Plattentektonik

Die Plattentektonik ist als grundlegende Theorie der Geologie die weiter entwickelte Kontinentalverschiebungstheorie von Alfred Wegener. Durch sie wird versucht, Naturerscheinungen wie Erdbeben, Gebirgsbildung, Vulkanismus, Subduktion (Abtauchen von ozeanischer Lithosphäre) und Spreizung (Auseinanderdriften von Erdplatten) zusammenhängend zu erklären.
Ursache der Plattentektonik
Unter Geophysikern wird z.Z. noch kontrovers diskutiert, welche Vorgänge im Erdinneren die Bewegung der Platten auslösen und vorantreiben.
- Die am häufigsten vertretene Meinung geht von Konvektionsströmen aus, die sich aufgrund des Wärmeaustauschs zwischen dem heißen Erdmantel und der kühleren Erdkruste bilden. Die Energie für die Aufheizung des Magmas im Erdinneren liefern offenbar radioaktive Zerfallsprozesse. In Folge dieser Konvektionsströme wird bei aufsteigendem Magma die Erdkruste gedehnt und reißt auf, wie das Beispiel der mittelozeanischen Rücken zeigt. Das ständig nachströmende und erkaltende Magma schiebt hier die ozeanische Kruste auseinander, was zu einem Druck auf die Ränder der Kontinente und damit zu deren Verschiebung führt. Bei konvektionsbedingt absinkendem Magma senkt sich auch die Erdkruste ab, wie man am Beispiel der Subduktionszone des Pazifischen Feuerrings mit den angrenzenden Tiefseegräben sehen kann.
siehe auch: Unterströmungstheorie
Eine Schwäche dieser Theorie ist, dass die dreidimensionale Vorstellung eines Konvektionsstroms nicht selten den tatsächlich beobachtbaren Plattenbewegungen widerspricht.
- Es existiert auch die Theorie, dass eine Platte ein an die Oberfläche getretener, abgekühlter Konvektionsstrom ist.
- Eine andere von Geowissenschaftlern vertretene Lehrmeinung geht davon aus, dass an den mittelozeanischen Rücken heißes Magma nach außen dringt und dort seine schiebenden Wirkung entfaltet, nicht aber durch Konvektion an anderer Stelle wieder abtaucht, sondern die schweren Plattenenden gravitationsbedingt nach unten sinken.
- Die Grundlage einer weiteren Theorie bilden die Manteldiapire. Ein Manteldiapir soll nach dieser Theorie nicht nur die Hot-Spots erzeugen, sondern auch eine seitliche Strömung erzeugen, die die Kontinentalplatten mitziehen.
- Schließlich gibt es noch die Expansionshypothese, die nicht ausschließt, dass sich der Erdradius im Laufe der Erdgeschichte vergrößert, wodurch sich die Existenz der Spreizungszonen und das Auseinanderbrechen der Kontinentalblöcke erklären ließe.
Gegen diese spricht zum einen das Fehlen eines konkreten Belegs für die Zunahme des Radius, zum anderen widersprechen diesem Modell die Erkenntnisse über Gebirgsbildungsprozesse.
- Zu erwähnen bleibt noch die aus der Mode gekommene Kontraktionshypothese, die von einer Schrumpfung der Erde in Folge ihrer Abkühlung ausgeht. Einige Wissenschaftler bevorzugen die Pulsationstheorie, indem sie abwechselnde Phasen von Expansion und Kontraktion annehmen. Auch dafür gibt es offensichtlich keine stichhaltigen Beweise.
Geschichte der Theorie der Plattentektonik
Der flämische Kartograph Ortelius machte im Jahre 1596 die weitreichende Aussage, Amerika sei durch Erdbeben und Flut fortgerissen von Europa und Asien. Die Spuren des Bruches treten zutage, wenn sich jemand die Küsten dieser drei Erdteile, wo sie sich gegenüber liegen, auf einer Weltkarte ansieht und die herausragenden Formen Europas ebenso wie auch die Afrikas mit den Ausbuchtungen Amerikas genauer betrachten würde. Die Konformität der Küstenlinien insbesondere von Afrika und Peru, wie Südamerika im 17. Jahrhundert mitunter genannt wurde, fiel auch Bacon (1620) auf. Er erwähnte sie als eine unter vielen anderen konformen Erscheinungen der Natur, wobei er aber gerade diese unter den vielen nicht als Zufall betrachten wollte. Im Jahre 1858 ging Snider-Pellegrini einen Schritt weiter, als er die erste Karte veröffentlichte, auf der die Alte und die Neue Welt ohne trennenden Ozean zu sehen waren. Er mutmaßte, dass es die biblische Sintflut gewesen sei, welche die Kontinente voneinander getrennt habe. Der österreichische Geologe Eduard Suess vertrat in seiner Buchreihe über das Antlitz der Erde zwar weiterhin die Landbrücken-Theorie, aber er konnte die Existenz eines früheren nördlichen und südlichen Großkontinentes belegen. Insbesondere die Verbreitung der so genannten Glossopteris-Flora spielt hierbei eine herausragende Rolle. Der erstmals als Gondwána bezeichnete südliche Kontinent umfasst in Suess' Werk zwar wechselnde Landgebiete, bei seiner letzten Beschreibung sind in diesem Großkontinent alle Kontinente der südlichen Hemisphäre einschließlich Indien zusammengefasst.
