Zum Inhalt springen

Arbeitslosengeld II

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 15. Oktober 2004 um 14:04 Uhr durch Buecherfresser (Diskussion | Beiträge) (Leistungshöhe: präzisiert). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Das Arbeitslosengeld II (ALG II) ist eine neue Sozialleistung im Rahmen der "Grundsicherung für Arbeitsuchende" in Deutschland, die zum 1. Januar 2005 die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe bei erwerbsfähigen Beziehern ablösen wird. Die Einführung ist am 9. Juli 2004 vom Bundesrat abschließend beschlossen worden. Nach dem Grundsatz "Fördern und Fordern" soll der Hilfeempfänger bei der Arbeitssuche stärker unterstützt, zugleich aber auch zu verstärkten eigenen Bemühungen gezwungen werden.

Das bisherige Arbeitslosengeld wird als Arbeitslosengeld I mit einer verkürzten Bezugsdauer von mindestens acht (ab 16 Monaten Beitragszahlung) und maximal 18 Monaten (ab 36 Monaten Beitragszahlung) fortbestehen.

Leistungshöhe

Das Arbeitslosengeld II richtet sich, anders als die vormalige Arbeitslosenhilfe, nicht nach dem letzten Nettolohn, sondern am Bedarf des Empfängers aus. Im Kern wurden die Regeln der bisherigen Sozialhilfe auf Arbeitslosenhilfeempfänger ausgedehnt. Auch die Höhe entspricht in etwa der heutigen Sozialhilfe, jedoch mit stärkerer Pauschalierung bisher auf Antrag gezahlter einmaliger Leistungen (z. B. für Hausrat oder Bekleidung).

Zusätzlich werden angemessene Wohnungs- und Heizkosten erstattet; als "angemessene Wohnungsgröße" gilt eine Fläche von ca. 45 bis 50 m² (eine Person), 60 m² (zwei Personen) bzw. 75 m² (drei Personen); für jedes weitere Familienmitglied werden ca. 10 m² zugebilligt. Der Abschluss eines neuen Mietvertrags muss durch die Kommune genehmigt werden. Als Obergrenze für die Fläche eines Wohnhauses gelten 130 m²; ob ein Haus verkauft werden muss, wird von dem erzielbaren Verkaufspreis abhängig gemacht; die Behörden können jedoch fordern, dass abtrennbare Räume vermietet oder verkauft werden. Die Grenzen sind fließend und nicht im Gesetz festgelegt, woraus sich ein Ermessensspielraum ergibt. Strom- und Warmwasserkosten muss der ALG-II-Empfänger selbst tragen.

Die monatliche Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts liegt für Alleinstehende oder Alleinerziehende bei 345 Euro (West) und 331 Euro (Ost). Partner erhalten jeweils 90 % dieser Regelleistung (311 Euro West/298 Euro Ost). Für Kinder gibt es pauschalierte Zuschläge: 207 Euro West (199 Euro Ost) für Kinder bis 14 Jahre, 276 Euro West (265 Euro Ost) für Kinder bis 18 Jahre. Alleinerziehende erhalten zusätzlich einen Mehrbedarfszuschlag von 138 Euro West (132 Euro Ost).

Für Bezieher bisheriger Arbeitslosenhilfe wird die Einführung des Arbeitslosengeldes II in vielen Fällen eine Senkung oder gar Streichung ihrer bisher bezogenen Leistungen bedeuten, da das Einkommen und Vermögen von Familienangehörigen, insbesondere Ehepartnern oder Lebensgefährten, weit stärker berücksichtigt wird als bei der Arbeitslosenhilfe.

Ein angemessener Pkw und ein angemessenes Eigenheim bleiben unberücksichtigt. Sonstiges Vermögen über einen Grundfreibetrag von 200 Euro je vollendetem Lebensjahr hinaus (mindestens 4.100 Euro, maximal 13.000 Euro) muss aber erst verbraucht werden, bevor Arbeitslosengeld II gezahlt wird. Lediglich für Hilfebezieher, die vor dem 1. Januar 1948 geboren sind, gilt ein höherer Freibetrag von 520 Euro je vollendetem Lebensjahr.

Bei Vermögen, das der Altersvorsorge dient und bis dahin fest angelegt ist (z. B. Riester-Rente), ist ein weiterer Betrag in Höhe von 200 Euro je vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners anrechnungsfrei. Lebensversicherungen müssen ab einem Betrag von 13.000 Euro aufgelöst und verbraucht werden.

