Hortfund von Neupotz
Als Hortfund von Neupotz wird der mit 1062 Objekten und mehr als 700 kg größte römerzeitliche Metallfund Europas bezeichnet, welcher in den Jahren 1967-1997 bei der Kiesförderung aus einem Altrheinarm bei Neupotz durch den Bagger ans Tageslicht befördert wurde.
Der Hortfund von Neupotz ist kein geschlossener Fund. Die Mehrzahl der Objekte gelten jedoch als zusammengehörig. Die aktuelle Interpretation des Fundkomplexes betrachtet diesen als ein im Jahre 260 verlorengegangenes Beutegut eines heimkehrenden alamannischen Plündererzuges. Die Germanen wurden bei der Rheinüberquerung eventuell von römischen Patrouillenbooten gestellt. Der „Barbarenschatz“, als Teil der wohl sehr umfangreichen Beute ging in den Fluten des Rheines unter.
Fundort
Lage
Die Fundstelle befindet sich südöstlich von Neupotz innerhalb eines ehemaligen Altrheinarmes. Das Fundgebiet umfasst ein Areal von 500 m x 300 m und liegt heute im Bereich zweier Baggerseen, welche durch einen etwa 30 m breiten Damm von einander getrennt sind. Der Damm wurde als Fahrdamm stehengelassen, so dass er die Stratigrafie des Fundplatzes konservierte. Es kann davon ausgegangen werden, dass im Damm weitere archäologische Funde enthalten sind. Die Funde wurden aus einer Wassertiefe von 8-12 m geborgen. Es gilt jedoch als wahrscheinlich, dass die Fundschicht selbst sich in etwa 4 m Tiefe befand und nur gemeinsam mit der geförderten Kiesschicht in tiefere Lagen abrutschte.
Fundgeschichte
Die Rheinschlinge bei Neupotz war im 3. Jahrhundert n. Chr. Teil des Hauptflussverlaufes. Der Fundplatz lag etwa in der Mitte zwischen den Legionslagern von Straßburg und Mainz. Ein räumlicher Bezug besteht zum großen Töpfereiort Tabernae (Rheinzabern), welcher in unmittelbarer Nähe des Fundortes liegt. Es wird vermutet, dass sich etwas nördlich der Fundstelle ein Hafen des römischen Industrieortes befand.
Datierung

Die Datierung des Barbarenschatzes stützt sich im Wesentlichen auf die enthaltenen 39 Münzen. Die jüngste Münze ist eine abgenutzte Antoninian-Münze des Probus. Eine Einbeziehung dieser Münze würde den Fundkomplex auf ca. 277/278 n. Chr. datieren und den Probus-Kriegen zuordnen.
Neuere Forschungen gehen jedoch davon aus, dass die Probus-Münze nicht dem Barbarenschatz zuzuordnen ist. Zum Einen könnte sie zufällig (wie auch die nachrömischen Fundstücke) zu den Objekten des Hortes gelangt sein, zum Anderen wurden Münzen "verschleppt" und erst nachträglich wieder eingesammelt. Somit kann nicht mit Sicherheit belegt werden, dass die Probus-Münze überhaupt zum Münzumfang des Hortes gehörte. Fest steht, dass die Probus-Münze nicht in das Gesamtbild der restlichen Münzen passt, welche mit einer Schlußmünze des Gallienus 258-259 n. Chr. schlüssig enden.
Historischer Kontext
Der Fund wird den Germanenüberfällen von 259/260 n. Chr. zugeordnet, welche letztlich zum Fall des Limes führten. Er gehört damit zum selben Fundhorizont wie der Hortfund von Hagenbach oder der Hortfund von Otterstadt "Angelhof". Insgesamt sind inzwischen 18 Baggerfunde des 3. Jahrhunderts aus dem Rhein zwischen Seltz und Mannheim bekannt.

Bereits im 2. Jahrhundert mehren sich Berichte von Germanenüberfällen (beispielsweise 162 n. Chr. die Chatten). 233 n. Chr. brechen die 213 n. Chr. erstmals erwähnten Alamannen ins römische Reichsgebiet ein. 259/260 n. Chr. wurde der Limes auf breiter Front überrannt und Germanen drangen ungehindert weit ins gallische Hinterland ein. Zeugnisse hierfür liefern unter anderem der Augsburger Siegesaltar, die Gründung des „Gallischen Sonderreiches“ durch Postumus und die erwähnten Beutehorte.
Fundobjekte
Barbarenschatz
Der „Barbarenschatz“ mit einem Gesamtgewicht von gut 700 kg besteht hauptsächlich aus Metallobjekten aus Silber (10 kg), Kupferlegierungen (203 kg) und Eisen (513 kg). Dies ist sicherlich auch eine Folge der Vergänglichkeit der organischen Bestandteile des Hortes. Der Vergleich mit anderen Hortfunden zeigt jedoch, dass wegen der Metallarmut in den germanischen Heimatgebieten von den Plünderern bevorzugt Metallobjekte aus dem Römerreich abtransportiert wurden. Belegt wird das Interesse am reinen Metallwert auch anhand vieler Objekte, welche noch vor der Rheinüberquerung zerstückelt und geteilt wurden.
Den zahlreichsten Bestandteil des Hortes stellt das Metallgeschirr. Hierzu zählen auch vier riesige Bronzekessel, welche weitere Bronzegefäße enthielten und auch als „Verpackung“ dienten. Küchengeschirr, Tafel- bzw. Trinkgeschirr gehören in großer Formenvielfalt zum Fundkomplex.
Eisenobjekte sind u.a als Werkzeuge und Geräte, Wagenteile, Schlösser und Fesseln vorhanden. Einen Schwerpunkt bilden hier die Eisenteile von Transportwägen und Zuggeschirr. Anhand der hierdurch gewonnenen Erkenntnisse wurde ein römerzeitlicher Transportwagen rekonstruiert.
Vorrömische Funde
Der Hortfund enthält mindestens vier vorgeschichtliche Waffen und Gefäße. Keines der Objekte befand sich im direkten Zusammenhang mit den antiken Funden. Für die Interpretation dieser Funde gibt es zwei kontrovers diskutierte Ansätze: Die Stücke könnten aus Heiligtümern (beispielsweise ehrwürdige Ahnen) entwendet worden und so zum Beutegut gelangt sein. Ebenso denkbar ist, dass es sich um frühere Weiheopfer gehandelt hat, welche im Fluss versenkt wurden und nun zufällig mit dem römerzeitlichen Beutehort ausgebaggert wurden.
Nachantike Funde
Zu den geborgenen Objekten gehören auch einige nachantiken Gegenstände, welche keinen eigenen Wert haben. Diese Fundstücke dienen als Beleg, dass der „Zufall“ bei der Interpretation des Fundkomplexes mit einbezogen werden muss und kann. Dies ist für die Datierung des Hortes (siehe Probus-Münze) und für die vorgeschichtlichen Fundstücke bedeutend.
Weblinks
Literatur
- Historisches Museum der Pfalz Speyer: Geraubt und im Rhein versunken. Der Barbarenschatz. Theiss, Stuttgart 2006. ISBN 978-3806220254.