Lebensmittelindustrie
Lebensmittelindustrie bzw. Ernährungsindustrie ist ein der Landwirtschaft nachgelagerter Wirtschaftszweig, in dem ein wesentlicher Teil der erzeugten Agrarprodukte für die menschliche Ernährung verarbeitet wird.
Kleinere Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten pro Betrieb gehören zum Ernährungshandwerk, nicht zur Ernährungsindustrie[1].
Ernährungsindustrie, Ernährungshandwerk, Lebensmittelgroßhandel, Lebensmitteleinzelhandel und Gastronomie bilden gemeinsam das Ernährungsgewerbe und mit angrenzenden Dienstleistungsbereichen zusammen die Ernährungswirtschaft. Das Gesamtsystem wird als Agrar- und Ernährungswirtschaft oder als Agribusiness[2], seltener auch als Nahrungswirtschaft[3] oder im englischen als Food System[4] bezeichnet.
Die Herstellung von Lebensmitteln unterliegt unter anderem zum Schutz vor Lebensmittelkrisen einem komplexen Lebensmittelrecht und einer intensiven Lebensmittelkontrolle.
Historische und wissenschaftliche Einordnung
Die industrielle Fertigung von Lebensmitteln hat sich wie in anderen Bereichen auch aus den entsprechenden Zweigen des Ernährungshandwerks entwickelt. Noch heute unterscheidet man definitorisch weniger nach Herstellungsverfahren als vielmehr nach Mitarbeiteranzahl zwischen handwerklichen und industriellen Unternehmen. Neben der verfahrenstechnischen Weiterentwicklung der Produktion spielten in den letzten Jahrzehnten auch biotechnische Innovationen eine wesentliche Rolle. (So zum Beispiel bei der Produktion von synthetischem Lab.) Für die technischen Verfahren der Lebensmittelproduktion hat sich mit der Lebensmitteltechnologie innerhalb der Verfahrenstechnik eine eigene interdisziplinäre Hochschulausbildung und ein Forschungsbereich mit spezifischen Berufsperspektiven innerhalb eines der vier größten Industriesektoren entwickelt. Die Beschäftigung mit der Wechselwirkung zwischen Ernährung, Lebensmittelqualität und Gesundheit erfolgt im Rahmen der Ökotrophologie, zunehmend auch durch die Ernährungsmedizin. Besonderes Augenmerk richten diese Disziplinen bei der Bewertung von industriell erzeugten Lebensmitteln neben nährwertbezogenen Eigenschaften auf gesundheitsbezogene Aspekte, wie zum Beispiel Allergie-Risiken sowie auf das Verhältnis von Ernährungsgewohnheiten zu dem jeweiligen Lebensstil. Dieses Gebiet wird auch aus soziologischer Sicht im Rahmen der Ernährungssoziologie untersucht.
Industrielle Lebensmittelverarbeitung
Viele lebensmitteltechnische Verfahren haben sich aus häuslicher Küche und handwerklicher Produktion weiter entwickelt oder entsprechen handwerklichen Verfahren in technischer Sicht, sind dabei aber größer dimensioniert, ggf. um Arbeitsschritte der Haltbarmachung und Verpackung ergänzt sowie oft maschinell unterstützt.

Lebensmitteltechnische Verfahren lassen sich wie folgt kategorisieren:
- Physikalisch-Mechanische Verfahren
- Mischen
- Zerkleinern, z.B. Schneiden, Hacken, Reiben etc.
- Trennen, z.B. durch Sieben, Filtern, etc.
- Physikalisch-Thermische Verfahren
- Erhitzen, z.B. Braten, Kochen, Pasteurisieren, Sterilisieren
- Kühlen
- Trocknung
- Destillation
- Biologische Verfahren
- Alkoholische Gärung
- Milchsäuregärung
- Essigsäuregärung
- Chemische Verfahren
- Eiweißgerinnung
- Zugabe von chemischen Lebensmittelzusatzstoffen
Wichtige Daten in der Entwicklung zur Lebensmittelindustrie










- 1516 wurde das Reinheitsgebot für Bier durch den Herzog Wilhelm IV. (Bayern) erlassen. Zu den erfolgreichsten Brauern gehörten damals die Bäcker. Der Grund dafür war, dass die in der Backstube vielfach vorhandenen Hefepilze in der Bierwürze die Vergärung in Gang setzten. Erst Louis Pasteur hat 1876 den Zusammenhang verstanden.
