Argument
Dieser Artikel handelt von Argumenten in der Logik, Rhetorik und Kommunikation. Für weitere Bedeutungen siehe Argument (Begriffsklärung)!
Ein Argument (im kommunikativen Sinne) versucht durch die Interpretation (Konklusion) verschiedener Aussagen (Sätze/Prämissen) eine andere Aussage zu begründen. Jede Prämisse und die Konklusion sind Teilaussagen des Argumentes.
Einleitung
Das Erlernen sinnvoller Sprache und ihre Anwendung zur Übermittlung von Wünschen und Bedürfnissen erfordert neben der reinen Aussage auch die Fähigkeit, sich zielgerichtet auszudrücken. In der Kommunikation bildet das Argument somit auch die direktivste Form des verbalen Informationsaustausches und stellt zugleich einen Hauptbereich der Rhetorik dar. Argumente, resp. Argumentationen braucht man, wenn man beweisen oder überzeugen will.
Von der reinen Information unterscheidet sich das Argument dadurch, dass der Redner zur Information gleich die Bedeutung in Form einer Schlussfolgerung (Konklusion) für den Zuhörer anfügt. In der Normalform stehen die Voraussetzungen (Prämissen) am Anfang und die Schlussfolgerung am Ende des Arguments. Mit solchen Konjunktionen wird der Leser oder Zuhörer durch die Logik der Aussage (resp. des Textes) geführt. Die Logik als Teilgebiet der Philosophie beschäftigt sich mit den Fragen nach der Gültigkeit von Argumenten und der Wahrheit von Aussagen.
Mit Hilfe der Logik kann bestimmt werden, welche Aussagen beziehungsweise Aussageformen logisch wahr sind und welche Konklusionen gültig sind. Bei der Überprüfung auf Plausibilität wird geklärt, ob die Teilaussagen des Argumentes wahr oder falsch sind. Die formale Beurteilung eines Argumentes klärt, ob, falls alle Prämissen wahr sind, auch die Konklusion zwingend oder mit hoher Wahrscheinlichkeit wahr sein muss, das heißt ob das Argument schlüssig ist.
Die inhaltliche Beurteilung eines Argumentes ist die Beurteilung des Wahrheitswertes beliebiger Teilaussagen des Argumentes. Die formale Beurteilung eines Argumentes unterliegt der Beurteilung der Plausibilität des Übergangs von den Voraussetzungen zur Schlussfolgerung des Argumentes (unter der hypothetischen Annahme, die Voraussetzungen seien wahr).
Deduktiv gültige Argumentationen
Argumente, in denen die Konklusion logisch aus den Prämissen folgt.
Das logische Nutzwertargument
Im Unterschied zu anderen Argumenten sind hier immer zwei Prämissen enthalten. In vielen anderen Argumenten genügt oft eine Prämisse mit anschließender Konklusion. Die späteren Beispiele enthalten dennoch zumeist zwei Prämissen!
Diese Form besteht aus zwei oder mehr Prämissen sowie einer folgenden Konklusion. Beispiel: Dieses neue Auto verbraucht nur 5 Liter und sein Tankinhalt beträgt 50 Liter. Das bedeutet für Sie als Käufer, Sie können mit einer Tankfüllung 1000 Kilometer von München bis Florenz reisen, ohne unterwegs zu tanken. / Sie können mal schnell ins Ausland fahren ohne die dortigen hohen Spritpreise bezahlen zu müssen. Oder: Panzerminenfelder verstärken Sperren wirkungsvoll, verlangsamen den Vormarsch des Gegners und nutzen ihn ab. Richtladungen erschweren das Einnehmen von Stellungen und Sperren durch abgesessene mechanisierte Infanterie. Ebenfalls können damit wirkungsvoll Luftlandungen behindert werden. Aus diesem Grund wird die Truppe auch nach dem Verbot der Personenminen weiterhin an Panzerminen ausgebildet, was zur Verteidigung unerlässlich ist.
Die Falsifizierung
Ein Argumentum e contrario ist ein Beweis aus dem Gegenteil. Es ist, korrekt durchgeführt, ein logisch (beziehungsweise juristisch) gültiges Argument und hat auch im naturwissenschaftlichen Sinn Bestand. Beispiel: Die Wirksamkeit des Medikamentes wurde im Doppel-Blind Test bestätigt. Unter inzwischen exakt bekannten Bedingungen treten vereinzelt Nebenwirkungen auf. Die gezielte Wirksamkeit ist somit schlüssig belegt. Oder: Wir können von einer Supraleitfähigkeit bis 40° oberhalb des absoluten Nullpunktes ausgehen. Mit weiter steigender Temperatur nimmt der elektrische Widerstand nachweisbar ohmsche Werte an – ein stichhaltiger Beweis.
Die empirische Argumentation
Sie konkludiert eine oder mehrere statistische beobachtende Sätze und stützt sich auf die Verifizierung zumindest einer Prämisse. Die folgende Konklusion ist logisch jedoch nicht stichhaltig, da es sein kann, dass ein Gegenbeweis die Prämisse noch wiederlegt. Beispiel: Wir haben mit dem Förderprogramm nachweisbar 1.492 Arbeitsplätze geschaffen. Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind nachweislich auf dieses Programm zurückzuführen, da die Menge der entsprechend eingereichten Arbeitsverträge von mehreren unabhängigen Stellen beglaubigt wird. Oder: Die Wirksamkeit der NLP wurde in einer Studie empirisch belegt. Die positiven Effekte können in therapeutischer Umgebung seit über zwanzig Jahren belegt werden. Die Methode ist als wirksam zu betrachten.
Die Multiplikation oder Vergrößerungstaktik
Sie stellt zwei Sätze mathematisch miteinander in bezug. Aus dem rechnerischen Ergebnis wird die Plausibilität einer Ersparnis oder eines Gewinnes dargestellt. Beispiel: Bei Einsparungen von nur 1,7 Cent pro Druckseite sparen Sie bei Ihrer Auflage mit dem Kopiermodell Sososo4 bereits 20.000 x 1,7=340,- Euro im Monat, nur an laufenden Kosten. Das bedeutet bereits ein Gewinn für Sie trotz der höheren Leasinggebühren. Oder: Multiplizieren wir doch einmal die bisherigeLagerumschlagkennzahl mit dem Faktor 0,2 für die zwanzigprozentig geringere Kapitalbindung in Ihrem Unternehmen durch das neuen System. Wir kommen auf 0,2x600.000,- Euro auf 120.000,- Euro Kostensenkung p.a., schon bei dieser geringen Verbesserung bezogen auf den durchschnittlichen derzeitigen Lagerwert aufgrund der flexibleren EDV in der Warenwirtschaft. Auf den Abschreibungszeitraum von zwei Jahren sind das fast eine halbe Million alte DM!
