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Kalk (Köln)

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Wappen von Köln
Wappen von Köln
Kalk
Stadtteil {{{Nummer}}} von Köln
Fläche 3,0 km²
Einwohner 21.134 (31. Dez. 2005)
Bevölkerungsdichte 7045 Einwohner/km²
Eingemeindung 1. Apr. 1910
Postleitzahl 51103
Vorwahl 0221
Stadtbezirk Kalk (8)
Verkehrsanbindung
Autobahn A559
Bundesstraße B55 B55a
Eisenbahnlinien RB 25 S 12 S 13
Stadtbahnlinien 1 9
Buslinie 159
Quelle: Einwohner 2021. (PDF) Kölner Stadtteilinformationen

Kalk ist ein rechtsrheinischer Stadtteil innerhalb des gleichnamigen Kölner Stadtbezirks 8.
Der im rechtsrheinischen Osten liegende Vorort gehört seit 1910 zur Stadt Köln. Die einst selbstandige Stadt war über ein Jahrhundert industriell geprägt und durchläuft derzeit einen Strukturwandel zum Wohn- und Verwaltungsstandort. Kalk zählt zu den zehn einwohnerstärksten Stadtteilen der Stadt. Der traditionell hohe Ausländeranteil trägt zur Entwicklung einer "multikulturellen Gesellschaft" bei. Durch die erhöhte Migranten- und Arbeitslosenquote gilt Kalk allerdings auch als sozialer Brennpunkt. Das Stadtbild wird heute von Wohnhäusern aus der Gründerzeit, Kriegsbaulücken füllenden Mietshäusern aus den 1950er und 60er Jahren in Schlichtbauweise, einigen Industriedenkmälern, Verwaltungsbauten sowie von großen Industriebrachen geprägt.


Lage

Der Stadtteil Kalk grenzt im Osten an die Stadtteile Höhenberg und Vingst, im Süden an den Stadtteil Humboldt/Gremberg und im Westen an Deutz und Mülheim und im Norden an Buchforst. [1]

Geschichte

Die Hauptquellen zur Kalker Geschichte sind die Webseite der Geschichtswerkstatt Kalk [2] und die private Webseite „Mein Kalk“ von Josef König. [3]

Namensableitung und Gründung

Der Name Kalk stammt von Kolk (Mittelhochdeutsch: Sumpf). Die Villa Kalka oder Calke, wie es in manchen Urkunden heißt, lag neben einem Sumpfgebiet das vom Buchenforst bis Bensberg reichte. Die erste urkundliche Erwähnung als Villa Kalka stammt aus dem 12. Jahrhundert. Dort wurde das Gründungsjahr 1003 angegeben. Die Echtheit dieser Urkunde wird allerdings bezweifelt. [4]

Entwicklung zur Stadt

Der Siedlungskern der Ortschaft Kalk bildete sich rund um die Kalker Höfe, zwischen der heutigen Höfe- und Engelsstraße. Etwas abseits davon befand sich ein Heiligenhäuschen, welches die im Jahre 1473 erstmals urkundlich erwähnte handbemalte Holzfigur der „schmerzhaften Muttergottes“ beherbergte. Der Marienfigur wurden wundertätige Heilkräfte nachgesagt, weshalb viele Gläubige aus dem nahen und fernen Umland zu ihr pilgerten. Um die Wallfahrer zu verpflegen entstanden in diesem Bereich einige Gastwirtschaften.
Nach dem Ende der Pest im Jahre 1666 wurde, als Dank für ihren Schutz während dieser schwierigen Zeit, das Heiligenhäuschen zur Muttergotteskapelle erweitert. [5]

In einer alten Chronik wird berichtet, dass die Figur der „schmerzhaften Muttergottes“ im Jahre 1813 von französischen Soldaten geraubt wurde. Allerdings ließen ihre Kräfte schon cirka 2 Kilometer an der Ortsgrenze zu Deutz nach. Bauer Wiemich, der diesen Schwächeanfall beobachtet hatte, soll in Kölsch zu den Soldaten gesagt haben:

„wenn se nit wigger kömme, dann wöt hä singem Drück ene Wösch mache un et wöd dat Dinge dann widder zoröckbränge, wo et her wör.“
( Hochdeutsch: Wenn sie nicht weiterkommen würden, würde er seiner Magd Trautchen eine Strohwulst anfertigen und auf den Kopf setzen, damit sie das Ding wieder dahin zurückbringen könnte, wo es hergekommen war.)

