Deutscher Bauernkrieg
Der Deutsche Bauernkrieg (auch Erhebung des gemeinen Mannes) resultierte aus einer Vielzahl von lokalen Aufständen unzufriedener Bauern. Ab 1524 weiteten sich die Aufstände aus und erfaßten bis Mai 1525 weite Teile Süddeutschlands bis in die Schweiz. Im März 1525 gaben sich die Bauern mit den 12 Artikeln eine eigene Grundrechtecharta, die die Bewegung auf eine einheitliche Grundlage stellte. Da die weltlichen Herren der Bauern mehrheitlich nicht an einer Verbesserung deren Lage interessiert waren, ließ der schwäbische Bund die Aufständischen in mehreren Schlachten niederwerfen; bei Leipheim wurden die Bauern endgültig geschlagen. In Schwaben, dem Elsaß und in Thüringen waren die Aufstände so praktisch beendet, in Sachsen und Tirol dauerte es noch bis 1526. Zeitgenossen schätzten, daß etwa 100.000 aufständische Bauern bei den Kämpfen und anschließenden Strafgerichten umkamen.
Ursachen und Umfeld
Die Ursachen für das Aufbegehren der Bauern sind sehr vielfältig. Anfang des 16. Jahrhunderts ist das Heilige Römische Reich in Süddeutschland und dort vor allem in Schwaben in eine unüberschaubare Vielzahl kleiner Feudalherrschaften zersplittert. Viele Probleme der Bauern waren lokal und durch den jeweiligen Landesherren bedingt; die kleinen Wirtschaftseinheiten führten zu gegenseitiger Abgrenzung und Kirchturmdenken und bremsten den wirtschaftlichen Aufschwung.
Die meisten Ursachen der Aufstände sind aber in der allgemeinen Situation der Bauern begründet, die sich von Herrschaft zu Herrschaft nicht wesentlich unterschied.
Situation der Bauern
Die Bauern mußten die Hauptlast der Feudalgesellschaft tragen. Fürsten, Adel, Beamte, Patrizier und der Klerus lebten von den Einkünfte aus der Arbeitskraft der Bauern. Da die Zahl der Mitversorgten immer weiter anstieg, stiegen auch die Abgaben, die die Bauern zu leisten hatten. Neben dem Großzehnt und dem Kleinzehnt auf die meisten von den Bauern erwirtschafteten Einkünfte und Erträge mußten sie Steuern, Zölle und Zinsen zahlen und häufig waren sie ihren Grundherren zu Frondiensten verpflichtet.
In Oberschwaben, Württemberg, Franken, Sachsen und Thüringen wurde die Realerbteilung angewandt, die bei gleich bleibender bewirtschafteter Fläche zu immer kleineren Höfen führt. Viele dieser Kleinstbauernhöfe waren angesichts der hohen Lasten nicht mehr wirtschaftlich zu führen.
Die wirtschaftlichen Probleme, häufige Mißernten und Druck der Grundherren führte immer mehr Bauern in die Hörigkeit und weiter in die Leibeigenschaft, woraus widerum zusätzliche Pachten und Dienstverpflichtungen resultierten.
Auch das "Alte Recht", ein mündliches überliefertes Recht wurde von den Grundherren zunehmend in ihrem Sinne ausgelegt oder gänzlich ignoriert. Seit Jahrhunderten bestehende Allmenden, Holzschlag- oder Jagdrechte wurden beschnitten und abgeschafft.
Situation im Reich
Der Hochadel war an einer Änderung der Lebensumstände der Bauern nicht interessiert, weil dadurch Privilegien und Vorteile eingeschränkt würden. Der niedere Adel ging dem Niedergang entgegen und hatte mit einem dramatischen Bedeutungsverlust zu kämpfen, was zu eigenen Aufständen führte (Pfälzischer Ritteraufstand). Der Versuch vieler niederer Adliger, sich vielerorts durch Raubrittertum über Wasser zu halten ging größtenteils ebenfalls zu Lasten der Bauern.
