12], [13], [14]

Propaganda der rechtsextremen Unabhängigen Nachrichten

Dieses Projekt untersucht die 30-jährige Geschichte und die Propagandatechnik der rechtsextremen Zeitschrift Unabhängige Nachrichten, die im Untersuchungszeitraum mit einer Auflage von 10.000 Exemplaren, die am meisten an Schulen verteilte Publikation der extremen Rechten darstellte. Die Ergebnisse wurden von Martin Dietzsch, Helmut Kellershohn, Alfred Schobert mit Handreichungen für Lehrer unter dem Titel "Jugend im Visier" publiziert. Laut der Studie will die "UN" "das Weltbild der Erlebnis- und Tätergeneration des Nationalsozialismus der heutigen Jugend vermitteln und dennoch möglichst im Rahmen der Legalität bleiben." [15]

Diskursanalyse zum Medienbild Israel

2000/2001 untersuchten die DISS Mitarbeiter Margarete Jäger und Siegfried Jäger den bundesdeutschen Mediendiskurs zum Nahostkonflikt während der Zweiten Intifada. "Das Datenmaterial zur Studie „Medienbild Israel“ setzte sich aus 2505 Zeitungsartikeln zusammen, die zwischen dem 28.9.2000 und 8.8.2001 in sieben deutschen Tages- und Wochenzeitungen erschienen. Eingegrenzt wurde das Material dadurch, dass sich die Forscher auf diese vier diskursiven Ereignisse konzentrierten": [16]

  • „Tempelberg-Besuch Ariel Scharons“, 28.9.2000, 183 Artikel;
  • „Der Tod des palästinensischen Jungen Mohammed al-Dura“, 30.9.2000, 49 Artikel;
  • „Lynchmorde an zwei israelischen Soldaten in Ramallah“, 12.10.2000, 85 Artikel;
  • „Selbstmord-Attentat vor einer Diskothek in Tel Aviv“, 12.6.2001, 110 Artikel.

Literatur / Quelle [17] [18] [19]. [20]

Berliner Republik

Die Engländerin Joannah Caborn führte von 1997 bis 2000 ein Forschungsprojekt über den Regierungsumzug von Bonn nach Berlin und die diskursive Konstituierung der 'Berliner Republik'. Die Ergebnisse des Dissertationsprojektes veröffentlichte Caborn 2006 in ihrem Buch Schleichende Wende. Diskurse von Nation und Erinnerung bei der Konstituierung der Berliner Republik. Edition DISS im Unrast-Verlag, Münster.

Sprachfibel der diskriminierenden und rassistischen Wörter

Das DISS leistet im Bildungs- und Medienbereich wissenschaftliche Mitarbeit. So wird der Deutscher Journalisten-Verband DJV bei der Erstellung einer "Sprachfibel der diskriminierenden und rassistischen Wörter" vom DISS wissenschaftlich begleitet. [21] Letzteres Projekt führt schon im Vorhinein, ohne dass Ergebnisse vorlagen, zu heftigen Reaktionen: Es wurde im Anti-"Pc"-Jargon von Sprachreinigung gesprochen und kritisiert, dass der Begriff Rassismus vom DISS zu weit gefasst und ideologisch gefärbt sei.[22]

Jüdische Publizistik im 19. Jahrhundert

Unter dem Gesichtspunkt jüdische Vision einer integrativen Gesellschaft in den Debatten des 19. Jahrhunderts werden seit 2005 jüdische Gesellschaftsentwürfe in der jüdischen Publizistik von 1848-1871 vom Institut diskursanalytisch untersucht. Das Projekt mit dem Titel "Staat, Nation, Gesellschaft" ist an der Universität Duisburg-Essen angesiedelt und erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Salomon Ludwig Steinheim-Institut: " Neben der historiographischen Klärung des Themas werden als Forschungsergebnisse auch Hinweise für das aktuelle Konzept "integrative Gesellschaft" in Gegenwart und Zukunft erwartet." Zahlreiche Quellenedition der Texte werden erstmals auch online veröffentlicht. [23]