Die Soldaten seien wohl auf den Vorschlag eingegangen, und Bauer Wiemich und seiner Magd wäre es zu verdanken, dass die Figur der „schmerzhaften Muttergottes“ noch heute in Kalk ist.

Die Landgemeinde profitierte in der Mitte des 19. Jahrhunderts von der Nähe zur Hansestadt Köln, da innerhalb der Stadtmauer, laut den preußischen Rayonbestimmungen, keine Industrieansiedlungen erlaubt wurden. Deshalb griffen die Kölner Kaufleute für Ihre Fertigungsanlagen auf Standorte außerhalb des Stadtgebietes, wie Ehrenfeld, Mülheim am Rhein und Kalk, zurück und erbauten dort ihre Fabriken. So entstanden im westlichen Teil der Hauptstrasse die ersten Fabriken der Textil-, Nahrungsmittel- und eisenverarbeitenden Industrie. Im Jahre 1856 entstand die Maschinenfabrik für den Bergbau von Sievers & Co (eine Keimzelle der heutigen Deutz AG). 1858 gründeten Julius Vorster und Hermann Grüneberg die Chemische Fabrik Kalk, die künstliche Düngemittel herstellte. Da die Energieversorgung der aufstrebenden Gemeinde sichergestellt werden musste, wurde im Jahre 1862 ein Gaswerk errichtet.

Vom Jahre 1843 an, in dem 96 Einwohner im Ort lebten, erhöhte sich die Einwohnerzahl stetig. Da die Kinder der Siedler auf Bildungseinrichtungen der benachbarten Orte Deutz und Vingst angewiesen waren, wurde 1850 in unmittelbarer Nähe der Kalker Kapelle die erste Schule errichtet. Im Jahre 1860 lebten in Kalk schon 1.800 Einwohner. Am Ende der 1860er Jahre wurde, auf Anweisung des damals zuständigen Deutzer Bürgermeisters Schaurte, ein „Arrestlokal“ hinter einer Gastwirtschaft auf der Hauptstraße eingerichtet, da die jungen Arbeiter der Fabriken in ihrer Freizeit an Sonn- und Feiertagen nach erhöhtem Alkoholgenuss oft über die Stränge schlugen.

Die Sünner-Brauerei in Kalk

Der Bedarf an Kohle war im Dampfmaschinenzeitalter enorm gestiegen. Für die Fabriken war es sehr wichtig Kohle aus dem näheren Bereich zu erhalten, deshalb wurde zwischen 1854 und 1856 ein Konsortium gegründet, welches im Umfeld der Industriestandorte Mülheim und Kalk nach Stein- und Braunkohlevorkommen forschen sollte. Nachdem diverse Bohrungen nicht erfolgreich waren, stieß man im Osten der Gemeinde auf einen Braunkohleflöz, dessen Größe einen Abbau zu rechtfertigen schien. Am 1. September 1856 wurde das Bergwerkseigentum an Wilhelm Eckardt übertragen. Die daraufhin gebildete Gewerkschaft „Neu-Deutz“ begann mit dem Bau der Maschinen- und der Förderanlagen nur wenig später. Als die Maschinen in Betrieb gingen stellte man fest, dass diese nicht in der Lage waren das in dem cirka 36 Meter langen Stollen eintretende Grundwasser abzupumpen. was die Förderung der Braunkohle unmöglich machte. Durch die Nähe des Rheins ist der Grundwasserspiegel dort sehr hoch. Schon zwei Jahre später war einer von insgesamt zwei Versuchen Braunkohle im Rheinland untertage abzubauen gescheitert. 1858 kauften die Gebrüder Sünner das Zechengelände und bauten dort ihre neue Kölsch-Brauerei, die 1860 ihren Betrieb aufnahm. Die Sünner-Brauerei befindet sich noch heute im Familienbesitz. [6]

Kalk verfügte seit 1856 zwar über eine eigenständige Pfarre, aber über keine ausreichend große Kirche. Zur Beseitigung dieses Missstandes wurde in den Jahren 1863 bis 1866, nach Plänen des Kölner Diözesanbaumeisters Vincenz Statz, direkt neben der Kalker Kapelle, die Pfarrkirche St. Marien gebaut. Das Gotteshaus war eine dreischiffige neugotische Backstein-Hallenkirche mit einem über fünfzig Meter hohen Turm. Im Jahre 1867 wurde die Kirche geweiht.

