Handelsvertreter
Als Handelsvertreter wird im Verkauf der selbstständige Verkäufer, oft im Außendienst, bezeichnet.
Freiberufler / Selbstständiger
Dieser fälschlicher Weise verkehrsüblich oft als „Freiberuflicher Verkäufer“ oder „Freiberufler“ bezeichnete Verkäufer handelt nach den Bestimmungen der §§ 84 ff. Handelsgesetzbuch (HGB). Da der Berufestand der sogenannten „freien Berufe" gesetzlich gesondert und sehr klar geregelt ist, ist diese saloppe Bezeichnung vom Grunde her handelsreichlich irreführend.
Eigenschaften
Der Handelsvertreter ist selbstständiger Kaufmann. Er ist also ebenso selbstständiger Unternehmer, wie der Anbieter. Je nach kaufmännischen Umfang der Geschäfte hat der Handelsvertreter als arbeitnehmerähnlich Selbstständiger Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten (kein Arbeitgeberanteil) oder ist von dieser Pflicht befreit (größerer Betrieb).
Die Selbstständigkeitsvermutung des Gesetzgebers bei Handelsvertretern kann wie folgt unterstützt werden:
(a) Der Handelsvertreter beschäftigt im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit regelmäßig weitere versicherungspflichtige Arbeitnehmer, deren Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig den jeweils gültigen Geringverdienersatz übersteigt,
(b) Der Handelsvertreter ist auf Dauer und im wesentlichen NICHT nur für einen Unternehmer tätig, sondern auch für weitere Auftraggeber zu insgesamt mehr als einem Sechstel der Gesamteinkünfte,
(c) Der Hersteller, Händler oder Importeur lässt entsprechende Tätigkeiten regelmäßig NICHT durch von ihm beschäftigte Arbeitnehmer verrichten,
(d) Die Tätigkeit des Handelsvertreters lässt typische Merkmale unternehmerischen Handelns erkennen. Diese sind:
- (I) keine örtliche Weisungsgebundenheit
- (II) keine zeitliche Weisungsgebundenheit
- (II) keine inhaltliche Weisungsgebundenheit
- (IV) keine Zusammenarbeit mit Mitarbeitern des Auftraggebers
- (V) keine Arbeit mit Arbeitsmitteln des Auftraggebers
(e) Die Tätigkeit des Handelsvertreters entspricht dem äußeren Erscheinungsbild nach NICHT der Tätigkeit, die er für denselben Auftraggeber zuvor aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ausübte.
Auf die Möglichkeit der befreienden Wirkung im Sinne der oben genannten Bestimmungen bereits durch die Gründung einer eigenen Vertriebsgesellschaft seitens des Handelsvertreters oder der Übernahme einer weiteren Vertretung wird hiermit ausdrücklich hingewiesen.
Der Handelsvertreter muss keine natürliche Person sein, er kann auch als Kapitalgesellschaft auftreten. Ein Eintrag in das Handelsregister ist für natürliche Personen als Handelsvertreter seit neuestem nicht mehr erforderlich. Im Gegensatz zum angestellten Verkäufer kann der Handelsvertreter auch für mehrere Anbieter tätig werden (sogenannte „Mehrfirmenvertreter“) und ist zu keinen bestimmten Geschäftsbesorgungen verpflichtet. Er bestimmt selbstständig Art und Umfang seiner Tätigkeit.
Der Handelsvertreter ist dazu verpflichtet dem Anbieter in regelmäßigen Abständen (verkehrsüblich sind wöchentliche bis monatliche Berichte) über die Marktentwicklung zu berichten und bei seiner Tätigkeit die Pflichten eines ordentlichen Kaufmannes zu wahren. Dazu gehören die seriöse Beratung der Kunden, die korrekte Benennung von Preisen und Konditionen des Anbieters und ein wettbewerbsrechtlich einwandfreies Verhalten.
