Reichsgericht

Das Reichsgericht war das oberste Straf- und Zivilgericht im Deutschen Reich.
Es wurde 1879 nach der Vorlage des Entwurfs zum Errichtungsgesetzes in Leipzig errichtet. Angesichts der in der damaligen Länderkammer umstrittenen Standortwahl fiel Berlin nur knapp mit 28 Stimmen (Leipzig 30 Stimmen) durch. Der Bau des Reichsgerichtsgebäudes, in dem heute das Bundesverwaltungsgericht seinen Sitz bezogen hat, wurde 1888 vollendet.
Das Reichsgericht stand anders als gewollt in der Tradition des Preußischen Obertribunals. Umstritten ist die politische Prägung der Richterschaft.
Das Reichsgericht wertete es beispielsweise als Beleidigung, dass die sozialdemokratische Partei 1907 eine Broschüre herausbrachte, die sich an Beamte richtete und diese zur Wahl aufforderte. Für das Wechseln von 20 Reichsmark durch einen Schalterbeamten verhängte das Gericht 1881 eine Gefängnisstrafe von drei Monaten wegen Amtsunterschlagung. Auch in der Zeit der Weimarer Reichsverfassung verurteilte das Reichsgericht Personen, die zur Einhaltung des Versailler Vertrages aufriefen, wegen Landesverrats (beispielsweise Carl von Ossietzky).
Während der Zeit des Dritten Reiches blieb das Reichsgericht seiner Linie treu.
Dabei konnte in der jüngeren Forschung (?) nachgewiesen werden, dass insbesondere die höchsten Richter des Reiches fachlich nicht die besten waren. Von 131 Richtern hatten immerhin 65 mindestens ein Examen nur mit ausreichend bestanden.
Von den Apologeten des Reichsgerichts, die den Bundesgerichtshof in einer Linie mit dem Reichsgericht sehen, werden die hohen rechtsstaatlichen Leistungen des Reichsgerichtes hervorgehoben. Noch heute sind viele Entscheidungen des Reichsgerichtes richtungsweisend für die Rechtsprechung.
Mit dem Untergang des Dritten Reiches wurde 1945 auch das Reichsgericht abgeschafft.
Literatur
- Ingo Müller, Kein Grund zur Nostalgie: das Reichsgericht, in: Betrifft Justiz 2001, S. 12 - 18 mwN
- RGZ - Entscheidungssammlung des Reichsgerichts in Zivilsachen
- RGSt - Entscheidungssammlung des Reichsgerichts in Strafsachen
- Erich Loest: Reichsgericht ISBN 3861520036