Da immer mehr Menschen aus den umliegenden Gemeinden ihren Lebensunterhalt in Kalk verdienten, wurden mehrere Anläufe unternommen im Ort einen Bahnanschluss einzurichten. Am 1. Oktober 1875 wurde dann endlich der „Rheinische Bahnhof“ eröffnet. Dieser war ein Personenbahnhof und wurde von der Rheinischen Eisenbahngesellschaft betrieben, später wurde der Bahnhof in Kalk-Nord umbenannt. Im Jahre 1886 kam Kalk-Süd als zweiter Personenbahnhof hinzu. Schon 1877, im Gründungsjahr der Kölner Verkehrs-Betriebe, wurde die erste Pferdebahnlinie von Deutz nach Kalk eröffnet.

die Stadt Kalk von 1881 bis 1910

Datei:Kalk wappen.jpg
Wappen der Stadt Kalk

Im Jahre 1881 erhält Kalk die Stadtrechte. Zum Stadtgebiet gehörten auch die Gemeinde Vingst mit dem dazugehörigen Ortsteil Gremberg. Das Wappen der neugegründeten Stadt beschrieb die Wandlung vom einstigen Wallfahrtsort zur Industriestadt.

Im Jahre 1883 wurde das katholische Krankenhaus St.Joseph eröffnet, da die Kapazität von den zuvor zur Krankenpflege angemieteten Privathäusern für die Kalker Bürger nicht mehr ausreichten. Das Krankenhaus wurde von der Kirche und den ansässigen Industrieunternehmen finanziert. Als Krankenhauskapelle wurde gleichzeitig St. Nazareth errichtet. Der Gründerzeitbau der Kalker Post wurde 1890 errichtet. Die Post ist auch heute noch in den gleichen Räumlichkeiten wie damals untergebracht. Als die katholische Gemeinde von St.Marien zu groß geworden war, benötigte Kalk eine zweite Kirche. Nach den Plänen von Heinrich Renard wurde die dreischiffige Backstein-Hallenkirche St.Joseph in den Jahren 1899 bis 1902 erbaut. Als Standort wurde die historische Keimzelle der Gemeinde Kalk zwischen Höfe und Engelstraße ausgewählt. Auch die Kapazität des 1857 angelegten innerstädtischen Friedhofs an der Kapellenstraße reichte nicht mehr aus, deshalb wurde 1904 im benachbarten Merheim der neue Kalker Friedhof eröffnet. Zum Jahrhundertwechsel wurde zur Fleischversorgung ein Schlachthof an der Kalk-Mülheimer Straße gebaut, noch im gleichen Jahr eröffnet an der Buchforststraße das evangelische Krankenhaus.

Da der Güterverkehr per Eisenbahn um die Jahrhundertwende sehr stark zunahm, entschloss man sich den alten Personenbahnhof Kalk-Nord zuzuschütten und an gleicher Stelle den Rangier- und Güterbahnhof Kalk-Nord zu bauen. Dieser wurde erhöht auf einem Damm über die Fläche von 3,2 Quadratkilometern errichtet. Kalk-Nord wurde 1910 seiner Bestimmung übergeben. Im Jahre 1902 hielt die erste elektrische Straßenbahn zweimal auf der Kalker Hauptstraße auf ihrem Weg von Köln nach Brück. Später wurde noch eine weitere Strecke in Richtung Königsforst gebaut.

Um neben der Industrie ein weiteres wirtschaftliches Standbein zu erhalten, bemühte man sich zum Garnisonstandort zu werden. Dieser Wunsch wurde nach schweren Verhandlungen mit der preußischen Regierung erfüllt. So entstand an der Eythstraße in den Jahren 1894 bis 96 ein großer Kasernen-Komplex.

Die ersten Versuche das Bildungsniveau der Bevölkerung zu erhöhen wurden im Jahre 1884 unternommen, als mehrere Industrielle der Stadt Kalk eine Volksbücherei schenkten. Insgesamt umfasste die Schenkung 1700 Bände. Die erste Volksbücherei im Rheinland war in Räumen untergebracht, die von der Firma Humboldt zur Verfügung gestellt wurden. Die Sammlung wurde von vier Kalker Lehrern betreut.

