Blide


Allgemeines
Das Trébuchet, auch Tribok oder Blide genannt, war die größte und präziseste Wurfwaffe unter den mittelalterlichen Belagerungsmaschinen. Sie funktioniert nach dem Prinzip des Hebelwurfs. Die Maschine bestand fast vollständig aus Holz und war zusammengepackt auf Fuhrwerken transportabel. Sie konnte dann direkt vor Ort errichtet werden. Auch der Neubau aus behauen Baumstämmen vor Ort war mit einem Team von ca. einem Dutzend Holzfällern und Zimmerleuten die mit Äxten ausgestattet waren in 2-3 Tagen möglich. Lediglich für die Endmontage der schwereren Teile waren zusätzliche Helfer nötig, wie Versuche gezeigt haben. Die Vorstellung von mobilen Bliden, die auf Rädern von Ort zu Ort zu manövriert wurden, ist falsch. Vermutlich wurden sie mit Rädern ausgestattet um das Justieren und Zielen zu erleichtern. Außerdem wurde der enorme Rückstoß aufgefangen, was im Vergleich zur statischen Konstruktion die Reichweite erhöhte. Praktische Experimente haben gezeigt, dass beide Methoden funktionieren.
Funktionsweise
Ein Trebuchet funktioniert nach dem Hebelarmprinzip, bei dem ein Gegengewicht auf der kurzen Armseite für die notwendige Beschleunigung der langen Armseite sorgt. Zusätzlich ist am Ende der langen Armseite eine Schlinge angebracht in der sich das Geschoss befindet. Die Rotation des Wurfarmes und der Schlinge sorgen für eine starke Beschleunigung des Geschosses, worin sich auch die enorme Reichweite der Trebuchets begründet. Das Verhältnis kurzer zu langer Armseite liegt etwa bei 1:4 bis 1:6. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen „starren“ und „beweglichem“ Gegengewicht. Beim starren Gegengewicht ist die Gewichtsmasse fest mit dem kurzen Armende verbunden und rotiert somit beim Abwurf kreisförmig um die Drehachse. Beim beweglichen Gegengewicht ist die Gewichtsmasse in einer Kiste o.ä. am kurzen Armende angehängt, somit ist die Rotation nicht mehr kreisförmig sondern eher elliptisch. Mit dem beweglichen Gegengewicht werden größere Wurfweiten erzielt, hingegen die starren Gewicht eine größere Treffgenauigkeit aufweisen. Ihr Gegengewicht wurde nach wissenschaftlichen Rekonstruktionsversuchen auf bis zu 12 Tonnen geschätzt und Wurfarme von 18 bis 20 m Länge führten zu hohen Reichweiten. Die mittlerweile zahlreichen Rekonstruktionen veranschaulichen die Wirksamkeit und Effektivität, jedoch muss man bedenken, das nahezu keine detaillierten Pläne existieren. Alle Rekonstruktionen sind in Anlehnung an historische Abbildungen, gemixt mit einer Prise „neuzeitlicher“ Mathematik und Physik entstanden.
Militärische Wirksamkeit
Für den Einsatz einer Blide war ein ebener und fester Untergrund notwendig. Bei einer schief stehenden Blide war es möglich, dass das Gegengewicht beim Wurf die schräg stehenden Stützen treffen und das Gerät beschädigen konnte. Auf weichem Boden konnte sie durch ihr hohes Gewicht einsinken und manövrierunfähig werden. Die Wurfweite wurde durch Verändern der Schlingenlänge und / oder des Gegengewichtes justiert. Durch den sehr langen Wurfarm konnte man mehrere Zentner schwere Steine je nach Quelle 200-500 Meter weit schleudern. Für damalige Verhältnisse stellte das eine äußerst große Reichweite dar (Langbogen erreichten gezielt etwa 200 m). Andere Katapulte konnten nicht annähernd ein Gewicht von bis zu 150 kg auf diese Distanzen schleudern.
Da das Tribok nur zu einem hohen Bogenwurf und nicht zu einem flachen Schuss wie die ab dem 14. Jahrhundert aufkommenden Belagerungswaffen fähig war, vermutet man, dass lediglich Wehrgänge, Zinnen und Dächer einer belagerten Burg hätten zerstört werden können. Das Schlagen einer Bresche in die Burgmauern wäre somit unwahrscheinlich gewesen. Praktische Versuche mit Nachbauten zeigen jedoch durchaus gute Brauchbarkeit für die Demolierung von Burgmauern. Da ein übliches Geschoss recht hart ist und damit sehr viel Impuls-Energie punktuell abgibt, ergeben sich für zeitgenössische Wehrmauern (zwei begrenzende Steinmauern mit einer Sandfüllung) ständig stärker werdende Deformationen. Bereits nach kurzer Zeit brechen die Steine auf und der Sand tritt aus. Historische Berichte, dass innerhalb von wenigen Tagen die Wehrhaftigkeit einer Feste durch den zeitgleichen Einsatz mehrerer solcher Waffen entscheidend beschädigt wurde, gewinnen angesichts solcher Versuchsergebnisse deutlich an Glaubwürdigkeit. Auch haben die Versuche gezeigt, dass das Abschussmoment sowie die daraus resultierende Flugbahn zum einen sehr präzise einstellbar ist und zum anderen eine doch überraschend flache Flugbahn auch über größere Entfernungen erreichbar war. Man muss jedoch bedenken, dass das Spannen sehr großer Bliden auch sehr lange dauerte, sodass lediglich 1 bis 2 mal am Tag geschossen werden konnte.