- Um 1700 entdeckt der französische Physiker Denis Papin das Prinzip des Einmachens als Konservierungsmethode, verfolgt dies aber nicht weiter und widmet sich vor allem den Arbeiten zum Bau einer Dampfmaschine.
- 1775 erfand James Watt die Dampfmaschine, die auch die industrielle Fertigung von Lebensmitteln begünstigt.
- 1795 setzte Napoleon I. aus militärischen Erwägungen einen Preis von 12.000 Goldfranken für die Erfindung eines Verfahrens zum Haltbarmachen von Nahrungsmitteln aus.
- 1802 errichtete Franz Carl Achard die erste funktionsfähige Rübenzuckerfabrik der Welt in Cunern (Schlesien). Er entwickelte die Technologie zur Herstellung von Zucker aus Zuckerrüben statt aus Zuckerrohr. 1785 hatte Irvine die Verzuckerung der Stärke entdeckt und erforscht. Sehr bald, in Deutschland mit einiger Verspätung erst in den 1830er Jahren, entwickelte sich die Zuckerherstellung auf der Basis dessen, was Achard entwickelt hatte, zu einer expandierenden Industrie. Sie war Schrittmacher für verschiedene Produktionsprozesse des beginnenden Maschinenzeitalters. Extraktion, Filtration, Verdampfung und Kristallisation, Zentrifugentechnik, Trocknung und mehrfache Abdampfverwertung konnten auch in anderen Industriezweigen angewendet werden.
- 1809 kam dem Pariser Konditor und Zuckerbäcker François Nicolas Appert die entscheidende Idee, Nahrungsmittel in luftdicht verschlossenen Behältnissen zu erhitzen und dadurch zu konservieren. Er gewann damit das 1795 von Napoleon I. ausgesetzte Preisgeld. Allerdings verwendete er dazu Glasflaschen. Erst der britische Kaufmann Peter Durand kam 1810 auf die Idee, die Methode von Appert mit Blechbehältern durchzuführen und erfand damit die Konservendose. Das Verfahren nimmt die Erkenntnisse von Pasteur vorweg, der sich in seinen Ausführungen auch ausdrücklich auf Appert bezieht.
- 1828 gelang es dem Niederländer Conrad J. van Houten, das Kakaopulver weitgehend bis auf 10% zu entfetten. Normales Kakaopulver enthält bis zu 22% Kakaobutter, die einerseits schnell verdirbt und ranzig wird und andererseits schwer löslich löslich ist. Beides waren Umstände, die die Zubereitung von Milchkakao stark behinderten. Das Schokoladenpulver war nach der Entfettung durch Van Houten wesentlich besser löslicher und ermöglichte eine schnelle Verbreitung der Trinkschokolade.
- 1857 entdeckte der Mikrobiologe Louis Pasteur das für die Milchsäuregärung verantwortliche Bakterium. Zu dieser Zeit war Pasteur Dekan und Professor für Chemie an der naturwissenschaftlichen Fakultät in Lille. Diese Entdeckung bestätigte seine Vermutung, dass die Gärung ein von der lebenden Zelle abhängiger Prozess sei. Er entdeckte auch, dass durch das kurzzeitige Erhitzen von Lebensmitteln ein Großteil der darin enthaltenen Keime abgetötet wird. Dieses Verfahren wird daher auch Pasteurisierung genannt. Der besondere Verdienst Pasteurs für die Lebensmittelkonservierung liegt aber darin, dass er experimentell nachgewiesen hat, dass es oft ausreicht, die Lebensmittel kurzzeitig auf 70°C zu erhitzen, das heißt, das diese nicht gekocht werden müssen, um haltbar zu werden. Auf der Grundlage seiner Beobachtungen entwickelt er 1888 eine Methode zum Abtöten von Mikroorganismen durch Hitzeeinwirkung, das "Pasteurisieren".
- Über die Ursachen der Gärung befand sich Louis Pasteur lange Zeit in einem wissenschaftlichen Disput mit dem Chemiker Justus von Liebig. Liebig vertrat die Auffassung, dass eine zellfreie Gärung möglich sei, während Pasteur nur an eine Gärung im Beisein von Mikroorganismen glaubte. Die Forschung hat letzten Endes beiden Recht gegeben: Es gibt eine an Mikroorganismen gebundene Gärung, z. B. die Hefegärung von Alkohol, aber auch eine zellfreie Gärung, z. B. die Muskelgärung. Seit 1862 produzierte ein deutscher Lizenznehmer den von Liebig 1852 noch Fleischinfusum genannten und in der Folge daraus weiterentwickelten Fleischextrakt. In Uruguay wurde das Produkt in großen Mengen erzeugt und weltweit verkauft. Als beliebte Würze für Suppen und Speisen wurde der Extrakt damit zum Vorläufer der heute verbreiteten Speisewürzen wie z. B. Maggi und Knorr und kann auch heute noch in Kaufhäusern erworben werden.
