Zum Inhalt springen

Liste lateinischer Rechtsbegriffe

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 19. Oktober 2004 um 17:34 Uhr durch Stechlin (Diskussion | Beiträge) (Auflistung). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Traditionell werden wesentliche Grundsätze des Rechts durch überlieferte lateinische Begriffe oder Wendungen ausgedrückt, da das Recht als Gesamtheit in vielen Bereichen auf dem antiken Römischen Recht basiert, auch in Staaten außerhalb Europas. Deren wichtigste sind:

Auflistung

  • ab heredis persona incipere obligation non potest (Zur Ablehnung einer obligatorischen Verpflichtung post mortem)
  • aberratio ictus (Fehlgehen des Schlages (der Tat)): Derjenige, der eine Straftat begeht verletzt ein anderes Rechtssubjekt oder Rechtsgut, als er wollte. Beispiel: Jemand zielt mit der Pistole auf einen Menschen, trifft dann aber versehentlich den, der daneben steht.
  • accessio cedit principali (Grundsatz, nach dem das rechtliche Schicksal einer Nebensache der Hauptsache folgt)
  • actor sequitur forum rei (Der Kläger folgt dem Gerichtsort des Beklagten - Grundsatz der regelmäßigen Zuständigkeit des Gerichtsstandes des Beklagten)
  • actus contrarius (gegenteilige Handlung): Mit dem Begriff umschreibt man schlagwortartig die These, dass eine Rechtshandlung und eine Handlung, die das Gegenteil darstellt, dieselbe rechtliche Qualität haben. Beispiel: Nicht nur die Erteilung einer Genehmigung ist ein Verwaltungsakt, sondern auch die Aufhebung der Genehmigung.
  • adoptio naturam imitatur
  • animus rem sibi habendi
  • audiatur et altera pars (Höre auch die andere Partei): Beschreibung des heutigen Verfassungsgrundsatzes der Gewährung rechtlichen Gehörs, vgl. Rechtliches Gehör.
  • casus belli (Kriegsfall): Eintreten der Bedingungen, die von einem Staat als Kriegsgrund betrachtet werden.
  • casum sentit dominus
  • cuius est commodum, eius est periculum
  • culpa in contrahendo (Verschulden beim Vertragsschluss): Auch während Vertragsverhandlungen gilt bereits ein vertragsähnliches Vertrauensverhältnis, dessen schuldhafte Verletzung zu Schadenersatz führen kann. Insbesondere besteht eine Pflicht zur Offenlegung wichtiger Umstände. Bewusste Täuschungen während Vertragsverhandlungen beispielsweise sind also nicht zulässig.
  • dolo agit, qui petit, quod statim rediturus est (böswillig handelt, wer fordert, was sofort zurückgewährt werden muss): Diese Wendung drückt den Rechtsgrundsatz aus, dass man seine Rechte bei Rechtsmissbrauch nicht durchsetzten kann; jedenfalls steht dem Schuldner die dolo agit Einrede zu.
  • da mihi factum, dabo tibi ius (Gib mir die Tatsachen und ich gebe Dir Recht): Grundsätzliche Beschreibung des Verhältnisses zwischen Partei und Gericht im Zivilprozess. Das Gericht ermittelt den Sachverhalt nicht, dieser ist vielmehr durch die Parteien vorzutragen. Von dem übereinstimmenden Sachvortrag der Parteien hat das Gericht auszugehen und darf nur bei streitigem Vorbringen Beweis erheben. Umgekehrt ist das Gericht an die rechtliche Würdigung, welche die Partei mit ihrem Vorbringen verbindet, nicht gebunden.
  • de lege ferenda bezeichnet einen nicht geltenden, aber als Reform diskutierten Rechtszustand.
  • de lege lata beschreibt das geltende Recht in Abgrenzung zu einem Rechtszustand, der erst durch Gesetzesänderung herbeigeführt werden müßte.
  • in dubio pro reo (Im Zweifel für den Angeklagten): Tradierter Grundsatz der Strafrechtspflege, heute Bestandteil der in Art. 6 MRK verbrieften Unschuldsvermutung, vgl. in dubio pro reo.
  • in praeteritum non vivitur (In der Vergangenheit wird nicht gelebt): besagt, dass Unterhaltsforderungen für die Vergangenheit grundsätzlich nicht geltend gemacht werden können. - Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Unterhaltsschuldner zuvor in Verzug gesetzt wurde.
  • iudex non calculat (Der Richter rechnet nicht): Der Grundsatz besagt, dass Berechnungen im Urteil nicht in Rechtskraft erwachsen. Ein offensichtlicher Rechenfehler lässt sich also im Nachhinein noch korrigieren. Gesetzlich geregelt ist dieser Grundsatz in § 319 der Zivilprozessordnung (ZPO).
  • iura novit curia (Der Richter kennt das Recht): Die Parteien eines zivilrechtlichen Rechtsstreits müssen lediglich den Tatsachenstoff für die Entscheidung beibringen, nicht aber die einschlägigen Rechtsnormen - diese dürfen sie als bekannt voraussetzen. Für ausländische Rechtsnormen schränkt § 293 ZPO diesen Grundsatz ein.
  • lex specialis derogat legi generali (Das speziellere verdrängt das allgemeinere Gesetz): Auslegungsregel, die besagt, dass eine konkretere Regelung vor und anstatt der allgemeineren Regelung in Anwendung zu bringen ist.
  • minima non curat praetor (Um Kleinigkeiten kümmert das Gericht sich nicht)
  • ne bis in idem (Nicht zweimal für das Gleiche): Tradierter Grundsatz der Strafrechtspflege, beinhaltet das Verbot der doppelten Strafverfolgung, vgl. ne bis in idem.
  • qui tacet consentire non videtur (Wer schweigt scheint nicht zuzustimmen): Beschreibung eines allgemeinen Grundsatzes, wonach Schweigen eine Willenserklärung nicht ersetzen kann. Der Grundsatz erfährt Ausnahmen im Geschäftsverkehr der Kaufleute und nach den Regeln der Haftung für einen Rechtsschein, vgl. Willenserklärung.
  • quod non est in actis non est in mundo
  • scire leges non hoc est verba earum tenere, sed vim ac potestatem
  • se ut dominum gerere
  • societas delinquere non potest (Deliktsunfähigkeit juristischer Personen)

Siehe auch: Latein im Recht, Juristenlatein, Liste der Rechtsthemen, Rechtswissenschaft