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Rißtissen

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Rißtissen ist politisch und verwaltungstechnisch ein Ortsteil der Stadt Ehingen (Donau) im Alb-Donau-Kreis im Bundesland Baden-Württemberg.

Geographie und Struktur

Das Straßendorf Rißtissen liegt zwei Kilometer vor der Mündung der Riß in die Donau auf einer Höhe von 490 bis 504 m ü. NN, erstreckt sich über eine Fläche von 12,1 km² und beheimatet 1.225 Einwohner. 1975 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde im Zuge der kommunalen Gebietsreform von der Stadt Ehingen (Donau) eingemeindet.
Rißtissen ist eine 12 km südöstlich vom Stadtkern Ehingens gelegene Exklave. Es grenzt im Uhrzeigersinn an die Gemarkungen Öpfingen, Erbach-Ersingen, Achstetten, Laupheim, Untersulmetingen und Griesingen, jedoch an keiner Stelle an das Kerngebiet Ehingens.

Telefonvorwahl: 07392
Postleitzahl: D-89584

Geschichte

Antike

Rißtissen um die Zeitenwende

15 v. Chr. besetzten die Römer den von nur wenigen Kelten besiedelten Rißtisser Raum. Tiberius und Drusus hatten das heutige Oberschwaben erobert. Nachdem die darüber hinausgehenden Eroberungspläne einer Magnae Germaniae zwischen Donau, Rhein und Elbe nach der Katastrophe der Varusschlacht und schließlich nach der Entsendung des Germanicus in den Osten des Reiches ab 16 n. Chr. allmählich aufgegeben worden waren, hatte Kaiser Tiberius die Grenze des Reiches ab 30 n. Chr. an den Rhein und die Donau zurückgenommen. Die etwas später geschaffene römische Provinz Rätien mit der oberen Donau als Nordgrenze sollte den territorialen Gewinn der tiberisch-drusischen Eroberungen zwischen dem Alpenkamm und Donau festigen und sichern. Zur nachhaltigen Verbesserung der militärischen und in wirtschaftlichen Logistik wurden zwei neue Straßenachsen geschaffen, die bei Sumuntorium/Burghöfe nahe der Mündung des Lechs in die Donau T-förmig verbunden waren: Die eine war die 38 n. Chr. vollendete neue Nord-Süd-Achse Via Claudia Augusta, die von der Donau über Augsburg/Augusta Vindelicorum, die spätere Hauptstadt Rätiens, den Fern- und Reschenpass nach Oberitalien führte. Die Andere war die zwei Jahre später befahrbare West-Ost-Achse, die von Historikern so genannte „Donau-“ oder „Donausüdstraße“. Diese via militaris (= Militärstraße) führte in ihrer ersten Ausbaustufe vom Donauursprung bei Brigobannis / Kastell Hüfingen entlang dem Südufer der Donau bis Weltenburg in der Nähe von Regensburg. Von den Donauquellen konnte über eine damals bereits bestehende Römerstraße der Hochrhein und das Legionslager Vindonissa in der heutigen Schweiz erreicht werden. Die Donausüdstraße markierte und sicherte die damals entlang der oberen Donau verlaufende Nordgrenze Roms zum unbesetzten Teil Germaniens und verband die beiden wichtigen militärischen Zentren nördlich der Alpen, die römisch besetzten Donau- und Rheingebiete, die späteren römischen Provinzen Noricum/Österreich im Osten und Germania superior sowie Germania Inferior im Westen.

Das Kastell Rißtissen liegt 50 Meter nördlich der Donausüdstraße und 2 km südlich der entlang der Donau verlaufenden Reichsgrenze auf einem flachen Hügel unweit des Übergangs der Straße über die Riß. Der Bau des Kastells begann etwa gleichzeitig mit dem Bau der Straße um 45 n. Chr.. Die Bauentwicklung des Kastells fand gegen 100 n. Chr. ihren Abschluss. Die vier Aus-und Umbauetappen des Kastells standen in engem Zusammenhang mit der Entwicklung und Verkürzung der römischen Transportwege zwischen den großen strategischen Legionslagern und Provinzhauptstätten Augusta Vindelicorum und Mogontiacum. [1]

Lage des Kastells und Verlauf der römischen Heerstraße innerhalb der Gemarkung

Das heute überbaute, damals 1,7 ha beanspruchende Rißtisser Kastell befindet sich im Bereich des heutigen Wasserturms am höchsten Punkt des Ortes (504 m ü. NN). Solche befestigten Militärlager nannten die Römer castra ( deutsch:Kastelle). Für die Trassierung der etwa 50 Kilometer langen fast kerzengerade Etappe der Donausüdstraße, zwischen Kastell Günzburg/Guntia und Emerkingen, hatten die antiken Wegebauer den charakteristischen und das flachhügelige Land überragenden Rundgipfel des höchsten Berges Oberschwabens, des Bussen als Peilmarke verwendet. Die Donausüdstraße war eine mit solidem, tiefgekoffertem, winterfestem Unterbau versehener im Mittel fünf Meter breiter Schotterweg. Er hatte einen beidseitig angeböschten Straßenkörper mit Entwässerungsgräben auf beiden Seiten. Über die Donausüd erreichte man von Rißtissen auf geradem und daher kürzestem Wege die Nachbarkastelle Unterkirchberg /Viana im Osten und Emerkingen im Westen.Im Süden und Westen des Kastells und entlang der Römerstraße, die heute im Dorfbereich Heerstraße heißt, entstand ein Lagerdorf (lat. vicus). In ihm lebten zunächst nur das zivile Begleitpersonal der Soldaten: Handwerker, Händler und Wirte. Dazu zählten auch die Lebensgefährtinnen der Soldaten mit ihrem Anhang. Die Soldaten durften während ihrer Dienstverpflichtung nicht verheiratet sein. Der Verlauf der römischen Donausüdstraße hat sich auf der Gemarkung Rißtissen in den letzten 2000 Jahren sichtbar erhalten. Im Osten tritt sie an der Straße von Achstetten nach Ersingen auf Höhe der Abzweigung nach Rißtissen als ein sich leicht schlängelnder Feldweg von Osten kommend in die Gemarkung ein. Sie verläuft noch heute nahezu kerzengerade über die Heer-, Schloss- und Sulmetinger Straße in die Richtung der Josefskapelle an der westlichen Grenze Rißtissens zu Griesingen. 250 Meter südlich der Josefskapelle verlässt sie heute nicht mehr an der Oberfläche sichtbar Rißtisser Gebiet über Schaiblishausen und Kirchbierlingen in Richtung Emerkingen.