Die Divisionsargumentation oder Verkleinerungstechnik
Sie dient der Relativierung von Anschaffungskosten oder laufenden Belastungen durch Konklusion kurzfristiger Ersparnisse auf in der Regel den Abschreibungszeitraum von Investitionsgütern. Beispiel: Sicher erscheint die Gesamtinvestition von 24.000,- Euro für den Solarkollektor erst mal hoch. Rechnen wir aber einmal die Kapitalkosten pro Monat mit Wartung sowie Rücklagen für Reinigung etc. für die 3-kW-Kollektorfläche, so kommen wir mit dem Förderprogramm auf gerade mal 110,- Euro im Monat. Und dem stehen 130,- Euro an Solarertrag gegenüber. Das ist sogar noch ein Gewinn! Oder: Die Digitalkamera kostet hier bei mir als Fachhändler 1.240,- Euro. Wenn Sie das Gerät nur drei Jahre benutzen, dann sind das im Monat ... Moment ... rechnerisch 34,44 Euro im Monat. Beim 'Geiz ist geil'-Händler, sagen Sie, bekommen Sie das Gerät für 1.099,- Euro? Das sind ... 30,53 Euro im Monat. Also jeden Monat geben Sie ca. 30-35 Euro für die Kamera aus. Bei 3,91 Euro Unterschied, also nicht mal 14 Cent pro Tag, bekommen Sie aber bei mir den Service, die Kulanz beim Werk, wenn mal 'was ist, bessere Beratung, Tipps und Tricks sowie eine Ersatzkamera, wenn Ihre mal zur Wartung soll. Deswegen sollten Sie beim geilen Fachmann kaufen!
Der historische Vergleich / die Projektion in die Zukunft
Hier werden tatsächliche oder angenommene Ereignisse (je nach Zeitrichtung) mit Erfahrungen aus der Gegenwart konkludiert. Beispiel: Wir bewirtschaften den Forst heute mit Mischwald. Die Erfahrung aus den vergangenen drei Jahrzehnten hat bei schlechter werdenden Luftwerten gezeigt, dass gerade die klimabedingte Schädigung der Nutzhölzer in solchen Beständen geringer ist. Oder: Bereits heute können finanzschwache Eltern schon kaum noch die Klassenfahrten ihrer Kinder bezahlen. Bei weiter sinkenden Realeinkommen wird die Versorgung von Kindern auch den Mittelstand berühren. Diese Entwicklung muss aufgehalten werden.
Die Bilanzierung oder Nutzwertanalyse
Sie stellt eine beliebige Anzahl von Prämissen auf die beiden Seiten einer Pro und Contra-Tabelle, so dass sich am Ende (gegebenenfalls verstärkt durch Qualifizierung der einzelnen Sätze über einen Gewichtungsfaktor als Meta-Prämisse) eine mathematisch eindeutige Konklusion als Ergebnis des Argumentes ergibt. Die so gewonnene Entscheidungsgrundlage stellt bei Standortanalysen, Produktentscheidungen, Partnerwahl, Besprechungsmoderation oder dem Vergleich von Teamentscheidungen eine wesentliche Arbeitsgrundlage dar.
Pro......................T H E M A................... Contra Bsp.Faktor -----------------------------|------------------------------ | x 0,2 | x 0,7 | x 0,5 | x 0,9 | x 0,2 | x 0,2 | x 0,8 | x 0,4 | x 0,7 | x 0,7
Diese Form der Argumentation kann auch emotionale Faktoren wie zum Beispiel Wohlbefinden, Wetter am neuen Standort oder sexuelle Anziehungskraft enthalten. Diese Form stellt das komplexeste eindimensionale Argument dar und wird in seiner Vielseitigkeit und Güte nur noch durch die verschiedenen mehrdimensionalen Argumentationsformen übertroffen.
Dialektische Argumentation
- Klassische Dialektik
Ursprünglich von Platon und Aristoteles als die Kunst der Gesprächsführung bezeichnet, konkludiert die Logik eines dialektischen Argumentes nicht eine oder mehrere Prämissen in gleicher Richtung, sondern verbindet Rede und Gegenrede, also zwei gegensätzliche Sätze miteinander zu einer Synthese.
So sollen kontroverse Themen durch den Vortrag derart behandelt werden können, dass der Gegner sehe, man habe ihn recht verstanden, sei bereit ihm zu folgen und böte sogar einen Kompromiss zu der eigenen, weit entgegengesetzten Stellung am Ende der Rede redlich an. Die klassische Form des Plädoyer ist die heute noch gültige Form der Dialektik vor Gericht.
Beispiel: [These] Wir haben es hier mit einem vollkommen unerfahrenen Mitarbeiter zu tun, der bereits in seiner Lehrausbildung Schichtführeraufgaben übernehmen musste, so dass man hier nicht nur von gefahrgeneigter Arbeit, sondern auch von Überforderung sprechen muss. [Antithese:] Der Maschinenschaden ist natürlich beträchtlich und Sie als Arbeitgeber wollen dem Jungen einen Denkzettel verpassen. Ich glaube, dass ein Verweis in der Personalakte einen entsprechenden Eindruck hinterließe. [Synthese:] Letztlich wird jedoch eine Versetzung in den kaufmännischen Bereich, als eine Art betriebsinternes Praktikum dem jungen Mann die Augen dafür öffnen, was die Geräte hier kosten und welche Verantwortung und Sorgfalt hier notwendig sind. Dafür wird der Bürovorsteher schon sorgen. Wir sollten ihn ruhig vier Wochen die Eingangsrechnungen abheften lassen und den Verweis vergessen.
Oder: Hohes Gericht, werter Herr Staatsanwalt, sehr verehrte Beisitzende!
[These] Es steht unzweifelhaft fest, dass der hier angeklagte Mülller-Mayer sich einer Tat schuldig gemacht hat. Er hat die Braut des Klägers auf hinterlistige Weise, kurz vor der angesetzten Trauungsfeier auf trickreiche Art entführt und sich ihrer für mehr als sechs Stunden bemächtigt. Das vom werten Herrn Staatsanwalt beantragte Strafmaß von 30 Tagessätzen zuzüglich der entstandenen Kosten der verspäteten Hochzeitsfeier scheint auf den ersten Blick einer kleinen Gemeinheit wohl angemessen. Denn, da sind wir uns ja alle einig, von Entführung im Sinne des StGB 181 oder gar 184 kann ja hier im Ernst keine Rede sein.
