Donnervogel (Mythologie)

Der Begriff Thunderbird (deutsch: Donnervogel) wurde aus der nordamerikanischen Mythologie der Indianer übernommen, welche den Donnervogel als gewaltigen Vogel beschreiben.
In der Sprache der Lakota heißt dieses Fabelwesen „Wakinyan“, was soviel wie „heilige Schwingen“ bedeutet. Die Spannweite seiner Flügel soll die doppelte Länge eines Kanus betragen. Mit dem Schlag seiner Flügel löst er Stürme aus und ballt die Wolken zusammen. Der Donner ist das Geräusch seines Flügelschlages und Blitze sind leuchtende Schlangen, die er mit sich trägt. In den Masken der Ureinwohner wird er vielfarbig dargestellt, mit zwei gedrehten Hörnern auf dem Kopf und manchmal mit einem zahnbewehrten Schnabel.
Je nach Darstellung ist der Donnervogel ein Einzelwesen oder eine Gattung. Immer aber ist er intelligent, mächtig und zorngeladen. Alle Darstellungen stimmen darin überein, dass man ihn tunlichst nicht verärgern sollte. In den Mythen der Ureinwohner an der amerikanischen Pazifikküste lebt der Donnervogel auf dem Gipfel eines Berges und ist ein Götterbote und Diener des großen Geistes.
Die kanadischen Ureinwohner erzählen von einer Gattung Donnervogel, deren Angehörige sich in Menschen verwandeln konnten, indem sie ihren Schnabel wie eine Maske abnahmen und aus ihrem Federkleid schlüpften. Es gibt Geschichten von Donnervögeln, die in menschliche Familien eingeheiratet haben, und Familien, die ihren Ursprung auf solche Ehen zurückführen. Eine andere Geschichte erzählt von reinrassigen Donnervogel-Clans, die an der Nordspitze Vancouvers in menschlicher Gestalt lebten. Ihre Herkunft geriet bei den benachbarten Stämmen schnell in Vergessenheit, und als einer dieser Stämme sie eines Tages überfiel und zu versklaven versuchte, legten sie ihr Federkleid wieder an und verwandelten sich zurück in Donnervögel, um Rache zu nehmen.
In Nordamerika gab es seit der Inbesitznahme durch Siedler immer wieder Sichtungen von gewaltigen Flugtieren. So hat sich vor allem in den nördlicher gelegenen US-Bundesstaaten eine wahre Sichtungswelle ergeben.
Mehrere Kryptozoologen sind der Meinung, darunter auch Ivan T. Sanderson und Loren Coleman, dass die Legenden der Indianer und die Sichtungsberichte auch überlebende Flugsaurier darstellen könnten, wie etwa den Kongamato in Zentralafrika, wenngleich derartige Parallelen äußerst gewagt sind. In diesem Fall käme höchstens eine Verbindung mit den ausgestorbenen amerikanischen Teratornen, gewaltige Verwandte der heutigen Neuweltgeier, deren größte Vertreter Flügelspannweiten von 8m erreichten, in Frage.
Verschiedene Sichtungen
1890 sollen zwei Cowboys aus Tombstone, Arizona eine riesige fliegende Kreatur erlegt haben. Die Haut des Tieres war glatt und federlos, der Kopf lang wie der eines Krokodils. Die Beschreibungen passen auf einen Pterodactylus. Der Kadaver wurde nach Tombstone gebracht und soll angeblich mit ausgebreiteten Flügeln aufgehängt worden sein. Die Lokalzeitung soll ein Foto dieses Ereignisses veröffentlicht haben. Leider existiert keine Kopie davon und niemand, der dieses Bild tatsächlich gesehen hat.
In den 1960er und 1970er Jahren gab es Berichte von fliegenden Kreaturen von der Größe eines Sportflugzeugs sowie von Fußabdrücken in den Bundesstaaten Idaho, Utah und Washington.
Eine Welle von Sichtungen ereignete sich im Juli 1977 in Illinois. Am Morgen des 25. Juli spielte der zehnjährige Marlon Lowe mit zwei Freunden im Garten seiner Eltern in Lawndale. Zwei große Vögel flogen plötzlich heran und attackierten die Kinder. Ein Junge rettete sich mit einem Spung in den Swimming Pool. Daraufhin griffen sich die Vögel Marlon Lowe. Ein Tier packte seine Schulter mit den Fängen und hob den dreißig Kilo schweren Jungen mehrere Meter in die Luft. Der Vogel trug ihn etwa zwölf Meter weit bis in den Vorgarten und ließ ihn dann fallen, nachdem sich das Kind mit den Fäusten schlagend gewehrt hatte. Marlons Eltern sowie einige Nachbarn beschrieben die Tiere mit schwarzem Gefieder, weißen Federn im Nacken und einer Flügelspannweite von mindestens drei Metern. Das Aussehen hätte an einen Kondor erinnert. Dieser Vorfall hatte insgesamt sieben Zeugen. Drei Tage später wurde ein ähnlich beschriebener Vogel über einer Farm gesichtet, der Fahrer eines Postautos sah die Vögel später an einer Landstraße nahe Bloomington. Am 28. Juli sah eine Frau beim Waschen ihres Autos einen Vogel von riesigen Ausmaßen am Himmel. Zwei Tage später berichteten mehrere Menschen der Polizei einen großen Vogel auf einem Telefonmasten sitzend gesehen zu haben. Am selben Tag konnte "Texas" John Huffer beide Riesenvögel bei einem Angelausflug im Lake Shelbyville filmen. Der Film enthält jedoch keine Anhaltspunkte, die auf die Größe der Tiere Rückschlüsse geben. Allerdings konnten Ornithologen sie nicht als Kondore benennen, vor allem der bussardartige Schwanz und eine andere Kopfform seien für Kondore untypisch.
Der einzige für die Sichtungen verantwortliche Vogel ähnlicher Größe ist der Kalifornische Kondor, der allerdings um 1977 nur in kleinsten Populationen existierte.
Viele Berichte der amerikanischen Ureinwohner decken sich wahrscheinlich mit Teratornis merriami, einem Vertreter der Megafauna, der bis vor einigen tausend Jahren in Nordamerika gelebt hat. Er war der größte noch von Menschen gesehene Vogel.
2002 berichtete CNN über mehrere Sichtungen von Vögeln über Alaska. Die Augenzeugen schätzten die Flügelspannweite auf beinahe viereinhalb Meter.
Bisweilen werden die mythologischen Beschreibungen des Donnervogels auch mit Argumenten der Prä-Astronautik als prähistorische Sichtung technischer Flugkörper gedeutet.
Obwohl man auf der ganzen Welt Sichtungen von gewaltigen Vogelwesen kennt, wie etwa aus Indonesien, Afrika oder Australien, so bezeichnet der Begriff Thunderbird doch nur jene Wesen, welche ab und zu am Himmel über Nordamerika und Kanada auftauchen sollen.
Literatur
- Mark A. Hall und Loren Coleman, Thunderbirds - Americas Living Legends, Paraview Press 2004, ISBN 193104497X