- 1867 gelang es Henri Nestlé, ebenfalls auf der Basis der Muttermilch-Analysen von Justus von Liebig, ein lösliches Milchpulver herzustellen, das Säuglingen als Muttermilchersatz gegeben werden konnte: das Nestlé-Kindermehl. Die Geschäfte expandieren schnell. 1898 wurde die erste ausländische Fabrik übernommen, ein Milchpulverwerk in Norwegen. 1905 fusionierte Nestlé mit der damals deutlich größeren Anglo-Swiss Condensed Milk Company. Das Unternehmen hatte als erster Anbieter gesüßte Kondensmilch hergestellt. Der Markenname Nestlé wurde aber wegen der größeren Bekanntheit in der Bevölkerung beibehalten.
- 1867 wurde die sogenannte Erbswurst von dem Berliner Koch Johann Heinrich Grüneberg erfunden. Die Erbswurst ist eine getrocknete Suppe, welche aus Erbsenmehl, Fett, Speck und Gewürzen besteht. Im deutsch-französischen Krieg 1870/71 kauft der preußische Staat Grünbergs Erfindung und rüstet seine Soldaten mit entsprechenden Rationen aus. In Friedenszeiten wurde die Produktion 1899 von den Brüdern Knorr übernommen. Der etwas Name „Erbswurst“ leitet sich davon ab, dass die getrocknete Suppe in Wursthüllen abgepackt wurde. Zum Verzehr wird das heute noch im Handel erhältliche Instant-Pulver in Wasser gelöst und erhitzt.
- 1869 ging die Initiative zur Entwicklung der Margarine von Napoléon III. aus, der dem Chemiker Hippolyte Mège-Mouriés den Auftrag erteilte, eine Butter herzustellen, die billiger wäre als natürliche Butter, dabei aber wohlschmeckend, nahrhaft, unschädlich und dauerhaft. Das Ergebnis dieses Auftrages wurde als Oleomargarin (von lat. oleum = Öl und griech. margaros = Perlmuschel aufgrund der Farbe des Produkts) patentiert und ist Grundlage für die Entstehung eines neuen Industriezweigs geworden.
- 1871 etablierten die beiden holländischen Familien Juergens und van den Bergh die ersten Margarinefabriken (später Unilever) und begründeten so die industrielle Herstellung.
- 1876 erfand Carl von Linde die Kompressions-Kältemaschine. Diese Erfindung ist die Grundlage der modernen Kühltechnik. Die zunehmende Industrialisierung ließ den Bedarf an Lebensmitteln in den Industrieregionen stark ansteigen. In den zahlreichen neu entstehenden Kühlhäusern, die mit Lindes Maschinen betrieben wurden, hielten die Lebensmittel länger. Um den Bedarf zu decken, wurden bald darauf bereits Frachtschiffe mit Kühlräumen ausgestattet, die Frischfleisch aus z.B. aus Südamerika nach Europa brachten.
- 1878 beginnt der Deutschamerikaner Henry John Heinz damit, Ketschup industriell zu produzieren. Die pikante Sauce aus Tomaten, Essig und Zucker füllte er anschließend in sechseckige Flaschen. Angeblich vom Wettbewerbssinn und Sportsgeist seiner amerikanischen Heimat inspiriert, soll Heinz seiner Sauce einer Legende nach als Namen eine Variation des englischen "to catch up" (deutsch: einholen). Tatsächlich aber waren lange zuvor asiatische Saucenvorbilder zum Beispiel unter dem malaischen Namen kechap bekannt.
- 1886 erschien die Maggi-Würze auf dem Markt, zunächst unter anderen Bezeichnungen. Die Substanz in den markanten braunen Flaschen mit langem Hals, mit gelb-rotem Etikett und dem Markenzeichen „Kreuzstern“ („durch das Kreuz zum Erfolg“) wurde schnell zum Synonym für alle derartigen Würzsoßen und zum bekanntesten Produkt der Firma. Form und Farben der Ausstattung hatte Julius Maggi selbst vorgeschrieben. Zusammenhänge mit dem ursprünglichen Kerngeschäft Mehl und Mühlen gab es hier nicht mehr, die Würze war eine Erfindung aus dem Labor. Sie war geeignet - und vermutlich auch dafür entwickelt worden - die mäßig wohlschmeckenden Maggi-Leguminosen schmackhafter zu machen, galt als Lösung für das weit verbreitete Problem der „schwachen Suppen“ (ohne ausreichende Mengen von Fleisch oder Gemüse) und stand bald als Würzmittel für viele unterschiedliche Speisen in zahllosen Haushalten. Die Maggi-Würze wurde zu einem der ersten Markenartikel.