[Antithese] Doch, verehrter Herr Staatsanwalt, auch wenn es nur um die 4.220,- Euro Schadenersatz geht, die der geprellte Kläger für den Spaß seines Freundes wiederhaben möchte, dürfen wir hierbei zwei Dinge nicht vergessen: erstens muss man wissen, dass der Angeklagte und der Bräutigam seit vielen Jahren ein bestes Freundschaftsverhältnis verband, das auch in schweren Zeiten des Kummers, bei Arbeitsplatzverlust und in Zeiten der Krankheit für gegenseitiges Wohlergehen sorgte. Man musste also davon ausgehen können, dass beide sich gut genug kannten, um zu wissen, was man dem jeweils anderen zutrauen kann. So haben sie ja auch nicht umsonst darüber Briefwechsel geführt, wie sie die Hochtzeitsreise als große Feriensause planen würden. Und zweitens hat der Bräutigam in besagtem Briefwechsel ja eben selbst per Datenpost vier Wochen vor der Hochzeit dem Angeklagten gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass er es, ich zitiere: ...es geil finden würde, wenn es mal jemand wagen würde zu versuchen mir die Braut zu entführen. Auf das dumme Gesicht würde ich mich echt freuen, weil meine Maria da nämlich niemals mitmachen würde! Zitat Ende.
[Synthese] Nun muss ich ganz ehrlich sagen, dass es mir nun eher so vorkommt, als müsse eher der Bräutigam, wenn überhaupt jemand hier im Saal zur Vernunft gebracht werden. Wie kann man denn so etwas seinem besten Freund, noch dazu in Kenntnis des besagten Brauches einer Brautentführung angedeihen und sich dann hinterher noch wundern, nein beklagen (!), dass man zu finanziellem Schaden durch die Verzögerung gekommen sei! Das ist doch wohl ein starkes Husarenstück! Kommen wir zum Schluss. Dass sich der Wunsch des Klägers auf so sonderbare Weise tatsächlich erfüllt hat und weder die Braut, noch der Bräutigam irgendeinen, außer organisatorischen Schaden davongetragen haben steht wohl außer Zweifel. Nur hilfsweise sei hier angemerkt, dass die dann ja doch noch für sechs Wochen stattgefundene Hochzeitsreise in die Südsee führte, wohlgemerkt mitsamt den Freunden, allerdings ohne den Beklagten, denn den hat er zuhause gelassen. Ich meine, das war schon Strafe genug! Da der Beklagte zudem bereit ist sich hier und heute öffentlich zu entschuldigen für den Brautklau und sich anbietet die Patenschaft für das erstgeborene Kind des Klägers zu übernehmen, plädiere ich hiermit auf Verfahrenseinstellung nach 153 StPO (Einstellung wegen geringer Schuld bei fehlendem öffentlichen Interesse an der Verfolgung) bei gleichzeitiger Festsetzung einer Ordnungsstrafe von fünf Tagessätzen. Ferner beantrage ich die Klage in der Hauptforderung abzuweisen und die Kosten des Verfahrens der Staatskasse aufzuerlegen. Vielen Dank. Anmerkung: Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig ;-)
Induktiv gültige Argumentationen
Hier haben wir es mit Argumenten zu tun, bei denen es rational ist die Konklusion für wahr zu halten, wenn alle Prämissen wahr sind, obwohl die Konklusion nicht logisch aus den Prämissen folgt. Induktiv gültige Argumente zeigen zwar nicht, dass die Konklusion wahr sein muss, falls alle Prämissen wahr sind, sie zeigen aber, dass die Konklusion in gewissem Grade wahrscheinlich ist, falls die Prämissen wahr sind. Diese Redeweise ist dann jedoch nicht so klar, wie es oft wünschenswert wäre und arbeitet zum Teil mit Erwartungen, unspezifischen Erfahrungen, Ängsten beziehungsweise inneren Vorbehalten oder Präferenzen auf der Gefühlsebene. Daher sind diese Argumente in der Regel sehr mächtig, vor allem bei "einfachen" Menschen.
Im Verkauf oder Privat stellen Sie das Werkzeug zum Überreden dar, während die deduktiv gültige Argumentation Überzeugungsarbeit leistet. Naturwissenschaftler, die Wert auf sachliche Argumente legen, sollten sich diesen Abschnitt im Grunde gar nicht erst durchzulesen, weil er sie gegebenenfalls unsachlich werden läßt ;-)
Die Alternativargumentation (P+P)
Sie stellt keine logische Argumentation dar, denn sie bietet in gut gemachter Form zwei positiv besetzte Prämissen, von denen sich der Zuhörer eine aussuchen soll. Eine Konklusion und ein logischer Schluss entfallen formell. Dennoch enthält das Argument natürlich in seinen beiden (oder mehreren) Sätzen jeweils Suggestionen für den Zuhörer oder gar jeweils eine eigene Konklusion, so dass am Ende ein Doppelargument entsteht. In der Grundform wird der Zuhörer genötigt selbst zu konkludieren. Wichtig hierbei ist, dass beide Sätze positiv formuliert sind, nur Anfänger bieten eine so genannte Verriegelung an, das heißt sie stellen eine angenehme und eine unangenehme Prämisse gegenüber. Der Zuhörer wird bei dieser schlecht gamachten Alternativargumentation äußerst offensichtlich manipuliert und wahrscheinlich in Vorwände flüchten. Beispiel (P+P): Du kannst mit mir in den Park gehen und wir suchen uns ein schönes Café oder Du magst vielleicht lieber zum Italiener, ein Eis essen und dann ins Kino. Du hast die Wahl! Oder (P+P): Die Alternativen liegen auf der Hand. Entweder wir vermeiden die Entlassungen mit Hilfe von Kurzarbeit und Kürzungen bei den übertariflichen Zulagen, oder wir suchen uns eine Lösung mit Verkürzung der Jahresarbeitszeit ohne vollen Lohnausgleich. Das entscheiden Sie ganz allein!
Die Selektion
Sie greift aus einer Prämisse nur bestimmte Tendenzen auf und bietet eine wahre zweite Prämisse zur Konklusion an. Diese verzerrt somit die Aussagegenauigkeit. Beispiel: Wir haben es hier mit blutigen Anfängern zu tun, die ihre erste Platte gerade aufgenommen haben. Unerfahrene Künstler neigen naturgemäß zu euphorischen Prognosen was ihre Verdienstmöglichkeiten angeht. Wir sehen ganz klar und deutlich, dass unsere Talente unrealistische Vorstellungen von ihrem Vertrag haben. Oder: Gehen wir doch mal in den Balkan. Dort werden heute noch Frauen beschnitten und ganze Stämme wegen ihrer Sprache verfolgt. Für eine politische Diskussion ist es unerlässlich auch die unangenehmen Details zu betrachten. Es steht wohl außer Zweifel, dass die Beitrittsbemühungen anarchistischer Staaten absolut verfrüht erscheinen müssen.