Auch der Klerus war an Änderungen wenig interessiert, da der Katholizismus ja die Kernsäule des Feudalismus darstellte und die Lehre nach irdischem Leid Erlösung im Paradies versprach. Die Kirche bereicherte sich auch an den Bauern durch Zehnt, Spenden und schwunghaften Ablaßhandel. Zudem waren kirchliche Einrichtungen in der Regel selbst Feudalherren (kaum ein Kloster ohne zugehörige Dörfer) und hatten deshalb ebensowenig ein Auge für die Probleme der Bauern wie der Adel.
Die einzigen Reformbestrebungen, die die Strukturen der Feudalgesellschaft aufbrechen wollten gingen vom erstarkenden Bürgertum der Städte aus, blieben aber schwach ausgeprägt, da ja auch sie vom Adel und Klerus abhängig waren.
Reformation
In der Kirche herrschten große Missstände - viele damals abwertend Pfaffen genannte Geistliche führten ein Leben mit sehr weltlichen Ausschweifungen, verkauften Seelenheil durch Ablässe und profitierten von Stiftungen und Erbschaften der reichen Bevölkerung sowie Abgaben und Spenden der armen Bevölkerung.
Diese Zustände wurden von Luther kritisiert, und Zwingli in Zürich und Calvin in Genf vertraten öffentlich die Ansicht, daß jeder Mensch auch ohne die Vermittlung der Kirche seinen Weg zu Gott und seinem Seelenheil finden könnte. Damit untergruben sie den Absolutheitsanspruch der katholischen Kirche und bestätigten den Bauern, daß sich der Klerus angesichts der Verhältnisse weit von seinen Wurzeln entfernt hat und deshalb in großen Teilen überflüssig sei.
Die Bauern suchten vergeblich nach einer biblischen Begründung für ihre erbärmliche Situation und stellten dabei fest, daß die Einschränkung des Alten Rechts durch die Grundherren dem Göttlichen Recht widerspräche, da Gott die Tiere und Pflanzen ohne das Zutun der Menschen wachsen ließ und diese daher allen Menschen zuständen.
Dieser Widerspruch gegen göttliches Recht und die Argumentation Luthers in seiner Schrift Von der Freiheit eines Christenmenschen, dass "Ein Christenmensch [...] ein Herr über alle Dinge und niemandem untertan " ist, war der endgültige Auslöser für das Aufbegehren der Bauern, die nun mit der heiligen Schrift belegten, das sie die gleichen Rechte wie Adlige und der Klerus beanspruchen konnten.
Träger des Aufstandes
Viele der einfachen Bauern trauten sich aus ihren vielfachen Abhängigkeitsverhältnissen heraus nicht gegen ihre Herren aufzubegehren. Vor allem die dörfliche Oberschicht wollte angesichts der immer stärker drohenden Abhängigkeit Veränderungen, Schultheiße, Bauernrichter, Dorfhandwerker, und Ackerbürger trugen den Aufstand und drängten vielerorts die armen Bauern zum Anschluß an die Bauernhaufen.
Die Bauern wollten vor allem ihre altüberlieferten Rechte wieder herstellen und ein menschenwürdiges und gottesfürchtiges Leben führen. Ihre Forderungen nach Reduzierung der Lasten und Aufhebung der Leibeigenschaft aber rüttelten an den Grundfesten der herrschenden Gesellschaftsordnung und konnten von den Regierenden nicht hingenommen werden.
Vorangegangene Erhebungen
Die sich ständig verschlechternde Situation der Bauern war schon lange vor dem eigentlichen Bauernkrieg von 1524/1525 die Ursache für viele regionale Konflikte. Die Unzufriedenheit der Bauern vergrößerte sich über viele Jahrzehnte und äußerte sich in einer Vielzahl von regionalen Erhebungen. Auslöser für diese waren neben den allgemeinen Umständen meist zusätzliche lokale Probleme.