Kastell Riusiava

Die Geographie des Ptolemäus nach Gerhard Mercator,
Köln 1584

Das Kastell Rißtissen soll damals „Riusiava“ geheißen haben. Der Geograph Claudius Ptolemäus (85-165 n. Chr.?) nennt in seinem Werk Geographike Hyphegesis mehrere an der oberen Donau gelegene Orte, darunter auch einen mit Namen Riusiava. Archäologen und Historiker sind sich sicher, dass er damit nurKastell und vicus Rißtissen gemeint haben kann [2] [3]. Da die Römer viele ihrer Donaukastelle nach den keltischen Bezeichnungen des nächstgelegenen Flusses nannten ( z.B. Kastell Guntia nach dem Fluss Günz ), könnte die Riß auf lateinisch „Rius“ geheißen haben.

Das Holz-Erde-Kastell der ersten Bauphase war für eine Kohorte entsprechend 480 Infanteristen ausgelegt. Der Schutz der Grenze und der Straße war jedoch nach Auswertung der Ausgrabungsfunde in diesem Abschnitt einer gemischten Einheit aus Reitern der Auxiliareinheiten und römischen Infanteriesoldaten, möglicherweise Pionieren, also Legionären anvertraut. Das Kastell hatte den klassischen, symmetrischen Rechtecksgrundriss mit abgerundeten Ecken. Es war rundum durch zwei parallele Spitzgräben, einen Palisadenzaun und einen durch Balken verstaerkten Erdwall geschuetzt. Auf jeder der vier Seiten befand sich mittig ein Tor. Das dem Feind zugewandte Tor an einer Schmalseite, von den Römern „Porta Praetoria“ genannt, zeigte nach Nordwesten auf den heutigen Ort Ersingen. Erstaunlicherweise war das Kastell damit weder parallel noch im rechten Winkel, zum Verlauf der nahen Donausüdstraße ausgerichtet. Alle vier Tore waren beidseitig von Holztürmen flankiert. Am Kreuzungspunkt der beiden die gegenüberliegenden Tore verbindenden Lagerstraßen ( „Via Principalis“ und „Via Praetoria“ genannt), etwa 15 Meter nördlich des heutigen Wasserturms lag das Stabsgebäude (principia) mit dem Fahnenheiligtum, dem Aufbewahrungsort der Feldzeichen, der Truppenkasse und der Statue des Kaisers. Gleich daneben,etwas nach Süden versetzt, heute vom Wasserturm überbaut befand sich das Haus des Kommandanten (Praetorium). Schon gut zwanzig Jahre später, nach dem Selbstmord Neros im Juni 68 und im Gefolge der im Kampf um seine Nachfolge ausgebrochenen Wirren des Vierkaiserjahres 69 n. Chr.wurde das Kastell fast vollständig niedergebrannt. Die Auswertung der Grabungsfunde hat ergeben, dass das Lager vor dem Brand von Truppen geräumt worden war.

Vespasian, der aus dem Vierkaiserjahr als Sieger hervorgegangen war, machte anlässlich der Niederschlagung der Bataveraufstände im Jahre 70 n. Chr. insbesondere während der Entscheidungsschlacht bei Trier die beunruhigende Erfahrung, dass Truppenverschiebungen von den Donau- in die nördlichen Rheinprovinzen, über die Donausüdstraße bis Hüfingen|Brigobannis und von dort über das Rheinknie bei Basilia/Basel zu lange dauerten. Er ließ daher eine neue, den Weg von Augsburg zum Legionslager in Mainz/Mogontiacum verkürzende Straßenvariante über Rottweil/Arae Flaviae und das Kinzigtal nach Argentoratum/Straßburg beim Kastell Tuttlingen von der Donau-Süd-Straße abzweigen. Diese neue Verbindung verkürzte die Entfernung zwischen Augusta Vindelicorum/Augsburg und Mainz/Mogontiacum um 110 römische Meilen( 160 km) und die Marschzeit einer Truppeneinheit um eine Woche.

Gleichzeitig mit dem Bau der Kinzigtalspange begann Vespasian mit der Reparatur und dem Umbau der zerstörten Donaukastelle, darunter auch des Kastells Riusiava. Er ließ an gleicher Stelle statt einer Kaserne mit der Kapazität für eine Kohorte einen Gebäudekomplex mit weniger Truppenunterkünften, dafür aber mit deutlich vergrößerter Warenlagerkapazität (2. Phase) errichten. Das deutet daraufhin, dass Vespasian nicht mehr mit Angriffen der Germanen vom Nordufer der Donau rechnete und, dass der militärische und zivile Verkehr auf der Donau-Süd-Straße stark zugenommen hatte. Der Umbau des Kastells wurde ebenso wie der Bau der Kinzigtalspange im Jahre 74 n. Chr. abgeschlossen (2.Bauphase).

Als Konsequenz des rasant zunehmenden Verkehrs und einer sich daraus ergebenden Ausweitung des vicus wurde gegen 80 n. Chr. das Stabsgebäude (Principia),das zugleich auch Sitz der Zivilverwaltung war, ebenso wie in den Kastellen Unterkirchberg/ Viana und im Emerkingen ganz aus Stein und in repräsentativer Form neu errichtet (3. Ausbauphase Riusiavas). Die Principia erhielt nach Südwesten einen Gerichtsanbau. Das neue Stabsgebäude und das gleichzeitig erneuerte luxuriöse Wohnhaus des Kommandanten (Praetorium) waren vermutlich die ersten ganz aus Stein gefertigten Bauwerke Riusiavas. Die solide Bauweise von Principia und Praetorium lässt vermuten, dass die römischen Soldaten damals noch planten sich für längere Zeit in Riusiava einzurichten. Aber schon um 95 n. Chr. wurden die Truppen nach Eroberung der schwäbischen Alb und der damit resultierenden Verschiebung der römischen Reichsgrenze von der Donau nach Norden, in die Nähe von Aalen zum neu errichteten rätischen Limes verlegt.