Es wurden, wie mit anderen Wurfwaffen auch, oft auch zusätzlich Materialien wie z. B. Fäkalien oder Kadaver, Bienenstöcke oder lebende Gefangene in die feindlichen Festungen geschleudert, um den Gegner einzuschüchtern, Nahrungsvorräte belagerter Städte zu verunreinigen oder Krankheiten auf die belagerten Menschen zu übertragen.
Im Mittelmeerraum gab es diese Waffe (längs eingebaut) auch auf Schiffen, wobei das Gegengewicht durch eine Öffnung im Deck bis fast zum Kiel herunter schwang.
Historisches
In Mitteleuropa tritt das Trebuchet ab etwa 1200 auf, wahrscheinlich handelt es sich um eine byzantinische Entwicklung, die von Kreuzfahrern und Arabern übernommen wurde. Vorgänger war die in Mitteleuropa bereits seit dem 10. Jahrhundert nachweisbare Zugblide, bei der bis zu 50 Mann mit Seilen den kurzen Hebelarm ruckartig nach unten zogen. Aufgrund der geringeren Zugkraft von Menschen gegenüber einem wahrscheinlich bis zu über 15 Tonnen schweren Gegengewicht beim Tribok konnte die Zugblide nur Geschosse deutlich geringeren Gewichts verschießen. Außerdem war sie weniger präzise, da die Zugleistung der Mannschaft von Wurf zu Wurf variierte.
Bau und Bedienung eines Trébuchet oder einer Blide setzte großes Fachwissen voraus. Der "Blidenmeister" war ein gut ausgebildeter Spezialist. Der spätgotische deutsche Maler Hans Pleydenwurff führt seinen Namen sicherlich auf einen solchermaßen spezialisierten Vorfahren zurück.
In Wolfram von Eschenbachs Willehalm (um 1200) wird ein „drîbock“ (111,9) im Zusammenhang mit anderen Belagerungsmaschinen erwähnt – dies ist der früheste Beleg für diese Maschine. Nach Auskunft der "Marbacher Annalen" wurde sie zum ersten Mal von Kaiser Otto IV. bei der Belagerung der Stadt Weißensee in Thüringen im Jahr 1212 eingesetzt.

Film
Literatur
- Mark Feuerle: Blide – Mange – Trebuchet. Technik, Entwicklung und Wirkung des Wurfgeschützes im Mittelalter. Eine Studie zur mittelalterlichen Innovationsgeschichte, Verlag für Geschichte der Naturwissenschaft und der Technik, Berlin 2005, ISBN 3-928186-78-7
- Mark Feuerle: Das Hebelwurfgeschütz. Eine technische Innovation des Mittelalters, in: Technikgeschichte (TG), Bd. 69 (2002), S. 1-39
- Peter V. Hansen: Experimental reconstruction of a medieval trebuchet, in: Acta archaeologica, Munksgaard, Kopenhagen 63 (1992), S. 189-208
- Bernhard Rathgen: Das Geschütz im Mittelalter, VDI-Verlag, Düsseldorf 1987, ISBN 3-18-400721-9 (Repr. d. Ausg. Berlin 1928; Zum Trebuchet und anderen Fernwaffen vor Erfindung des Schießpulvers ab S. 578; in den Schlussfolgerungen nicht unbedingt mehr aktuell, aber eine einzigartige Quellensammlung)
- Spektrum der Wissenschaft 09/1995: Das Trebuchet – die mächtigste Waffe des Mittelalters
Weblinks
- http://www.hirschfelder-blide.de/ – Rekonstruktion eines Hebelwurfgeschützes
- Matura-Arbeit (2005)
- The Finnish Trebuchet (engl.)
- http://www.pbs.org/wgbh/nova/lostempires/trebuchet/ (engl.) – Mit einer Shockwave-Interaktion zum Trebuchet-Einsatz (nur unter Windows)
- http://mitglied.lycos.de/gwynned1/desoyetribok.php
- http://www.tfguild.org/workshops/treb/treb5.html (engl.)
- http://members.iinet.net.au/~rmine/gctrebs.html (engl.)
- http://www.ripcord.ws/ (engl.) – Schöne Bauanleitung und Bilder selbstgebauter Trebuchets
- http://www.runneburg.de/ – Nachbau der größten Maschine Europas
- http://members.home.nl/papermodels/index2.htm – Modellbogen (Kartonmodell) eines Trebuchet (siehe: Downloads ebendort)
- http://www.tribokfreaks.de.vu/ - Bilder und Video eines selbstgebauten Trebuchets