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Alfred Gleitze

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Datei:Gesch Gleitze Alfred.jpg
Alfred Gleitze

Alfred Gleitze (* 1. Januar 1934 in Berlin; † 27. August 2004 ebenda) war ein berliner Politiker. Für seine Arbeit wurde ihm am 7. Juli 2004 die Stadtältestenwürde verliehen.

Kinder: Angelika *1963, Andreas *1965, Ehe mit Christa Gleitze, geb. Beich

Ausbildung

  • Volksschule Berlin-Baumschulenweg, dortige Oberschule, ab 1949 Lilienthal-Oberschule Berlin-Lichterfelde West, Abitur.
  • Studium Freie Universität Berlin und Universität Freiburg/Breisgau.

Fachrichtungen Rechts- und Wirtschaftswissenschaften.

Berufliche Tätigkeiten

Ehrenamtliche Tätigkeiten

Mitgliedschaften

Ein Politisches Leben

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Zeichnung Alfred Gleitze

Am 1. Januar 1934 wurde Alfred Gleitze in Berlin geboren. Nachdem seine Familie 1949 aus dem Ostberliner Treptow ins Westberliner Steglitz zog, wurde Alfred Gleitze bald Mitglied der Falken (Sozialistische Jugend Deutschland-SJD). Hier spielte er auch am antimilitaristischen Kabarett "Die Zivilisten". Bald wurde er der Kreisvorsitzende der Steglitzer SJD-Falken und von 1965 bis 1969 führte er den gesamten Landesverband Berlin. In dieser Funktion organisierte Alfred Gleitze die berühmten Groß-Zeltlager und die Gedenkstättenfahrten zu den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten und konnte sich so für die Aussöhnung mit der Jugend der ehemaligen sozialistischen Länder einsetzen. Es gelang sogar, Jugendliche der damaligen ČSSR an den Fahrten in die westlichen Sommerlager zu beteiligen und so erste Beiträge zu einer späteren Entspannungspolitik zu leisten.

Bereits 1954 trat Alfred Gleitze der SPD und 1959 der ÖTV bei. An der Freien Universität Berlin und der Universität Freiburg im Breisgau hatte Alfred Gleitze Rechts- und Wirtschaftswissenschaften studiert. Seine "eigentlichen politischen Lehrjahre", so Alfred Gleitze in einem Interview der Berliner Stimme (14. 01. 2004, siehe unten), absolvierte er als Leiter der Pressestelle beim Bezirksamt Berlin-Kreuzberg zwischen 1959 und 1965 unter dem damaligen Bürgermeister Willy Kressmann. 1969 wurde Alfred Gleitze Bezirksstadtrat für Jugend und Sport in Schöneberg. Zwischen 1971 und 1975 war er Schöneberger Bezirksbürgermeister. Die nächsten zehn Jahre betätigte er sich in Schöneberg als Stadtrat für Finanzen und Wirtschaft. Bis 2001 war Alfred Gleitze in der Bezirksverordnetenversammlung aktiv, der er seit 1965 angehörte.

Eine lange Liste von Mitgliedschaften in Vereinen und Hilfsorganisationen zeugt vom umfangreichen Engagement Alfred Gleitzes. Er war Mitglied der Internationalen Liga der Menschenrechte, des Arbeiter-Samariter-Bundes Deutschland, Ehrenmitglied des Berliner Rugby Clubs und Fördermitglied von Greenpeace, um nur wenige Institutionen zu nennen. Außerdem war Alfred Gleitze 1969 und 1970 Geschworener beim Landgericht Berlin, wo er von 2001 bis 2004 wieder als Schöffe tätig war. Alfred Gleitze starb am 27. August 2004 in Berlin.

Gilbert Dietrich (August 2004)

Rede zur Trauerfeier für Alfred Gleitze von Axel Bochow

am Montag, dem 13. September 2004, 12.00 Uhr, im Willy Brandt-Saal, Rathaus Schöneberg

Liebe Christa, liebe Angelika, lieber Andreas, liebe Familienmitglieder, Freunde, Genossinnen und Genossen, sehr geehrte Damen und Herren !