Neben regelmäßigen kleineren Bauernerhebungen in ganz Süddeutschland kam es zu:
- seit 1291 Aufbegehren der Alten Eidgenossenschaft gegen die Habsburger
- 1419-1420 und 1433-1434: Hussitenkriege in Böhmen
- 1476 Aufstand um Hans Benheim (Pfeiferhänslein) in Niklashausen, Franken
- 1478 Bauernaufstand in Kärnten
- 1492 Bauernerhebung im Allgäu
- 1493 Bundschuh-Verschwörung im Elsaß
- 1502 Bundschuh-Verschwörung in Speyer
- 1513 Bundschuh-Verschwörung im Breisgau
- 1517 Bundschuh-Verschwörung im Schwarzwald
- 1514 Aufstand des Armen Konrad in Württemberg
- 1522-1523 Pfälzischer Ritteraufstand in der Kurpfalz
Neben den Bauernerhebungen kam es auch zu Bürgeraufständen, darunter 1509 in Erfurt, 1511 in Regensburg, Braunschweig, Speyer, Köln, Schweinfurt, Worms, Aachen, Osnabrück und weiteren Städten.
Fast alle dieser Aufstände wurden gewaltsam niedergeworfen, lediglich das schon lange andauernde Aufbegehren der Schweizer Bergbauern war am Ende vom Erfolg gekrönt. Die Situation der Bauern wurde durch keinen der Aufstände verbessert; meist kam es zu zusätzlichen Repressalien.
Vereinigung der Brandherde
1524 kam es bei Forchheim in der Nähe von Nürnberg wieder zu Unruhen. Kurz darauf auch in Mühlhausen bei Erfurt und im Oktober 1524 erhoben sich die Bauern im Hegau bei Stühlingen. Kurz darauf zogen 3.500 Bauern in Richtung Furtwangen. In Oberschwaben rund um den Bodensee gärte es schon länger und innerhalb kurzer Zeit bildeten sich im Februar und März 1525 drei bewaffnete Bauernhaufen: der Baltringer Haufen, der Seehaufen, und der Allgäuer Haufen. Der größte der drei war der Baltringer Haufen, mehr als 12.000 Bauern, Bürger und Geistliche sammelten sich innerhalb weniger Tage im Biberacher Ried. Auch der Allgäuer Haufen in der Nähe von Lindau bestand aus annähernd 12.000 Männern, darunter auch viele einfache Geistliche und Landsknechte. Die 7.000 Allgäuer Bauern, die vor allem gegen den Fürstabt von Kempten aufbegehrten, lagerten bei Leubas.
12 Artikel und Verhandlungen
Die drei oberschwäbischen Bauernhaufen wollten vor allem eine Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse erreichen, keinen Krieg beginnen. Deshalb setzten sie auf Verhandlungen mit dem Schwäbischen Bund. 50 Vertreter der drei Bauernhaufen trafen sich dazu in der freien Reichsstadt Memmingen, deren Bürgerschaft mit den Bauern sympathisierte.
Hier versuchten die Führer aller drei Haufen, die Forderungen der Bauern zu artikuliern und mit der Bibel argumentativ zu unterlegen. Nach mehreren Verhandlungen wurde am 20. März 1525 die 12 Artikel und die Bundesordnung verabschiedet. Die 12 Artikel waren sowohl Beschwerdeschrift als auch Reformprogramm und politisches Manifest. Nach dem Vorbild der Schweizer Eidgenossenschaft gründeten die Bauern die Oberschwäbische Eidgenossenschaft, deren Grundlagen in der Bundesordnung niedergelegt waren. So sollten die einzelnen Bauernhaufen, im Gegensatz zu vorhergehenden Erhebungen zukünftig auch füreinander einstehen.
Innerhalb kürzester Zeit wurden von beiden Schriften hohe Auflagen gedruckt und verteilt, die für eine rasende Verbreitung der Aufstände in ganz Süddeutschland und Tirol sorgten.