Die Polarisierung
Sie stellt gleich zwei Prämissen verzerrt dar. Der Unterschied zur schlecht gemachten Alternativargumentation besteht vor allem in der polemischen Charakteristik der einen Prämisse, gegenüber der scheinbar wertfrei gehaltenen Alternative. Beispiel: Also ich sehe hier nur wieder die typischen Aussagen von Eltern aus Steglitz, die ihre Kinder am liebsten die Jura-Dissertation genetisch einpflanzen würden und jeden Tag fragen, ob die Lehrer auch wirklich ihre Hausaufgaben gemacht haben. Die normalen Leute, wie Sie und ich, die freuen sich auch mal, wenn es in der Schule zum Projekttag geht und ´mal keine Noten und Ellebogen gebraucht werden. Oder: Den willst Du heiraten? Die Familie ist doch immer nur betrunken, der hatte nie richtige Arbeit und Du kannst gleich damit rechnen irgendwann mal die Kinder und das Geld zu besorgen. Schau Dir doch mal die ganzen Männer auf der Straße an; da gibt es so viele normale, rechtschaffende und ehrliche Kerle, das hast Du nicht nötig, Dich so zu ruinieren.
Die Umdeutung
Eine Umdeutung - "neudeutsch" auch als Reframing bezeichnet - dient der Reflexion eines vorgegebenen Sachverhalts, so dass das Gegenüber diesen zwar noch wiedererkennt, jedoch zu einer anderer Sichtweise befähigt wird. Beispiel: "Also mit anderen Worten: Sie haben die Erfahrung gemacht, dass unsere Gruppenleiterin mit Ihrem Kind schlecht umgeht. Wollen Sie damit sagen, dass wir es hier mit einer schlechten Mitarbeiterin zu tun haben?" Oder: "Der Verlust Ihres Arbeitsplatzes ist so gesehen nun wirklich kein Vergnügen. Andererseits: Wenn man bedenkt, was wahre Freiheit bedeutet, ist das vielleicht jetzt die Gelegenheit endlich mal den Ballast abzuwerfen, den man sowieso nur braucht, wenn man Menschen imponieren will, die man eigentlich nicht mag."
Die argumentative Definition
Sie legt Prämissen sichtbar offen fest, um sie anschließend zu konkludieren. Dabei sind sowohl die Beteiligung des Gegenüber als auch Zitate zur Prämissenbildung möglich. Beispiel: Wir sprechen hier über Qualität. Was heißt für Sie Qualität? Der Maßstab muss hier beim Kunden gesucht werden, denn er bestimmt, was gut ist und nicht die Forschung und Entwicklung. Die Vorgaben kommen aus dem Markt. Oder: Weißt Du, was für mich Treue bedeutet? Es bedeutet nicht ständig anderen Frauen auf den Hintern zu schauen und sich im Netz Bilder runterzuholen. Treue fängt im Kopf an, genau wie Sexualität.
Die stillschweigende Argumentation
Das Argumentum ad ignorantiam nutzt Nichtwissen als Beweis beziehungsweise in Form der Argumentum ex silentio, den Beweis durch Schweigen. Die Gültigkeit kann nur kontexabhängig beurteilt werden, in vielen Fällen ist es jedoch logisch nicht gültig. Beispiel: Niemand hat je ein UFO gesehen, also gibt es keine UFOs. Oder: Die Azteken sind nirgends in der Literatur der klassischen Antike erwähnt, also hat es die Azteken damals nicht gegeben. Ein Spezialfall ist die Umkehr der Beweislast: Du behauptest also, die Azteken seien ein wichtiges Kulturvolk gewesen? Dann beweise es!
Die Eisbrecher-Argumentation
Sie provoziert mit Hilfe einer Hypothese zur Fortführung des Dialogs. Die Prämisse wird also nicht inhaltlich, sondern situativ konkludiert. Beispiel: Aber diese Fakten sind es ja nicht, die Sie interessieren. Es geht Ihnen doch in Wirklichkeit um etwas ganz anderes. Oder: Mein Gefühl sagt mir, dass Sie in diesem Moment jedoch kein Vertrauen haben in das, was ich hier sage. Bei dieser Argumentation ist tatsächliches Schweigen Bestandteil der Konklusion.
Die Scheinkausalität
Sie führt eine Rede ad adsurdum und begreift sich als Argument der übertriebenen Logik. Sie arbeitet also mit einer verzerrten Konklusion auf der Basis einer Übertreibung oder Untertreibung. Beispiel: Nehmen wir nur mal an, dass Sie als Vertreter jeden Tag zwei Termine machen. Selbst wenn Sie pro Lebensversicherungsvertrag nur fünfzig Euro im Monat herausholen, kommen Sie bei 20 Arbeitstagen und ganz normalen Laufzeiten schon auf circa 20.000,- Euro Provision. Und da sind die Einnahmen ihrer neu geworbenen Partner noch gar nicht mitgerechnet. Oder: Erst lassen die Öko-Bauern die Insektenvernichtung auf dem Acker sein, dann stört sich der grüne Kunde am Gen gegen Pilzbefall und am Ende kaufen Sie nur noch Brot aus dem Weltraum, weil da die Luftverschmutzung geringer ist.
Der Zirkelschluss oder Tautologie
Sie begründet eine Prämisse mit sich selbst und konkludiert somit eine immer wahre Aussage. Obwohl logisch formal korrekt, wird sie nicht als schlüssig betrachtet und fällt daher in dem Bereich deduktiver Argumentation. Beispiel: Jeder, der schon einmal ein paar Jahrzehnte verheiratet war, kennt auch die lange Weile im Bett. Deswegen hat ja jeder nach entsprechend langer Ehe schon mal langweiligen Sex gehabt. Oder: Wenn Du jetzt schön ins Bett gehst, kannst Du morgen viel besser ausschlafen. Ausgeschlafene Kinder gehen deshalb jetzt gaaaanz schnell ins Bett.
Die Bumerang-Argumentation oder Einwandumkehr
Sie ist eine Sonderform des Zirkelschlusses und reicht exakt die der Konklusion der Gegenrede als Prämisse in der eigenen Argumentation zurück und konkludiert umgekehrt. Beispiel: Sie sagen, sie haben keine Zeit für einen Termin. Sehen Sie, das ist genau der Grund, aus dem heraus ich mich bei Ihnen melde. Niemand hat heute noch Zeit sich um die angenehmen Dinge zu kümmern. Mit einem effektiveren Warenwirtschaftsprogramm gewinnen Sie aber genau das, nämlich Zeit für das Wesentliche. Oder: Ich sehe schon, Du möchtest vor der Heirat keine Gütertrennung vereinbaren. Genau das ist aber doch der Grund, aus dem heraus ich den Vertrag mit Dir machen möchte. Wer sich so sehr gegen die Vernunft sträubt, mit dem möchte ich mich nicht vielleicht einmal über das Haus streiten müssen.
