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Nabenschaltung

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Technik

8-Gang Getriebenabe der Firma Shimano

Alle Nabenschaltungen im Fahrradbereich arbeiten mit sogenannten Planetengetrieben. Bei mehr als drei Gängen werden verschiedene Planetengetriebe in einer Nabe kombiniert und zum Teil auch in Reihe geschaltet. Auf diese Weise lassen sich Schaltungen zwischen zwei und 14 Gängen realisieren. Häufig werden diese Schaltungen auch mit einer Rücktrittbremse, einem Dynamo oder gar mit einem Elektromotor kombiniert. Aber auch Kombinationen mit einer herkömmlichen Kettenschaltung kommen vor, um die Vorteile beider Systeme nutzen zu können.

Die Vorteile der Nabenschaltung liegen vorallem in der Wartungsarmut. So kann das im inneren der Nabe verbaute Getriebe schon prinzipiell nicht verschmutzen, und ist so jederzeit vor Dreck und Wasser geschützt. Auch ein Abspringen der Kette bei Schaltvorgängen kommt nicht vor, da es sowohl an der Nabe selbst als auch an der Kurbel nur ein Kettenblatt gibt (von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen), dadurch ist auch einfacher das Fahrrad mit einem Kettenschutz zu versehen, um auch die Kette vor Verschmutzung besser zu schützen. Ebenfalls ein Vorteil im Vergleich zur konventionellen Kettenschaltung, ist die Möglichkeit die Gänge im Stand wechseln zu können, ein Verschalten ist so quasi ausgeschlossen und man kann immer im richtigen Gang (an)fahren.

Leider bedingt durch den verkappselten Aufbau des Getriebes, ist die Wartung der Nabe meist nur vom Hersteller selbst durchführbar, da ein Hobbymechaniker selten in der Lage ist die Nabe selbst auseinander nehmen zu können. Auch die Lärmbelästigung des Antriebs (wird mit zunehmender Laufleistung geringer) empfinden viele Fahrer als störend, neben dem geringen Wirkungsgrad. Dieser beträgt bei den meisten Nabenschaltungen 92% bis 97% - bei einer gut gepflegten Kettenschaltung beträgt er 96% bis 99%. Das Gewicht einer Nabenschaltung ist meist etwas höher anzusiedeln als das einer Kettenschaltung. Durch die aufwenigere Technik ist auch der Preis höher angesiedelt (bis zu 900EUR für eine 14Gang Rohloff Speedhub) dafür sind die laufenden Kosten geringer, da sowohl Kette als auch Kettenblatt und Ritzel viel seltener gewechselt werden müssen. Gerade aus diesem Grund sind Nabenschaltungen aber nicht für jeden interessant. So ist die Zielgruppe vorallem und unter den Vielfahrern (>1000Km/Monat) wo sich der geringere Verschleiss rechnet oder bei Touren- und Sorglosfahrern zu finden, denen die Zuverlässigkeit wichtiger als der Preis ist. Im sportlichen Umfeld sind Nabenschaltungen fast nicht zu finden (Ausnahme ist hier die bereits erwähnte Speedhub von Rohloff).

Um die Vorteile von Naben- und Kettenschaltung zu verbinden wurde der G-BOXX-Standard ins Leben gerufen, da dieser jedoch sehr neu ist, gibt es bislang kaum Fahrräder mit solchen Rahmen. Das Funktionionsprinzip klingt jedoch interessant und möglicherweise ist es der Standard zukünftiger Fahrradgenerationen.

Geschichte

1904 brachte die deutsche Firma Fichtel & Sachs (wurde 1997 von Sram übernommen) die erste Nabenschaltung mit 2 Gängen (Modellbezeichnung: Torpedo) auf den Markt, ein Jahr nach dem Debüt der ersten Torpedo Freilaufnabe, und baute den Doppel-Torpedo mit diversen Veränderungen fast 50 Jahre lang. Neun Jahre später im Jahr 1913 kommt das Nachfolgemodell Universal-Torpedo mit vier Gängen und Rücktrittbremse auf den Mark und wurde von Fichtel & Sachs nach einem Patent der Firma Wanderer Fahrradwerke gefertigt. Wirtschaftlich war sie aber kein großer Erfolg und so wurde die Produktion 1916, zwei Jahre nach Beginn des 1. Weltkrieges, eingestellt.