Die Gründung der Oberschwäbischen Eidgenossenschaft wurde nach der Verabschiedung der beiden Papiere dem Schwäbischen Bund in Augsburg angezeigt, in der Hoffnung, als gleichwertiger Partner an Verhandlungen teilnehmen zu können.
Angesichts der Plünderungen und der Weinsberger Bluttat hatten die im Schwäbischen Bund zusammengeschlossenen Adligen kein Interesse an Verhandlungen und unterstützt durch die Augsburger Kauffmannsfamilie Fugger wurde Georg Truchseß von Waldburg-Zeil (genannt Bauernjörg) mit einer Armee von 9.000 Landsknechten und 1.500 gepanzerten Reitern beauftragt, die meist mit Sensen und Dreschflegeln bewaffneten Bauern niederzuwerfen.
Die Verhandlung der 12 Artikel in Memmingen war Dreh- und Angelpunkt des Bauernkrieges. Hier wurden die Forderungen erstmals einheitlich formuliert und schriftlich fixiert und die Bauern traten erstmals einheitlich gegenüber der Obrigkeit auf. Die bisherigen Erhebungen scheiterten vor allem an der Zersplitterung der Aufstände und der mangelnden gegenseitigen Unterstützung. Mit den 12 Artikeln änderte sich das. Hätten sie nicht auf Verhandlungen mit dem Schwäbischen Bund gesetzt, sondern weitere Landstriche besetzt, hätten sie allein aufgrund ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit schwerlich niedergeworfen werden können und ihr Anliegen hätte ernster genommen werden müssen.
Verlauf
Ende März 1525 sammelte sich das Heer von Waldburg-Zeil in Ulm. Ein Stück donauabwärts bei Leipheim hatten sich um den Prediger Hans Jacob Wehe 5.000 Bauern versammelt, die im weiteren Umkreis Klöster und Adelssitze plünderten. Das Heer des Schwäbischen Bundes marschierte deshalb nach Leipheim und rieb schon auf dem Weg dorthin einzelne plündernde Bauerngruppen auf. Am 4. April kam es zur ersten großen Schlacht bei Leipheim, in der der Leipheimer Haufen besiegt wurde. Die Stadt Leipheim mußte ein Strafgeld zahlen, Wehe und die anderen Führer des Haufens wurden hingerichtet.
Ebenfalls Anfang April sammelten sich auch die Bauern aus dem Neckartal und dem Odenwald unter Jäcklin Rohrbach. Zu Ostern 1525 lagerte der Neckartaler Haufen bei Weinsberg und der hitzköpfige Rohrbach ließ den von den Bauern gehaßten Grafen Helfenstein, den Schwiegersohn von Kaiser Maximilian I. und seine Familie spießrutenlaufen. Der schmerzvolle Tod der gräflichen Familie durch das Stechen und Prügeln der Bauern ging als die Weinsberger Bluttat in die Geschichte des Bauernkriegs ein. Sie prägte entscheidend das Bild vom mordenden und plündernden Bauern und war einer der Hauptgründe, weshalb sich viele Adlige gegen die Sache der Bauern stellten. Zur Strafe wurde die Stadt Weinsberg niedergebrannt und Jäcklin Rohrbach bei lebendigem Leib verbrannt.
Nach der Bluttat von Weinsberg vereinigten sich die Neckartaler und Odenwälder mit dem von dem fränkischen Adligen Florian Geyer geführten Taubertaler Haufen (Schwarzer Haufen) zum starken Heller Lichter Haufen. Die annähernd 12.000 Mann wandten sich unter der Führung des Hauptmanns Götz von Berlichingen gegen die Bischöfe von Mainz und Würzburg und den Kurfürsten von der Pfalz.
Am 12. April stellte die Streitmacht des Schwäbischen Bunden den Baltringer Haufen, der schnell besiegt werden konnte. Man entwaffnete die Bauern und jeder mußte ein hohes Strafgeld zahlen.