Rechte des Handelsvertreters
Zur Kontrolle der Provisionsabrechnung sind dem Handelsvertreter gesetzlich weitgehende Rechte eingeräumt. So darf er gemäß § 87 c HGB die Bücher des Anbieters für den er tätig ist einsehen (Buchauszug) und hat Anspruch auf Ausgleichszahlung (sogenannter „Ausgleichsanspruch“) für sein Gebiet, wenn er vom Anbieter regulär gekündigt wird. Der Anbieter ist im Gegenzug nicht verpflichtet Vertragsangebote des Handelsvertreters anzunehmen und kann, insbesondere bei schlechter Bonität des Kunden, diese ablehnen. Muster hat der Anbieter dem Handelsvertreter zwar kostenlos zur Verfügung zu stellen, Werbematerial hat der Handelsvertreter jedoch ebenso wie seine Fahrt- und Betriebskosten selbst in Vorleistung zu bringen. Diese Bestimmungen sind im Handelsvertretervertrag festzuschreiben.
Die Provisionsvergütung der Handelsvertreter schwankt extrem nach Branche und Produktlebenszyklus und werden im Mittel zwischen 10 und 30 Prozent vereinbart. Konsumgüter werden mit bis zu 50 Prozent provisioniert (z. B. Enzyklopädien in Buchform, Kosmetika oder Lebensmittelergänzungen). Die Fälligkeit der Provisionen wird gerne als untergeschobene Klausel derart vereinbart, dass diese erst fällig sind, wenn der Kunde zahlt. Hierbei ich zu beachten, dass eine solche Regelung den HV in die Leistungserbringung des Unternehmens einbezieht, obwohl dieser keinerlei Einfluss auf diese hat!
Reklamationsbearbeitung bei Schlecherleistungen seines `Anbieters` und die Folge von Zahlungsverzögerungen werden auf diese Weise gerne auf den wirtschaftlich schwächeren HV abgewälzt, da das Unternehmen zu dem Vorteil der Kostensenkung z. B. durch mangelhafte Fachkräfte oder preiswerteres Material auch noch die Provision auf diese Weise spart. Der HV soll auf seine Kosten den Kunden bewegen zu zahlen, selbst wenn der `Anbieter` schlecht leistet. Im Baubereich, im Textil- und im Medienbereich haben bereits kleine Mängel oft zu Folge dass Kunden nicht oder verzögert zahlen. Diese Konstellation kann schnell existenzbedrohend für den HV werden, während Kunde und `Anbieter` gegebenfalls jahrelange Rechtsstreitigkeiten eingehen. Näheres dazu im Handelsvertretervertrag.
Einsatzbereich
Eine natürliche Grenze für den Einsatz von selbstständigen Handelsvertretern liegt bei einer Beratungsintensität, die von einem einzelnen Mitarbeiter nicht mehr zu realisieren ist (vor allem im Investitionsgüterbereich), weil umfangreiche technische, betriebswirtschaftliche und ggf. rechtliche Bedingungen in das Angebot einfließen. Diese Teams sind aus naheliegenden Gründen keine selbstständigen Verkäufer. Andererseits wird der Handelsvertreter gar nicht erst eingesetzt, wenn es möglich ist, den Markt auch über den Direktverkauf, z. B. per Internet, zu bedienen.
Der selbstständige Handelsvertreter verkauft also in der Regel. überschaubare Leistungen, die er als Einzelkämpfer am Markt platzieren kann. Ausnahmen sind große Handelsvertretungen in Form einer Kapitalgesellschaft mit eigenen, wiederum oft fest angestellten Verkäufern.
Hierarchie der gesetzlichen Handelsvertreter
Die verschieden ausgestalteten Handlungsvollmachten der Handelsvertreter schlagen sich in einer einheitlichen Begriffsbestimmung für die Aufgabenbeschreibung eines Handelsvertreters nieder:
Alleinvertreter als Abschlussvertreter Besorgung von Aufforderungen zur Abgabe eines Angebotes aus dem Markt und Abgabe von rechtsgüligen Willenserklärungen für den Unternehmer, ohne dessen Recht selbst mit Kunden im bestimmten Gebiet verhandeln zu dürfen.
