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Jean-François Lyotard

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Jean-François Lyotard (* 1924 in Versailles; † 1998 in Paris) war ein französischer Philosoph und Literaturtheoretiker der Postmoderne in den späten 70er Jahren des 20. Jahrhunderts.

Leben

Lyotard erhielt seine agrégation in Philosophie im Jahr 1950, unterrichtete zunächst Philosophie an verschiedenen Oberschulen, darunter von 1950 bis 1952 in Algerien. Er promovierte 1971 (Docteur ès lettres).

Er war von 1954-1966 Mitglied in der Gruppe Socialisme ou Barbarie ("Sozialismus oder Barbarei"), eine Gruppe (Zeitschrift?) linker französischer Intellektueller, die sich nach dem Aufstand in Ungarn (1956) als Gegenpol zum Stalinismus des sowjetischen Kommunismus gebildet hatte.

Ab 1966 war er tätig als Professor der Philosophie an der Pariser Universität Paris-VIII (Vincennes, Saint-Denis) und anderen Hochschulen (Sorbonne, Nanterre, CNRS, Vincennes). Später unterrichtete er Kritische Theorie an der University of California in Irvine sowie Französisch und Philosophie an der Emory University in Atlanta und an der Yale University. Lyotard gründete das Collège International de Philosophie in Paris und gehörte zu den Gründungsmitgliedern der European Graduate School.

Werk

Jean-François Lyotard veröffentlichte 1979 die Studie Das postmoderne Wissen (Originaltitel: La conditione postmoderne), die er als Auftragsarbeit für den Universitätsrat der Regierung von Québec geschrieben hatte. Er beschäftigt sich darin mit dem Wissen in den hochentwickelten "postindustriellen" Gesellschaften und prägte hier auch den Begriff der Postmoderne. Er verortet sich sebst in der Sprachtheorie und rekurriert dabei auf Ludwig Wittgenstein und dessen Sprachspiele.

Demnach läuft Kommunikation in Form eines Spiels mit bestimmten Regeln ab, die je nach Situation neu gesetzt, verändert oder eingehalten werden (vgl. Spieltheorie).

Lyotard unterscheidet zwei Formen von Wissen:

  • szientifisches Wissen – das wissenschaftliche Wissen der Moderne mit ungeklärter Legitimation;
  • narratives Wissen – das traditielle Wissen in Form von Geschichten und Erzählungen, das sich selbst legitimiert.

Wissenschaft sieht Lyotard also als neues Sprachspiel, das mit dem Problem der eigenen Berechtigtheit konfrontiert ist (vgl. Agonistik). Dafür schlägt er zwei mögliche Legitimationserzählungen vor:

Nach Lyotard gelingt es beiden "großen Erzählungen" nicht, sich selbst zu legitimieren; die Moderne sei daher gescheitert, die großen Erzählungen müssten aufgegeben und durch neue Sprachspiele ersetzt werden. Hier sieht er vor allem den Diskurs der Macht, der sich das Effizienz-Spiel der Technik kontrolliert. Das entscheidende Kriterium dabei ist die Performativität, also die Beherrschung von Daten. Dem gegenüber steht das Individuum, das "auf sich selbst zurückgeworfen" sei und "kleine Erzählungen" in Form überraschender und neuer Spielzüge erfinden müsse.

Siehe auch: Paralogie

Publikationen

  • 2004: Die Logik, die wir brauchen. Nietzsche und die Sophisten, Bonn (posthum).
  • 1985: Immaterialität und Postmoderne, Berlin
  • 1983: Le Différend (The Differend, Der Widerstreit)
  • 1974: Économie libidinale (Libidinal Economy)
  • 1979: La Condition postmoderne: Rapport sur le savoir (Edition Passagen ; 7); engl. Ausg.: The Postmodern Condition: A Report on Knowledge; dt. Ausg. Das postmoderne Wissen), Graz, Wien: Böhlau, 1986. ISBN 3-205-01307-7 oder Passagen Verlag, 1999. ISBN 3851651480
  • 1979: Au juste: Conversations (Just Gaming)
  • Phenomenology
  • Just Gaming
  • Peregrinations: Law, Form, Event
  • Heidegger and "The Jews'
  • The Inhuman; Libidinal Economy
  • Toward the Postmodern
  • Political Writings
  • Lessons on the Analytic of the Sublime
  • Duchamp's Transformers
  • Postmodern Moralities
  • Signed, Malraux.