Die Ablenkung
Sie richtet die Aufmerksamkeit des Zuhörers von bestimmten Prämissen weg. Sie stellt neue Prämissen zur Verfügung, die vornehmlich innovativ, persönlich, sensationell oder thematisch an anderer Stelle relevant sind und konkludiert diese neuen Prämissen als viel wichtiger und interessanter als vorgegebene. Beispiel: Na ja, bei der Heizkostenabrechnung gibt es ja so viele verschiedene Verfahren. Das steht alles genau im Mietvertrag, mit den Werten. Sie haben als Mieter sicher auch noch andere Fragen. Zum Beispiel sollten wir uns mal etwas Zeit nehmen für die zweite Terrasse oben, im Schlafzimmer. Sowas haben Sie noch nicht gesehen. Ein Ausblick, sage ich Ihnen, das wird Sie vom Hocker reißen. Kommen Sie mal mit! Oder: Eine Personalentscheidung ist heute gar nicht zu fällen. Viel wichtiger ist, wer sich nächste Woche um die Chinesen kümmert. Ich sage: Der Vertrag muss endlich besprochen werden. Davon hängt ein ganzes Quartal ab!
Die Vertagung
Sie stellt ebenfalls eine Art der Ablenkung dar, jedoch konkludiert sie eine vermeintlich sichere Wiederaufnahme offener Fragen. Diese Argumentation eignet sich besonders zur Reaktion auf Vorwände, hinter denen keine Substanz steht. Beispiel: Diese Frage ist auch wichtig. Lassen Sie uns jedoch zunähst die Grundlagen des Verfahrens klären, damit werden einige Dinge dann von selber klar. Oder: Gut, bitte notieren Sie sich Ihre Fragen für den Diskussionsteil, nach dem Vortrag. Wir kommen nun zum nächsten Punkt.
Die Hypothetische Argumentation
Sie bildet eine Art Scheinargument. Sie konkludiert zumindest eine angenommene Prämisse mit einer tatsächlichen. Beispiel: Stellen Sie sich mal vor, das wäre Ihr Kind, da auf dem Operationstisch. Würden Sie dann auch von einer medizinisch nicht zwingenden Indikation sprechen? Oder: Wir gehen heute Abend etwas früher ins Bett. Und vielleicht, wenn der Nikolaus dann auch heute Nacht genug Zeit hat in Ruhe vorbeizukommen, hast Du morgen etwas ganz leckeres in Deinem Schuh.
Die Referenzargumentation
Sie konkludiert eine anerkannte Tatsache mit einer anerkannten Quelle, entweder für oder gegen einen Sachverhalt. Beispiel: Bodenpflege ist nichts anderes als Wäsche waschen, gerade wenn man kleine Kinder hat und Tiere. Sie waschen doch ihre Wäsche, oder? Sehen Sie, der Dr. Klein, oben im Penthouse mit seiner Familie, der reinigt seine Teppiche nur noch mit dem BlaBla; und da ist er nicht der einzige. Oder: Wir haben nun sechs Monate auf dem Release 1.2.2 getestet. Kein Wettbewerber gurkt so lange auf den OPG-Treibern herum, bis er sie endlich freigibt. Nicht mal SosoTec ist derart lahmarschig.
Die gesellschaftliche Argumentation
Das Argumentum ad populum ist der Versuch, durch den Verweis auf eine wirkliche oder behauptete allgemeine Meinung zu überzeugen. Ähnlich der Referenzargumentation, jedoch allgemeiner gefasst, hebt sie oft auf Binsenweisheiten ab oder zitiert Sprichworte. Beispiel: Wir haben es hier mit Auswirkungen zu tun, die auch unser Bild sozialer Verantwortung betreffen. Diese Sichtweise widerspricht dem gesunden Volksempfinden. Oder: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die Wahrheit spricht.
Die Bandwagon-Argumentation
Sie stellt eine dritte Person, auf dessen Prämisse sich der Redner bezieht, in ein prominentes Licht (Bandwagon = ein Wagen mit Musikkapelle, welcher bei einer öffentlichen Veranstaltung nahe der Tribüne steht und für Musik in guter Qualität zu Ohren der Prominenz sorgt). Beispiel: Als Mitglied dieser Kommission hat er das Recht und die Pflicht, vor der Presse zumindest keine Lügen zu erzählen. Oder: Als Entwickler der ersten Stunde kann man sich schon mal eine eigene Meinung erlauben und diese auch durchsetzen.
Die Entschuldigung
Sie nutzt den Nicht-Angriffsinstinkt des Menschen gegenüber Wehrlosen. Sie konkludiert einen Sachverhalt mit einer höheren Macht. Beispiel: Es ist unverzeihlich zu diesem Termin zu spät zu erscheinen. Selbst bei mehr als rechtzeitiger Abfahrt sitzt man jedoch manchmal länger am Flughafen fest, als man sich das träumen lässt. Bitte verzeihen Sie die Umstände. Oder: Kann man nicht mal fünf Minuten auf die Toilette gehen, ohne dass der Herr Gemahl sich wegen der Bierversorgung beschwert? Wie wäre es mal mit aufstehen und selber gehen?
Die Flucht nach vorne
Die auch "Einwandvorwegnahme" oder "Wind aus den Segeln nehmen" genannte Argumentation bringt einen hypothetischen Einwand zur Sprache, der sofort mit einer passenden Gegenprämisse konkludiert und somit neutralisiert wird. Vornehmlich werden solche Sätze vorweggenommen, die erstens sowieso erwartet werden oder zweitens von geringer Bedeutung sind und somit leicht einen guten Eindruck machen von selbst darauf zu kommen. Beispiel: Natürlich werden Sie gleich fragen, ob nicht die Selbstmontage viel billiger ist, wo doch die Kollektoren augenscheinlich so einfach zusammengeschlossen werden können. Und diese Frage ist auch berechtigt, wenn man auf den Preis schaut. Nur dürfen wir hierbei zwei Punkte nicht vergessen: erstens haben wir es, auch bei Regen, mit Arbeiten unter der offenen Niederspannungsleitung auf dem ungeschützten Dach Ihres Hauses zu tun. Das sollte schon aus Unfallverhütungs-Gesichtspunkten dem Fachmann vorbehalten bleiben. Und noch wichtiger: nur der Elektriker hat die Erlaubnis die Anlage hinterher auch ans Netz zu koppeln. Und wenn Sie nicht riskieren wollen, dass ihr 40.000,- Euro-Generator zerstört wird durch einen kleinen Fehler, werden Sie verstehen warum der Elektriker nur Photovoltaikanlagen anschließt, die ein Mitarbeiter seines Vertrauens verkabelt hat. Oder: Sicher fragen Sie als nächstes, warum ich diese Zeit in meinem Lebenslauf nicht vernünftig belegen kann. Und die Antwort liegt augenscheinlich auf der Hand: Sehen Sie meine Lachfalten? Ich war zwei Jahre in Griechenland und habe dort mit den Menschen gelebt und gelernt, die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. Dafür gibt es keine Zeugnisse.