1961 habe ich als einer von 1300 Berliner Jugendlichen am Zeltlager der Berliner Falken in Holland teilgenommen. Während dieses Zeltlagers habe ich Alfred kennengelernt. Es war ein Zeltlager, an dem Falken aus ganz Berlin, also aus Ost und West teilnahmen. Eine Woche nach Beendigung des Zeltlagers wurde die Mauer errichtet und hat Freundschaften brutal zerrissen. Dass das Kennenlernen von Alfred zu einer politischen Zusammenarbeit erst bei den Falken, später dann in der SPD und BVV Schöneberg führen würde, war damals nicht vorauszusehen.

Mitte der sechziger Jahre, Alfred Gleitze war bereits Landesvorsitzender der Berliner Falken, hat ein Kreis von Genossinnen und Genossen sehr eng mit Alfred zusammengearbeitet. Daraus entwickelten sich lebenslange Freundschaften.

Während seiner Zeit als Landesvorsitzender war Alfred Gleitze schon Kommunalpolitiker. Unserem Jugendverband blieb er auch nach seinem Ausscheiden verbunden.

So war er wohl der einzige Jugendstadtrat von Berlin, der nächtelang mit Helfern der Falken Werbeplakate für ein Sommerlager der Berliner Falken geklebt hat.

Die Berliner Falken waren besonders in den aktionsreichen sechziger Jahren für die SPD kein pflegeleichter Partner. In vielen politischen Fragen, wie beispielsweise in der Frage der Oder-Neiße-Grenze, zum Krieg der US-Amerikaner in Vietnam oder der Notstandsgesetze standen die Aussagen der Berliner Falken konträr zur Politik der SPD.

Für Alfred war das oft ein schwieriger Spagat, wenn er tagsüber als Falkenvorsitzender öffentlich kritisch zur SPD-Politik Stellungnahmen abgab und am Abend in Fraktion und BVV Kommunalpolitik machte, die ja gerade in diesem Haus auch Berührungen mit der großen Politik hatte. Alfred hielt das aus, denn der Grundwert Solidarität, den er schon im sozialdemokratischen Elternhaus gelernt hatte, half ihm wohl dabei.

Ein Beispiel für diese Solidarität sei hier angeführt. Seit 1959 führten die Berliner Falken Gedenkstättenfahrten durch: zunächst nach Auschwitz und ab 1963 - von der SPD damals auch nicht gern gesehen - in die ČSSR nach Theresienstadt, Lidice und Prag. Das war politische Bildungsarbeit pur.

Partner dort war der Jugendreisedienst CKM des Staatsjugendverbandes. Bald schon - und dies war ein Novum - nahmen an den Sommerzeltlagern junge Bürger aus der ČSSR teil.

Möglichkeiten zu ost -westlichem Gedankenaustausch, der in jener Zeit des Kalten Krieges wahrscheinlich einmalig war.

In dieser engen organisatorischen Zusammenarbeit entwickelten sich persönliche Freundschaften mit den Verantwortlichen von CKM. Die Anwesenheit von Hanus Stabenov und Alex Ferra heute hier bei der Trauerfeier für Alfred legt Zeugnis davon ab.

Dass Alfred die Zeit und Kraft aufwenden konnte war auch das Verdienst seiner Familie, besonders aber von Christa.

Christa, die wir nur als Jette kennen, hat ihm - bei welcher Arbeit auch immer - den nötigen Rückhalt gegeben. Oftmals haben sie sich humorvoll ergänzt. Kein Wunder, beide waren Mitglieder "Der Zivilisten" einem politischen Kabarett der Falken in den fünfziger Jahren.