DISS-Colloquium

Einmal jährlich findet eine themenspezifische Fachtagung des Instituts statt. Das erste DISS-Colloquium fand am 8. und 9. Dezember 1989 in Zusammenarbeit mit der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) NRW statt.[24]

2006 wurde das Colloquium in Kooperation mit der Gesellschaft für politische Bildung e.V. durchgeführt. Das Tagungsthema lautete:

  • Ausnahmezustände und Denormalisierungsängste. Krise und Zukunft der Demokratie [25]

Die Ergebnisse werden in jeweiligen Colloquiumsbänden versammelt:

  • Macht – Religion – Politik. Zur Renaissance religiöser Praktiken und Mentalitäten. [26] (Jahrescolloquium 2005)
  • Völkische Bande. Dekadenz und Wiedergeburt – Analysen rechter Ideologie. [27] (Jahrescolloquium 2004)
  • Mythos Identität. Fiktion mit Folgen [28] (Jahrescolloquium 2003)
  • Gefühlte Geschichte und Kämpfe um Identität. [29] (Jahrescolloquium 2002)

Evaluationen

Bei den externen Evaluationen von Projekten und Programmen werden die diskursanalytischen Methoden mit "den Notwendigkeiten des zu evaluierenden Materials kombiniert." Der nach Bedarf erstellte Evaluationsplan basiert auf "teilnehmende Beobachtung", "Fragebögen" und "Interviews". [30]

Einzelne Evaluationen:

  • Entwicklung und Publikation von Bausteinen zur antirassistischen Trainings- und Bildungsarbeit in der Jugendhilfe. Wissenschaftliche Evaluation eines Projekts von ARIC NRW [31]
  • Xenos-Projekt "Kick im Kopf" (2003) [32]
  • Evaluation der Entwicklungspartnerschaft: „Berufliche Zukunftsfelder für Männer und Frauen in der Region Emscher-Lippe“ (2005) [33]

Aktion tagesschau – Nachrichten auf der Spur

In Herbst 2004 begleitete das Institut ein Projekt zur Schaffung von Medienkompetenz für Schülerinnen (der Sek. I und II). Das Informationsmaterial für Schülerinnen und Lehrer wurde von der Aktion Weißes Friedensband.de online veröffentlicht. [34]

DISS-Archiv

Mit dem Ziel eine "kritische Auseinandersetzung mit der Ideologie und der Praxis der extremen Rechten zu fördern" unterhält das Institut ein "umfangreiches Archiv, das vor allem Primär- und Sekundärquellen zur extremen Rechten enthält". [35] Das Archiv wurde Mitte der 80er-Jahre angelegt, nachdem die Mitarbeiter des Instituts für sich feststellten, dass die akadamische Fachliteratur sie in ihrer Forschung kaum weiter brachte, da die meisten Fachautoren "offenbar den Gegenstand, über den sie schrieben, nur vom Hörensagen" kannten. Die Erforschung der Primärliteratur wurde für ihre Arbeit unerläßlich. [36]


Entstehungsgeschichte des DISS

Das DISS wurde im Sommer 1987 gegründet, und zwar, wie es in einer Selbstbeschreibung von 1990 heißt, als "Zusammenschluß mehrerer Arbeitskreise.., die schon seit einigen Jahren existierten und lose miteinander kooperierten. Durch die Gründung eines Instituts erhofften wir uns eine größere Effektivität der Arbeit: Verbesserung der Arbeits- und Finanzierungsmöglichkeiten, Verbreiterung der Publikationsmöglichkeiten usw."[37] Die Satzung des Trägervereins trägt das Datum 26. Juli 1987. Besonderes Gewicht besaß dabei der bis heute bestehende Arbeitskreis Rechts im DISS, der "seit Mitte der 80er Jahre - zunächst als freier Arbeitskreis, ab 1987 dann unter dem Dach des DISS" existiert. Er sieht seine Aufgabe darin, "politische Entwicklungen auf dem Feld rechter Ideologie und rechter Bewegungen langfristig zu beobachten und zu analysieren und die Ergebnisse seiner Analysen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen".[38] Gegründet wurde der Arbeitskreis Rechts als Antifaschistischer Arbeitskreis Duisburg, später dann umbenannt. Noch vor der Gründung des DISS veröffentlichte der Arbeitskreis eine eigene Broschüre, die dann vom DISS vertrieben wurde (Antifaschistischer Arbeitskreis Duisburg (Hrsg.), Auf der Flucht. Asyl – Ein Lehrstück über Rassismus in der Bundesrepublik, Bielefeld o.J. (1987)).