Die emotionale Argumentation, auch: der Appell
Sie geht in der Konklusion der Prämisse(n) auf eine gefühlsmäßige Ebene und bezieht so die affektiven Werte des Gegenüber mit ein. Beispiel: Es ist eine Tatsache, dass wir irgendwann die Beatmung abstellen müssen. Aber es ist unerträglich, das Gefühl zu haben, nicht vorher wirklich alles menschenmögliche getan zu haben. Wozu haben wir denn das alles gelernt? Oder: Ich bitte Sie, um Gottes Willen, lassen Sie das Kind los! Ich kann gleich nicht mehr an mich halten, wenn Sie nicht sofort aufhören!
Die moralische Argumentation
Sie bezieht sich auf allgemein anerkannte ethische oder gesellschaftliche Werte und versucht eine Aussage in Übereinstimmung oder im Gegensatz befindlich darzustellen. Beispiel: Wir haben es hier mit einem sehr erfolgreichen Abteilungsleiter zu tun. Wenn man sich die Anzahl der Beschwerden in der Abteilung ansieht, ist zu erkennen, dass er nicht einmal vor Erpressung zurückschreckt. Das ist für uns untragbar. Oder: Nehmen wir die Grenzwerte der letzten beiden Jahre, dann erkennen wir sehr deutlich, dass die zulässigen Emissionen noch nicht einmal annähernd erreicht wurden. Das spricht sehr deutlich für echtes Bewusstsein im Sinne des Umweltschutzes.
Die Verunglimpfung
Das Argumentum ad hominem (auch: Brunnenvergiftung, Totschlagsargument, Killerphrase, Isolierung, Ächtung) ist der Versuch, durch den Verweis auf eine wirkliche oder nur behauptete unangenehme Eigenschaft eines Gegners oder eine frühere Behauptung desselben in einer Diskussion zu überzeugen. Sie wirkt mit dem Entzug der Gesprächgrundlage durch Konklusionen, welche die Reputation oder fundamentale Grundwerte des Gegners in Frage stellen. Beispiel: Sie sind doch der Vater, der wegen Kindesmissbrauch gesessen hat!? Oder: Wissen Sie, das haben wir schon immer so gemacht, da könnte ja jeder Student kommen und hier den Vorsitz übernehmen. Auch: Nur die letzten Hinterwäldler haben noch nichts von der Balanced Scorecard gehört. Ihnen sollen wir hier Vertrauen schenken? Oder: Da Meier ein Verhältnis mit seiner Sekretärin hat, muss man seine These über elektromagnetische Partikel sehr kritisch hinterfragen.
Die Offensivspiegelung
Sie arbeitet, anders als die Reflexion oder Umdeutung, mit der direkten und aggressiven 1:1 Wiedergabe eines Argumentes. Bei extrem-verbalen Angriffen konkludiert sie das ethisch-moralische Verhalten des Angreifers auf einer sachlichen Ebene zurück. Beispiel: Es mag sein, dass ein verurteilter Verbrecher verabscheuungswürdig ist, bis in die Ächtung. Wer jedoch Person und Sache nicht zu trennen vermag, stammt vielleicht aus einer Familie, in der es wohl zum guten Stil gehört als Denunziant aufzutreten, um andere mundtot zu machen. Haben Ihre Eltern Ihnen das nach 1945 noch beigebracht? Wir sollten besser ganz schnell beginnen zu den Fakten zurückzukehren! Oder: Wir können hier mit Brunnenvergiftern nichts anfangen! Entweder wir bleiben im Thema oder wir fragen uns besser, ob Ihre unlautere Rhetorik nur dem Ziel dient eine unhaltbare Position zu kaschieren. Wo sind Ihre Beiträge zur Sache? Oder: Narzissmus und persönliche Eitelkeiten sind kein Ersatz für überzeugende Fakten. Vertrauen wird nämlich genau so verspielt? Wir warten auf Ihre Argumente!
Die Spiegelung ist eine der wichtigsten rhetorischen Mittel der Einschüchterung von Kritikern. So lehrt die Scientology-Bewegung in ihren Seminaren die Spiegelung vornehmlich um jedweder Kritik zu begegnen. Sie stellt den Einstieg in die eristische Dialektik des Arthur Schopenhauer dar und markiert den Grenzbereich zur unlauteren Rhetorik, welche sich nicht die Wahrheitsfindung zum Ziel setzt, sondern Recht mit Hilfe von Verzerrung und Manipulation unabhängig von der Sache zu konstruieren begehrt.
Zitat Arthur Schopenhauer, Nachlassband 1864: Daher entsteht nun in uns die Maxime, selbst wenn das Gegenargument richtig und schlagend scheint, doch noch dagegen anzukämpfen, im Glauben dass dessen Richtigkeit selbst nur scheinbar sei, und uns während des Disputierens noch ein Argument jenes umzustoßen oder eines unserer Wahrheit anderweitig zu bestätigen einfallen werde: hierdurch werden wir zur Unredlichkeit im Disput beinahe genötigt, wenigstens leicht verführt.(...) Daraus kommt es, dass wer disputiert in der Regel nicht für die Wahrheit, sondern für seinen Satz kämpft, wie `pro ara et focis` [für Heim und Herd], und `per fas et nefas` [mit Recht wie mit Unrecht] verfährt, ja wie gezeigt nicht anders kann.
Argumentation nach NLP Meta-Programmen
Die einfache Referenzargumentation ist beispielsweise bekannt. Weniger bekannt ist die Tatsache, dass Menschen unterschiedliche Arten von Referenz als subjektiv glaubwürdig empfinden. Dies hängt mit verschiedenen Faktoren zusammen, zumeist sind diese Charakteristika Teil der Sozialisation und Spätfolge frühkindlicher Prägung.
Aber auch andere psychologische Programme (menschliche Charakteristika) sind für den internen Überzeugungsprozess und das subjektive Wahrheitsempfinden definierbar. Lassen Sie dazu folgende Beispiele auf sich wirken und erkennen dabei ihre ganz persönliche Falsifizierung des nachfolgend vorgestellten Systemes durch Ihr Plausibilitätsempfinden und die Ablehnung jeweils eines der beiden Beispiele.