Ich hatte die Gedenkstättenfahrten nach Lidice und Theresienstadt angesprochen. Die Organisation dieser Fahrten bedurfte natürlich der Vorbereitung. Für diese Vorbereitungsfahrten wurde gerne die Zugverbindung Ost-Bahnhof - Prag genutzt, bot sie doch die einzige Möglichkeit, damals nach Ost-Berlin zu gelangen. Von Jette bekam Alfred mit auf den Weg: "Bevor du zum Hanus und Ladja fährst, fährst du erst mal in die Tiroler Straße zu Helga und Hugo nach Pankow. Mit der S- oder U-Bahn fuhr man dann zum Grenzübergang Friedrichstraße. Nachdem dieser mit dem Transitvisum überwunden war, wurden unter "Mißbrauch des Transitweges" die Freunde aus gemeinsamer Gesamtberliner Falkenzeit besucht. Erst dann ging der Weg zum Ostbahnhof, um nach Prag zu fahren.

Ich denke, Freundschaft hatte für Alfred immer einen hohen Stellenwert.

Als im August 1968 die Warschauer-Pakt-Staaten militärisch die ČSSR überfielen, um der Politik Dubčeks für einen Sozialismus mit menschlichem Gesicht ein gewaltsames Ende zu bereiten, organisierten die Falken, der SDS und der SHB spontan eine Demonstration zur ČSSR-Militärmission nach Dahlem, an der 5000 junge Menschen teilnahmen. Dort wurde der Leitung eine Protestresolution übergeben.

Die Falken berührte der Überfall besonders - unsere Gedanken waren bei unseren Freunden in Prag. Aus dieser Haltung heraus fuhren am nächsten Tag Alfred und der damalige Landessekretär der Falken, Micky Beinert, mit dem Auto nach Prag, um den Freunden unsere Solidarität auszudrücken.

Solidarität und Freundschaft, wohlgemerkt Freundschaft, nicht zu verwechseln mit Kumpanei, waren für Alfred keine Phrasen. Dieser Linie ist er sowohl in vielen politischen Auseinandersetzungen, als auch bei seiner kommunalpolitischen Arbeit treu geblieben.

Auf der kommunalpolitischen Leiter ist Alfred hoch und runter geklettert und auf welcher Sprosse er auch stand, war es ihm wichtig, Politik so zu gestalten, daß sie für die Bürger nachvollziehbar war.

Denn Politik war für Alfred keine Einbahnstraße, die nur nach oben führt. Er konnte damit umgehen und hat es verkraftet, dass in der Gegenrichtung oft viel schneller gefahren wurde.

Politische Auseinandersetzungen sind von Alfred mit offenen Visier durchgeführt worden. Eine Eigenschaft, die in den vergangenen Jahren nicht nur in der Politik verloren gegangen ist.

In der letzten Zeit hat es Alfred politisch etwas ruhiger angehen lassen. Er hat zu seiner "heimlichen Leidenschaft", der Pressearbeit zurückgefunden. Und von Jahr zu Jahr fand er es angenehmer, Großvater und stolz auf die Familie zu sein.

In seiner politischen Arbeit hat Alfred oft das Prinzip der Freundschaft und Solidarität über Verbands -, Partei - oder Staatsräson gestellt.

Nicht nur dafür, aber besonders dafür sage ich auch im Namen des eingangs benannten Freundschaftskreises unseren Freund und Genossen ein großes Dankeschön.

Unser tiefes Mitgefühl gilt Jette und allen Familienangehörigen.

Alla, wir sind froh, dich gekannt und über Jahrzehnte als Freund gehabt zu haben.

Verleihung der Stadtältestenwürde an Alfred Gleitze durch Klaus Wowereit am 7. Juli 2004

Alfred Gleitze im Roten Rathaus - Überreichung der Urkunde als Stadtältester von Berlin, links Frau Christa Gleitze und rechts Tochter Angelika Schöttler, Jugendstadträtin von Tempelhof-Schöneberg

Es ist an dieser Stelle fast unmöglich, das vielfältige Wirken von Alfred Gleitze angemessen zu würdigen. So viele Ämter und Funktionen waren es, die er im Laufe seines Berufslebens erfolgreich bekleidete. Und auch heute noch, wo andere im wohlverdienten Ruhestand etwas kürzer treten, dürfen zahlreiche Vereine und Initiativen auf die tatkräftige Unterstützung von Alfred Gleitze zählen.