Neben dem Arbeitskreis Rechts gab es ferner einen - heute nicht mehr in Erscheinung tretenden - Arbeitskreis Schule und Politik beim DISS.

Seit 1992 existiert die Diskurswerkstatt im DISS. Sie wurde nach Institutsangaben nach dem Abschluss des Projektes "BrandSätze. Rassismus im Alltag" gegründet und "widmet sich der Rezeption der Arbeiten Michel Foucaults sowie anderer theoretischer und methodischer diskurstheoretischer Konzepte." Die Diskurswerkstatt war bis 2003 einerseits ein Arbeitsgruppe des DISS, andererseits wurden dort auch von Siegfried Jäger betreute Magister- und Doktorarbeiten vorgestellt, wodurch sie Züge eines Oberseminars für Studenten der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg angenommen hatte. Dieser "Doppelcharakter" änderte sich mit der Emeritierung von Siegfried Jäger, indem der Bezug zum laufenden Universitätsbetrieb abnahm. Die Diskurswerkstatt tagt in einem 14-tägigen Rhythmus. Zu den von ihr durchgeführten Projekten gehört u.a. das Projekt "Biomacht und Medien".

Mit der 1991 eingestellten Zeitschrift Revier gab es eine recht enge Zusammenarbeit. Die Revier-Redakteure Hans Uske und Ursula Kreft arbeiteten bis weit in die 1990er Jahre beim DISS mit und umgekehrt schrieben DISS-Mitarbeiter in Revier. 2001 ist das DISS innerhalb Duisburgs umgezogen und in das Haus eingezogen, das bis Ende Mai 1985 Sitz der Revier-Redaktion gewesen war. Seit Sommer 2003 residiert dort auch die Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW. Die Zeitschrift Revier war 1978 von Margret und Siegfried Jäger mitbegründet worden. Beide entzogen aber 1985 nach einem Streit über die inhaltliche Linie der Zeitschrift die finanzielle Unterstützung und schieden auch aus der Redaktion aus.

Satzungsziele

  • Durchführung wissenschaftlicher und kultureller Veranstaltungen und Forschungsvorhaben zu Problemen des öffentlichen Sprachgebrauchs (in Medien, Politik und Kultur).
  • Sprachberatung
  • Jugend- und Erwachsenenbildung
  • Erarbeitung und Veröffentlichung von Forschungsmaterialien und Unterrichtswerken

Mitarbeiter und Vorstand

Zu den Mitarbeitern und Vorstandsmitgliedern gehören Iris Bünger-Tonks, Gabriele Cleve, Martin Dietzsch (DISS-Archiv), Margarete Jäger, Siegfried Jäger (Vorsitzender), Helmut Kellershohn, Jobst Paul, Ina Ruth, Ernst Schulte-Holtey und Frank Wichert

Ehemalige Mitarbeiter sind : Stefan Jacoby, Ursula Kreft (ehem. Revier-Redakteurin), Alfred Schobert († 2006)[39] sowie Hans Uske (ehem. Revier-Redakteur).