- 1891 brachte der Bielefelder Apotheker August Oetker sein Backpulver "Backin" in kleinen Tüten zu 20 Gramm auf den Markt. Erstmals beschrieben wurde die Wirkung zuvor bereits von Justus Liebig. In Amerika war zuvor bereits ein solches Pulver allerdings in 250-Gramm-Dosen mit geringerem Erfolg an Bäckereien verkauft worden. Dr. Oetkers Backpulver wurde von besonderen Marketing-Ideen begleitet. Er warb für sein Produkt, in dem er auf den Verpackungen und in Anzeigen solche Rezepte veröffentlichte, die als eine wichtige Zutat sein Backpulver beinhalteten.
- 1892 wird in Deutschland ein Patent auf die Konservierungstechnik des Einmachens erteilt. 1858 entwickelt der der Amerikaner John Landis Mason in den USA das Einmachen als Konservierungsmethode. Bereits um 1700 hatte der französische Physiker Denis Papin das Prinzip entdeckt, aber nicht weiter entwickelt. In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts entwickelte in Deutschland der Gelsenkirchener Chemiker Rudolf Rempel Gläser, deren Ränder glattgeschliffen waren und die mit Gummiringen und Blechdeckeln verschlossen wurden. Er konstruierte auch Apparate, um sie während des Einkochens geschlossen zu halten. Diese Erfindung ließ er sich 1892 patentieren. Zu seinen ersten Kunden gehörte Johann Weck, der nach Rempels Tod 1895 das Patent und das Alleinverkaufsrecht an seinen Gläsern und Geräten erwarb. Mit dem Kaufmann Georg van Eyck gründete er 1900 in Öflingen die Firma J. Weck u. Co. Dadurch wurde in Deutschland der Begriff Einwecken geprägt.
- 1897 gründeten die Kellogg-Brüder die Sanitas Food Company um ihre Getreidepflocken zu produzieren. Mit seinem Bruder propagierte Will Keith Kellogg das Essen von Getreide, insbesondere Cornflakes, als gesundes Frühstück. Das Standardfrühstück zu dieser Zeit waren Eier und Fleisch, was vor allem in wohlhabenden Haushalten gegessen wurde. Ärmere Haushalte aßen Porridge Mehl, Haferschleim und anderes gekochtes Getreide. John und Will Kellogg stritten sich schließlich über die Beigabe von Zucker zu den Cornflakes. 1906 gründete Will die Battle Creek Toasted Corn Flake Company aus der später die Kellogg Company wurde.
- 1900: Um die Jahrhundertwende entdeckte die Lebensmittelindustrie die vielseitigen Verwendungsmöglichkeiten des Extruders. Extruder sind Fördergeräte, die nach dem Funktionsprinzip der Archimedischen Schraube feste bis dickflüssige Massen unter hohem Druck und hoher Temperatur gleichmäßig aus einer formgebenden Öffnung herauspressen. Dieses Verfahren wird als Extrusion bezeichnet. Es spielt in der Lebensmittelverarbeitung bis heute eine wichtige Rolle. Extruder wurden schon vor 1900 für die Kautschukindustrie eingesetzt.
- 1900 wurde der Homogenisator erfunden. Er zerteilt die Fettröpchen sehr fein. Durch Homogenisierung rahmt Milch nicht mehr auf. Dafür sorgen Fett/Casein-Komplexe.
- 1902 entwickelte Wilhem Normann ein Verfahren zur Härtung von Ölen. Das Patent trägt den Titel "Verfahren zur Umwandlung ungesättigter Fettsäuren oder deren Glyceride in gesättigte Verbindungen"
- 1913 wurde die Bezeichnung Vitamin erstmals von Casimir Funk als Bezeichnung für lebenswichtige, vom Menschen und vielen Tieren nicht selbst synthetisierbare Stoffe eingeführt. Der Begriff leitet sich aus Vita=Leben und Amin= Stickstoffverbindung ab. Man ging damals davon aus, dass alle Vitamine auch Stickstoffverbindungen enthielten.
- 1921 wurde der Gummibär von dem Bonner Unternehmer Hans Riegel erfunden. Seine Firma Haribo brachte ihn 1922 unter dem Namen Tanzbär das erste Mal auf den Markt. Später erhielten sie den Namen Goldbären.
