PRR-Klasse S1
PRR Klasse S1 | |
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Bauart | 3'BB3' h4 |
Länge | 42.700 mm |
Ø Treibrad | 2.134 mm |
Ø vorderes Laufrad | 914 mm |
Ø hinteres Laufrad | 1.067 mm |
Leistung | ca. 8.000 PSi |
Höchstgeschwindigkeit | 193,1 km/h |
Kesselüberdruck | 208 N/cm² |
Zylinderdurchmesser | 559 mm |
Kolbenhub | 660 mm |
Rostfläche | 12,3 m² |
Verdampfungsheizfläche | 525,9 m² |
Überhitzerfläche | 193,7 m² |
Achslast | 314 kN |
Lokreibungslast | 1.252,3 kN |
Lokdienstlast | 4.782 kN |
Die Lokomotive der Klasse S1 der Pennsylvania Railroad war die mit Abstand größte und leistungsfähigste Schnellzug-Dampflokomotive der Welt und auch die einzige mit der Achsfolge 3'BB3'. Die S1 entstand im Jahr 1939 in den bahneigenen Werkstätten in Altoona. Die intern dafür abgerechneten Herstellungskosten betrugen 669.780 US-Dollar.
Technik und Dimensionen
Die S1 war eine der wenigen Duplex-Lokomotiven. Bei dieser Bauart sind zwei Gruppen von Kuppelachsen starr in einem gemeinsamen Rahmen gelagert. Der Vorteil dieser Konstruktion bestand darin, dass die einzelnen Triebwerke geringere Kolbenkräfte aushalten mussten, deshalb leichter gebaut werden konnten und bei höheren Geschwindigkeiten ruhiger liefen. Durch einen kürzer gewählten Kolbenhub konnten geringere Kolbengeschwindigkeiten erzielt werden. Der Hauptnachteil war neben einer größeren Komplexität die Schleuderneigung der beiden nicht miteinander gekuppelten Triebwerke.
Auch der große Achsstand der Treibachsen war ein Problem, denn man ordnete die Zylinder des hinteren Triebwerks zwischen beiden Treibradgruppen an. Die ebenfalls mögliche Anordnung hinter den hinteren Kuppelrädern hatte mehrere Nachteile, so z.B. lange Dampfwege und eine ungünstige Lage der Zylinder in unmittelbarer Nähe der Feuerbüchse.
Trotzdem sah man für die S1 sehr große Treibräder mit 2.134 mm (84") Durchmesser vor, die größten, die jemals an einer Lokomotive mit mehr als drei Kuppelachsen verwendet wurden. Daraus ergab sich ein Kuppelachsstand von ca. 8,3 m (zum Vergleich: Bei der DRG Baureihe 06 waren es bei 2.000 mm Treibraddurchmesser 6,75 m).
Zudem lag bei der S1 das vordere Drehgestell vor den vorderen Zylindern und nicht darunter, so dass die Lokomotive (ohne Tender) bei einem Gesamtachsstand von ca. 19,5 m insgesamt 24,5 m lang wurde. Damit überhaupt Kurven durchfahren werden konnten, waren die erste und dritte Kuppelachse jeweils um 57,2 mm seitlich verschiebbar.
Die Lokomotive besaß eine Walschaerts - Steuerung. Der Rahmen war der größte bis dahin von der "General Steel Castings" gegossene Rahmen und wog 44,5 Tonnen.
Der Tender der S1 hatte acht Achsen und konnte 23,6 t Kohle und 91,7 m³ Wasser aufnehmen. Darüberhinaus verfügte er, wie bei der PRR üblich, über eine Wasserschöpfvorrichtung. Sein Dienstgewicht lag bei 205 t; Lokomotive und Tender zusammen brachten 481 t auf die Waage.
Die Lokomotive war stromlinienförmig verkleidet, das Design stammte von Raymond Loewy.
Betrieb

Nach ihrer Fertigstellung Ende Januar 1939 wurde die S1 von Ende April bis Ende Oktober 1939 und auch von Mitte Mai bis Ende Oktober 1940 auf der Weltausstellung in New York gezeigt. Dabei stand sie auf Rollen, so dass man sie vor dem Publikum im Stand laufen lassen konnte (siehe Bilder).