Wissenschaftlicher Beirat

Das Institut hat einen wissenschaftlichen Beirat, dem zahlreiche Professoren und Mitarbeiter von Hochschulen - insbesondere der Universität Duisburg-Essen - angehören. Mitglieder des Beirats sind: Ulrich Ammon (Universität Duisburg–Essen), Frank Benseler (Universität Gesamthochschule Paderborn), Ingrid Dietrich (Pädagogische Hochschule Heidelberg), Ute Gerhard (Universität Dortmund, Adi Grewenig (Universität Hannover), Franz Januschek (Universität Oldenburg) (auch DISS-Autor), Peter Jaritz (Universität Duisburg–Essen), Wolfgang Kastrup (Clauberg-Gymnasium, Duisburg), Lothar van den Kerkhoff (Berufskolleg Dinslaken), Bernd Kern (Universität Duisburg–Essen), Clemens Knobloch (Universität Siegen), Peter Kühne (Sozialakademie Dortmund), Hans Leuer (Universität Duisburg–Essen), Jürgen Link (Universität Dortmund) (auch DISS-Autor) Ursula Link-Heer (Universität Wuppertal), Günther Neumann, Edzard Obendiek (Universität Dortmund), Rolf Oetter, Jobst Paul (Anne-Frank-Gesamtschule, Kamp-Lintfort), Irmgard Pinn (Rheinisch Westfälische TH Aachen) (auch DISS-Autorin), Ulrich Schmitz (Universität Duisburg–Essen) und Gerd Simon (Universität Tübingen).

Publikationen – Edition DISS

Buchveröffentlichungen erscheinen seit 2004 in der Edition DISS beim Unrast Verlag. Das DISS veröffentlichte bis 2003 die DISS Monographien und kleinere Texte (DISS-Texte) im Selbstverlag. Einzelne Schriften, an denen das DISS beteiligt war bzw. die vom DISS erstellt wurden, wurden auch von anderen Verlagen (Dietz Verlag (Bonn), Bund-Verlag (Köln), Lit-Verlag (Münster)) veröffentlicht. Anfang der 1990er Jahre wurden einzelne Broschüren des DISS vom GNN-Verlag gedruckt, dem Hausverlag des ehemaligen Bundes Westdeutscher Kommunisten (BWK).[40]

Beiträge von Mitarbeiter/innen sowie Autoren/-innen des DISS werden darüber hinaus teils in wissenschaftlichen Zeitschriften und Buchverlagen, teils in "antifaschistischen" Magazinen wie Der Rechte Rand - Informationen von und für AntifaschistInnen und den Antifaschistische Nachrichten sowie marxistischen Periodika (Junge Welt, Marxistische Blätter)[41] veröffentlicht, die vom Verfassungsschutz teilweise als linksextremistisch eingeordnet werden.

Die Institutszeitung DISS-JOURNAL erscheint zweimal im Jahr.

Für einige Aufsätze und vergriffene Buchtitel stellt das DISS eine Internetbibliothek zur Verfügung: DISS Internetbibliothek

Kooperationspartner

Mitgliedschaften

Das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung ist Mitglied im Wissenschaftsforum Ruhr.

Aussagen zur politischen Ausrichtung

  • Siegfried Jäger sieht das Institut in einer Rede zum 10-jährigem Jubiläum 1998 als "tendenziell linkes, aber parteipolitisch und organisationspolitisch unabhängiges Institut"[43]

Finanzierung

Es finanziert sich hauptsächlich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Daneben hat das Institut projektbezogen auch finanzielle Zuwendungen aus dem Landeshaushalt Nordrhein-Westfalen und von nichtstaatlichen Kooperationspartnern, darunter der nordrhein-westlische Energiekonzern RWE und die der Linkspartei/PDS nahestehende Rosa-Luxemburg-Stiftung e.V.[44], erhalten. Geforscht wird insbesondere nach den Konstitutionsprozessen, die zur Entwicklung von Rechtsextremismus, Rassismus, Völkisch-nationalen Tendenzen, Antisemitismus und sozialer Ausgrenzung führen.