Am 13. April mußte sich der Truchseß mit seinem Heer vor dem militärisch recht gut ausgebildeten Seehaufen wieder zurückziehen und traf einen Tag später, am 14. April bei Wurzach auf die eigenen Bauern des Allgäuer Haufens. Er verhandelte mit ihnen und konnte sie überzeugen, ihre Waffen niederzulegen. Im Vertrag von Weingarten am 20. April machte er dem Seehaufen und dem Allgäuer Haufen Zugeständnisse und garantierte ihnen freien Abzug und ein unabhängiges Schiedsgericht zur Austragung ihrer Konflikte.
Am 16. April sammelten sich die Württemberger Bauern. Die 8.000 Mann starke Truppe rückte in die Stadt Stuttgart ein und zog im Mai weiter nach Böblingen.
Auch bei Hall und Gmünd bildeten sich kleinere Haufen, die 3.000 Anhänger plünderten die Klöster Lorch und Murrhardt und legten die Burg Hohenstaufen in Schutt und Asche. Auch im Kraichgau und Ortenau wurden Klöster geplündert und Burgen niedergebrannt.
Nach dem Erfolg von Weingarten zog das Herr Waldburg-Zeils ins Neckartal. Die Bauern wurden bei Balingen, Rottenburg, Herrenberg und am 12. Mai in der Schlacht bei Böblingen geschlagen. Ähnlich erging es am 2. Juni den Neckartalern und Odenwäldern bei Königshofen.
Am 23. Mai nahm ein Haufen von 18.000 Breisgauer und südschwarzwälder Bauern Freiburg im Breisgau ein. Nach dem Erfolg wollte der Anführer Hans Müller der Belagerung von Radolfzell zu Hilfe eilen, doch nur wenige Bauern zogen mit ihm, die meisten wollten sich wieder um ihre Felder kümmern. So war die Streitmacht relativ klein, als sie von Erzherzog Ferdinand von Österreich kurz darauf geschlagen wurden.
Der Bauernjörg traf am 4. Juni bei Würzburg auf den Hellen Lichten Haufen der fränkischen Bauern und da dieser am Vortag von Götz von Berlichingen unter einem Vorwand verlassen wurde, hatte der führerlose Haufen keine Chance. In zwei Stunden wurden 8.000 Bauern getötet. Nach diesem Sieg wandte sich die Truppe des Bauernjörg wieder nach Süden und besiegte im Allgäu Ende Juli die letzten Aufständischen. In vier Monaten hat die Armee des Georg Truchseß von Waldburg-Zeil mehr als 1.000 km zurückgelegt.
Etliche kleinere Aufstände wurden ebenso niedergeschlagen; bis September 1525 waren alle Gefechte und Strafaktionen abgeschlossen. Kaiser Karl V. und Papst Clemens VII. dankten dem Schwäbischen Bund für sein Eingreifen.
Folgen
Folgen für die Aufständischen
Die Folgen für die Aufständischen waren hart. Man schätzt, daß allein durch die Niederschlagung der Aufstände etwa 100.000 Bauern ihr Leben verloren haben. Die überlebenden Aufständischen fielen automatisch in Reichsacht, sie verloren alle ihre staatsbürgerlichen, privaten und Lehensrechte, sie waren vogelfrei. Die Anführer wurden mit dem Tod bestraft.
Teilnehmer und Unterstützer der Aufstände mußten die Strafgerichte der Landesherren fürchten, die erst jetzt begannen und zum Teil sehr grausam waren. Viele Berichte sprechen von Enthauptungen, Augenausstechen, Abschlagen von Fingern und schlimmeren. Wer nur mit einem Bußgeld davonkam hatte Glück gehabt, auch wenn viele Bauern die Strafgelder wegen der hohen Abgaben nicht tragen konnten.
Ganzen Gemeinden wurden Rechte aberkannt, weil sie die Bauern unterstützt hatten. Die Gerichtsbarkeit wurde aberkannt, Feste verboten, Stadtbefestigungen geschliffen. Alle Waffen waren abzuliefern und Abends durften keine Dorfschenken mehr besucht werden.