- 1923 entsteht die erste Demonstrationsanlage zum Tiefgefrieren von Lebensmitteln. 1929 wurden die ersten Tiefkühl-Produkte für Endverbraucher produziert. Der Amerikaner Clarence Birdseye entwickelte dazu den Doppel-Band-Froster. Clarence Birdseye hatte als Fischereibiologe zwischen 1915 und 1922 in Labrador Eskimos beobachtet, die in arktischen Temperaturen auf natürliche Weise gefrorene Fische nach Wochen oder Monaten auftauten, um sie wie frische Fische zu essen. Mit einer Investition von 7 Dollar hatte Birdseye 1923 die erste Demonstrationsanlage gebaut. 1929 kauften ihm The Goldman-Sachs Trading Corporation und The Postum Company (später General Foods Corporation) das Patent und die Markenrechte für 22 Mio. Dollar ab. Ab 1930 werden in amerikanischen Supermärkten Tiefkühlprodukte angeboten.
- 1929 brachte die Firma Teekanne ihre ersten Aufgussbeutel aus geschmacksneutralem Spezialpergamentpapier auf den Markt, und vermarktete auch die von Mitarbeiter Adolf Rambold für die von ihm entwickelten Teebeutel eigens entwickelte Teebeutelpackmaschine.
Struktur und Entwicklung der Lebensmittelindustrie
In Deutschland haben sich wichtige Firmen und Organisationen der Lebensmittelindustrie in der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie (BVE) organisiert. Nach Angaben dieses Verbandes sind in Deutschland rund 5.900 Unternehmen mit über einer halben Mio. Beschäftigten in der Lebensmittelindustrie tätig. Der Umsatz betrug im Jahr 2005 rund 134 Mrd. Euro, davon 22 Prozent für den Export.
In der Schweiz haben sich die Firmen der Lebensmittelindustrie in der Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien (fial) organisiert. Die Nahrungsmittelindustrie in der Schweiz besteht aus etwa 200 Unternehmen, die in 250 Produktionsbetrieben etwa 33.000 Menschen beschäftigen. Der Gesamtumsatz von 13 Milliarden Schweizer Franken (ca. 8.5 Milliarden Euro) teilt sich auf in 2 Milliarden Franken Exporte und 11 Milliarden Inlandverkäufe.
In Österreich werden von der Wirtschaftskammer Österreich rund 240 Betriebe angegeben, die der Lebensmittelindustrie zuzurechnen sind. Etwa 28.000 Beschäftigte erwirtschaften einen Umsatz von etwa 6,4 Milliarden Euro. Die Exportquote liegt bei 59 Prozent. Wichtigster Handelspartner ist Deutschland.
Auf europäischer Ebene wird die Lebensmittelindustrie u. a. durch den Europäischen Verband der Lebensmittelindustrie (CIAA) vertreten.
Zu den Teilbranchen der Ernährungsindustrie gehören in absteigender Reihenfolge ihrer Umsatzanteile am Gesamtumsatz (in Deutschland):
- Fleisch (21%)
- Milch (16%)
- alkoholische Getränke (9,6%)
- Süßwaren und Dauerbackwaren (9,2%)
- Backwaren (8,0%)
- Obst und Gemüse (5,9%)
- Mineralwasser und Erfrischungsgetränke (4,6%)
- Öle und Fette (3,5%)
- Mühlen, Stärke (3,2%)
- Kaffee und Tee (3,2%)
- Würzen und Soßen (3,0%)
- Zucker (2,5%)
Die deutsche Ernährungsbranche ist trotz der Präsenz zum Teil sehr großer internationaler Branchenunternehmen durch einen sehr hohen Anteil an mittelständischen Unternehmen geprägt. Ihr gegenüber steht ein hoch konzentrierter Lebensmitteleinzelhandel als beherrschendes Glied der Food-Value-Chain, der inzwischen die nationalen Grenzen übersprungen hat und global denkt und handelt. Die Unternehmenskonzentration in der Ernährungsindustrie ist bisher noch relativ gering. Die Top 10 der Branche vereinen lediglich 13,7 % des Umsatzes auf sich. Der hohe Kostendruck zwingt aber auch in der Ernährungsindustrie immer mehr Unternehmen zu Fusionen, Akquisitionen und Unternehmensverkäufen, um Synergieeffekte und Rationalisierungspotenziale zu heben. Insbesondere in den Bereichen Fleisch und Backwaren kann ein deutlicher Trend zu größeren Einheiten in den nächsten Jahren erwartet werden.
