Ammoniak
Strukturformel | |||||||
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Allgemeines | |||||||
Name | Ammoniak | ||||||
Summenformel | NH3 | ||||||
Andere Namen | Azan, als wässrige Lösung: Salmiakgeist, Ammoniakwasser | ||||||
Kurzbeschreibung | Farbloses, stechend riechendes Gas. Reizt die Atemwege. | ||||||
CAS-Nummer | 7664-41-7 | ||||||
UN-Nummer (wasserfrei) | 1005 | ||||||
UN-Nummer (wässrige Lösung) | 2073 | ||||||
Sicherheitshinweise gemäß EU-Recht | |||||||
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R- und S-Sätze | R: 10‐23‐34‐50 S: Fehlerhafter S-Satz‐9‐16‐26‐36/37/39‐45 ‐61 | ||||||
Handhabung | Handschuhe, Augen- und ggf. Atemschutz | ||||||
Lagerung | unter +25 °C, Ammoniak-Luft-Gemische sind explosionsfähig | ||||||
MAK | 20 ml/m3 | ||||||
LD50 (Ratte, oral) | 350 mg/kg | ||||||
LD50 (Kaninchen) | - | ||||||
Physikalische Eigenschaften | |||||||
Aggregatzustand | gasförmig | ||||||
Farbe | farblos | ||||||
Dichte | 0,771 kg/m³ (20 °C) | ||||||
Molmasse | 17,0 g/mol | ||||||
Schmelzpunkt | 195,75 K (−77,4 °C) | ||||||
Siedepunkt | 239,75 K (−33,4 °C) | ||||||
Schmelzwärme | 5,655 kJ/mol (bei −77 °C) | ||||||
Verdampfungswärme | 22 kJ/mol (bei −33 °C) | ||||||
Lösungswärme | 30,5 kJ/mol (bei 25 °C) | ||||||
Wärmekapazität cp | 35,6 J/(mol K) bei 298 K | ||||||
Wärmeleitfähigkeit | 0,02494 W/(m K) | ||||||
Dampfdruck | 8,572 bar (20 °C) | ||||||
Schallgeschwindigkeit | 414 m/s | ||||||
Weitere Eigenschaften | |||||||
Löslichkeit | In 1 Liter Wasser lösen sich bei 20 °C 702 Liter NH3. | ||||||
Gut löslich in | Wasser, Alkohole, Benzol, Aceton, Chloroform | ||||||
Schlecht löslich in | flüssigen Kohlenwasserstoffen wie: Pentan, Hexan, Heptan,... | ||||||
Unlöslich in | Vorlage:Unbekannter Wert | ||||||
Vorlage:SI-Chemikalien |
Ammoniak (nach dem Ammonssalz [NH4Cl = Ammoniumchlorid] aus der Ammonsoase, heute Oase Siwa) ist ein stark stechend riechendes, farbloses und giftiges Gas, das zu Tränen reizt und erstickend wirkt. Die Dichte von Ammoniakgas ist geringer als die Dichte der Luft.
Weitere Eigenschaften
- kritische Temperatur: 132,5 °C
- kritischer Druck: etwa 11,3 MPa (Megapascal)
Ammoniak ist sehr gut wasserlöslich, bei 0 °C lösen sich in 100 ml Wasser 90,7 g (≙ 120 l). Diese Ammoniaklösung heißt Salmiakgeist (Ammoniumhydroxid). Sie reagiert alkalisch. Ammoniak hat einen stechenden Geruch.
Ammoniak-Luft-Gemische sind im Bereich von 15,5 bis 30 Vol.-% Ammoniak explosionsfähig. An heißen Oberflächen ab 630 °C kann es zum Zerfall in Stickstoff und Wasserstoff kommen; diese Zerfallsreaktion wird durch Metalle katalysiert, so dass in großtechnischen Anlagen schon bei Oberflächentemperaturen ab 300 °C die Möglichkeit einer explosionsartigen Zersetzung besteht. Es verbrennt schnell und vollständig, so dass anschließend kein NH3 mehr wahrnehmbar ist.
Ammoniak wirkt auf feuchte Körperoberflächen ätzend. Insbesondere feuchte Haut, Schleimhäute, Lungen und Augen werden daher verätzt. Geschluckt ruft es blutiges Erbrechen mit heftigen Schmerzen und eingeatmet Lungenschäden hervor, unter Umständen mit tödlichem Ausgang. Ein Ammoniakgehalt der Luft von 1,5 bis 2,5 g/m³ wirkt nach 30 bis 60 Minuten tödlich.
Säure-Base-Eigenschaften
Ammoniak ist amphoter und bildet als Base unter Protonierung ionische Ammoniumsalze, als Säure mit starken Basen unter Deprotonierung ionische Amide. In flüssigem Ammoniak besteht daher ein Gleichgewicht, das durch ein Ionenprodukt beschrieben werden kann.
Struktur
Das Molekül hat eine trigonal-pyramidale Struktur. Sie leitet sich von einem Tetraeder ab, in dem ein freies Elektronenpaar des Stickstoffs eine Ecke besetzt.
Nachweis
- Klassische Nachweisreaktionen: Vorsichtige Geruchsprobe reicht meist aus. Geringe Gasmengen können beispielsweise mit angefeuchtetem Indikatorpapier nachgewiesen werden, welches auf die bei der Reaktion von Ammoniak und Wasser entstehenden OH−-Ionen mit Färbung reagiert.
