Zum Inhalt springen

Naturrecht

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 11. August 2004 um 13:55 Uhr durch 195.8.232.218 (Diskussion) (Bedeutende Vertreter des Naturrechts). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Als Naturrecht oder überpositives Recht bezeichnet man ein dem durch Normen geregeltem gesetzem oder positivem Recht vorgehendes Recht. In vielen positivrechtlichen Regelungen finden sich Normen des Naturrechtes, die entweder zur größeren Sicherheit einfach wiedergegeben sind oder auf eine konkrete Situation detailliert angewendet werden.

Die Berufung auf überpositives Recht geht davon aus, dass bestimmte Rechtssätze unabhängig von der konkreten Ausgestaltung durch die Rechtsordnung "schlechthin" Geltung beanspruchen und somit durch einen positiven Akt der Rechtssetzung weder geschaffen werden müssen, noch außer Kraft gesetzt werden können. Ein Beispiel für überpositives Recht stellt nach herrschendem Rechtsverständnis die Würde des Menschen dar. Das deutsche Grundgesetz garantiert diese zwar in Art. 1 GG, doch wird ihre Unantastbarkeit hier nur als Prinzip des Rechts dargestellt; folgen soll sie vielmehr als allgemein gültiger Rechtssatz aus vorgelagerten ethischen oder religiösen Anschauungen, die für alle menschlichen Gesellschaften gelten sollen. Eine Konsequenz dieser Auffassung ist, dass die Menschenwürde nicht nur unantastbar, sondern insbesondere auch unverzichtbar sein soll, der Rechtsträger also nicht wirksam in ihre Verletzung einwilligen kann. Darüber hinaus führt der Gedanke, die Menschenwürde sei durch überpositives Recht vorgegeben, auch dazu, dass auch außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzs ein Eingriff in die Menschenwürde eines Individuums gegen das ja gerade von keinem Rechtssetzungsakt geschaffene, sondern aus sich heraus geltende überpositive Recht verstieße und eine auf einen solchen Eingriff gerichtete Norm, die sich der Sache nach als ein durch positives Recht unternommener Eingriff in das überpositive Recht darstellte, keinen Gehorsam erwarten dürfte.

Demgegenüber verneinen andere rechtsphilosophische Überlegungen die Geltung eines überpositiven Rechts und halten nur dasjenige für verbindlich, was durch einen rechtssetzenden Akt als positives Recht normiert worden ist.

Die Problematiken beider Konzpetionen liegen auf der Hand: Durch die Annahme eines überpositiven Rechts werden elementare moralische Grundsätze, seien diese ethisch oder religiös motiviert, dem Zugriff der positiven Gesetzgebung entzogen, was diese Grundsätze einerseits stärkt, andererseits aber nur in dem Maße verwirklicht werden kann, wie über deren Bestand ein möglichst breiter Konsens herrscht.

Die im Naturrecht gelehrten Rechtsprinzipien werden unterschiedlichen, aber immer vom Menschen nicht beeinflussbaren Quellen zugesprochen. Als Beispiele seien genannt:

  • Gott oder eine bestimmte Gottheit, der die Rechtsprinzipien bei der Schöpfung geschaffen hat,
  • das als göttliches Gesetz gedeutete Logos, das die Welt durchströmt,
  • das in das menschliche Individuum eingeschriebene und wirkende Naturgesetz (Fähigkeit zur Selbsterkenntnis und Orientierung des Gewissens) im Unterschied zu den rein instinktiven Naturgesetzen des Tierreiches,
  • bestimmte naturwissenschaftlichen Notwendigkeiten, die sich in der Natur zeigen,
  • die Natur als solche.
  • die Vernunft

Trotz der Möglichkeit, als Quelle des Naturrechts sowohl bei Gott als auch beim Menschen anzusetzen, kann es nicht im Sinne der modernen Naturwissenschaft verworfen werden, sondern bildet einen Hauptgegenstand der Moral- und Rechtsphilosophie. Nach Johannes Messner besteht das für das Naturrecht als Hauptbasis angesehene (spezifisch menschliche) Naturgesetz "nicht in einem unveränderlich für alle Zeiten gleichen Moralkodex, vielmehr in den das vollmenschliche Sein bedingenden und den Menschen verpflichtenden Grundwerten oder Grundprinzipien, die nur in ihrem allgemeinen Gehalt unveränderlich und nur insoweit absolute Geltung besitzen, als sie dem unveränderlichen und selbst einen absoluten Wert darstellenden Grundwesen der Personnatur des Menschen entsprechen." Die Naturrechtswissenschaft wurde im letzten Jahrhundert so in besonderer Weise von Johannes Messner erneuert und vertieft. So bildet das Naturrecht eine wesentliche Argumentationsgrundlage bestimmter Rechtsgebiete wie die Menschenrechte oder das Völkerrecht. Das Naturrecht ist dann jener Teil des menschlichen Naturgesetzes, der sich auf das gemeinschaftliche Leben bezieht, denn erst wo Gemeinschaft, dort auch Recht, weshalb Johannes Messner so definiert: "Naturrecht ist Existenzordnung, Grundordnung des Existierens des Menschen als Mensch, im wahrsten und vollsten Sinn von 'Existieren', die Ordnung, deren Forderungen ihm mit diesem Existieren in ihrem bestimmten Inhalt bewußt werden gemäß dem Prinzip, daß alle Erkenntnis durch die Erfahrung bedingt ist, auch die der Prinzipien der Rechtsvernunft als Teil der praktischen Vernunft. So erfaßt, werden diese Forderungen von der voll entfalteten Vernunft in ihrer allgemeinen in sich gewissen Wahrheit und in ihrer allgemeinen verpflichtenden Geltung eingesehen."

Naturrechtliche Vorstellungen gibt es aber schon seit der griechischen Antike. In der scholastischen Moraltheologie und im Zeitalter der Aufklärung erlangten Naturrechtslehren erneut Bedeutung. Am Problem des Naturrechts wird die Überschneidung von Rechtswissenschaft und Philosophie bzw. Theologie immer wieder deutlich. Damit ist das Naturrecht nicht nur ein wesentliches Teilgebiet der Rechtsphilosophie, sondern auch der Rechtswissenschaft als solcher, ob sie sich nun auf ziviles oder kirchliches Recht spezialisiert.

Bedeutende Vertreter des Naturrechts

Literatur