Um 98 n. Chr., unter Trajan entstand eine neue, noch weit kürzere militärisch gesicherte Straßenverbindung von Augsburg mit dem Donauübergang bei Günzburg/Guntia über das Neckartal nach Mainz. Damit hatte der Abschnitt der Donausüdstraße bei Rißtissen/Riusiava fast nur noch regionale Bedeutung.

Dennoch wurde das Kastell um das Jahr 100 zu Zeiten des Kaisers Trajan aus Anlass der Dakerkriege im heutigen Rumänien noch einmal in großem Stil um- und ausgebaut. Die verlassenen Mannschaftsbaracken wurden abgerissen und eine große, dreischiffige Lagerhalle aus Stein errichtet (4. Bauphase). Der steinerne Bau der Principia wurde in diese Halle einbezogen. Archäologen [4] vermuten, dass die mit den Dakern an der unteren Donau im Balkan kämpfenden Truppen Trajans, die auf 11 Legionen geschätzt werden, militärischen Nachschub aus Gallien, Britannien, aus den rheinischen Provinzen Germania Inferior und Germania Superior erhielten. Nachdem Trajan den Donaudurchbruch in Serbien, das eiserne Tor erobert hatte, war eine Versorgung der Truppen von Westen auch auf dem Wasserweg über die Donau möglich. Das war kostengünstiger, sicherer und schneller als der Transport zu Lande. Riusiava lag in diesem Nachschubsystem an einem neuralgischen Punkt, an dem der von Westen über die Donausüdstraße und von Süden zu Wasser über Rhein, Bodensee, Schussen und Riß eintreffende Nachschub bei der Einmündung der Riß in die Donau auf größere Kähne umgeladen und nach Viminacium östlich von Belgrad verschifft werden konnte. Durch den Zufluss der Riß, wird die bis dorthin wenig Wasser führende Donau erst schiffbar. Das galt zumindest für die kleinen Wasserfahrzeuge der Römer, wie sie auf der Trajansäule in Rom dargestellt sind. Nahe der Donau bei Ersingen wurden römische Fundamente gefunden, die zu dem westlichsten Donauhafen überhaupt gehört haben könnten. Für die Bewältigung dieser Nachschubmengen benötigte man die im Kastell Riusiava geschaffenen wesentlich vergrößerten Lagerkapazitäten. Riusiava könnte deshalb um die Jahrhundertwende ein nicht unbedeutender militärischer Warenumschlagplatz gewesen sein. Für diese These spricht auch der Text einer der in die Rißtisser Kirchenmauer eingelassenen römischen Steine, mit dessen Errichtung der Römer Secundus, Sohn des Primus Jupiter und dem keltischen Flussgott Donau Danubius ein Gelübde erfüllt. Secundus hatte vielleicht eine dieser langen, gefährlichen Schiffsreisen auf der Donau von Riusiava nach Viminacium im heutigen Rumänien unternommen und war gesund nach Riusiava zurückgekehrt. Spätestens um 106, nach dem Ende der Dakerkriege wurde das Kastell nicht mehr gebraucht und vom Militär endgültig geräumt.

Römische Nachfolgesiedlung

Die Räumung des Kastells durch die Legionäre bedeutete nicht das Ende Riusiavas. Die Siedlung entwickelte sich prächtig an der Kreuzung zweier Handelsstraßen, der Donausüdstraße und einer von Süden, von Bregenz/Brigantium kommenden Straße, die dann im Nordwesten Riusiavas bei Öpfingen über eine Furt durch die Donau nach Norden zum westlichen Teil desrätischen Limes führte. Diese Straße war ursprünglich, um die Mitte des 1. Jahrhunderts, aus militärischen Überlegungen als rückwärtige Kommunikations- und Nachschublinie sowie als Rückzugsweg für die Besatzung des Kastells Riusiava gebaut worden. Sie führte von Bregenz/Brigantium zunächst nordwestlich, über die römische Bodenseegürtelstraße bis an den Fluss Schußen und bog dort der Schussen und dann der Riß folgend in nordöstliche Richtung ab. Historiker bezeichnen diese nach Riusiava führende Straße als die „Schussenrißtalstraße“. Von dieser Straße zweigten militärische Stichstraßen zu den Donau Kastellen Emerkingen,zum Bussen und zum Donau Kastell Ennetach in Mengen ab. Die von Biberach über Laupheim kommende Straße kreuzte die Donausüdstraße in Rißtissen. Die Schussen-Riß-Straße war die kürzeste und sicherste Verbindung vom westlichen rätischen Limes über Bregenz und Chur nach Italien. Um 95 n. Chr. wurde diese Straße, die vermutlich schon bei den Kelten als Naturstraße bestand zur wetterfesten und befahrbaren Römerstraße ausgebaut und nach Norden bis Aalen verlängert.

Münzfunde belegen, dass Riusiava wohl bis um 200 n. Chr. und in abnehmendem Maße bis 260 n. Chr. bewohnt war. Es war Marktflecken und vermutlich auch römische Poststation cursus publicus mit Herberge mansio und Pferdewechselstation mutatio. Zu den schon damals bei den Römern selbstverständlichen zivilisatorischen Einrichtungen zählte eine Schule ebenso, wie ärztliche Versorgung und ein öffentliches Warmwasserbad. Das römische Badehaus (Therme) wurde schon in der Mitte des 19. Jahrhundert östlich der Pfarrkirche ausgegraben. Gleich daneben befand sich eine große Töpferei. Sieben behauene Grab- und Weihesteine aus dem 2. oder 3. Jahrhundert (ein achter wurde 1953 gefunden und versehentlich zerstört), die heute in die Außenmauern der Kirche gut sichtbar eingelassen sind, sowie Funde von Scherben luxuriösen Essgeschirrs terra sigillata aus Südgallien deuten darauf hin, dass Riusiava damals ein blühender Ort mit einer wohlhabenden Zivilbevölkerung war.