Literatur

  • Aptum. Zeitschrift für Sprachkritik und Sprachkultur, 1, S. 52-72.
  • Rainer Diaz-Bone (2006, April). Kritische Diskursanalyse: Zur Ausarbeitung einer problembezogenen Diskursanalyse im Anschluss an Foucault. Siegfried Jäger im Gespräch mit Rainer Diaz-Bone [89 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research [On-line Journal], 7(3), Art. 21. Verfügbar über: [33] [Zugriff: 16. Januar. 2007].
  • Dr. Rainer Diaz-Bone, "Historical Social Research/Historische Sozialforschung" Vol. 28, 2003
  • Andrea D. Bührmann: Chancen und Risiken der angewandter Diskursforschung. Universität Augsburg (Online als PDF [34], eingesehen am 23.3.2007)
  • Reiner Keller (2005): Wissenssoziologische Diskursanalyse. Grundlegung eines Forschungsprogramms. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Reiner Keller: Analysing Discourse. An Approach From the Sociology of Knowledge. In: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research [Online Journal]. Volume 6, No. 3, Art. 32 – September 2005
  • Brigitte Kerchner, Silke Schneider (Hg.) (2006): Foucault: Diskursanalyse der Politik. Eine Einführung. Wiesbaden. VS Verlag.
  • Ruth Wodak / de Cillia, R. (2001): Discourse and Politics. In: Handbuch Soziolinguistik, Berlin/ New York: de Gruyter

