Mechanische Geduldspiele
Mechanische Geduldspiele oder Knobelspiele sind Spiele, in denen die Lösung des Problems durch Manipulation der Teile des Spiels erfolgt. Das Spiel muss also physikalisch existieren.
Der englische Begriff für Knobeleien aller Art ist Puzzle. Deshalb wird dieser Begriff innerhalb dieses Artikels als Synonym für Knobelspiel verwendet.
Kategorien
Bei den mechanischen Knobelspielen hat sich folgende Kategorisierung eingebürgert. Die Überschriften enthalten immer auch das dazugehörende englische Wort.
Zusammensetz-Puzzles (Assembly)
In dieser Kategorie liegt das Spiel in Einzelteilen vor und es muss eine Zielform erzeugt werden. Zu diesen Spielen gehören der Somawürfel von Piet Hein und die Pentominos von Solomon Golomb, außerdem Probleme, bei denen eine Anzahl Teile in eine (meist viel zu klein erscheinende) Kiste geräumt werden müssen, schließlich auch die Gruppe der Legepuzzles mit Tangram und allen anderen Legespielen von Anker Spiele.
Das Bild zeigt eine Variante des Pack-Problems von Dean Hoffman. Packe 27 Quader mit den Seitenlängen A, B und C in eine Box mit der Seitenlänge A+B+C, wobei folgende zwei Bedingungen gelten müssen: A, B und C müssen unterschiedlich sein und die kleinste Dimension muss größer als sein. Eine mögliche Variante für A, B und C sind 18, 20, 22. Die Box muss dann Innenmaße von 60x60x60 haben.
Auseinandernehm-Puzzles (Disassembly)
Puzzles in dieser Kategorie sollen normalerweise geöffnet oder in mehrere Teile zerlegt werden. Zu dieser Sorte gehören die Kästchen mit geheimen Verschlussmechanismen, die der Knobelnde durch Probieren öffnen muss. Außerdem gehören in diese Kategorie auch Metallspiele, bei denen mehrere Teile ineinander verhakelt sind.
Die zwei im Bild gezeigten Spiele sind besonders gut für den Kaffeetisch geeignet, da sie dem Spieler vorgaukeln, dass es doch ganz einfach sein müsse sie zu zerlegen. Viele Menschen bekommen sie aber gar nicht auseinander.
Verzahnende Puzzles (Interlocking)
Diese Kategorie umfasst die bekannten chinesichen Holzknoten. Die Aufgabe besteht darin, das Spiel zu zerlegen und dann wieder zusammenzusetzen.
Beide Aktionen können kompliziert sein. Im Gegensatz zu den Zusammensetz-Puzzles haben verzahnende Puzzles die Eigenschaft, nicht einfach auseinanderzufallen.
Der Schwierigkeitsgrad dieser Puzzles wird angegeben als Anzahl von Zügen, die notwendig sind, um beim Auseinandernehmen das erste Teil aus dem Puzzle zu entfernen.
Das Bild zeigt den bekanntesten Vertreter dieser Kategorie, den chinesischen Holzknoten. Diese Version, von Bill Cuttler entworfen, benötigt 5 Bewegungen, bevor das erste Teil entfernt werden kann.
Entwirr-Puzzles (Disentanglement)
Die Aufgabe hier ist, eine Metallschlaufe oder eine Fadenschlinge von einem Gegenstand zu lösen. Topologie spielt eine große Rolle bei diesen Spielen.
Das Bild zeigt einen einfachen Vertreter dieser Kategorie, der noch durch Zufall gelöst werden kann. Die chinesischen Ringe gehören auch zu den Entwirr- Puzzles. Zu den chinesischen Ringen gibt es die Geschichte, dass im Mittelalter Ritter ihren Frauen dieses Spiel geschenkt haben, damit denen die Zeit nicht lang wurde, während ihr Mann unterwegs war.
Faltpuzzles (Folding)
Bei diesen Puzzles muss ein Stück Papier mit Aufdrucken so gefaltet werden, dass ein bestimmes Zielbild erreicht wird.
Puzzle-Schlösser (Puzzle Lock)
Hierbei handelt es sich um Schlösser (oft in Form eines Vorhängeschlosses), die einen außergewöhnlichen Verschlussmechanismus haben. Aufgabe ist das Öffnen des Schlosses. Bei manchen Schlössern ist es dann aber schwieriger, den Ursprungszustand wieder herzustellen.
Verwirrende Gefäße (Puzzle Vessels)
Hierbei handelt es sich um Gefäße mit Tücken. Die Aufgabe besteht darin, aus dem Gefäß zu trinken oder einzuschenken, ohne die Flüssigkeit zu verschütten.