Alleinvertreter als Vermittlungsvertreter Besorgung von Aufforderungen zur Abgabe eines Angebotes aus dem Markt für den Unternehmer, ohne dessen Recht selbst oder durch Dritte mit Kunden im bestimmten Gebiet verhandeln zu dürfen.
Bezirksvertreter als Abschlussvertreter Besorgung von Aufforderungen zur Abgabe eines Angebotes aus dem Markt und Abgabe von rechtsgüligen Willenserklärungen für den Unternehmer, mit dessen Recht, unter Verzicht auf Provisionskürzung gegen den Vertreter, selbst oder durch Dritte mit Kunden im bestimmten Gebiet verhandeln zu dürfen.
Bezirksvertreter als Vermittlungsvertreter Besorgung von Aufforderungen zur Abgabe eines Angebotes aus dem Markt mit dem Recht des Unternehmers unter Verzicht auf eine Provisionskürzung gegen den Vertreter, selbst oder durch Dritte mit Kunden im bestimmten Gebiet verhandeln zu dürfen.
Abschlussvertreter ohne Schutz Besorgung von Aufforderungen zur Abgabe eines Angebotes aus dem Markt und Abgabe von rechtsgüligen Willenserklärungen für den Unternehmer, mit dem Recht des Unternehmers, unter Verlust der Provision für den Vertreter (da dieser hier keinen Bezirksschutz genießt), selbst oder durch Dritte mit Kunden verhandeln zu dürfen.
Vermittlungsvertreter ohne Schutz Besorgung von Aufforderungen zur Abgabe eines Angebotes aus dem Markt mit dem Recht des Unternehmers unter Verlust der Provision für den Vertreter (da dieser hier keinen Bezirksschutz genießt), selbst oder durch Dritte mit Kunden verhandeln zu dürfen.
Dieser arme Tropf muss sich nicht nur die willkürliche Beschneidung seines Gebietes (und somit seiner ggf. selbst aufgebauten Existenzgrundlage) gefallen lassen, sondern hat zudem auch keinerlei Anspruch auf Kundenschutz gegenüber Kollegen oder seitens des Unternehmers. Diese Vertragsform wird von vielen Unternehmen ihren "selbstständigen" Handelsvertretern in Musterverträgen von IHK oder Firmenanwalt vorgelegt. Die Vielfalt der Möglichkeiten ist oft dem Unternehmer selbst nicht bekannt, so dass ein Zurückgreifen auf sogenannte "Musterverträge" höchst fahrlässig ist.
Der zuorberst genannte Alleinvertreter als Abschlussvertreter ist die vollkommene Ausnahme im Geschäftsverkehr und macht nur dann Sinn, wenn ein ausländisches Unternehmern beispielsweise mit einem Handelsvertreter enormen Vertrauens auf die vollkommene Neuentwicklung eines ihm unbekannten Marktes angewiesen ist und der Handelsvertreter erhebliche Mittel in Werbung und Marktforschung für den Vertrieb seines Herstellers oder Importeurs investiert.
Normalerweise werden zumindest die Marktforschung und Imagewerbung vom Hersteller oder Importeur betrieben. Es ist aber auch möglich, diese Aufwendungen dem Handelsvertreter zuzuschreiben. Ein solcher Handelsvertreter wird es sich verbieten oder auf die Vertretung ersatzweise verzichten, wenn der Hersteller oder Importeur (ggf. sogar ohne inländische Marktkenntnis) selbst oder durch Dritte mit Kunden in Kontakt tritt, für deren Ansprache er hohe Summen investiert hat. In solchen Fällen können auch die Provisionen enorm nach oben abweichen.
Im Regelfall, wenn der Hersteller oder Importeur selbst vor Ort präsent ist, werden mittlere Kompetenz- und Verantwortungsvereinbarungen geschlossen.