Römische Falschmünzerwerkstatt

Beim Bau eines Hauses wurden im Vicusbereich um 1920 vom damaligen Schlossgärtner, Herrn Schwarz römische Denare mit den Bildnissen der Kaiser Septimius Severus, Caracalla, Diadumenianus und Elagabal gefunden. Am gleichen Ort fanden sich über dreihundert Tonformen mit denen diese Münzen um 220 n. Chr. hergestellt worden waren. Es ist nicht geklärt, ob es sich dabei um Falschmünzerei oder um eine von der Obrigkeit in der Provinzhaupstadt Augsburg/Augusta Vindelicorum angeordnete Notmaßnahme gehandelt hat. Geldtransporte aus Italien erreichten wegen der inzwischen unsicher gewordenen Zeiten den Norden des Reiches nicht mehr zuverlässig. Die Gussformen aus Ton und einige „Falschmünzen“ befinden sich heute im Römermuseum in der Volksschule.

Abzug der Römer, Landnahme durch die Alemannen

RIUSIAVA/Rißtissen im Bereich der alemannischen Landnahme

Die Römer gaben ihre befestigte Nordgrenze, den rätischen Limes um 260 n. Chr. nach wiederholten, verheerenden Raubzügen der Alemannen und wegen einer in diesem Abschnitt ausgedünnten Truppensituation bei den Römern niemals de jure, aber de facto auf. Sie räumten in einer geordneten Aktion, die sich über 25 Jahre erstreckte, den nordwestlichen Teil der Provinz Rätien von Truppen und römischen Bürgern. Das aufgegebene Gebiet entsprach in etwa dem heutigen württembergischen Oberschwaben. Riusiava lag in diesem zunächst herrenlosen Gebiet, in das von Westen allmählich alemannische Siedler nachrückten. Die ausgesprochen spärlichen Bodenfunde aus den Jahren nach 260 lassen darauf schließen, dass Riusiava von den Römern und Rätoromanen zwar geräumt, aber von den Alemannen nicht unmittelbar in Besitz genommen worden war. Es ist anzunehmen, dass die meisten Bewohner Riusiavas in die wenige Kilometer östlich gelegenen Orte auf der rechten, heute bayerischen Seite der Iller umzogen. Dort waren sie durch eine neue und starke römische Befestigungslinie, dem Donau-Iller-Rhein-Limes besser geschützt. Dort lebten sie und ihre Nachfahren noch weitere 238 Jahre als Bürger Roms. Erst 488 n. Chr., nach dem Ende des weströmischen Reiches wurde die rätoromanische Bevölkerung von dort nach Italien evakuiert.

Mittelalter

Merowinger- und Karolingerzeit

Die Funde aus dem südwestlich des Wasserturms entdeckten alemannischen Gräberfeld aus dem 7. Jahrhundert lassen vermuten, dass sich erste alemannisch-germanische Siedler kurz nach 500 n. Chr. in Rißtissen niederließen. Neuen Aufschwung brachte für diese kleine alemannische bäuerliche Siedlung der Entschluss Karls des Großen die heruntergekommenen, ehemals römischen Fernstraßen, darunter auch die Donausüdstraße im frühen 9. Jahrhundert zu erneuern. Nur wenige Jahre nach seinem Tod wurde Rißtissen am 20. Mai 838 als „Tussa“ zum ersten Mal in einer Urkunde der Abtei St. Gallen schriftlich erwähnt. Aus dieser Urkunde erfahren wir, dass „Tussa“ in der Ruadolhuntare (Huntare) lag, die wiederum zur Albuinesbaar (wohl der Munderkinger Baar) gehörte. In der gleichen Urkunde wird eine schon damals dem heiligen Pankratius, († 305 n. Chr.) geweihte, vermutlich erste christliche Tussener Kirche erwähnt.

Jakobsweg

Seit dieser Zeit liegt Rißtissen bis auf den heutigen Tag an einem wichtigen süddeutschen Abschnitt des Jakobsweges. Der Jakobsweg ist der mittelalterlich-historische Pilgerweg zum sagenhaften Grab des Apostels Jakobus des Älteren in Santiago de Compostela in Spanien. Schon im Mittelalter führte der Fernwanderweg von Nürnberg nach Konstanz mitten durch den Ort. Tussa, das später zur Unterscheidung von einem anderen, ebenfalls „Tussa“ genannten Ort an der Iller (heute Illertissen) „Rißdissa“ und dann Rißtissen genannt wurde, war eine bedeutende Pilger-Raststation. Heute wird dieser historische grenzüberschreitende Weg wieder neu beschrieben und im Zuge der europäischen Einigung durch internationale Wegzeichen von Ulm her über Oberdischingen und dann weiter von Rißtissen über Biberach an der Riß nach Konstanz durch verschiedene Organisationen sowohl markiert als auch rege begangen.

Herrschaft Rißtissen

Im Hochmittelalter gehörte Tussa den mächtigen, später ausgestorbenen Geschlecht der Grafen von Berg. Ihr Dienstmann in Tussa, Diethelm von Tussin wird 1127 im Stiftungsbrief eines Benediktinerinnenklosters als Zeuge benannt. Der erste Ortsgeistliche von dem wir aus Urkunden (7. September 1322) namentlich erfahren war „der Pfaff Heinrich Fulhin“. 1353 gab es in Dissa 72 Haushalte. Mit der gesamten Herrschaft der Grafen von Berg gelangte Tissen 1343 an die Habsburger und gehörte damit zu Vorderösterreich. Das Haus Habsburg hatte Teile der Grafschaft Berg, darunter Rißtissen gegen Entgelt unter Vorbehalt der Oberherrschaft zu Lehen an Dritte vergeben oder verpfändet. Konrad von Landau verkaufte 1419 seinen Anteil an Rißtissen an Ulmer Bürger. 1455 erwarb Hans von Stotzingen fünf Sechstel der Rechte an der Herrschaft Rißtissen von den Bürgern der freien Reichsstadt Ulm. Die Stotzinger stifteten 1483 einen von Jakob Acker d. J. gemalten Altar, heute in der Leonhardskapelle. Durch die Erbtochter Crescentia von Stotzingen († 1550) kam das Dorf zu fünf Sechsteln an die Familie der Freiherren von Laubenberg. Das letzte Sechstel kauften die Laubenbergs 1593 Ulrich von Schienen zu Gamerschwang ab.