Ab Dezember 1940 wurde die S1 auf der Strecke zwischen Chicago und Pittsburgh eingesetzt. Dabei stellte sich bald heraus, dass die Lokomotive in einer relativ engen Kurve kurz vor dem Bahnhof in Pittsburgh zum Entgleisen neigte. Deshalb wurde sie nur noch auf dem Teil der Strecke zwischen Chicago und Crestline (Ohio) eingesetzt, etwa 2/3 der ursprünglich vorgesehenen Distanz. Auch in ihrem Heimat-Bahnbetriebswerk Crestline entgleiste sie öfter auf einem Gleisdreieck, das extra für sie gebaut worden war, weil sie nicht auf die Drehscheibe passte.
Wegen der Schleuderneigung gab es immer wieder Probleme beim Anfahren, zumal man die Lokomotive wegen ihrer großen Leistung oft vor den schwersten Zügen einsetzte. Die dabei entstehenden Verspätungen konnten von den Lokführern durch eine entsprechend überhöhte Geschwindigkeit jedoch problemlos wieder ausgeglichen werden.
Die Lokomotive war in jeder Beziehung zu groß geraten, deshalb wurde die Nachfolgebauart T1 schon bestellt, als die S1 noch auf der Weltausstellung in New York stand. Ihr Betrieb als Einzelstück war sehr unwirtschaftlich. Bis Ende 1945 wurde die Lok im schweren Schnell - und Postzugdienst eingesetzt und 1949 verschrottet.
S1 und T1, schnellste Dampflokomotiven der Welt
In der deutschsprachigen Fachpresse und -literatur ist mehrmals ein Bericht über eine ungewollte Rekordfahrt der S1 aufgetaucht und zitiert worden, wonach im Zug mitfahrende Beamte der ICC im März 1946 eine Geschwindigkeit von 141 mph (227 km/h) gestoppt haben sollen. Während sich Fachleute einig darüber sind, dass die Lok die behauptete Geschwindigkeit durchaus erreichen konnte, so gibt es bis heute keinen Beleg für eine solche Fahrt. Etliche angegebene Details, wie das Datum oder die Vorgehensweise der ICC, lassen diesen Bericht unglaubwürdig erscheinen. Ähnliche Berichte, allerdings aus amerikanischen Quellen, sprechen von derartigen Geschwindigkeiten im Zusammenhang mit den T1-Lokomotiven. Weder die S1 noch die T1 sind jemals mit einem Messwagen ausgefahren worden.
Weitere Duplex-Lokomotiven
Die S1 war nicht die erste Duplex-Lokomotive. Schon 1937 hatte die Baltimore & Ohio Railroad eine 2'BB2' (Klasse N-1) gebaut, bei der die hinteren Zylinder hinter der zweiten Treibradgruppe lagen, so dass der Kuppelachsstand etwas geringer war. Diese gilt als erste Duplex-Lokomotive nach der Einfährung des Begriffes "Duplex" und auch als einzige, die nicht für die PRR gebaut wurde. Es hat jedoch schon früher Konstruktionen gegeben, bei denen zwei Kuppelachsgruppen starr in einem Rahmen gelagert waren, z. B. die beiden 1916 gebauten Sächsischen XV HTV.
Auch wenn die S1 wegen der beschriebenen Probleme kein voller Erfolg war, gab sie den Anstoß zum Bau einer Serie von 52 etwas kleinerer Duplex-Lokomotiven (Klasse T1) mit der Achsfolge 2'BB2'. Diese hielten sich nur einige Jahre länger im Betrieb als die S1, was jedoch nicht an ihrer Duplex-Bauart lag, sondern an der eiligen Verdrängung von Dampf- durch Diesellokomotiven besonders im Schnellzugdienst. Die PRR baute auch Duplex-Güterzuglokomotiven (Klassen Q1, Achsfolge 2'CB2' und Klasse Q2, Achsfolge 2'BC2').
Keine Duplex-Lokomotive war dagegen die Klasse S2, eine Dampfturbinen-Lokomotive mit der Achsfolge 3'D3'. Sie war etwas kürzer als die S1, hatte jedoch die gleichen Laufdrehgestelle.
Literatur
- Wilhelm Reuter: Rekordlokomotiven. Motorbuch Verlag Stuttgart ISBN 3-87943-582-0
- David P. Morgan: Duplex-drives. In: Trains. 11/59, Kalmbach Publishing Co., S. 16–25, ISSN 0041-0934