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Augsburger Siegesaltar

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Als Augsburger Siegesaltar wird ein römischer Weihestein an die Siegesgöttin Victoria bezeichnet, der anlässlich des Sieges des römischen Heeres über den germanischen Stamm der Juthungen im Jahre 260 n. Chr. aufgestellt wurde.

Augsburger Siegesaltar
Augsburger Siegesaltar

Fundsituation

Der Stein wurde 1992 in der Augsburger Jakobervorstadt (Gänsbühl) bei Bauarbeiten gefunden. Der 1,56 m hohe Jurakalkstein lag in einem ehemaligen Lecharm, knapp 400 m außerhalb der Provinzhauptstadt. Es wird vermutet, dass sich der Aufstellungsort in unmittelbarer Nähe des Fundortes an einem Lechübergang befand.[1] 1994 konnte an der Fundstelle eine zugehörige hölzerne Kaianlage archäologisch nachgewiesen werden.

Inschrift

Die Inschrift des Steines lautet übersetzt:

Zu Ehren des göttlichen (Kaiser-)Hauses!
Der geheiligten Göttin Victoria, weil die Barbaren des Stammes der Semnonen oder Juthungen am 8. und 7. Tag vor den Kalenden des Mai niedergemacht und in die Flucht geschlagen wurden von den Soldaten der Provinz Raetia, aber auch von in Germanien stationierten [Soldaten] und gleichwohl durch Landsleute, wobei ihnen viele tausende gefangene Bewohner Italiens entrissen wurden, hat − nach Erfüllung ihrer Gelübde − M. Simplicius Genialis, Ritter, handelnd in Stellvertretung des Statthalters, mit demselben Heer freudig nach Gebühr [den Altar] aufgestellt. Geweiht am 3. Tag vor den Iden des September, als der Kaiser unser Herr Postumus Augustus und Honoratianus Konsuln waren.
[2]

Die Erwähnung des Postumus datiert die Aufstellung des Steines auf den 11. September 260.

Historischer Kontext

Im Herbst/Winter 259 n. Chr. überwanden die zu den Sueben zählenden Juthungen den raetischen Limes und fielen in Italien ein. Der Inschrift des Siegesaltar ist zu entnehmen, dass die Horden im Frühjahr 260 n. Chr. in der Nähe der Provinzhauptstadt Augusta Vindelicorum (Augsburg) von römischen Truppen gestellt und in einer zweitägigen Schlacht (24./25. April) vernichtend geschlagen wurden.

Bemerkenswert ist, dass Statthalter Genialis mit der Konsulatsangabe des Kaisers Postumus anzeigt, dass die Provinz Raetien im September 260 n. Chr. zum Gallischen Sonderreich gehörte, da bisher angenommen wurde Raetien hätte ununterbrochen im Machtbereich des Gallienus gelegen. Auffällig ist, dass der Stein für die Schlacht im April keinen Kaiser nennt. Die Kämpfe hatten sicherlich noch unter Gallienus stattgefunden. Bei der Aufstellung im September und dem vollzogenen Wechsel zum Gegenkaiser Postumus durfte Gallienus offenbar nicht mehr erwähnt werden.[3]

Der Augsburger Siegesaltar trägt auch zur Datierung der Machterhebung des Postumus bei, die für den Herbst 260 n. Chr. angenommen wurde, nun aber vor September stattgefunden haben muss. Aktuelle Forschungen rechnen mit Juni/Juli, spätestens mit August 260 n. Chr.

Wenige Jahre nach der Aufstellung des Steines hatten sich die Machtverhältnisse verschoben. Vielleicht 262/263, spätestens 265 n. Chr. wurde die Namen des Genialis, des Kaisers Postumus und die Erwähnung des Heeres aus der Inschrift entfernt (eradiert); die Spuren blieben jedoch zweifelsfrei lesbar. Raetien war in den Herrschaftsbereich des Gallienus zurückgekehrt.

Literatur

  • Lothar Bakker: Der Augsburger Siegesaltar. In: Imperium Romanum. Römer, Christen, Alamannen. Die Spätantike am Oberrhein. Hrsg. vom Badischen Landesmuseum Karlsruhe. Stuttgart 2005, S. 96–101.

Anmerkungen

  1. Lothar Bakker: Das Siegesdenkmal zur Juthungenschlacht des Jahres 260 n. Chr. aus Augusta Vindelicum. In: Das Archäologische Jahr in Bayern. Jahrgang 1992. S. 116ff.
  2. Lateinischer Originaltext (L'Année épigraphique 1993, 1231; zitiert nach [1]): In h(onorem) d(omus) d(ivinae) / deae sanctae Victoriae / ob barbaros gentis Semnonum / sive Iouthungorum die / VIII et VII Kal(endarum) Maiar(um) caesos / fugatosque a militibus prov(inciae) / Raetiae sed et Germanicianis / itemque popularibus excussis / multis milibus Italorum captivor(um) / compos votorum suorum / [[M(arcus) Simplicinius Genialis v(ir) p(erfectissimus) a(gens) v(ices) p(raesidis)]] / [[cum eodem exercitu]] / libens merito posuit / dedicata III Idus Septemb(res) Imp(eratore) d(omino) n(ostro) / [[Postumo Au]]g(usto) et [[Honoratiano consulibus]].
  3. Lothar Bakker: Der Siegesaltar zur Augsburger Juthungenschlacht von 260 n. Chr. In: Der Barbarenschatz. Hrsg. vom Historischen Museum der Pfalz. Stuttgart 2006, S.30–33.