17.Jahrhundert

1613 erwarb der habsburgische Pfleger ( etwa: Landvogt) von Ehingen, Munderkingen, Berg und Herr auf Wilflingen, Hans Christof Schenk von Stauffenberg (†1638 Ulm) das Dorf. Er hatte zunächst die Laubenberg´sche Witwe Barbara von Essendorf (†1612 Rißtissen) und nach ihrem Tode die ebenfalls von einem Laubenberg verwitwete Maria Freifrau von Laubenberg († 1632 Ulm) geehelicht. Hans Christof erwarb eine Hälfte Rißtissens durch diese Heirat. Die andere Hälfte musste er seiner schlauen Frau Marie vor der Hochzeit 1614 zur Absicherung ihres Alters abkaufen. Da Hans Christof Marie um sechs Jahre überlebte fiel die Forderung aus dem Kaufvertrag teilweise an Marias Laubenberg´sche Erben. Die Stauffenberg´schen Erben des Hans Christof bezahlten diese nach der wirtschaftlichen Katastrophe und Deflation des Dreißigjährigen Krieges besonders drückende Schuld über viele Jahrzehnte ab.

1630, während des dreißigjährigen Krieges (1618-1648) wurde Rißtissen von den Schweden besetzt, zerstört und 1633 in einem Zuge mit Ehingen und Wilflingen an Friedrich Ludwig Chanofski von Langendorf, einem Spross der heute ausgestorbenen, aus Südböhmen stammenden ritterlichen Familie Chanowsky verschenkt. Nach dem Abzug der Schweden aus Süddeutschland als Folge der Niederlage bei Nördlingen) fiel Rißtissen im 1634 an den Stauffenberger zurück. Der katholische Hans Christoph war mit seiner Frau kurz vor dem Einmarsch der protestantischen Schweden bis zu seinem Tode als kaiserlicher Rat (etwa Botschafter des katholischen Kaisers) in das protestantische, stark befestigte und verhältnismäßig sichere Ulm gezogen. Da die Ehen zwischen Hans Christof und den Laubenberger Witwen kinderlos blieben, fiel Rißtissen nach seinem Tod an seinen Neffen Hans Jakob Schenk von Stauffenberg (* 1614; † 1674 Rißtissen). Hans Jakob hatte die Kriegszeit mit seiner Familie in der freien Reichsstadt Biberach überlebt. Nach dem westfälischen Frieden zog er 1649 in das weitgehend verödete und zerstörte Rißtissen. Gerade noch 68 Seelen sollen damals dort gelebt haben. Er verkaufte daher 1656 sein Gut Rusenberg und finanzierte damit die Ansiedlung von Bauern überwiegend aus Tirol und Vorarlberg.

Anekdotisch wird über Streitigkeiten zwischen der katholischen Herrschaft und einer ulmischen Bauernfamilie Meister oder Maister in Rißtissen berichtet: Als 1615, Anna, die Tochter des Ulmer Hintersaßen Georg Maister das Osterlied „Christus ist erstanden“ nicht mitsingen wollte, ließ Hans Christof sie durch seine Beamten im „ulmischen Hof“ (heute vermutlich der Hof des sog. „Ulmbauers“ in der Ulmbauergasse) „annehmen“ (verhaften) und „in die Geigen schlagen“ (den Hintern versohlen). Das löste einen Prozess mit den Baupflegern des Ulmer Münsters aus. Er musste sich 1617 mit ihnen vergleichen. Sein Neffe Hans Jakob bekam 34 Jahre später ähnlichen Ärger, weil er den Bauern Hans Meister, vermutlich den damaligen „Ulmbauern“ und möglicherweise den Bruder der Anna Meister, jedenfalls einem „Niedergerichtsuntertan der Ulmer Kirchenbaustiftung“ 1649 unbefugt davon abgehalten hatte die Gehölze am Bach im Stauffenberg´schen Garten abzuschlagen. Die Ulmer klagten.

Aus der Epoche der Stotzinger, der ausgestorbenen Laubenberger und des ersten Schenken (1455 bis 1650) stammen die in die Sakristeiaußenwand der Pfarrkirche eingelassenen Grabsteine.

19.Jahrhundert

Aus Anlass der Schlacht von Elchingen im Herbst 1805 kampierten napoleonische Truppen in Rißtissen. Sie brannten mehrere Bauernhöfe und die Stallungen des damals neuen Schlosses nieder. Die französischen Offiziere waren im Schloss und in den Kavaliershäusern einquartiert. Das bewahrte diese Gebäude vermutlich vor dem gleichen Schicksal. Der 1834 in Rißtissen geborene Franz August Frhr. von Stauffenberg war Abgeordneter und Präsident des bayerischen Landtags in München und später Reichstagsabgeordneter und Vizepräsident des Reichstages in Berlin. 1884 war er einer der Mitbegründer der liberalen Deutschen Freisinnigen Partei. Er starb 1901 in Rißtissen.