Zusätzlich soll stärker als bisher die Vermittlung in Beschäftigung im Vordergrund stehen. Zu diesem Zweck sollen so genannte Fallmanager bei den Arbeitsagenturen ausgebildet werden, die gemeinsam mit den Arbeitslosen Strategien für die Rückkehr in Beschäftigung finden sollen. Zudem sollen verstärkt Tätigkeiten im gemeinnützigen Bereich angeboten werden. Die Arbeitslosen erhalten dort nur einen sehr geringen Lohn (ein bis zwei Euro pro Stunde), der aber durch das Arbeitslosengeld II aufgestockt wird, so dass sich ein monatliches Nettogehalt von rund 800 bis 1.000 Euro ergibt.

Die Zuverdienstkonditionen (Nebeneinkommen) werden im Ergebnis wesentlich verschlechtert, da Arbeitslosengeld-II-Bezieher nur noch 15 Prozent - 30 Prozent des Zuverdienstes anrechnungsfrei behalten dürfen. Bisher waren bei Arbeitslosengeld- bzw. Arbeitslosenhilfebeziehern mindestens 165,- Euro oder ein Verdienst in Höhe von 20 % der monatlichen Regelleistung anrechnungsfrei.

Zuständigkeiten

Träger des Arbeitslosengeldes II ist grundsätzlich der Bund und nicht – wie bei der Sozialhilfe – die Kommune. Die Kommunen müssen jedoch die Unterkunftskosten gegenfinanzieren.

Das Arbeitslosengeld II soll nach dem Willen der Bundesregierung von so genannten Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Arbeitsagenturen und der Sozialhilfeträger (Städte, Landkreise) bewilligt und bearbeitet werden. Solche Arbeitsgemeinschaften müssen jedoch zuvor vor Ort gegründet werden, was bisher kaum geschehen ist (hauptsächlich in großen Städten). Es ist jedoch mit der Gründung weiterer Arbeitsgemeinschaften zu rechnen und es werden auch solche vorbereitet.

Alternativ hierzu können nach dem Gesetz Kommunen auch selbst das Arbeitslosengeld II bewilligen ("Optionsmodell") oder Lebensunterhalt und Unterkunftskosten getrennt von Agentur für Arbeit und Kommune bewilligt werden, was jedoch für alle Beteiligten der umständlichste Weg ist (Parallelbearbeitung, Zuständigkeit nach Gesetz) und den ursprünglich geplanten Vorteil der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zunichte macht.

Rechtsgrundlage

Alle Regelungen zum Arbeitslosengeld II sind im Sozialgesetzbuch – Zweites Buch – (SGB II) festgelegt. Bestimmte Vorschriften wie etwa die Regelungen zur Bestimmung der Träger und der von ihnen zu erbringenden Leistungen sind bereits in Kraft; die wesentlichen – für die Betroffenen maßgeblichen – Teile gelten ab dem 1. Januar 2005.

Nach § 7 SGB II ist jede erwerbsfähige, hilfebedürftige Person zwischen 15 und unter 65 Jahren nach Ablauf der Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld I anspruchsberechtigt für das Arbeitslosengeld II. Als erwerbsfähig gilt, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung außerstande ist, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Als hilfebedürftig gilt, wer nicht in der Lage ist, seinen Bedarf aus eigenem Einkommen oder Vermögen selbst zu decken.

Unterschiede zum bisherigen Recht sind die verschärfte Bedürftigkeitsüberprüfung im Vergleich zur Arbeitslosenhilfe und die verschärften Zumutbarkeitsregelungen bei der Annahme von Arbeitsstellen.

Künftig ist jede Arbeit zumutbar, zu der der Betroffene geistig, seelisch und körperlich in der Lage ist und soweit keine der gesetzlichen Ausnahmetatbestände (wie z. B. die Erziehung eines unter drei Jahre alten Kindes oder die Pflege eines Angehörigen) vorliegen. Auch Minijobs müssen angenommen werden. Auf die Qualifikation wird keine Rücksicht genommen.

Ausgeweitet werden auch die Sanktionsmöglichkeiten: Wer ein angebotenes Stellenangebot ausschlägt oder Eingliederungsmaßnahmen ablehnt, dem wird die Regelleistung für drei Monate um 30 % gekürzt. Jugendlichen unter 25 Jahren kann die Unterstützung für die Dauer von drei Monaten sogar komplett gestrichen werden. Auch wer ohne wichtigen Grund einen Termin bei der Bundesagentur für Arbeit versäumt, riskiert eine dreimonatige Kürzung um 10 %.

Sozialgeld

Sozialgeld erhalten die Familienangehörigen von Arbeitslosengeld II-Beziehern, die selbst nicht erwerbsfähig sind, z. B. Kinder. Das Sozialgeld entspricht in der Höhe den Bedarfssätzen des Arbeitslosengelds II.

Grundsicherung

Rentner und dauerhaft Erwerbsunfähige erhalten gegebenenfalls kein Arbeitslosengeld II, sondern eine Grundsicherung.

Siehe auch