Andere Leser werden die Beispiele umgekehrt bewerten. Dazu sind die Prämissen exemplarisch gleich gehalten. Sollte der Test allerdings kaum Präferenzen erzeugen, beweist dies nur, dass Ihre Prägung in diesem Punkt annähernd ausgeglichen ist. Dies muss nicht zwangsläufig bei Ihrem Gegenüber, das sie wohl überzeugen möchten, auch so sein (Methode von Bodo Wiska, Berlin).
Interne Referenz / externe Referenz
Sie richtet den Bezugspunkt der Referenzargumentation gezielt entweder auf die eigene Erfahrung des Gegenüber oder auf eine fremde anerkannte Autoriät. Beispiel: Sie selbst wissen am besten was richtig für Sie ist und haben Ihre Werte aus der Vergangenheit. Wenn Sie sich selbst ein Urteil bilden, dann erkennen Sie die Vorteile für Ihre Praxis. Oder: Für Sie stellt sich sicher die Frage nach Erfahrungen mit ähnlich großen Praxen. Kennen sie Frau Dr. SoSo, die hier in der Stadt die große Radiologie-Praxis hat? Wenn Sie auf das Urteil einer führenden Kollegin achten, dann erkennen Sie die Vorteile für Ihre Praxis.
Proaktiv- / Reaktiv- Argumentation
Sie passt sich der Motivationsstrategie des Gegenüber an. Menschen motivieren sich tendentiell entweder auf ein gewünschtes Ziel hin zu oder sind bemüht weg von einer unangenehmen Aussicht zu gelangen. Beide Programme enthalten wertvolle Zielorientierungen und beide sind gleich mächtig. Diese Argumentation nutzt die grundätzlichen Unterschiede, nachdem der Berater im Sprachverhalten des Gegenüber ein entsprechendes Muster erkannt hat. Beispiel: Eine Photovoltaikanlage ist eine Investition für die Zukunft. Jemand, der etwas für saubere Energie und seine Kinder tut, der schaut sinnvoll nach vorne. Das ist Ihre Art zu leben: Sinnvolles zu unterstützen. Oder: Eine PV-Anlage ist eine Investition, die unsere Reserven schützt und vermeidet, dass in Zukunft weiter die Reserven Ihrer Kinder sinnlos im Schornstein verpuffen. Das ist Ihre Art zu leben: Unsinniges vermeiden.
Äquivalenzargumentation / Differenzargumentation
Sie nutzt die Erkenntnis, dass der Mensch entweder Vertrauen durch Entsprechungen mit ihm bekannten Prämissen erkennt oder seinen Begriff von Glaubwürdigkeit eher durch das Aufzeigen von möglichst dichten Unterschieden zu bekannten Prämissen gewinnt. Beispiel: Verbrauchsmaterial online zu kaufen ist etwas ganz anderes als die bekannten Bestellungen mit dem Papierkram. Die Unterschiede sind.... Oder: Online Verbrauchsmaterial zu kaufen ist wie Onlinebanking oder Bücherkauf im Netz. Die Prarallelen sind....
Primärmotivation / Sekundärmotivation
Sie stützt sich auf die Erkenntnis, dass menschliche Motivation sich tendentiell eher mit dem Inhalt einer Prämisse (Prozessorientierung) oder an der Auswirkung einer solchen (Zielorientierung) identifiziert. Beispiel: Bei diesem Wagen haben Sie Technik vom Feinsten. Acht Zylinder Diesel, Bremsassistent, Navigation mit Stauumfahrung, die geringste Schadstoffstufe und sogar das Fahrwerk mit Leichtbauelementen, nicht nur die Karosserie. So etwas steht für Vorsprung durch Forschung. Oder: Mit diesem Wagen fahren Sie vom Feinsten. Sie genießen die schnelle und sichere Fahrt mit einem Triebwerk, das richtig Dampf macht und vorzüglichen Bremsen, die Stauumfahrung bringt Ihnen Zeit, niemand braucht sich Gedanken zu machen wegen der Abgase und sogar beim Abfedern merken Sie den Leichtbau. So etwas ist erlebbarer Vorsprung durch Forschung.
Vom Allgemeinen zum Speziellen / Vom Speziellen zum Allgemeinen
Diese Argumentation bezieht sich auf die Art bevorzugter Logik. Je nachdem, ob ein Zuhörer eher Prämissen vom Allgemeinen zum Speziellen konkludiert (eher wissenschaftlich orientiert) oder von Einzelerfahrungen gerne auf allgemeine Feststellungen konkludiert (volkstümliches Denken aus beschränkter Erfahrung). Beispiel: Die Besucher aus der Stadt fragen nun schon seit einem Jahr erst mal nach der nächsten Bank um Geld abzuheben. Ich glaube, es wäre gut für die Zukunft ein Schild an der Rezeption anzubringen. Oder: Jetzt hat der Gast eben nach einer Bank gefragt um Geld abzuheben. Ich glaube, es wäre gut für die Zukunft ein Schild an der Rezeption anzubringen.
Anmerkung zu "Deduktiv / Induktiv"
Die in der Literatur oft zu findende Benennung "Deduktiv" und "Induktiv" für die letztgenannte Argumentationsform (vom Allgemeinen zum Speziellen beziehungsweise umgekehrt) ist nicht korrekt, hat sich jedoch umgangssprachlich etabliert. Zitat Beckmann, Uni Bielefeld: Warnung: In der Literatur findet sich häufig die These: Bei deduktiven Argumenten wird vom Allgemeinen aufs Besondere geschlossen; bei nicht-deduktiven (beziehungsweise duktiven) Argumenten dagegen vom Besonderen aufs Allgemeine. Vor dieser Auffassung muss man ausdrücklich warnen; denn sie ist grundfalsch und verdeckt den wirklichen Unterschied zwischen deduktiven und nichtdeduktiven Argumenten, anstatt ihn zu erhellen. Die Ordnung in Großkategorien der Argumente insgesamt nach formal korrekter deduktiver und induktiver Argumentationswirkung, wie in diesem Artikel, ist eine Einteilung des Autors [1] der Urversion dieses Artikels.
