Zitronenpresse

Eine Zitronenpresse ist ein Küchengerät, mit dem man Saft aus Zitrusfrüchten wie Zitronen oder Limonen herauspresst. Mit universeller einsetzbaren Zitruspressen lassen sich auch größere Früchte wie Orangen und Grapefruits, bzw. Pampelmusen auspressen.
Das Fruchtfleisch der Zitrusfrüchte ist sehr wässrig. Der Fruchtsaft lässt sich aus den nur von dünnen Häuten umschlossenen Segmenten schon mit geringem Druck leicht herausquetschen. Deshalb kann man Zitronensaft auch einfach gewinnen, indem man die hälftig aufgeschnittene Zitrone von Hand ausdrückt. Effektiver ist es jedoch, dazu eine Zitronenpresse zu benutzen.
Zitronensaft wird heute weltweit zum Kochen benutzt. In Europa wird er seit dem Mittelalter für viele Rezepte verwendet. Dennoch wurden Zitronen lange Zeit nur von Hand ausgedrückt. Zitronenpressen kamen erst im späten 18. Jahrhundert auf. Seither sind verschiedene Modelle mit unterschiedlichen Funktionsprinzipien entwickelt worden, die aus einer Vielzahl verschiedener Materialien hergestellt werden. Je nachdem ob die Zitronenpresse für den normalen Haushalt oder für die Gastronomie bestimmt ist, finden sich kleine handliche Modelle, die jedoch einen höheren Kraftaufwand verlangen und sperrigere Modelle, die mit wenig Kraftaufwand bedient werden können, oder auch elektrisch betriebene Pressen.
Geschichte
Zitronensaft in der Küche

Seit dem 13. Jahrhundert werden Zitronen in Europa, zunächst in Sizilien und Spanien, seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auch in Deutschland kultiviert.[1] Schon aus dem Mittelalter sind Rezepte mit Zitronen überliefert.[2] Zitronensaft löste in der mittelalterlichen Küche den Verjus, einen Saft aus unreifen Trauben, als Säurungsmittel ab.[3] Im Barock waren die Pflanzen dann wegen ihrer dekorativen Funktion in der Gartenarchitektur, wegen ihres Symbolgehalts (man verstand die Zitronen als die goldenen Äpfel der Hesperiden), aber auch wegen ihres Duftes und Geschmacks sehr beliebt. Im 17. und 18. Jahrhundert entstand eine regelrechte Orangeriekultur[4]
In der bildenden Kunst erscheinen Zitronen seit dem späten 16. Jahrhundert als Bestandteile von Dessert- oder Frühstücksstilleben. Willem Kalf (1619-1693) oder Jan Davidsz. de Heem (1606-1683/84) legen kunstvoll spiralig geschälte Zitronen neben oder in kostbare Pokale und Gläser, vermutlich um den Wein zu aromatisieren.[5] Die geschälten Zitronen wurden dazu direkt in den Wein gelegt. In zahlreichen Rezepten der frühen Neuzeit werden Zitronen oder Zitronensaft gebraucht, so solen nach einer Vnderweisung/wie man nach Französischer Art ein grosses Panquet anstellen solle aus dem Jahr 1679 zu kross gebratenem Wild und Geflügel „in kleinen Schüsseln auffgesetzt/Pommerantzen/Citronen/Oliven vnd dergleichen“ gereicht werden.[6] Der Berliner Botaniker Johann Sigismund Elsholtz erwähnt Zitrusfrüchte, darunter auch Zitronen, 1682 in seinem Diäteticon, einem Koch- und Diätbuch. Zitronen fanden also offensichtlich in der Küche und bei Tisch Verwendung, anders als die Schälmesser werden Auspressvorrichtungen jedoch nicht dargestellt - vermutlich, weil man die Früchte einfach mit der Hand ausdrückte.
Beginn der Mechanisierung: Zitronendrücker
Im 18. Jahrhundert entstanden die ersten Pressen für Zitronen nach dem Modell von Kartoffelpressen. Zangenartige Geräte, die, wie moderne Knoblauchpressen, die Früchte mit einem Stempel in einen Zylinder mit Löchern drückten, aus denen dann der Saft herausrann. Der Schriftsteller Jean Paul erwähnt 1798 solche Zitronendrücker am 43. Tag seiner Hundposttage: „Ach der Genuß verspricht so wenig - die Hoffnung hält so wenig - der Säe- und Pflanztage der Freude stehen im berlinischen Kalender so wenige - wenn ihr nun vollends so dumm wäret und ganze Stunden und Olympiaden voll Lust als Eingemachtes wegsetztet und aufhöbet im Keller, um, der Henker weiß wenn, darüber zu geraten über ganze eingepökelte marinierte 50, 60 Jahre - - ich sage, wenn ihr nicht an jeder Stundentraube die Minutenbeere auskeltertet wenigstens mit einigen Zitronendrückern - - - was würde denn am Ende daraus werden?... weiter nichts als die Moral zu meiner ersten und letzten Fabel, die ich einmal vor einem Hannoveraner gemacht[7].“ In den USA sind solche Zitronenpressen auch heute noch gebräulich.