Verursacht durch den Wunsch nach Arbeit suchten viele Menschen aus verarmten Landgebieten ihr Glück in der Stadt Kalk, denn hier waren mittlerweile 33 Industriefirmen angesiedelt. Leider wurde nicht bei allen der Traum zur Wirklichkeit und die Verelendung nahm zu. Um diese Ärmsten der Armen zu beköstigen wurde 1904 in Kalk eine Volksküche eingerichtet. Da es ein großes Bildungsdefizit bei vielen Kindern gab, wurde auf Initiative eines Verwalters der Kalker Volksbibliothek, namens Heinrich Welsch, die Hilfsschule an der Hollweghstraße gegründet. Lehrer Welsch wurde Direktor der Schule, aufgrund seines soziales Engagements wurde ihm mit dem Lied „En d’r Kayjass Nummero Null“ ein musikalisches Denkmal gesetzt. Der Gassenhauer wurde zwei Jahre nach seinem Tod im Jahre 1937 zum ersten mal veröffentlicht.

Eingemeindung nach Köln

Am 1. April 1910 wurde Kalk in die Stadt Köln eingemeindet. Zu diesem Zeitpunkt hatte Kalk bereits über 30.000 Einwohner und war bis zur Eingemeindung eine der größten und wohlhabendsten Industriestädte im Lande Preußen.

Als der Erste Weltkrieg ausbrach, stellten viele der ansässigen Industriebetriebe ihre Produktion auf Kriegsmaterialien um. Die Firmen wollten durch den „auf Pump“ finanzierten Krieg Profit machen. Dadurch, dass viele Arbeiter als Soldaten eingezogen wurden, herrschte in den Fabriken akuter „Männermangel“. Die Tätigkeiten wurden größtenteils von Frauen übernommen.

Einige Zeit nach dem Kriegsende in den Jahren 1922/23 war die Inflation, infolge der kriegsbedingten Staatsverschuldung, so hoch, dass viele Menschen ihre Arbeitsstelle verloren. Nach dem die Wirtschaft sich Mitte der 1920er Jahre kurzfristig erholte, folgte in den Jahren 1928/29 die Weltwirtschaftskrise. Alle Kalker Firmen mussten abermals viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entlassen. Rund 50% der ansässigen Familien waren von dieser Entlassungswelle betroffen. Die arbeitslosen Menschen konnten sich in dieser Zeit meistens nur als Tagelöhner durchschlagen, aber nur dann wenn überhaupt Arbeit vorhanden war. Am Ende des Jahrzehnts eröffnete auf der Kalker Hauptstraße das erste Warenhaus, das „Kaufhaus Leonhard Tietz“.

Das Dritte Reich

Nachdem die Nationalsozialisten im Jahre 1933 an die Macht gekommen waren, wurden die Rechte der Arbeiter , aufgrund des Gewerkschaftsverbotes von 1934, sehr beschränkt. Bedingt durch den erhöhten Arbeiterbedarf wurden viele Bürger, durch den für den Arbeitsplatzerlangung erforderlichen Pateibeitritt zur NSDAP, zu „Gefolgschaftsmitgliedern“ der Nazis. Widerstand war im Kalker Gebiet selten zu vermelden, aber auch nicht gänzlich ausgeschlossen. So wurden beispielsweise die Teilnehmer von Nazi-Umzügen im Bereich der Kurzestrasse regelmäßig von dort wohnenden Kommunisten mit Pflastersteinen beworfen. Auf Anweisung des Gauleiters Josef Grohé wurde die Straße darauf hin asphaltiert, und war somit die erste asphaltierte Straße in Kalk.[7] Zahlreiche Bürger wurden aufgrund ihres Glaubens oder ihrer politischen Gesinnung in Konzentrationslager deportiert. In der eisenverarbeitenden Industrie wurden in der Vorkriegszeit wieder vermehrt Rüstungsmaterialien produziert. Wichtigster Hersteller war das Klöckner-Humboldt-Deutz Werk, in dem Lokomotiven sowie Motoren für U-Boote und Panzer produziert wurden.