Mehrdimensionale Argumentation
Von der eindimensionalen Argumentation unterscheidet sich die mehrdimensionale Argumentation durch die Einbeziehung einer Rahmenbedingung, in der das Argument wirken soll. Dies kann der Gesprächstyp sein (nach beliebiger charakterlich-psychologischer Kategorisierung) oder die Interessenslage des Gegenüber (zum Beispiel eine Auswahl von griffigen Bedürfnis- und Motivationslagen), beziehungsweise eine Verknüpfung mit einer Kategorisierung von unterschiedlich tiefen Vorkenntnissen unterschiedlicher Gesprächspartner. Gemeinsam ist der mehrdimensionalen Argumentation, dass eine Auswahlmatrix für bestimmte Anwendungen gefertigt wird, bevor die Rede beginnt. Je nach Gegenüber oder Kontext wählt der Redner oder Schreiber dann die passende Koordinate in der Argumentationsmatrix seines bevorzugten Argumentes. Somit stellt die mehrdimensionale Argumentation also keine weitere Dimension innerhalb eines Argumentes dar, sondern lediglich eine Hilfe zur Anpassung von unterschiedlichen Argumenten an wechselnde Situationen.
Das Beispiel stellt eine kleine Matrix mit wenigen Hauptargumentationsformen auf der x-Achse und den wichtigsten Bedürfnislagen des Menschen nach Maslow auf der y-Achse dar. Der Redner kann nun für seine Prämissen die Matrix ausfüllen und den Charakter der Argumente variieren.
Nutzwert / Sie-Stil | Logisch verknüpft | Referenz / Tradition | Einwandvorweg | Hypothetisch | |
Selbstverwirklichung | |||||
Anerkennung | |||||
Sozialbedürfnis | |||||
Sicherheit | |||||
Existenz |
Argumentationstheorie
Klassische Sprachphilosophie und Logik
Der folgende Abschnitt dient der Einbettung der Praxis in die philospophische Diskussion der Argumentation. In ihr werden auch mathematische Formeln gebraucht, um die Logik eines Argumentes zu beweisen.
Aus der Verbindung des so genannten Satzes vom Widerspruch mit dem Satz vom ausgeschlossenen Dritten ergibt sich das Bivalenzprinzip, welches besagt, dass jede Aussage genau einen der beiden Wahrheitswerte “wahr” beziehungsweise “falsch” hat. Ein Argument ist nun gültig genau dann, wenn es unmöglich ist, dass es ein Argument der gleichen logischen Form gibt, bei dem alle Prämissen wahr, die Konklusion aber falsch ist. Daneben gibt es eine Reihe von logischen ungültigen Argumenten in der Rhetorik.
Allgemeine philosophische Vorschläge zur Explikation der Satzwahrheit
- Satz “p” ist wahr genau dann, wenn “p” mit den Fakten übereinstimmt (Korrespondenztheorie)
- Satz “p” ist wahr genau dann, wenn sich die Sachverständigen in freier Diskussion darauf einigen “p” zu akzeptieren (Konsenstheorie)
- Satz “p” ist wahr genau dann, wenn “p” vereinbar ist mit – oder sogar impliziert ist von – den bisher akzeptierten Sätzen (Kohärenztheorie)
- Satz “p” ist wahr genau dann, wenn p (Eliminationstheorie)
- Die Behauptung “‘p‘ ist wahr” ist gleichbedeutend mit der Behauptung “‘p‘: dem stimme ich ausdrücklich zu” (Performationstheorie)
- Satz “p” ist wahr für die Personen P1, ....., Pn genau dann, wenn die Anerkennung von “p” nützlich ist für die Realisierung von Zielen der P1, ....., Pn (pragmatische Wahrheitstheorie).
Weitere Informationen unter Wahrheit.
Argument der besten Erklärung
- Dieses Ideal hat folgende Form (wobei p und q Sätze sind):
- p; die Annahme dass q erklärt am besten, warum p -> q
- Ein indirektes Argument (indirekter Beweis) hat folgende Form:
- Wenn nicht p, dann q; q ist nachweislich falsch -> p
- Eine Bestätigung von p ist das Argument:
- Wenn p, dann q; q -> p
- Eine Widerlegung von p ist das Argument:
- Wenn p, dann q; nicht q -> nicht p
Satzkomponenten in der Argumentation
Nach der Sprechakttheorie beschreiben Sätze nicht lediglich Fakten (so genannte deskriptive Komponente), sondern können beispielsweise auch expressive (Kundgabe von Gefühlen) und evokative Komponenten (Appell an Adressatinnen und Adressaten) besitzen.
Zitate
- Die Beleidigungen sind die Argumente jener, die über keine Argumente verfügen
Jean-Jacques Rousseau - Erfolg ersetzt alle Argumente. Schlechte Argumente bekämpft man am besten, indem man ihre Darlegung nicht stört.
Salvatore Dali - Argumente in „C“ zu formulieren kann nur der Anfang sein. Wenn mehr Techniker wüssten, wie einfach beredte Argumente zu handhaben sind, würden sie mehr Geld verdienen, bessere Werkzeuge erhalten und eines Tages grinsend einen Schlips binden.
Bodo Wiska - Hört man zu, kann man überzeugt werden, und wer sich durch ein Argument überzeugen lässt, ist ein von Grund auf unvernünftiger Mensch
Oscar Wilde - Man hält einen Aal am Schwanze fester als einen Spötter mit Argumenten.
Johann Wolfgang von Goethe - Schweigen ist ein Argument, das kaum zu widerlegen ist
Heinrich Böll
Quellen
- Ausgefüllte Argumentationsmatrix
- Liste gebräuchlicher Argumentationsformen
- Neurologischer Verstehensprozess
- Argument und Beweis
- Merksätzte und Quelle der hier verwendeten Definition "Induktiv/Deduktiv (S.13)
- Prädikatikon und Argument
Siehe auch: Induktion, Deduktion, Wahrheit, Rhetorik, Referat (Vortrag), Erörterung, Falsifizierung, Intelligenz, Verkaufsethik
Literatur
- Argumentationstraining gegen Stammtischparolen.
Klaus-Peter Hufer ISBN 3879200548 - Argumentieren
Anne Thomson ISBN 3608942025 - Einführung in die Logik. Argumentation und Folgerung
Axel Bühler ISBN 3495479058 - Grundkurs im logischen Schließen. Übungen zum Selbststudium
Eike von Savigny ISBN 3525335024
Rezension zu Grundkurs im logischen Schließen von Marco Montecavallo (montecavallo@gmx.net) aus Florenz (Zitat): Dieses Lehrbuch geht von der Praxis des Argumentierens in der natürlichen Sprache aus und entwickelt von dorther die formale Logik. Im Mittelpunkt der Darstellung steht die logische Folgerung, die das Argumentieren und beweisende Denken ermöglicht. (...) Das Buch ist eine ideale Hilfe für jeden Anfänger des Logikstudiums und auch für das Selbststudium hervorragend geeignet, da es keine Vorkenntnisse voraussetzt. "Die didaktische Qualität des Buches ist hervorragend." (Information Philosophie, März 96)