Vermutlich gebrauchte man aber nicht unbedingt speziell angefertigte Zitronendrücker sondern benutzte weiter einfach die vorhandenen Kartoffelpressen auch für Zitronen. Dies legt ein Zitat aus Die Käserei in der Vehfreude von Jeremias Gotthelf aus dem Jahr 1850 nahe: „Auch commis voyageurs sind vorhanden, lauernd auf die Krämer wie Kreuzspinnen auf Fliegen. Sie sind da mit mannigfachen Mustern von Finkenschuhen und Flanell von allen Sorten, hätten am liebsten Geld, besonders von zweifelhaften Kunden. Diesen armen Teufeln ergeht es oft an solchen Märkten wie den Zitronen zu S. im B.: dort werden sie nämlich zu drei verschiedenen Malen zu Punsch gepreßt, das erstemal mit dem Daumen, das zweitemal mit der Faust, das drittemal mit einem Erdäpfeldrücker.[8]“ Dieses Zitat beschreibt anschaulich, dass das mechanische Auspressen dem Ausdrücken von Hand letztlich überlegen ist.
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Zitronen wurden aber auch weiterhin von Hand ausgedrückt. Der bayrische Hofkoch Julius Rottenhöfer beschreibt in Rottenhöfers Kochbuch, erschienen nach 1858, mehrfach das Ausdrücken einer Zitrone von Hand direkt in den Topf, beispielsweise bei Rezept Nr. 217, einer Sauce aux atelletes: „Die nöthige weiße, reine Sauce wird mit Geflügel-Essenz, einem Stück Glace ganz kurz eingekocht, dann mit dem Gelben von sechs Eiern legirt, der Saft einer Citrone dazu gedrückt und gehörig gesalzen[9] .“
1896 reichte John T. White beim United States Patent Office als Patent Nr. 572,849 einen verbesserten hölzernen Lemon-Squeezer ein, der ebenfalls auf dem Prinzip der einfachen Kartoffelpresse beruhte und als Besonderheit ein herausnehmbares Gefäß enthielt, in dem der Saft aufgefangen werden konnte.[10]
Ein vergleichbares hölzernes Gerät wird seit 1857 unter Studenten des Trinity College in Dublin weitergegeben. Ursprünglich ein Utensil für die Zubereitung von Punsch, etablierte William W. Niles, später Bischof von New Hampshire den Brauch, jeweils am „Class Day“ den Lemon Squeezer an den vielversprechendsten Folgejahrgang weiterzugeben. Es entwickelten sich daraufhin Kämpfe und Rivalitäten um die Auszeichnung, der Lemon Squeezer wurde in der Folge mehrfach geraubt, so dass inzwischen mehrere angeblich originale Geräte im Umlauf sind. Die Tradition besteht bis heute fort.[11]
Das „Ei des Columbus“: Zitronenpressen aus Glas


„Dann sprachen sie noch über die Zitronen-Presse aus Glas, das "Ei des Columbus", wie er es nannte. Das heißt, er sprach, und sie gähnte innerlich, verständnisvoll und teilnehmend. "Wenn man bedenke, in früheren Zeiten, schrecklich. Den Daumen-Krampf konnte man bekommen, und der halbe Saft blieb in der Zitrone sitzen, und die unnötigen Kerne waren im Glase. Jetzt aber, mit der gläsernen Zitronen-Presse für 50 Heller, der Saft rinnt dir wie ein klares Bächlein in die untere Rinne, während die unnötigen Kerne in der oberen Rinne liegen. Die Schale selbst aber ist innen trocken wie die Wüste Gobi. Jetzt erst könnte ein Wucherer und eine Kokotte sagen: 'Ich habe ihn ausgepresst wie eine Zitrone!'[12]"“ lässt Peter Altenberg in der 1900 veröffentlichten Prosaskizze Flirt den Protagonisten zu seiner Angebeteten sagen und beschreibt damit eindringlich, dass die kleinen Zitronenpressen aus Pressglas, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts als Küchengeräte für den Hausgebrauch aufgekommen waren, nicht nur bestechend einfach funktionierten, sondern auch preisgünstig und für jeden erschwinglich waren.