Quellen

  1. Rainer Diaz-Bone (2006, April). Kritische Diskursanalyse: Zur Ausarbeitung einer problembezogenen Diskursanalyse im Anschluss an Foucault. Siegfried Jäger im Gespräch mit Rainer Diaz-Bone [89 Absätze]. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research [On-line Journal], 7(3), Art. 21. Verfügbar über: [1] [Zugriff: 16. Januar. 2007].
  2. Reiner Keller: Analysing Discourse. An Approach From the Sociology of Knowledge. In: Volume 6, No. 3, Art. 32 – September 2005 [2], eingesehen am 27.3.2007
  3. Studie BrandSätze [3]
  4. DISS: Einwanderung im deutschen Alltagsdiskurs – eine diskursanalytische Untersuchung [4]
  5. Margret Jäger (1996): Fatale Effekte. Die Kritik am Patriarchat im Einwanderungsdiskurs. Duisburg.
  6. DISS: Rechtsextreme Verhaltensmuster. [5]
  7. Christoph Butterwegge u.a.: Rechtsextremisten in Parlamenten. Forschung – Fallstudien – Gegenstrategie, Opladen 1997.
  8. Siegfried Jäger u.a.: Der Spuk ist nicht vorbei. Völkisch-nationalistische Ideologeme im öffentlichen Diskurs der Gegenwart, Duisburg 1998.
  9. Zitate nach: DISS: Biomacht und Medien [6]
  10. Margret Jäger/Siegfried Jäger/Gabriele Cleve/Frank Wiechert/Ernst Schulte Holtey (Hg.) (1997): Biomacht und Medien.
  11. Margarete Jäger / Siegfried Jäger (Hg): Medien im Krieg. Der Anteil der Printmedien an der Erzeugung von Ohnmachts- und Zerrissenheitsgefühlen. [7]
  12. Margarete Jäger / Siegfried Jäger (Hg): Medien im Krieg. Der Anteil der Printmedien an der Erzeugung von Ohnmachts- und Zerrissenheitsgefühlen. [8]
  13. Deutschsprachige Kurzfassung der Studie [9]
  14. Englischsprachige Kurzfassung der Studie [10]
  15. Martin Dietzsch, Helmut Kellershohn, Alfred Schobert: Jugend im Visier. Geschichte, Umfeld und Ausstrahlung der "Unabhängigen Nachrichten" [11]
  16. Uni Trier. Siehe Weblink [12], eingesehen am 23.3.2007
  17. Jäger, Siegried/ Jäger, Margarete (2003): Medienbild Israel. Zwischen Solidarität und Antisemitismus. Münster, Hamburg, London: Lit Verlag. / Uni Trier a.a.O.
  18. Zur Studie und zur Kritik an der Studie. DISS Journal 10 /2003 [13]
  19. [14]
  20. Heribert Seifert: Aufblähender Abwehrzauber. Die Studie zum "Antisemitismus" deutscher Zeitungen. In: epd medien, Nr. 43/02
  21. http://www.businessportal24.com/de/Deutscher_Journalisten_Verband_V_DJV_19798.html
  22. NZZ:Reinigungsaktion. Fibel der rassistischen Wörter geplant
  23. Ludwig Steinheim-Institut: Projekt Staat, Gesellschaft, Nation [15]
  24. Martin Dietzsch, Antifaschistisches Colloquium des DISS, in: Der Rechte Rand, Nr. 5, Februar 1990, S. 19.
  25. Tagungsbericht 2006 [16]
  26. Margarete Jäger, Jürgen Link (Hg.): Macht – Religion – Politik. Zur Renaissance religiöser Praktiken und Mentalitäten. Edition DISS Unrast Verlag. ISBN 3-89771-740-9 [17]
  27. Heiko Kauffmann, Helmut Kellershohn, Jobst Paul (Hg.): Völkische Bande. Dekadenz und Wiedergeburt – Analysen rechter Ideologie. Edition DISS Unrast Verlag. ISBN 3-89771-737-9 [18]
  28. Alfred Schobert, Siegfried Jäger (Hg.): Mythos Identität. Fiktion mit Folgen. Edition DISS Unrast Verlag. ISBN 3-89771-735-2 [19]
  29. Siegfried Jäger / Franz Januschek (Hg.): Gefühlte Geschichte und Kämpfe um Identität. Edition DISS Unrast Verlag. ISBN 3-89771-730-1 [20]
  30. DISS Evaluationen: [21]
  31. Wissenschaftliche Evaluation eines Projekts von ARIC NRW [22]
  32. Iris Bünger-Tonks: XENOS-Projekt "Kick im Kopf" [23]
  33. Evaluation der Entwicklungspartnerschaft: „Berufliche Zukunftsfelder für Männer und Frauen in der Region Emscher-Lippe“ [24]
  34. DISS Aktion tagesschau – Nachrichten auf der Spur [25]
  35. DISS Archiv [26]
  36. Martin Dietzsch: 20 Jahre DISS-Archiv [27]
  37. Siegfried Jäger, Faschismus, Rechtsextremismus, Sprache. Eine kommentierte Bibliographie, 2. erh. erw. Aufl., Duisburg 1990, S. 76
  38. [28]
  39. Alfred Schobert: Luzider Intellektueller, avancierter Publizist, politischer Wissenschaftler, Streiter für Frieden und Gerechtigkeit. Ein Nachruf von Siegfried Jäger [29]
  40. So u.a. die Broschüren Die Demokratiemaschine ächzt und kracht. Zu den Ursachen des Rechtsextremismus in der BRD von Siegfried und Margret Jäger (DISS-Texte 12) und Rechtspopulismus und NS-Anspielungen am Beispiel des österreichischen Politikers Jörg Haider von Franz Januschek (DISS-Texte 15), siehe Impressum dieser Texte
  41. Franz Januschek ist Autor der Marxistischen Blätter, Margret Feit, Referentin auf einer DISS-Veranstaltung ebenfalls
  42. Vgl. z.B. Martin Dietzsch, Antifaschistisches Colloquium des DISS, in: Der Rechte Rand, Nr. 5, Februar 1990, S. 19.
  43. 10 Jahre DISS, in: DISS-Journal 1/98 [[30]]
  44. Von der Rosa-Luxemburg-Stiftung wurde z.B. 2005 mit 1000 Euro der DISS-Workshop "Kritik der Identität als Bestandteil moderner Rationalität. Zur Vermittlung neuerer kulturwissenschaftlicher Theorie" (02.07.2005, Duisburg) gefördert, [31]