Als Vorläufer der Plattentektonik gilt die Theorie der Kontinentaldrift, die Alfred Wegener (1880-1930) entwickelt hatte: In seinem 1915 veröffentlichten Buch Die Entstehung der Kontinente und Ozeane folgerte er aus der genauen Passung der Küstenlinien von Südamerika und Afrika, diese könnten Splitter eines ehemals größeren Kontinents gewesen sein, der in der erdgeschichtlichen Vergangenheit auseinandergebrochen war. Die Passung ist noch perfekter, wenn man nicht die Küstenlinien, sondern die Schelfränder, also die unter Wasser liegenden Teile eines Kontinents betrachtet. Daneben sammelte Wegener weitere Argumente:
- Faltengürtel aus Südamerika lassen sich in Afrika mit sehr ähnlichen Gesteinsabfolgen und Deformationsmustern verfolgen.
- Es gab noch weitere geologische Vergleichbarkeiten wie zum Beispiel Diamantlagerstätten in Südamerika und Westafrika.
- übereinstimmende fossile und heutige Flora und Fauna beiderseits des Atlantiks:
- Auf den Südkontinenten war ein offenbar kälteliebender Farn mit zungenförmigen Blättern (Glossopteris-Flora) weit verbreitet.
- Das Fossil Mesosaurus, ein im Süßwasser lebendes Reptil, konnte sowohl in Afrika als auch in Südamerika nachgewiesen werden. Dieses Tier hätte niemals einen so weiten Ozean wie den Atlantik überqueren können.
- Die Seekuh Manatus, vorkommend in Westafrika sowie in Mittel- und Südamerika.
Anhand von Kontinent- bzw. Schelfgrenzen, Kontinuität von Scherzonen und Faltengürteln sowie der erdgeschichtlichen Verbreitung von Landtieren und -pflanzen konstruierte Wegener einen Superkontinent, den er Pangäa nannte.
Nach Wegeners Theorie sollten die leichteren Kontinente (das so genannte SiAl - Silizium-Aluminium, entsprechend leichte Gesteine der Kontinente) auf dem schwereren Untergrund des oberen Mantels (das so genannte SiMa - Silizium-Magnesium, schwerere Gesteine des Mantels) "schwimmen", etwa wie Flöße auf einer Wasseroberfläche. Als möglichen Antrieb der Bewegung nannte Wegener die Polflucht, das heißt, die Fliehkraft der Erdrotation sollte die Kontinentalmassen langsam alle in Richtung auf den Äquator zu konzentrieren. Selbst Wegener war klar, dass letztlich diese Kräfte nicht ausreichten, um die Bewegung der Kontinente zu erklären, einen anderen Antrieb aber konnte er damals nicht erkennen.
Anfangs wurde Wegeners Theorie der Kontinentaldrift vor allem wegen der Unvorstellbarkeit einer Kraft zur Bewegung der riesigen Kontinente auf breiter Basis von seinen Kollegen abgelehnt. Sie fand erst in den 1960ern Akzeptanz, da beispielsweise die neue Technik der Satellitenaufnahmen einen direkten Nachweis der Kontinentaldrift (gerichtete Plattenverschiebung) ermöglichte und deutlich wurde, dass konvektive Massenbewegungen im Erdinneren den Antrieb für die zu beobachtende Kontinentalverschiebung sind. Diese Entwicklung stellte in der Geologie einen wichtigen Paradigmenwechsel dar, der Anlaß gab, in stärkerem Maße auch die bisher unzugänglichen Ursachen der beobachteten Vorgänge zu hinterfragen.
Ungeklärte Phänomene der Plattentektonik
Auf der Afrikanischen Platte ist keine Subduktionszone zu finden. Nach heutigen Erkenntnissen der Plattentektonik müsste eine Kompression der Afrikanischen Platte vorliegen, Gebirgsbildung wäre eine Folge. Im Widerspruch dazu kommt es in den ost- und zentralafrikanischen Grabenzone zu Dehnungsprozessen und damit verbundenem Auseinanderweichen der Erdkruste und Vulkanismus.
Siehe auch:
Weblinks
- http://www.uni-muenster.de/MineralogieMuseum/vulkane/Vulkan-3.htm: Plattentektonik und Vulkanismus
- http://natours.ch/gl/zeit/kv.htm: Grobe Skizzen zur Plattentektonik
- http://www.urweltmuseum.de/museum/geologie/Uhr/uhrstart.htm: Animation zur Plattentektonik (Flash-Format)
- http://www.ucmp.berkeley.edu/geology/tectonics.html Animation zur Plattentektonik (GIF-Format)