In einem seit 1873 erscheinenden Kochbuch heißt es deshalb auch: „Um allen Saft aus einer Zitrone zu gewinnen, bricht man die abgeschälte Zitrone auseinander, macht in jedes Stück derselben der Länge nach einen Schnitt und preßt es aus. Macht man dagegen Querschnitte, so bleibt der größte Teil der Saftzellen unverletzt und man erhält folglich nur sehr wenig Saft. Neuerdings fehlt wohl auch in keinem Haushalte mehr die kleine gläserne vorzügliche Zitronenpresse.“[13] Dieses gläserne „Ei des Columbus“ war die erste Zitronenpresse, mit der man Zitronen nicht bloß ausdrücken, sondern durch die Drehbewegung der Zitronenhälfte auf einem geriffelten Kegel auch noch den letzten Safttropfen aus der Frucht herauspressen konnte. Im Grunde ist dieses Prinzip bis heute unverändert geblieben und verkörpert die sprichwörtliche Zitronenpresse, das im übertragenen Sinne auch Gebäude wie die St. Engelbert-Kirche des Architekten Dominik Böhm in Köln-Riehl[14], die Kuppel der Kunstakademie Dresden von Constantin Lipsius oder die Filzhüte (Lemon Squeezer Hats) der Neuseeländischen Armee[15] anschaulich beschreibt.
Funktionsprinzipien



Grundsätzlich arbeiten alle Zitronenpressen mit Druck, der dafür sorgt, dass die Häute, die den Saft in der Frucht umschließen, aufplatzen und der Saft herausläuft. Die Zitronenpresse selbst muss diesem Druck ebenfalls standhalten, weshalb weiche, leicht verformbare Materialien ungeeignet sind. Weil der Zitronensaft sehr sauer ist, eignen sich auch nur säurebeständige Materialien.
Quetschen
Um den Saft aus dem Fruchtfleisch herauszupressen, kommen, mit Modifikationen, hauptsächlich zwei Methoden zum Einsatz: Nach der älteren Methode wird die Frucht in einem Zylinder oder einer Halbkugel mit einem walzen- oder -halbkugelförmigen Gegenstück in einer Art Zange gequetscht, so dass der Saft durch Löcher in dem Zylinder herausläuft. Dabei werden Kerne und Fruchtfleisch im Innern zurückgehalten. Diese Pressen bestanden ursprünglich in der Regel aus Holz, heute auch aus rostfreiem Metall. Diese Methode wird, in weiterentwickelter Form, auch bei den in der Gastronomie gebräuchlichen Hebelpressen angewandt. Das Fruchtfleisch wird hier durch die Hebelwirkung zerquetscht, der austretende Fruchtsaft wird durch einen Filter abgetrennt. Moderne Hebelpressen sind aus Edelstahl gefertigt. Außerdem gibt es noch kleine Zitronenpressen, um nur einen Zitronenschnitz auszupressen. Sie funktionieren ebenfalls nach dem Zangenprinzip.
Drehen
Bei der etwas jüngeren Methode, die sich zumindest in Europa allgemein für den Hausgebrauch durchgesetzt hat, wird der Saft aus der halbierten Frucht gepresst, indem diese auf einem abgerundeten Kegel, dessen Oberfläche eine Längsrillenstruktur hat, hin- und hergedreht wird, bzw. bei elektrischen Geräten dreht sich der Kegel unter der Frucht. Entlang der Längsrillen läuft der Saft ab.
Einfache Zitronenpressen dieses Typs bestehen nur aus dem Kegel an einem Griff, der Saft läuft dann direkt in den Topf oder in ein untergestelltes Gefäß. Das wohl verbreitetste Modell aus Glas hat eine um den Kegel herumlaufende Rinne, in der sich der Saft sammelt. Kerne und Fruchtfleisch werden durch einen Zackenkranz am Rande der Rinne abgefangen. Etwas aufwendigere zweiteilige Modelle bestehen aus einem abnehmbaren Oberteil mit dem Kegel und Löchern oder Schlitzen, durch die der Saft abläuft, und einem Auffanggefäß, das meistens mit einer Schütte, gelegentlich auch mit einem Griff versehen ist.
Bei mechanischen Zitronenpressen wird die Drehbewegung einer Kurbel umgelenkt auf den Kegel, der sich dann unter der Zitrone dreht. Weil die Früchte nicht mehr hin- und her- sondern nur eine Handkurbel gedreht werden muss, sind diese Geräte angenehmer zu bedienen und für große Mengen besser geeignet. Bei elektrischen Zitronenpressen wird der Kegel durch einen Motor angetrieben, diese sind damit noch bedienungsfreundlicher.