Mitte der zwanziger Jahre wurde von Fichtel & Sachs dann die erste Torpedo 3-Gang-Nabe mit Rücktrittbremse auf den Markt gebracht, die bis Anfang der 40er Jahre produziert wurde. Mitte der 30er Jahre wurde außerdem eine 3-Gang-Nabe mit Trommelbremse auf den Markt gebracht, die hauptsächlich für den Export bestimmt war und ebenfalls unter dem Namen Universaltorpedo vermarktet wurde. Auch diese Nabe wurde bis Anfang der 40er Jahre produziert.

Später folgte dann eine Torpedo-5-Gang-Nabenschaltung, die in ihrer Ausführung sehr der Sturmey-Archer-5-Gang-Nabenschaltung ähnelte. Sturmey-Archer besaß das Patent auf diese Bauart seit Mitte der 20er Jahre, ohne allerdings davon Gebrauch zu machen. Diese englische Firma stellte 3- und 4-Gang-Naben mit den unterschiedlichsten Grundübersetzungen und den unterschiedlichsten Ausstattungen her. Seit den 30er Jahren wurden neben Trommelbremsen auch Nabenschaltungen in Kombination mit Nabendynamos angeboten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann in Deutschland die Markteinführung weiterer Torpedo-3-Gang-Nabenschaltungen mit den Modellen 53 (mit Rücktritt), 55 (mit und ohne Rücktritt), 515 (mit Rücktritt), 415 (ohne Rücktritt) und H3113S. Besonders erfolgreich war man mit den Modellen 415 und 515, welche seit Anfang der 60er Jahre produziert wurde. Sie mußten allerdings aus Sicherheitsgründen Mitte der 70er Jahre wegen einer gefährlichen Leerlaufstellung zwischen dem zweiten und dritten Gang durch das Modell H3111S ersetzt werden. Dieses Modell wird mit kleinen Abwandlungen auch heute noch von SRAM hergestellt.

Parallel zum Klapprad-Boom der 60er und 70er Jahre (s. a. Faltrad) entwickelten und verkauften sowohl F&S als auch Sturmey-Archer 2-Gang-Nabenschaltungen. Diese Naben besaßen keinen Schaltungszug und ließen sich durch bloßes Zurücktreten der Pedale schalten. Ein Sonderfall war in diesem Zusammenhang die F&S-Automatiknabe, deren Schaltpunkt bei einer Geschwindigkeit des Fahrrades von 18 km/h lag und fliehkraftgesteuert war. Dieser technisch interessanten Konstruktion war jedoch kein Markterfolg beschieden.

Konnte man die Modell 55 (bis ca. 1960) von Fichtel & Sachs noch über einen Schmiernippel von außen fetten und sich einer hohen Kilometerleistung sicher sein, hat die Lebenserwartung der heutigen Billigware einen erschreckend niedrigen Stand erreicht. Als Faustregel für F&S-Naben gilt: je älter, desto robuster und wartungsärmer ist die Nabe.

Im Jahr 1999 brachte die deutsche Rohloff AG die technisch stark weiterentwickelte Nabenschaltung SPEEDHUB (mit 14 Gängen) auf den Markt. Wirkungsgrad und Übersetzungen sind mit denen einer herkömmlichen 27-Gang-Schaltung vergleichbar.

Derzeitiger Stand (2004) der Technik im Marktsegment der preiswerten Getriebenaben ist die 8-Gang-Nabe Nexus Inter-8 von Shimano. Diese Nabe verfügt über eine Rücktrittbremse und wird wahlweise mit Drehgriffschalthebel als auch 2-Finger- Schalthebel angeboten.

Siehe auch: Gangschaltung, Kettenschaltung, Reiserad