Durch den 1939 ausgebrochenen Zweiten Weltkrieg herrschte abermals Personalmangel in den Fabriken. Aber diesmal wurde dieser nicht durch den Einsatz von Frauen kompensiert, sondern mit Zwangsarbeitern aus den eroberten Gebieten. KHD forderte schon im Mai 1940 Zwangsarbeiter an, die Maschinen die gegen ihr Heimatland eingesetzt wurden, herstellen mussten. Die meist polnischen Bürger mussten unter erbärmlichen Bedingungen leben. In Kalk waren bis zu 1.500 Zwangsarbeiter im Einsatz. Im Jahre 1940 wurden die Wallfahrten zur Kalker Kapelle durch die Nazis verboten. Die Kapelle wurde am 8. August 1941 durch eine Fliegerbombe, bis auf die Marienfigur, komplett zerstört. Bedingt durch die ansässige Kriegsindustrie sowie der auffälligen Lage an zwei Bahnstrecken war Kalk eines der Hauptziele der britischen und amerikanischen Bomber. Insgesamt wurden zwanzig Bombenangriffe auf den Stadtteil durchgeführt, bei denen fast die gesamten Industrieanlagen und Zivilgebäude zerstört wurden. Den schlimmsten Bombenangriff erlebte Kalk in der Nacht vom 3. auf den 4.Juli 1943. Bei diesem Bombardement wurden auch große Teile des KHD-Werkes zerstört. Zum Kriegsende lebten nur noch ca. 300 Menschen in Kalk. Der größte Teil der überlebenden Bevölkerung war vorher in ländliche Gebiete evakuiert worden.

Der Wiederaufbau

Kurz nach Kriegsende im Jahre 1945, kehrten die ersten Bewohner, zumeist Bewohnerinnen mit ihren Kindern, in das stark zerstörte Kalk zurück. Die sogenannten Trümmerfrauen räumten, mit Unterstützung der schon heimgekehrten Männer, den Stadtteil auf. Mit den provisorisch errichteten Trümmerbahnen wurden die Schuttmassen in den rechtsrheinischen Grüngürtel abtransportiert. Durch die Aufschüttung entstanden dort Trümmerberge, wie zum Beispiel der Vingster Berg. Nach der Wiederinbetriebnahme der ersten Industrieanlagen wurde wieder „Licht am Ende des Tunnels“ gesehen. Die Fabriken waren meist führungslos, da ihre Besitzer meist als „Wehrwirtschaftführer“ verhaftet wurden, oder untergetaucht waren. Die Führung der Firmen übernahmen Betriebs- oder Ortsausschüsse, damit war die Grundversorgung des Stadtteils gesichert.

Neben der historischen Kalker Kapelle, wurden auch die Pfarrkirchen St.Marien und St.Joseph durch den Krieg komplett zerstört. In den Jahren 1948 bis 1950 wurde die Kapelle als einschiffiger schlichter Backsteinbau durch Rudolf Schwarz und Karl Wimmenauer neu aufgebaut. Anschließend wurde in den Jahren 1950/51 der Wiederaufbau von St.Marien realisiert. Nachdem die Gotteshäuser der Gemeinde St.Marien wieder intakt waren, wurde auch St.Joseph in den Jahren 1951/52 wieder instand gesetzt. Die Kirche wurde nach den Plänen von Dominikus und Gottfried Böhm in stark vereinfachter Form neu aufgebaut. Da die Chemische Fabrik neuen Baugrund für eine Erweiterung benötigte, wurde die evangelische Presbyterkirche an der Vietorstraße abgerissen. Das Gotteshaus wurde durch den Neubau der Jesus-Christus-Kirche an der Buchforststraße ersetzt, die am 23. Dezember 1951 eingeweiht wurde. [8]

Als die meisten Kriegsgefangenen wieder in ihre Heimat Kalk zurück gekehrt waren, und der Wiederaufbau in vollem Gange war, schlug auch der Puls des Stadtteils Kalk wieder. In den Fabriken wurden sehr viele Arbeitskräfte benötigt, denn der Binnenmarkt musste gesättigt werden. Allerdings war größtenteils nur noch die metallverarbeitende und chemische Industrie in Kalk ansässig, was sich später noch als Fehler herausstellen sollte. Auf der Kalker Hauptstrasse eröffneten diverse neue Geschäfte und Betriebe zur Freizeitgestaltung wie z.B. vier Kinos. Kalk florierte genauso wie der Rest der Republik zu Zeiten des Wirtschaftswunders.