Zitronenausgießer
Einen völlig anderen Ansatz verfolgen so genannte Zitronenausgießer: Das sind scharfantige Röhrchen, meist aus Metall, gelegentlich auch aus Kunststoff, mit eingeschliffenen Schlitzen, die komplett in eine ganze Zitrone hineingedreht werden. Die Schnittkanten des Rohres ritzen die Häute im Innern der Zitrone an. Drückt man die Zitrone nun mit der Hand zusammen, tritt an der Einstichstelle des Metallröhrchens der Saft aus. Diese Methode eignet sich besonders für kleine Mengen. Die Zitrone kann samt Ausgießer einige Tage im Kühlschrank aufbewahrt werden.
Einzelne Modelle
Westmark Limona
Handkurbelgerät
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Zitronenpresse mit Handkurbel, Kunststoff ca 1960
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Antriebsmechanik für den Kegel (Unterseite)
Philippe Starck

Die einzige Zitronenpresse, die hauptsächlich wegen ihres Designs bekannt wurde ist die Juicy Salif von Alessi, entworfen von dem französischen Designer Philippe Starck. Das dreibeinige Modell aus Aluminium mit einem starr befestigten Kegel besitzt weder ein Auffanggefäß für den Saft, noch werden Kerne und Fruchtfleisch zurückgehalten. Nach Auffassung von Umberto Eco liegt dies vermutlich daran „daß der Auftraggeber gar keine echte Zitronenpresse nhaben wollte, sondern ein Kunstwerk und conversation piece, ds die Käufer als eine abstrakte Skulptur begehren würden (die übrigens sehr schön anzusehen ist, dabei beunruhigend wie ein Tiefseeungeheuer) oder jedenfalls als ein Prestigeobjekt, nicht als ein Haushaltsgerät, das man praktisch benutzen kann[16].“ Dies wird umso deutlicher angesichts einer Jubliäumsausgabe mit Goldbeschichtung, die die Firma Alessi 2000 in 9999 nummerierten Exemplaren herausbrachte und mit der Warnung versah:„Juicy Sailf Gold ist ein Sammlerobjekt. Benutzen Sie es nicht als Zitronenpresse: Bei Kontakt mit säurehaltigen Substanzen könnte die Vergoldung schaden erleiden[17].“
Nachweise
- ↑ G. Uerscheln/ M. Kalusok:Kleines Wörterbuch der europäischen Gartenkunst, Stichworte: Orangerie und Zitrusbäumchen, Stuttgart, 2001, S. 188, 276.
- ↑ http://www.viatores-temporis.de/rezepte/rezepte.html m.w.N.
- ↑ http://www.mittelalterlich-kochen.de/REZEPTE/t_verjus.html
- ↑ G. Uerscheln/ M. Kalusok:Kleines Wörterbuch der europäischen Gartenkunst, Stichworte: Orangerie und Zitrusbäumchen, Stuttgart, 2001, S. 188, 276.
- ↑ N. Schneider, Stilleben, Köln, 1994, S. 111.
- ↑ Zit. nach J. Anderegg, Deutsches Lesebuch, Bd.1/1. Das Zeitalter des Barock, Frankfurt, 1970, S. 44-46.
- ↑ http://gutenberg.spiegel.de/jeanpaul/hesperus/hesp402.htm Jean Paul, Hesperus oder 45 Hundposttage, Bayreuth, 1819: 43. Tag.
- ↑ http://gutenberg.spiegel.de/gotthelf/vehfreud/vehfr192.htm
- ↑ http://gutenberg.spiegel.de/rottenho/kochbuch/nr217.htm Vgl. auch die Rezepte Nr. 475, 371, 2280, 1958, 223
- ↑ http://inventors.about.com/library/inventors/bllemonsqueezer.htm
- ↑ http://www.trincoll.edu/AboutTrinity/traditions/lemon.htm
- ↑ http://gutenberg.spiegel.de/altenbrg/prosaskz/flirt.htm
- ↑ M. S. Kübler, Das Hauswesen, 15. Auflage, Stuttgart, 1905, S. 418.
- ↑ http://www.kirche-des-monats.de/2003/11/haupttext.html
- ↑ http://www.diggerhistory.info/pages-uniforms/nz-slouch.htm
- ↑ Umberto Eco:Quasi dasselbe mit anderen Worten, München, 2006, S. 25.
- ↑ zit. nach Umberto Eco:Quasi dasselbe mit anderen Worten, München, 2006, S. 25.