Die Struktur der Ernährungsindustrie nach Größenklassen:
Größenklassen in Mio. € Unternehmensgröße |
< 2 | 2-5 | 5-10 | 10-20 | 20-50 | > 50 | Anzahl Unternehmen | Durchschnitts-Umsatz in Mio. € |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Fleisch | 352 | 324 | 149 | 135 | 111 | 92 | 1.163 | 17,5 |
Fisch | 10 | 16 | 11 | 11 | 11 | 10 | 69 | 28 |
Obst und Gemüse | 24 | 48 | 47 | 30 | 43 | 31 | 223 | 30,2 |
Milch | 1 | 6 | 12 | 20 | 53 | 92 | 184 | 109,4 |
Getreide, Reis und Teigwaren | 1 | 14 | 24 | 19 | 35 | 15 | 108 | 35 |
Feinkosterzeugnisse | 2 | 10 | 8 | 10 | 8 | 11 | 49 | 108,6 |
Backwaren | 1.231 | 631 | 215 | 84 | 68 | 34 | 2.263 | 5,6 |
Öle und Fette | 1 | 1 | 2 | 4 | 1 | 16 | 25 | 187,1 |
Süßwaren | 11 | 21 | 17 | 28 | 30 | 24 | 131 | 48,6 |
Alkoholische Getränke | 10 | 29 | 34 | 25 | 28 | 32 | 158 | 47,3 |
Brauwirtschaft | 19 | 119 | 79 | 46 | 40 | 41 | 344 | 26,8 |
Andere Alkoholika | 0 | 23 | 18 | 16 | 19 | 18 | 94 | 44 |
Andere | 9 | 39 | 43 | 45 | 72 | 61 | 269 | 61,7 |
Summen | 1.671 | 1.281 | 659 | 473 | 519 | 477 | 5.080 | 24,7 |
Daten für 2003/2004 (Deutschland). Je nach statistischer Quelle schwankt die Zahl der Unternehmen zwischen 5.000 und knapp 6.000 Unternehmen. Die Unschärfe zeigt insbesondere in den Bereichen Fleisch und Backwaren die strukturelle Nähe von kleineren Industrie-Unternehmen und größeren Unternehmen des Ernährungshandwerks.
Größte Lieferanten des Lebensmitteleinzelhandels
Unter den größten Lieferanten des Lebensmitteleinzelhandels finden sich analog zu den Warengruppen des Lebensmitteleinzelhandels außer Nahrungsmittelproduzenten auch einige Kosmetik-, Reinigungsmittel- und Zigarettenhersteller. Auffällig ist, dass auch in einem vergleichsweise großen Binnenmarkt wie Deutschland unter den den Top-10 Lieferanten mit Dr. Oetker nur noch ein Unternehmen deutschen Ursprungs und im Besitz deutscher Eigentümer ist. Dies unterstreicht den vorherrschenden Trend zu größeren international agierenden und auch eigentumsrechtlich vernetzten Unternehmenseinheiten.
Rang | Hersteller | Umsatz Deutschland in Mio. € |
Gesamt-Umsatz in Mio. € |
---|---|---|---|
1 | Philip Morris GmbH 1) | 6767 | 6767 |
2 | British American Tobacco GmbH 1) | 5103 | 5103 |
3 | Tchibo Holding AG 2) | 4356 | 8788 |
4 | Reemtsma Cigarettenfabriken GmbH (Imperial) 1) | 3947 | 3947 |
5 | Nestlé Gruppe Deutschland | 3767 | 3767 |
6 | Vion N.V. 3) | 3300* | 6600 |
7 | Dr. August Oetker KG 4) | 2721 | 7029 |
8 | Procter & Gamble GmbH | 2600* | 6400* 5) |
9 | Unilever Deutschland GmbH** | 2500* | 2500* |
10 | Coca-Cola Organisation | 2200* | 2200* |
11 | Henkel KGaA | 2160* | 11974 |
12 | Cobana Fruchtring GmbH & Co. KG | 2050* | 2284 |
13 | Kraft Foods Deutschland GmbH | 1800* | 1800* |
14 | InBev Deutschland GmbH | 1700* | 1700* |
15 | B+C Tönnies GmbH & Co KG | 1630* | 2500* |
16 | Nordmilch Konzern | 1525* | 2070 |
17 | Humana Milchunion e.G. 6) | 1500* | 1900 |
18 | Masterfoods GmbH | 1500* | 1500* |
19 | Atlanta AG | 1500* | 1500* |
20 | Ferrero oHG mbH | 1400* | 1400* |
21 | Theo Müller GmbH & Co KG | 1300* | 2100 |
22 | Pfeifer & Langen KG 7) | 1290* | 2160* |
23 | SCA Hygiene Products AG | 1290 | 1290 |