Rezession

Die einsetzende Rezession in den 1970er Jahren hatte für die Kalker Industrie und deren Mitarbeiter katastrophale Auswirkungen. Zuerst wurde versucht die Ertragslage durch Optimierung des Produktionsablaufs zu verbessern. Als dieses nicht funktionierte kam es zu ersten Rationalisierungswellen, auch von veralterten Produktionsstätten wurde sich getrennt. Ab 1978 wurde der Personalabbau sehr massiv, auch mussten ganze Fabriken schließen. Die wichtigsten Firmenschließungen und Rationalisierungsprojekte waren folgende:

  • 1978 schloss die Metallgießerei Peter Stühlen ihre Kalker Produktionsstätte. Einige hundert Arbeitsplätze gingen verloren.
  • 1979 wurde die Stahlbaufirma Albert Liesegang geschlossen. 370 Menschen verloren ihren Arbeitsplatz.
  • 1983 meldete die Akkumulatoren-Fabrik Gottfried Hagen im benachbarten Humboldt/Gremberg Konkurs an. 530 Arbeiter, darunter sehr viele Kalker Bürger, verloren Ihren Job.
  • 1983 begann die Klöckner Humboldt Deutz AG mit einem Rationalisierungsprojekt bei dem insgesamt 3400 Arbeitsplätze abgebaut werden sollten. Diesem Projekt fiel auch der Traktorenbau am Standort Kalk im Jahre 1996 zum Opfer. Die Produktionsstätte wurde später größtenteils abgerissen. Allein durch die Schließung des Traktorenwerkes wurden 600 Menschen arbeitslos.
  • 1993 Nachdem diverse Personalabbauprojekte dazu geführt hatten, dass nur noch 680 der ursprünglich 2400 Beschäftigten bei der Chemischen Fabrik Kalk arbeiten, entschloss man sich das Werk, das mittlerweile im Besitz der BASF war, endgültig zu schließen. In der Vergangenheit war versäumt worden die Produktpalette zu erweitern, eventuell wäre damit eine Wirtschaftlichkeit des Werkes möglich gewesen.
    Somit waren die größten Industrieanlagen vom Kalker Boden verschwunden. Insgesamt verloren über 8500 Menschen ihre Arbeitsstelle. Die Arbeitslosenquote des Stadtteils sank seit dieser Zeit nie wieder unter 25%.

Auch die Umsätze der Kalker Geschäftswelt fielen durch die steigende Arbeitslosigkeit, weiter umsatzmindernd war der Mitte der 1970er Jahre begonnene U-Bahnbau. Die Schächte wurden nicht wie heute üblich mit Tunnelbohrmaschinen durchgeführt, sondern oberirdisch abgetragen. Dadurch war die Kalker Hauptstraße jahrelang eine Großbaustelle und für die potentiellen Kunden der Geschäfte sehr unattraktiv. Viele Geschäfte mussten in dieser Zeit schließen. Beim U-Bahnbau gab es auch größere Probleme, genau wie beim 120 Jahre zuvor gescheiterten Untertage-Kohleabbau drang Grundwasser in die Baugrube, deshalb musste der Tunnel zusätzlich abgedichtet werden. Die U-Bahnstation Kalk, Post sowie die dazugehörige Zwischenebene wurde als Zivilschutzbunker konzipiert. Die Mehrzweckanlage soll 2366 Menschen 14 Tage Schutz bieten. [9] Im August 1980 wurde die Tunnelstrecke eingeweiht. Die Hauptstraße wurde anstatt vierspurig nur noch zweispurig geführt, dadurch konnten die Bürgersteige verbreitert werden, was sich als vorteilhaft fur die angrenzenden Geschäfte darstellte.

Im Jahre 1979 wurde der Neubautrakt des evangelischen Krankenhauses an der Buchforststraße eröffnet. Dadurch bedingt wurde gleichzeitig das veraltete katholische St.Joseph Krankenhaus geschlossen. Der Altbautrakt des evangelischen Krankenhauses wurde 1989 durch einen Neubau ersetzt. Seit dem Abriss der großen Güterabfertigungshalle im Jahre 1986 wurde der Bahnhof Kalk-Nord zum reinen Rangierbahnhof mit zwei Ablaufbergen. Zeitweise war Kalk-Nord der größte Güterbahnhof Westdeutschlands. Der Personenbahnhof Kalk wurde Anfang der 1990er Jahre stillgelegt und durch den Haltepunkt Köln, Trimbornstraße ersetzt.