Bei vielen alteingesessenen Schöneberger Bürgerinnen und Bürgern erscheint ein Lächeln auf den Lippen, wenn man sie nach Alfred Gleitze fragt. Man kennt und schätzt ihn im Bezirk und weit über seine Grenzen hinaus. Man kennt ihn als engagierten Politiker, der sich mit großem Elan für die Interessen der Schöneberger eingesetzt hat. Und man kennt ihn als umtriebigen Bürger, der mit anfasst, wenn irgendwo Hilfe gebraucht wird.

Als Bezirksverordneter und Bezirksverordnetenvorsteher, Bezirksstadtrat und Bezirksbürgermeister hat Alfred Gleitze viele Jahrzehnte lang die Kommunalpolitik in Schöneberg geprägt. Dabei ging es ihm stets darum, die Bürgerinnen und Bürger in politische Prozesse einzubeziehen und Politik so für alle persönlich erlebbar zu machen. Unermüdlich war er im Bezirk unterwegs und setzte sich für positive Veränderungen ein.

Das hat sich bis heute kaum verändert. Nach wie vor nimmt Alfred Gleitze regen Anteil am politischen Geschehen und reißt mit seiner Begeisterung andere mit. So gelingt es ihm immer wieder, junge Menschen für Politik zu interessieren und bei ihnen ein Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl zu wecken.

Und das nicht etwa, indem er nur große Reden hält. Ehrenamtlich und mit viel Elan setzt sich Alfred Gleitze für die unterschiedlichsten Belange ein. Man merkt ihm in seinen zahllosen Aktivitäten einfach an, wie sehr ihm unsere Stadt und die Interessen ihrer Bürgerinnen und Bürger am Herzen liegen.

Berlin sagt Ihnen, lieber Herr Gleitze, Dank. Senat und Abgeordnetenhaus von Berlin ernennen Sie zum Stadtältesten von Berlin.

Klaus Wowereit

Politik als Lebenselixier

Am 1. Januar ist Alfred Gleitze, früherer Schöneberger Bezirksbürgermeister 70 Jahre alt geworden, gleichzeitig konnte er seine 50-jährige Parteimitgliedschaft feiern. Heinz Beinert, langjähriger Freund und politischer Weggefährte, sprach jetzt mit Alfred und Christa („Jette“) Gleitze.

Heinz Beinert: Alfred, am 1. Januar hast du mit einer riesigen Gästeschar deinen 70. Geburtstag gefeiert. Wir beide sind jetzt über vier Jahrzehnte freundschaftlich verbunden. Lass uns heute mal über ein paar Begebenheiten am Rande deiner politischen Karriere bis zum Bezirksbürgermeister von Schöneberg sprechen. Wann wurdest du Mitglied der Falken, deren Landesvorsitzender du 1963 wurdest?

Alfred Gleitze: Nachdem meine Familie 1949 Ostberlin verließ und von Treptow nach Steglitz umzog, wurde ich dort Anfang der fünfziger Jahre Mitglied der Falken und 1954 der SPD. Meine erste Funktion bei den Falken war die des Steglitzer Kreisvorsitzenden.

Heinz Beinert: Nach einigen Semestern des Studiums der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften zog es dich in die Politik, bzw. in einen politiknahen Beruf. Wie war das?

Alfred Gleitze: Der legendäre Bürgermeister von Berlin- Kreuzberg, Willy Kressmann, bot mir Ende der fünfziger Jahre an, Leiter seiner Pressestelle im Rathaus Kreuzberg zu werden. Dies war eine spannende Aufgabe in einer Zeit der Ost-West-Konfrontation in einem Grenzbezirk zum Ostsektor. Zugleich waren es meine eigentlichen politischen Lehrjahre. Bei Kressmann lernte ich, politische Erkenntnisse in praktische Politik umzusetzen, und durch effektive Pressearbeit die Bürgerinnen und Bürger in die politischen Prozesse bewusstseinsmäßig einzubeziehen.

Heinz Beinert: Daneben warst du ja schon bei den Falken ehrenamtlich tätig, u. a. als einer der Akteure des Falken- Kabaretts „Die Zivilisten“. Rangierte das in der Rubrik „frohes Jugendleben“ oder habt ihr das als politische Aktivität begriffen?

