Schwangerschaftsabbruch
Bei einem Schwangerschaftsabbruch, auch Abtreibung (med.: Abortion) genannt, wird der Embryo bzw. das ungeborene Kind aus dem Mutterleib entfernt. Dabei muss dafür gesorgt werden, dass das Kind zum Zeitpunkt
des Schwangerschaftsabruchs nicht selbständig lebensfähig ist.
Der Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland rechtswidrig, aber nach heutigem Recht straffrei, wenn vor dem Eingriff eine Beratung stattgefunden hat.
Sollte das Kind die Abtreibung überleben, muss Erste Hilfe geleistet werden. In diesem Fall besteht die Gefahr schwerster körperlicher und geistiger Behinderung.
Besonders die römisch-katholische Kirche lehnt die Abtreibung generell als Mord an dem ungeborenen Kind ab.
Geschichtliches und Philosophisches
In animistischen und Naturreligionen gilt die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch noch heute generell als Privatangelegenheit der Frauen. Diese Philosophien glauben allgemein an Seelenwanderung. Somit wird ein Schwangerschaftsabbruch nicht als Töten eines Kindes angesehen, sondern als die von der Mutter angebotene Möglichkeit, zu einem besser geeigneten Zeitpunkt wiederzukehren. Dies erklärt auch die erhöhte Zahl der Kindstötungen in diesen Kulturkreisen.
Die griechische Philosophie entwickelte die Theorie, dass die Mutter den Körper des Kindes beisteuert, der Vater jedoch (über sein Sperma) die Seele des Kindes. Das Sperma galt quasi als "Erweiterung" der väterlichen Seele. Indem der von ihm gezeugte Fötus zerstört wurde, nahm nach diesem Gesichtspunkt auch die Seele des Vaters Schaden. So war es nur logisch, Abtreibung zu verbieten und streng zu bestrafen.
Nach den Griechen übernahmen in der Folge die Römer und später die katholische Kirche diese Thesen, bei denen das Abtreibungsverbot nicht etwa das ungeborene Kind schützt, sondern die Seele des Vaters.
In den Ländern des fernen Ostens hingegen war die Abtreibung bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Bewegungen des Kindes spürbar wurden (ungefähr 5. Monat), legal. In der Philosophie der Brahmanen hatte das Kind bis zu diesem Zeitpunkt keine Seele und konnte deshalb straflos zerstört werden. Sobald es sich jedoch selbständig bewegte, hatte es eine Seele, und eine Frau, die ihren Fötus dann noch abtrieb, musste sich wegen Kindsmord rechtfertigen.
Auch die katholische Kirche vertrat eine ähnliche Lehre: Die Doktrin der passiven Empfängnis galt bis Mitte des 19. Jahrhunderts als offizielle Doktrin. Zwar gab es innerhalb der Kirche über die Jahrhunderte hinweg einigen Widerspruch (so z.B. durch Thomas von Aquin, der in diesem Punkt den griechischen Philosophen Recht gab und das Sperma als "Gefährt der Seele" bezeichnete). Erst 1869 konnte sich diese Ansicht endgültig durchsetzen und die katholische Kirche erliess ihr generelles Abtreibungsverbot, nachdem Papst Pius IX. erklärte, das Kind würde seine Seele bereits zum Zeitpunkt der Befruchtung empfangen.
Obwohl es so scheint, als wäre die Kirche "schon immer" gegen die Abtreibung gewesen, folgte sie in diesem Punkt der weltlichen Gesetzgebung mit einigen Jahren Abstand. Sowohl in Europa als auch in Amerika wurde der Schwangerschaftsabbruch bereits Anfang des 19. Jahrhunderts zur Straftat erklärt.
Die Frauenbewegung setzte sich seit Anfang des 20. Jahrhunderts für die Straffreiheit der Abtreibung, teilweise auch für das Recht dazu ein. Gräfin Bülow von Dennewitz (Dresden) war Vorkämpferin des Rechtes auf Geburtenregelung. Linke Politiker und Ärzte wie Friedrich Wolf ("Zyankali") unterstützten diese Forderung aus sozialen Gründen. In der DDR bestand ein Recht auf Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Woche. In der BRD wurde heftig darum gekämpft, besonders die Anzeigenkampagne, bei der sich hunderte von Frauen "outeten" trieb die Diskussion voran.
Literatur
- Jütte, Robert (Herausgeber): Geschichte der Abtreibung. Von der Antike bis zur Gegenwart.. C.H.Beck, Beck'sche Reihe, 1993