Unmögliche Objekte (Impossible Objects)
Unmögliche Objekte sind Gegenstände, die auf den ersten Blick so aussehen, als ob sie eigentlich nicht möglich sind. Der bekannteste Vertreter ist das Schiff in der Flasche. Die Aufgabe ist, herauszufinden, wie man diese Gegenstände baut.
Spiele mit Bewegungsfolgen (Sequential Movement)

Spiele dieser Kategorie erfordern die wiederholte Manipulation des Puzzles, um das Spiel in einen ganz bestimmten Zustand zu bringen. Bekannte Vertreter ist der Zauberwürfel und die Türme von Hanoi.
Zu dieser Kategorie gehören auch alle Schiebepuzzles, bei denen ein oder mehrere Steine an eine bestimmte Stelle geschoben werden sollen. Der bekannteste Vertreter ist das 14/15-Puzzle von Samuel Loyd. Spiele wie Rushhour oder Sokoban gehören auch zu den Schiebespielen.
Das Bild zeigt einen anderen, weniger bekannten Vertreter dieser Gattung von Knobelspielen. Das Spiel ist auch noch so einfach, dass man es mit ein wenig Probieren und ein paar Notizen lösen kann. Im Gegensatz zum Rubikwürfel, der eigentlich schon zu schwer ist, um mit Probieren eine Lösung zu finden.
Geschicklichkeitsspiele (Dexterity)
Diese Kategorie umfasst eigentlich keine Knobelspiele, da hier mehr die Geschicklichkeit und Ausdauer gefragt sind. Ziel ist es oft, kleine Kugeln durch vorsichtiges Kippen einer Schachtel mit transparentem Deckel in ein Loch zu manövrieren.
Geschichte
Das älteste bekannte mechanische Knobelspiel stammt aus Griechenland. Es erschien im 3. Jahrhundert v. Chr. Bei dem Spiel handelt es sich um eine Zerlegung eines Quadrates in 14 Teile. Die Aufgabe bestand darin, aus diesen Teilen verschiedene Formen zu legen.
Die nächsten bekannten Spiele stammen aus Japan. Ein Buch aus dem Jahr 1742 erwähnt ein Spiel namens "Sei Shona-gon Chie No-Ita". Um 1800 schließlich wurde das Tangram Puzzle in China populär. 20 Jahre später hatte es sich in Europa und Amerika ausgebreitet.
Die Firma Richter aus Rudolstadt produzierte ab 1882 große Mengen an tangram- ähnlichen Spielen verschiedenster Form.
Auch sonst war die Wende zum 20. Jahrhundert eine Zeit, in der Knobelspiele groß in Mode waren. Erste Patente auf Puzzle-Designs wurden angemeldet.
Mit der Erfindung von billig formbaren Materialien, wie Plastik, wurde die Tür zu weiteren Möglichkeiten geöffnet. Das weltweit wohl bekannteste und erfolgreichste Knobelspiel ist der Zauberwürfel.
Sammlung
Die größte bekannte Sammlung mechanischer Puzzles befindes sich in privater Hand in England und umfasst ca. 50000 Spiele. Sie ist das Ergebnis von über 100 Jahren Sammelei von 7 Personen. Sie enthält neben modernen Entwürfen eine Vielzahl von Spielen vom Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts.
Literatur
- Jerry Slocum und Jack Botermans: Puzzles Old And New - How to make and solve them ISBN 1-85336-018-X (englisch)
- Stewart Coffin: Bücher (diese Bücher sind online erhältlich auf John Rauschs Web-Seite)
- Edward Hordern: Sliding Piece Puzzles (Recreations in Mathematics, No 4), Clarendon Press 1987 - ISBN 0-19853-204-0 (dieses Buch ist die Referenz für Schiebepuzzles, leider ist es ausverkauft und nur extrem schlecht zu erhalten).
- Sophus Tromholt: Streichholzspiele, Hugendubel Verlag, ISBN 3-88034-298-9
- Rüdiger Thiele und Konrad Haase: Teufelsspiele, Urania Verlag, ISBN 3-332-00116-7
- Pieter van Delft und Jack Botermans: Denkspiele der Welt, Hugendubel Verlag, ISBN 3-88034-087-0
Weblinks
Diese Seite enthält neben eine gut bebilderten Vorstellung der Sammlung auch eine Seite mit Java-Applets von Schiebepuzzles. Außerdem sind auch die Bücher von Stewart Coffin, einem der wichtigsten Puzzle-Designer erhältlich.