20.Jahrhundert

Während des zweiten Weltkrieges befand sich im Osten des Ortes, südlich der Straße nach Ersingen ein Behelfsflughafen (Einsatzhafen II. Ordnung). Im September 1938 war mit den Bauarbeiten begonnen worden, zu Kriegsbeginn war der Flugplatz dann bedingt einsatzbereit. Am östlichen Ortsrand von Rißtissen war eine Flakbatterie mit vier 8,8-cm-Flugabwehrkanonen und mit den dazugehörigen Flakscheinwerfern in Stellung gebracht worden. Die Unterkünfte befanden sich in ihrer Mehrzahl in Ersingen. Kurz vor Kriegsende, am 18. April 1945 wurde der Platz von 72 Bombern vom Typ Martin B-26 Marauder der französishen Luftwaffe angegriffen. Die wenigen nach diesem Splitterbombenangriff noch flugtauglich gebliebenen Jagdflugzeuge vom Typ Bf 109 G/K der zweiten Gruppe des deutschen Jagdgeschwaders 53 „Pik As“ (II.JG 53)( www.cieldegloire.com ) unter dem Gruppenkommandeur Major Julius Meining wurden buchstäblich in letzter Minute am 20. April 1945, dem Tag des Einmarsches der französischen Truppen in Rißtissen nach Schongau verlegt. Eine Woche später wurde die Einheit aufgelöst. Zu den Jagdfliegern dieser Gruppe zählte auch das Fliegerass Olt. Herbert Rollwaage mit 71 bestätigten Abschüssen. Heute erinnert außer einigen stark beschädigten und verwitterten Betonfundamenten im „Löcherwald“ nichts mehr an diesen Flugplatz. Nach Kriegsende im Mai 1945 war Rißtissen der französischen Besatzugszone zugeteilt. Wiederum, wie vor der Schlacht von Elchingen (1805) hatten französische Offiziere das Schloss in Rißtissen als Unterkunft und Messe ausgewählt. Nach Ende des zweiten Weltkrieges wurden 1947 Vertriebene aus dem damaligen West- und Ostpreußen in Rißtissen aufgenommen. Einige dieser Familien wurden im Schloss untergebracht. Zu ihnen zählte die Familie des Landwirts Johannes Wiens aus Altfelde, Kreis Marienburg im damaligen Westpreußen (heute Polen). Er hat 1952 schriftlich über seine am 23.Januar 1945 in Altfelde begonnene Flucht vor der roten Armee berichtet. Sein Fluchtbericht endet 1947 in Rißtissen.

Verkehrsanbindung

Rißtissen liegt abseits der großen Straßenverkehrsströme, ist aber über Kreisstraßen recht gut an diese angebunden. Ebenfalls über Kreisstraßen erreicht man die nächsten Städte Laupheim (6 km), Ehingen (12 km) und Ulm (21 km). Die nächstgelegenen Fernstraßen sind die Bundesstraßen B30, B311 und B465.
Mit dem öffentlichen Personennahverkehr des Donau-Iller-Nahverkehrsverbundes gelangt man per Bus (Linie 225) nach Laupheim und Ehingen. Dort besteht dann Anschluss an das Schienennetz der DB. Im Stundentakt besteht von Laupheim vernetzter Anschluss an die nächste ICE-Station Ulm in etwa 20 km Entfernung und in 80 km Entfernung nach Süden nach Friedrichshafen am Bodensee.

Der nächste Flughafen mit nationalen und internationalen Linienflügen ist der mit der Bahn vom Bahnhof Laupheim-West erreichbare Regional-Flughafen Friedrichshafen (80 km). Die nächsten Großflughäfen sind der Flughafen Stuttgart (100 km), der Flughafen München (rund 160 km), sowie der Flughafen Zürich (180 km).