Gegenwart

Von manchen geschlossenen Werken blieben nur noch die unter Denkmalschutz gestellten Schornsteine übrig. Das fast 40 ha große Gelände der ehemaligen Chemischen Fabrik Kalk musste komplett saniert werden. Zur Entgiftung musste fast das gesamte Erdreich abgetragen werden, da dieses extrem mit chemischen Substanzen wie z.B. Schwefel und Schwermetallen verseucht war. Bei den Sprengarbeiten des höchsten Schornsteins der Fabrik verschätzte sich der Sprengmeister mit der Fallrichtung. Der Kamin fiel in morastige Erde und verunreinigte dabei diverse Hausfassaden an der Vietorstraße. Nachdem das Gelände Anfang 2001 endgültig gift- und gebäudefrei war, wurde das Terrain mit einer neuen Straßenstruktur sowie mit einem achterbahnähnlichem Anschluss an die Zoobrücke ausgestattet. Die Namen der drei neuangelegten Straßen wurden sorgfältig ausgewählt:

  • Die Geschwister-Katz-Strasse erinnert an eine sechsköpfige jüdische Kalker Familie, aus der die Eltern Jakob und Berta sowie die Geschwister Bernhard und Amalie durch die Nazis in Konzentrationlager deportiert wurden und dort den Tod fanden. Ein weiterer Sohn namens Max arbeitete im Büro der Chemischen Fabrik Kalk. Er wurde in den Düngerkeller der Fabrik zwangsversetzt. Infolge der gesundheitsgefährdenden Arbeiten erkrankte er an Leber- und Magenkrebs und verstarb im Jahre 1941. Nur die Tochter Johanna Katz überlebte Nazi-Deutschland, da sie von ihrem nicht-jüdischen Ehemann bis zum Kriegsende versteckt wurde. Johanna Katz war bei den Festlichkeiten zur Enthüllung des Straßenschildes anwesend.
  • Der Walter-Pauli-Ring war die erste Straße Deutschlands, die nach einem im Dienst getöteten Polizeibeamten benannt wurde. Der 22-Jährige Polizist Pauli wurde am 9. Mai 1975 in Köln-Humboldt/Gremberg während eines Feuergefechtes mit drei mutmaßlichen Terroristen der Bewegung 2. Juni erschossen. [10]


Durch die Revitalisierung von vielen Gründerzeitbauten und diversen Neubauten wurde die Wohnqualität im Stadtteil deutlich gesteigert.

Infrastruktur

S-Bahnhof Trimbornstraße
Verkehr

Der Bahnhof Trimbornstraße ist ein Haltepunkt an den S- und Regionalbahnstrecken Köln – Siegburg beziehungsweise Köln – Overath. Zwei Stadtbahnlinien und eine Buslinie verbinden Kalk mit dem Stadtzentrum sowie mit den umliegenden Vororten. Von der A559, führt die Abfahrt Kalk/Poll an der Rolshover Straße in den Stadtteil. An die nördlichen und westlichen Stadtteile, sowie an das Autobahnkreuz Köln-Ost ist Kalk über die autobahnähnliche B55a verbunden. Durch die enge Bebauung sind die meisten Nebenstraßen für den Einrichtungsverkehr ausgelegt.


Geschäftwelt, Gewerbe und Verwaltung
Das neue Polizeipräsidium Köln

Die Zentrale Geschäftsstraße in Kalk ist die Kalker Hauptstraße (B55). Dort wurde am 3. März 2005 nach 17 Monaten Bauzeit das neue Einkaufzentrum Köln Arcaden eröffnet. Es bietet auf einer Fläche von 27.000 Platz für 130 Geschäfte. Der denkmalgeschützte Wasserturm der CFK wurde als architektonischer Mittelpunkt in das Zentrum integriert. Neben den Köln Arkaden befinden sich diverse kleinere Läden sowie eine Filiale der Kaufhof AG auf der Hauptstraße. Alteingesessenen Geschäftsleute erleiden durch das Einkaufszentrum Umsatzeinbußen, sodass viele Läden aufgeben müssen, und mit Billigläden ersetzt werden.

Die Deutz AG betreibt eine Produktionstätte für landwirtschaftschaftliche Rüttler und ein Logistikzentrum im Ort. Der Technikhof Köln wurde in historischen, kernsanierten ehemaligen KHD-Traktoren-Produktionshallen angesiedelt. Dort fanden kleine und mittlere Handwerks- und Dienstleistungsunternehmen ihre Heimat.

Bedingt durch Asbestverseuchung und Platzmangel im alten Polizeipräsidium am Waidmarkt, wurde als erstes Gebäude am Walter-Pauli-Ring das neue Polizeipräsidium Kalk errichtet. Auf einem Teil des ehemaligen Geländes der Klöckner-Humboldt-Deutz Werke wurde das „Kalk-Carré“ gebaut. Dort ist die Sozial- und Jugendverwaltung der Stadt Köln untergebracht.

