Translozierung
Erscheinungsbild
In der Denkmalpflege bedeutet Translokation (auch Translozierung, Umsetzung, Versetzung, Transferierung) den dokumentierten Ab- und anschließend möglichst orginalgetreuen Aufbau eines historischen Gebäudes (Baudenkmals) an einem anderen Ort. Das geschieht vor allem wenn Kulturdenkmäler Bauprojekten im Wege stehen.
Probleme der Translozierung
Die Translozierung von Denkmalen wird von der Denkmalpflege äußerst kritisch gesehen. Und zwar weil
- bei einem Abbau große Teile der historischen Substanz vernichtet werden (bei Fachwerkgebäuden gehen z.B. die Füllungen der Gefache und damit ein Großteil des Hauses verloren);
- ein Kulturdenkmal durch die Versetzung seinen historischen Kontext einbüßt, also die städtebaulichen, siedlungs- und sozialgeschichtlichen Bezüge, in denen es entstanden ist, die es mit bezeugt und in denen es historisches Zeugnis wurde;
- Geschichts- und Umbauspuren getilgt werden, so dass es als historische Quelle entwertet wird;
- mit dem neuen Standort ein Bezug zu einer neuen Umgebung entsteht der den ursprünglichen Kontext – und eventuell auch den des neuen Standorts - verfremdet: Es entsteht der Eindruck, das Haus habe hier schon immer gestanden. Besonders problematisch ist das Versetzen von Gebäuden, in eine ihnen ganz fremde Umgebung.
Eine Translozierung sollte deshalb nur in Ausnahmefällen durchgeführt werden, etwa bei drohendem Totalverlust.
Beispiele von Translokationen
Freilichtmuseen
Ziel einer Translozierung kann ein Freilichtmuseum sein. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele. Freilichtmuseen können zum überwiegenden Teil von solchen Translokationen leben (Hessenpark).
Außerhalb von Freilichtmuseen
- Zahlreiche ägyptische Obelisken wurden bereits vor langer Zeit, zum Teil schon in der Antike an andere Standorte verbracht (Rom, Istanbul, London, Paris).
- Der ägyptische Tempel Abu Simbel, Versetzung 180 m weit und 64 m höher.
- Laroslehen: von Berchtesgaden-Unterau nach Ramsau bei Berchtesgaden-Hintersee, heute Klausbachhaus und Nationalparkinfostelle. Wiederaufbau
- Ohm'sches Haus (ein Niederdeutsches Hallenhaus in 2-Ständer-Bauweise): aus Langendorf nach Dannenberg (Elbe), heute Ort kultureller Veranstaltungen. Die erfolgte Umsetzung ist insofern problematisch, als ein Bauernhaus aus einem Dorf entfernt und anschließend in unmittelbarer Nähe der Dannenberger Innenstadt - ein Ort an dem dieser Haustyp historisch nicht vorkommt - wieder aufgebaut wurde.
- Wohnstallhaus Utzberg: Translozierung
- Im Scheunenviertel von Steinhude wurden die noch erhaltenen Gebäude durch Scheunen aus anderen Orten ergänzt, die von der Bautradition des Ortes stark abweichen. Damit wurde das Ortsbild an dieser Stelle stark verfälscht.
- Kaisersaal und Frühstückssaal des ehemaligen „Esplanade“ in Berlin: 1996 Verschiebung des Kaisersaals um 75 Meter auf einer Plattform im Zuge des Baues des Sony Centers transloziert. Der Frühstückssaal wurde zerlegt und am neuen Ort wieder zusammengefügt. Die Fragmente sind heute in den Sony-Bau integriert. Bild von der Translozierung des Kaisersaales des Hotels „Esplanade“
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Fassadenfragment
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Fragment des Frühstückssaales
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Fragment des Kaisersaales
Siehe auch
- Instandhaltung, Instandsetzung, Konservierung, Renovierung, Rekonstruktion, Restaurierung
- Diverse Bilder einiger Translozierungen
Literatur
Medien
- Kurzvideo einer Translokation, Real-Player-Format, 4,8 MB