Alfred Gleitze: Natürlich als politische Aktivität, das ging schon aus dem Namen hervor. Der Antimilitarismus hat traditionell bei den Falken schon immer eine große Rolle gespielt. Mit den „Zivilisten“ begehrten wir, um nur einen Aspekt zu nennen, gegen die Wiederaufrüstung in beiden deutschen Staaten auf, die im Westen Deutschlands von der Adenauer-Regierung betrieben wurde. Als dann zu unserem Bedauern auch die SPD, deren naher Jugendverband ja die Falken sind, auf den NATO-Kurs einschwenkte, hatten wir plötzlich eine „Zweifronten- Auseinandersetzung“, die wir aber um der Sache willen und auf unsere Positionen beharrend durchstehen wollten.

Heinz Beinert: Jette, du und Alfred, ihr habt euch bei den „Zivilisten“ kennengelernt, wurdet ein Paar, und habt bald darauf geheiratet, bekamt zwei Kinder. Ich will jetzt hier nicht alle Ämter, Mandate und Funktionen aufzählen, die Alfred im Laufe der Jahrzehnte inne hatte. Aber wie hast du dies alles durchgestanden?

Jette Gleitze: Na ja, irgendwie war mir schon klar, worauf ich mich bei Alfred einließ, aber da ich auch aus einer Familie kam, die der sozialdemokratischen Bewegung nahe stand, war ich darauf eingestellt. In den ersten Jahren unserer Ehe habe ich auch noch gearbeitet bis die Kinder kamen. Und dann war ich eben so etwas wie eine alleinerziehende Mutter in einer Ehe. Ich sage dies ohne jede Bitternis, denn schließlich war und bin ich ein politischer Mensch, der weiß, dass der Dienst an Staat und Gesellschaft wichtig ist und nicht denen überlassen werden darf, die mit Demokratie und sozialer Gerechtigkeit wenig im Sinn haben.

Heinz Beinert: Alfred, zum Schluss noch die Frage, was dir bei deinen Funktionen bei den Falken als Berliner Landesvorsitzender und Landesgeschäftsführer am wichtigsten war?

Alfred Gleitze: Natürlich gab es verschiedene Schwerpunkte in der pädagogischen und politischen Arbeit des Verbandes, beispielsweise unsere großen Sommerzeltlager. Aber an erster Stelle, und darauf bin heute noch stolz, stand die bereits von Harry Ristock Ende der fünfziger Jahre angedachte und umgesetzte Absicht einer Aussöhnung mit der Jugend der Völker des Ostens. Unser Vehikel dafür waren die Gedenkstättenfahrten zu den Vernichtungslagern der Nazis. In der ersten Phase nach Polen, dort vor allem nach Auschwitz. Ab 1963, als ich Landesvorsitzender wurde, auch in die ČSSR nach Theresienstadt und Lidice. Sie wurden ein wichtiger Teil unserer politischen Bildungsarbeit, die wir nur mühsam gegen die Anfeindungen des konservativen Lagers der Berliner Politik, aber auch von sozialdemokratischer Seite, durchsetzen konnten. In all den Jahren fuhren so mit uns Zehntausende junger Berlinerinnen und Berliner zu den Stätten, wo die Nationalsozialisten millionenfach Menschen quälten und mordeten. Diese jungen Menschen begriffen mit uns, dass so etwas nie wieder geschehen darf. Für die Organisation dieser Fahrten mussten wir in Polen und der CSSR Kontakte zu den dortigen Staatsjugendorganisationen aufnehmen. Zugleich wollten wir über diese Kontakte den Weg zu der jungen Generation dieser Länder finden, was auch gelang. Schon in den sechziger Jahren nahmen an unseren Sommerlagern, u. a. in Holland, Schweden, Norwegen und Bayern, jeweils größere Delegationen junger Menschen aus der ČSSR teil, in der damaligen Zeit ein Novum. So brachen wir erste Fahrrinnen in das Eis des Kalten Krieges. Es waren frühe Vorboten der späteren Ost- und Entspannungspolitik von Willy Brandt und Egon Bahr.