Bildung, Betreuung und Krankenpflege
  • In Kalk gibt es zwei Grundschulen, zwei Hauptschulen, eine Schule für Lernbehinderte sowie ein Gymnasium.
  • Für Kinder im Vorschulalter gibt es acht Kindergärten.
  • im Stadtteil gibt es zwei Altenheime
  • mit dem Evangelischen Krankenhaus verfügt der Ort über eine moderne Großklinik.
Kultur, Freizeit und Vereine

In einer Halle der KHD-Werke wurde die Aussenstelle des Schauspielhauses Köln, die „Halle Kalk“ angesiedelt. Für Kleinkunstdarbietungen steht das Bürgerhaus Kalk zur Verfügung.

Kirche

Bedingt durch die vielen im Ort vetretenen Nationalitäten herrscht eine große Religionsvielfalt. Zur Ausübung der Religionen stehen zwei katholische Kirchen, eine evangelische Kirche, eine neuapostolisches Gotteshaus sowie mehreren Moscheen zur Verfügung. Im Jahre 2006 wurde mit der Errichtung des "Bürgerparks Kalk" begonnen, einer 2,8 Hektar großen Grünfläche auf dem Areal der alten Chemischen Fabrik.

Vereine
  • der SC Borussia 05 Kalk und die DJK Siegfried Kalk sind alteingesessene Fußballvereine.
  • die Faustkämpfer Kalk sind der erfolgreichste Boxverein in Köln.

Bevölkerungsentwicklung seit 1843

In Klammern ist der Ausländeranteil in % angegeben.[11]

1843 1860 1900 1910 1980 1985 1990 1995 2000 2005
   96 ( ? )  ca.1.800 ( ? ) ca. 20.000 ( ? ) ca. 30.000 ( ? ) 22.445 (30,5) 20.318 (30,2) 21.601 (34,6) 21.396 (37,7) 20.462 (40,9) 21.134 (38,8)

Die Arbeitslosenquote lag am 31. Dezember 2005 bei 27,8%.


Berühmte Kalker Bürger

  • Heinrich „Lehrer“ Welsch (*1848; †1935) – Pädagoge und Kölsches Original
  • Hermann Kläser († Anfang der 1990er Jahre) – komponierte das bekannte Kölner Karnevalslied „En d’r Kayjass Nummero Null“ .
  • Joseph „Jupp“ Elze (*1939; †1968) – Profiboxer, mehrfacher Deutscher Meister im Mittelgewicht.
  • Karl-Heinz Kunde (*1935) – Radprofi, dreifacher Deutscher Meister und sechsfacher Tour de France-Teilnehmer
  • Martin Lauer (*1937) – Leichtathlet, 1960 Olympiasieger in der 4 x 100m Staffel
  • Tina Ruland (*1966) – Schauspielerin, ist in Kalk aufgewachsen

Sehenswürdigkeiten

  • St.Marien mit Kalker Kapelle – Kapellenstr.
  • Wasserturm der Chemischen Fabrik Kalk – auf dem Gelände der Köln Arcaden
  • Brauerei Gebr. Sünner aus dem Jahre 1858 – Kalker Hauptstr. 260.
  • Kalker Post – Gründerzeitbau aus dem Jahre 1890
  • Köln Arcaden – (Einkaufszentrum)

Sonstiges

  • Tom Gerhardts Film „Voll normaaal“ sowie seine Fernsehserie „Hausmeister Krause“ spielen in Köln-Kalk. Berühmtester Ausspruch aus dem Film war das „Köln-Kalk-Verbot“
  • Der Sänger Eko Fresh macht in mehreren seiner Lieder auf die sozialen Missstände in Teilen Kalks aufmerksam.

Quellen

  1. Kölner Stadtkarten und Luftbilder, 3.Auflage 2005
  2. Webseite der Geschichtswerkstatt Kalk
  3. private Homepage von Joseph König
  4. Stadtspuren, Denkmäler in Köln Band 7, Bachem-Verlag 1990
  5. Kölner Stadt Anzeiger vom 16. Dezember 2003
  6. Webseite der Sünner-Brauerei
  7. Erzählungen mit älteren Kalker Bürgern
  8. Kirchen in Köln
  9. Bunkerseite
  10. www.corsipo.de
  11. Kölner Strukturdaten vom 20. Juli 2006

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