- Photometrisches Verfahren I: Ammoniak reagiert mit Tetraiodomercurat zu einer orangefarbenen Verbindung (Nessler-Reaktion), mit Kupfersulfatlösung zum tiefblauen Kupfertetramminkomplex (Komplexbildungsreaktion).
- Photometrisches Verfahren II: Ammoniak bildet mit Hypochlorit-Ionen Chloramin. Dieses bildet mit Phenolen farbige Indophenole. Dieser Nachweis wird Indophenolreaktion oder Berthelot-Reaktion genannt.
Herstellung
Die Herstellung geschieht heute im industriellen Maßstab zum weitaus größten Teil (ca. 90 % der Welterzeugung) aus Wasserstoff und Stickstoff nach dem Haber-Bosch-Verfahren.
Alternative Herstellungsverfahren sind die Gewinnung aus Kalkstickstoff (Kalkstickstoffverfahren von Rothe-Frank-Caro) oder durch Hydrolyse von Nitriden (Serpek-Verfahren).
Beide Verfahren haben keine nennenswerte technische Bedeutung, da die Synthese nach dem Haber-Bosch-Verfahren billiger ist.
Ein weiterer Weg der NH3-Erzeugung ist die Reduktion von Stickstoffmonoxid (NO) mit Wasserstoff (H2).
Man kann ihn auch mit Natronlauge aus Salmiaksalz (Ammoniumchlorid) herauslösen (Verdrängungsreaktion; zugleich Nachweisreaktion für Ammoniumsalze)
Verwendung
Ammoniak ist eines der wichtigsten und häufigsten Produkte der chemischen Industrie. Heute beträgt die Weltjahresproduktion von Ammoniak etwa 125 Millionen Tonnen. Circa 3 % der weltweit produzierten Energie wird für die Herstellung von Ammoniak aufgebraucht. Der Großteil dieser Produktion wird als Ausgangsstoff für Stickstoffdünger verwendet. Daneben wird:
- von der Industrie das pharmakologische Potential von Zigaretten kunstreich austariert, indem sie diese zum Beispiel mit Ammoniak anreichern, um die Kunden süchtig zu machen.
- flüssiges Ammoniak wegen seiner hohen Verdampfungswärme in Kältemaschinen eingesetzt (Kältemittelbezeichnung R717).
- In der Textilveredlung, zum Plastifizieren von Holz und als nichtwässriges Lösungsmittel wird Ammoniak gebraucht
- Gasförmiges Ammoniak wird als Destraktions-Mittel verwendet.
- In der Metall-Industrie wird Ammoniak als Ammoniak-Spaltgas zur Nitrierhärtung und als Schutzgas zur Wärmebehandlung, auch zum Blankglühen, verwendet.
- Ammoniakwasser findet Verwendung zu Reinigungs- und Beizzwecken. Auch wird es zum Unschädlichmachen von Chlor u. Formaldehyd nach Desinfektionsmaßnahmen eingesetzt.
- Ammoniak kann auch zur Entschwefelung von Rauchgas verwendet werden. Hierbei bildet sich Ammoniumsulfat, das als Düngemittel verwertet wird.
- Lange Zeit wurde konzentriertes Ammoniak (ca. 35 %ig in Wasser) zur Entwicklung von Lichtpausen verwendet.
- Sowohl bei der Rauchgasreinigung von Kraftwerken wie auch bei der Abgasreinigung von Dieselmotoren wird Ammoniak zur Entstickung eingesetzt (SCR-Verfahren).
- Ammoniak wird auch zur Herstellung von Arzneimittel und Sprengstoff eingesetzt.
- Ammoniakwasser wird in Chlorgasanlagen zur Dichtigkeitsprüfung eingesetzt. An Lecks kommt es zur Nebelbildung, aufgrund entstehenden Ammoniumchlorids [NH4Cl]
- erlangt in flüssiger und überkritischer Form immer mehr Bedeutung als nicht oxidatives Lösungsmittel, unter anderem wegen seiner physikalisch-chemischen Ähnlichkeit zu Wasser (Wasserstoffbrückenbindungen, Eigendissoziation 2NH3 → NH4+ + NH2−, usw.)
- Ammoniak wird vom Bakterium Helicobacter pylori im Magen mit Hilfe des Enzyms Urease aus dem im Magen enthaltenen Harnstoff hergestellt, um die Magensäure zu neutralisieren und somit im Magen überleben zu können. Dieses Bakterium ist die häufigste Ursache für Magengeschwüre.
- Ammoniak ist eine der bedeutendsten Grundchemikalien der chemischen Industrie. Aus ihm werden zahlreiche weitere Vorprodukte hergestellt. Hierbei sind besonders zu nennen:
Ammoniak ____|_____________________________________ | | | Oxidation | | sämtlicher | (NH2)2CO (Harnstoff) weiterer | / | organischer Salpetersäure Kunstharze | und / / | | \ Düngemittel anorganischer Nitrate / | | \ Stickstoff / | | \ / / | \ Düngemittel / | \ Hydroxylamin / | Nitrile / | \ / | / Adipinsäure Nitroaromaten Amine Hydrazin Sprengstoffe beispielsweise Anilin
Literatur
- Robert Schlögl: Katalytische Ammoniaksynthese - eine "unendliche Geschichte"? Angewandte Chemie 115(18), S. 2050–2055 (2003), ISSN 0044-8249