24 | Südzucker-Gruppe | 1284 | 5347 |
25 | Westfleisch-Gruppe | 1230* | 1599 |
26 | Kamps AG | 1090* | 1210 |
27 | Campina GmbH & Co. KG | 1080 | 1080 |
28 | Heristo AG | 1050* | 1227 |
29 | Japan Tobacco International Germany GmbH 1) | 1030 | 1030 |
30 | PHW-Gruppe (Wiesenhof) | 1010* | 1260 |
31 | Landgard eG | 960* | 1005 |
32 | Bitburger Getränke Gruppe | 950 | 950 |
33 | L'Oréal Deutschland GmbH | 895 | 895 |
34 | Stute Nahrungsmittelwerke GmbH & Co.KG | 850* | 850* |
35 | Hochwald Nahrungsmittel-Werke GmbH | 770* | 1020 |
36 | August Storck KG | 750* | 1200* |
37 | Zur Mühlen Gruppe | 730 | k.A. |
38 | Karlsberg Brauerei GmbH** | 690 | 690 |
39 | Krüger GmbH & Co.KG | 630* | 1359 |
40 | Melitta Unternehmensgruppe Bentz KG | 610* | 1113 |
41 | Bayernland eG | 604 | 737 |
42 | Brau Holding International AG** (Joint Venture Schörghuber Unternehmensgruppe/Heineken N.V.) | 570 | 705 |
43 | Krombacher Brauerei Bernhard Schadeberg GmbH & Co. KG** | 526 | 526 |
44 | Warsteiner Brauerei Haus Cramer KG** | 510 | 510 |
45 | Haribo GmbH & Co. KG | 500* | 1400* |
46 | Ehrmann AG | 484 | 620 |
47 | Harry-Brot GmbH | 470* | 489 |
48 | D&S Fleisch GmbH | 470 | 470 |
49 | Eckes AG 8) | 460* | 960 |
50 | Hochland AG | 412 | 787 |
Alle Daten für 2005/2006, Anmerkungen: 1) inkl. Tabaksteuer, 2) inkl. Beiersdorf, 3) inkl. Südfleisch, 4) inkl. Freiberger Brauhaus bei Radeberger, inkl. Sektsteuer bei Henkell & Söhnlein, 5) inkl. Wella (Welt) und Gilette (D), 6) konsolidierter Gesamtumsatz, 7) inkl. Nut Company und Intersnack, 8) inkl. Branntwein- bzw. Sektsteuer, * geschätzt, ** inkl. Export
Quelle: Lebensmittelzeitung (http://www.lz-net.de)
Tarifparteien in der Lebensmittelindustrie
Gewerkschaft NGG
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten vertritt die Interessen der Beschäftigten unter anderem aus den Branchen Backgewerbe, Fleisch und Fisch, Getränke, Hotel- und Gastgewerbe, Milch, Süßwaren, Obst und Gemüse, Zucker und Tabak. Die Gewerkschaft NGG blickt auf längste Tradition aller deutscher Gewerkschaften zurück, weil eine ihrer Vorläuferorganisationen der 1865 in Leipzig gegründete Allgemeine Deutsche Cigarrenarbeiter-Verein ist. Dieser gilt, u. a. wegen seiner zentralen Struktur, als organisatorisches Vorbild für die Gewerkschaften in Deutschland. Auf Arbeitgeberseite stehen ihr zumeist diverse Mitgliedsverbände der Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuß als Tarifpartner gegenüber.
Arbeitgebervereinigung ANG
Die Arbeitgebervereinigung Nahrung und Genuß e.V. ( ANG ) ist eine sozialpolitische Spitzenorganisation der Ernährungsindustrie. Die ANG selbst ist kein direkter Tarifpartner der Gewerkschaften. Die Tarifautonomie liegt ausschließlich bei den Mitgliedsverbänden. Anders als in den meisten industriellen Branchen werden jedes Jahr hunderte von Tarifverträgen in den einzelnen Regionen und Sektoren von diversen Arbeitgeberverbänden abgeschlossen. Dabei steht den Arbeitgebern als Tarifpartner zumeist die traditionsreiche Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) gegenüber. Das Selbstverständnis der ANG ist es, die differenzierte Tarifpolitik auf Arbeitgeberseite zu koordinieren.