Gebäude und Einrichtungen

Schloss Stauffenberg, Frontalansicht des Hauptgebäudes
Schloss Stauffenberg, Hauptgebäude (links) und eines der Kavaliershäuser (rechts),
dahinter die Kirchturmspitze der Pankratiuskirche
Friedhofskapelle St. Leonhard
Leonhardskapelle,
Altar aus dem 15. Jh
Josefskapelle
  • Stauffenberg´sches Schloss. 1275 erstmals als Herrensitz erwähnt. Der Vorvorgängerbau des heutigen Schlosses wurde im Dreißigjährigen Krieg von den Schweden zerstört. Hans Jakob von Stauffenberg baute nach 1650 an gleicher Stelle ein einfaches rechteckiges Haus mit vier Rundtürmen. Um 1784 begann Reichsfreiherr Hugo Damian Anton Schenk von Stauffenberg, neben Rißtissen auch Herr auf Jettingen, Wilflingen, Lautlingen und Geislingen bei Balingen mit dem Bau der neuen Kirche, dem Vorgängerbau des heutigen Pfarrhauses und mit der Ausführung der heutigen Schlossanlage im Louis-seize- oder Zopfstil. Dabei wurde das nicht mehr dem Geschmack der damaligen Epoche entsprechende Haus des Hans Jakob abgerissen. Die neue Anlage besteht aus einem rechteckigen, dreistöckigen, schlichten Hauptgebäude mit dreiachsigem, angedeutetem Mittelrisalit und angedeudeten einachsigen Eckrisaliten. Zwei spiegelbildlich zur Quermittelachse des Haupthauses angeordnete schlichte, zweistöckigen Kavaliershäuser bilden den Ehrenhof. Das Allianzwappen im zentralen Giebelfeld des Haupthauses ist das der Erbauer, (des 1791 gegraften) Reichsgrafen Hugo Damian Anton Schenk von Stauffenberg und seiner Frau der Reichsgräfin Antonie Kageneck. Reichsgräfin Antonie war Tante des österreichischen Staatskanzlers Fürst von Metternich. Der Giebel des Mittelrisalits der Rückfront des Haupthauses zeigt die Initialen der Namen der Erbauer in Form einer Zopfgirlande. Der englische Park wurde um 1830 nach dem Erwerb und Abriss mehrerer Bauernhöfe entlang der Riß nach einer Skizze von Friedrich Ludwig von Sckell durch den in England ausgebildeten Rißtisser Landschaftsgärtner Mißler angelegt, dessen Haus im Biedermeyer Stil noch heute in der Ersingerstraße steht. Insgesamt waren die Schenken von Stauffenberg von 1613 bis zum Reichsdeputationshauptschluss 1803 reichsritterschaftliche Inhaber der Herrschaft Rißtissen. Sie übten die niedere Gerichtsbarkeit aus. Napoléon Bonaparte erzwang indirekt durch den Artikel 7 des Fiedensvertrages von Lunéville und den dadurch ausgelösten Reichsdeputationshauptschluss (1803) zunächst bis 1810 die Mediatisierung Rißtissens unter die Krone Bayerns und danach unter die Krone Württembergs. Das Schloss ist weiterhin Eigentum der Schenken von Stauffenberg.
  • Katholische Pfarrkirche Sankt Pankratius und Dorothea. Die Kirche soll auf den Fundamenten eines römischen Tempels erbaut sein.[5] Freiherr Hugo Damian Anton ließ 1784 die baufällige gotische Kirche aus dem 15. Jahrhundert abtragen. Der solide, mittelalterliche Kirchturm, blieb erhalten. Sein gotischer Helm wurde durch eine barocke Zwiebel ersetzt. Beim Abriss wurden die bereits erwähnten sieben römischen Reliefsteine (Spolien) entdeckt, die dann in die Außenmauer der neuen Kirche sichtbar eingelassen wurden. Graf Anton ließ den die alte Kirche umgebenden Friedhof zur Leonhardskapelle an der Ehingerstraße verlegen und die Toten umbetten. Schließlich wurde nach Plänen des im benachbarten Erbach tätig gewesenen, aber damals schon verstorbenen tiroler Baumeisters Franz Kleinhans, eines Schülers des Baumeisters Johann Georg Fischer, die neue Kirche erbaut. Während der langen Bauzeit las Pfarrer Franz Xaver Hensinger (1768-1802) die Messen in einer Scheune. Die Zahl MDCCLXXXVII (1787) über dem Haupteingang der Kirche bezeichnet das Vollendungsjahr des Baues. Die neue Kirche wurde wegen der durch die französische Revolution und Napoleon unruhigen Zeiten zunächst nur benedeziert und erst am 22. Mai 1830 geweiht.An die Apsis an der Ostseite ist die Begräbnisstätte (Gruft) der Familie Stauffenberg angebaut (1878).
  • Friedhofskapelle St. Leonhard. Die Friedhofskapelle St. Leonhard von 1438, damals außerhalb des Ortes gelegen, gehörte wie schon das Patrozinium vermuten lässt, ursprünglich zu einem mittelalterlichen Leprosenhaus das vom Ulmer Heilig-Geist-Spital für Aussätzige gestiftet worden war. Das Leprosenhaus wurde aufgegeben, weil die Lepra im 15. Jahrhundert in Mitteleuropa stark zurückgegangen war. 1784 beim Bau der heutigen Pfarrkirche wurde der Friedhof von der Pfarrkirche zur St. Leonhardskapelle verlegt. Die Kapelle birgt heute Einrichtungen, die vermutlich aus der 1784 abgerissenen spätgotischen Pfarrkirche stammen. Ein bemerkenswertes Kunstwerk ist der mit „Jacob Acker“ und mit der Jahreszahl 1483 signierte Altar („Jacob acker maler zu Ulm hat diese Dafel gemacht uf der haillgen Kreutz tag an herst. MCCCCLXXXIII jar“), auf dem auch die zweite Ortspatronin, die Heilige Dorothea dargestellt ist.Vermutlich wurde dieser Altar von den Stotzingern für die damalige gotische Pfarrkirche mit der Kopatronin St. Dorothea gestiftet. Über den Maler Jacob Acker d.J. ist fast garnichts bekannt. Nicht einmal, ob er ein Enkel des bekannten Ulmer Glasmalers Jakob Acker d. Ä. oder ein Sohn des ebenfalls Ulmer Glasmalers Hans Acker war, deren beider Fenster noch heute im Ulmer Münster bewundert werden können. Es ist zu vermuten, dass er ein Spross dieser weitverzweigten Ulmer Künstlerfamilie war. Wie andere Mitglieder der Ackerfamilie arbeitete auch er für das Ulmer Münster. 1473 bemalte er dort die Flügel der Hauptorgel. Diese Orgel wurde zusammen mit 60 Altären, die möglicherweise auch einige Bildtafeln von Jacob Acker d. J. enthielten im Sommer 1531 am „Götzentag“ von den unter dem radikalen Einfluss von Zwingli reformierten Ulmer Bilderstürmern vernichtet. Jacob Acker d. J. wird der Ulmer Schule zugerechnet. Rißtissen hat eine Straße nach ihm benannt.
  • Josefskapelle. Die bei der Bevölkerung beliebte und häufig besuchte Josefskapelle wurde von dem Obstgärtner Karlo Braig um 1980 errichtet. Sie befindet sich westlich des Golfplatzes an der Gemarkungsgrenze zu Griesingen. Ihr Innenraum wurde von Pfarrer Nikolaus Stark ausgemalt.
  • Grundschule mit Römermuseum. In letzterem fanden einige der Funde aus dem Kastell- und Vicusbereich von Riusiava Aufnahme. Weitere Funde befinden sich im Museum der Stadt Ehingen und im Württembergischen Landesmuseum Stuttgart.
  • Kindergarten
  • Wasserturm
  • Kieswerk
  • Golfplatz

Vereine

  • TSV Rißtissen (Turn- und Sportverein, seit 1926)
  • Heimat- und Dorfverschönerungsverein Rißtissen (seit 1987)
  • Musikverein Rißtissen (seit 1926)
  • Förderverein Musikverein Rißtissen (seit 1998)
  • Männergesangverein „Liederkranz“ Rißtissen (seit 1862)
  • Feuerwehr-Förderverein Rißtissen (seit 1994)
  • Katholischer Frauenbund Rißtissen (seit 1974)
  • Katholischer Kirchenchor Rißtissen
  • Breaker-Club Rißtissen (seit 1988)
  • Golfclub Donau-Riß (seit 2005)

Golfplatz

Driving Range des Golfplatzes
Driving Range

Während der letzten Jahre gab es heftige, teils mit emotionalen Argumenten geführte Diskussionen über das Projekt eines Golfplatzes. Gleichzeitig standen sich die in einer Bürgerinitiative (BI) [6] organisierten, überwiegend Rißtisser Landwirte als Gegner des Golfprojektes den überwiegend Ehinger Initiatoren [7] des Golfclubs unversöhnlich gegenüber.