Trotzdem hatte der Bauernkrieg auch wenige positive Auswirkungen. Für einige Gebiete wurden Mißstände durch Verträge beseitigt, wenn die Aufständischen aufgrund besonders schlimmer Umstände rebelliert hatten (z.B. in Fürstabtei Kempten für die auf dem Reichstag zu Speyer 1526 ein entsprechender Vertrag geschlossen wurde). Auch waren die Verhältnisse der Bauern vielerorts nun einer besseren Kontrolle durch die Fürsten unterworfen, weil diese Steuern nun nicht mehr nur an die Grundherren, sondern auch direkt an die Fürsten abzuführen hatten.
Folgen für das Reich
Einzelne Bauernbünde wie der des Tiroler Michael Geismaier hielten sich im Geheimen noch einige Jahre. Etliche Geächtete Bauern lebten noch Jahrzehnte als Räuberbanden in Wäldern; darin haben auch eine Reihe von Geschichten (z.B. Räuber Hotzenplotz) ihren Ursprung. Zu größeren Aufständen kam es aber nicht mehr.
In den folgenden 300 Jahren begehrten die Bauern kaum noch auf und erst mit der Revolution von 1848 konnten Ziele durchgesetzt werden, die die Bauern bereits in den 12 Artikeln 1525 formuliert hatten.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen durch den Verlust von 100.000 (andere Quellen sprechen von 130.000) Bauern waren enorm und sorgten mit dafür, daß Deutschland auch politisch fast in Stasis verharrte und im dreißigjährigen Krieg zum Spielball vieler Mächte wurde.
Bauernkrieg und Religion
Martin Luther
Obwohl die Standpunkte der Reformation eine wesentliche Rechtfertigung für die aufständischen Bauern waren, distanzierte Luther sich nach und nach deutlich vom Bauernkrieg. Schon 1521 unterschied er genau zwischen dem weltlichen und dem geistlichen Bereich, da er mit der Reformation eine Veränderung der Kirche erreichen wollte und nicht eine Verchristlichung der Welt. Da er von der Obrigkeit trotzdem zunehmend für den Geschehnisse im Bauernkrieg verantwortlich gemacht wurde, distanzierte er sich nach der Weinsberger Bluttat scharf von den Aufständischen und schrieb:
- "wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern [...] man soll sie zerschmeißen, würgen, stechen, heimlich und öffendlich, wer da kann, wie man einen tollen Hund erschlagen muß."
Nach 1525 hatte der Protestantismus seinen revolutionären Geist verloren und zementierte, auch von Luther unterstützt, die herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse mit dem Glaubenssatz "Seid untertan der Obrigkeit".
Thomas Müntzer
Thomas Müntzer war ein früherer Anhänger Luthers. Im Gegensatz zu diesem stand er aber für die gewaltsame Befreiung der Bauern und betätigte sich in Münzhausen, wo er Pfarrer war, als Agitator und Förderer der Aufstände. In Mühlhausen versuchte er seine Vorstellungen einer gerechten Gesellschaftsordnung umzusetzen: Privilegien wurden aufgehoben, Klöster aufgelöst, Räume für Obdachlose geschaffen, eine Armenspeisung eingerichtet. Seine Bestrebungen, verschiedene Thüringer Bauernhaufen zu vereinigen gelangen nicht so recht und im Mai 1525 wurde er gefangengenommen, gefoltert und schließlich hingerichtet.
Literatur
- Wilhelm Zimmermann: Der große deutsche Bauernkrieg Köhler Stuttgart 1841-43, Dietz Stuttgart 1891, Dietz Berlin 1952, deb Berlin 1980, Berlin 1993 ISBN 3320018299
- Friedrich Engels: Der deutsche Bauernkrieg Hamburg 1850, Marx-Engels-Werke Bd.7, Dietz Berlin 1960, ISBN 3320002910
- Peter Blickle: Der Bauernkrieg. Die Revolution des Gemeinen Mannes, C.H. Beck 1998, ISBN 3406433138