Kritik
Kritiker der Lebensmittelindustrie verfolgen neben allgemeinen industriekritischen oder kapitalismuskritischen Zielen auch einige, die spezifisch mit dem Thema Lebensmittel und der Lebensmittelproduktion verknüpft sind. Entlang aller Zieldimensionen haben sich Nicht-Regierungs-Organisationen gebildet, die die Stärkung der von ihr vertretenen Schutzgüter politisch einfordern. Viele der Schutzkategorien haben Eingang in staatliche Regulierungen gefunden, allerdings in unterschiedlichem Ausmaß. Zu den wichtigsten Schutzkategorien gehören:
- Tierschutz: Der größte und wirtschaftlich wichtigste Teil der Lebensmittelindustrie befasst sich mit der Verarbeitung tierischer Produkte. Die in der Food-Value-Chain der Lebensmittelproduktion vorgelagerte Tierhaltung steht häufig in der Kritik, in besonderem Maße in Bezug auf Haltungsbedingungen in der Legehennenhaltung, bei Mastgeflügel und Mastschweinen. Vertreter ist z.B. der Tierschutzverband.
- Umwelt und Naturschutz: Eng mit dem Thema Tierschutz verknüpft, zielt diese Motivlage auf die Schonung und den Erhalt begrenzter natürlicher Ressourcen allgemein, z.B. auf die Vermeidung langer Transportwege oder die Vermeidung von Einwegverpackungen. Dazu gehört letztlich auch die Kritik am Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft, da dadurch andere Arten bedroht werden. Vertreter sind z.B. diverse Umweltschutzorganisationen.
- Gesundheitlicher Verbraucherschutz: Diese Motivation zielt auf den Schutz vor Gesundheitsbedrohungen durch den übermäßigen alltäglichen Genuss von Zucker, Fett, Salz etc. ebenso wie auf den Schutz vor Lebensmittelskandalen. Das betrifft sowohl Hygiene als auch Fragen von erlaubten und verbotenen Zutaten der Lebensmittel und ihrer Vorprodukte (z.B. eingesetztes Futter, Tiermedikamente, Pflanzenschutzmittel). Vertreter sind z.B. Foodwatch.
- Wirtschaftlicher Verbraucherschutz: Dabei geht es um die Abwehr von wirtschaftlichem Schaden vom Verbraucher, zum Beispiel durch die Vermeidung von Täuschung über Inhaltsstoffe und Gewicht oder eingehaltene Normen/Güteklassen oder Vorschriften. Wirtschaftlicher Verbraucherschutz hat insofern immer auch eine wettbewerbsrechtliche Dimension, als er den Unternehmen ein Agieren zu überwachten Marktregeln erlaubt. Vertreter sind z.B. die Verbraucherverbände.
- Schutz vor unfairen Globalisierungsfolgen: Gegen Benachteiligung von Erzeugern in Entwicklungsländern gegenüber stärkeren Handelspartnern in den Industrieländern setzten sich entsprechend orientierte Schutz-Organisationen ein. Zum Teil werden Gütesiegel entwickelt um positive Beispiele als Vorbilder kenntlich machen zu können. In diese Kategorie fallen letztlich auch alle anderen Schutzinteressen, die sich auf unfaire Globalisierungsfolgen beziehen, wie z.B. Sozialstandards, Kinderarbeit etc. Vertreter ist z.B. Transfair.
- Schließlich gibt es noch als Sonderfall das Schutzgut "Geschmack". Als Gegenbewegung zu einer immer stärker industriell geprägten Konsumkultur finden Vereine und Organisationen starken Zuspruch, die sich mit der Entdeckung des Genusses nicht industriell erzeugter Lebensmittel beschäftigen. Anders als in den übrigen Schutzkategorien findet naturgemäß über den Geschmack keine politische Auseinandersetzung statt. Vertreter sind z.B. Vereine wie Slowfood.
Einzelnachweise
- ↑ information.medien.agrar e.V.: Agrarlexikon (Ernährungswirtschaft), Bonn. o.J.
- ↑ Otto Strecker et. al.: Marketing in der Agrar- und Ernährungswirtschaft, Frankfurt, 1996
- ↑ Heinz Ulrich Thimm und Michael Besch: Die Nahrungswirtschaft, Hamburg, 1971
- ↑ Food Industry: in der englischen Wikipedia
Siehe auch
Weblinks
Verbände
- Confederation of the Food and Drink Industries in the EU (CIAA)
- Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e. V. (BVE)
- Fachverband Lebensmittel (Österreich)
- Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien
- Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) - Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft
- Gesellschaft deutscher Lebensmitteltechnologen (GDL)