Nach Berücksichtigung berechtigter Einwände der BI (vgl. Golfplatz, Punkt 8)und nach der Erteilung der Bauerlaubnis begann der Golfclub im Mai 2006 auf einem ungefähr 82 ha großen Areal im Südwesten des Dorfes mit dem Bau des von dem in Fachkreisen bekannten amerikanischen Golfarchitekten Robert Trent Jones mitkonzipierten 18-bahnigen Platzes.

Unbekannte, radikalisierte Golfplatzgegner äußerten in der Folge ihren Unmut über den von ihnen unerwünschten Baufortschritt durch eine Serie von ernsten Sachbeschädigungen am Golfplatz (2006). Auch die BI hat ihre Gegnerschaft zu dem Bau des Golfplatzes nach Baubeginn nicht aufgegeben. Wie der Golfclub beklagt auch sie neuerdings ( Februar 2007) die Beschädigung ihrer in der Landschaft aufgestellten Protestschilder durch unbekannte „Vandalen“. Sie hat Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet. Die BI meint die Bauerlaubnis sei „illegal“. Der Bau bedrohe einige Rißtisser Landwirte in ihrer wirtschaftlichen Existenz. Er werde die Ökobilanz spürbar verschlechtern. Der Golfclub führt gegen die Argumentation der BI an, der Golfplatz habe Rißtisser Landwirten keine Anbaufläche gekostet. Das Areal sei weit überwiegend an ortsfremde Landwirte verpachtet gewesen. Die wenigen betroffenen Rißtisser Landwirte seien so abgefunden worden, dass sie heute über mehr Anbaufläche verfügten als vor Beginn des Baus. Der Golfplatzbetrieb werde für einige Rißtisser neue Arbeitsplätze schaffen und den örtlichen Tourismus beleben. Die Ökobilanz werde langfristig positiv ausfallen. Das Gebiet des Golfplatzes sei überwiegend in ökologisch negativ zu bewertender Weise von jedem natürlichem Bewuchs befreit vorgefunden worden. Die Flächen seien stark gedüngt und landwirtschaftlich intensiv genutzt worden. Vergleichsweise werde der Golfclub schonender mit der Natur umgehen als es die Landwirtschaft konnte. Es würden ausgedehnte, mit dem benachbarten Naturschutzgebiet und den angrenzenden Wäldern vernetzte Biotope mit Wasserflächen sowie Busch- und Baumbewuchs geschaffen. Das werde Fauna, Floraund die Bodenqualität fördern. Die Düngung der Kurzrasenflächen um jedes der 18 Löcher, in der Golfersprache „Greens“ sei zwar zugegebenermaßen intensiv, insgesamt jedoch werde künftig weit weniger als vorher gedüngt. Es seien neue Wege geschaffen worden, so dass man weiterhin auch im Westen des Ortes z.B. zur Josefskapelle spazieren gehen könne.

Die große Übungswiese auf der die langen Golfschläge geübt werden, in der Sprache der Golfer „driving range“ (vgl. Golfplatz, Punkt 7), wurde im Oktober 2006 eröffnet.

Die in modernem Routing angelegten 18 Spielbahnen des eigentlichen Golfplatzes (vgl. Golfplatz, Punkt 1) sollen Ende Juli 2007 gleichzeitig mit der Einweihung des Clubhauses erstmals für das Golfspiel freigegeben werden. Zum Jahresende 2006 zählte der Golfclub etwa 200 Mitglieder. Ende Februar 2007 wurde nach Auskunft des Golfclubs die Zahl von 300 Mitgliedern überschritten. Zum Spielbeginn im Juli 2007 will der Golfclub die Mitgliederzahl von 400 Mitgliedern erreicht haben. Mit etwa 350 Mitgliedern sollen die Baukosten des Platzes und der Unterhalt gedeckt sein.

Weitere Illustrationen

Anmerkungen

  1. Rißtissen im Zusammenhang imperialer Planungen nach Kemkes, 1996 und 2005, a.a.O.
  2. Robert Knorr: Rißtissen, das Riusiava des Ptolemäus. In: Germania. Anzeiger der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts. Jahrgang 16, 1932. De Gruyter, Berlin. S. 143 f.
  3. Oscar Paret: Württemberg in vor- und frühgeschichtlicher Zeit. S. 402. Kohlhammer, Stuttgart 1961.
  4. Kemkes 2005, a.a.O.
  5. Gerd Wunder: Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde, Band 11. Müller und Gräff, 1972.
  6. Golfgegner auf Webseite der BI
  7. Golfbefürworter auf der Website des Golfclubs

Literatur

  • Martin Kemkes: Ehingen-Rißtissen. In: Dieter Planck (Hrsg.): Die Römer in Baden-Württemberg, S. 65ff. Theiss, Stuttgart 2005. ISBN 3-8062-1555-3
  • Martin Kemkes: Das Kastell Rißtissen und die militärische Sicherung der Donau im 1. Jahrhundert. In: Ulmer Museum (Hrsg.): Römer an Donau und Iller. Neue Forschungen und Funde, S. 9ff. Thorbecke, Sigmaringen 1996. ISBN 3-7995-0410-9
  • Philipp Filtzinger: Ehingen-Rißtissen. In: Die Römer in Baden-Württemberg. 3. Auflage, S. 272ff. Theiss, Stuttgart 1986. ISBN 3-8062-0287-7
  • Iris Radi: Katholische Pfarrkirche Sankt Pankratius und Dorothea, Rißtissen. Schnell & Steiner, München und Zürich 1989. ISBN 3-7954-5510-3
  • Wolfgang Lipp: Der Weg nach Santiago. Jakobuswege in Süddeutschland, Süddeutsche Verlagsgesellschaft. Ulm 1991. ISBN 3-88294-164-2
  • Gerhilde Fleischer (Hrsg.): Jakobusweg II: Ulm - Oberdischingen -Äpfingen - Biberach - Steinhausen - Bad Waldsee. 4. Auflage. Ostfildern, Schwabenverlag 2006. ISBN 3-7966-0905-8

Periodika

  • Mitteilungsblatt Gemeinde Rißtissen. Urban, Ulm seit 1973.
  • Rißtissen auf der offiziellen Webseite von Ehingen

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