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Khin Nyunt

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General Khin Nyunt (birmanisch Datei:Khinnyunt.png) (* 11. Oktober 1939 in Kyauktan, Yangon-Division, Birma) ist Militär und Politiker in Myanmar. Er war Chef des Militärischen Geheimdienstes und vom 25. August 2003 bis zum 18. Oktober 2004 Premierminister des Landes.

Nach einer Karriere innerhalb des Militärs wurde Khin Nyunt 1984 nach Rangun zurückbeordert. Dort hatten nordkoreanische Terroristen einen Anschlag auf eine südkoreanische Regierungsdelegation in der Hauptstadt durchgeführt, wobei mehrere Menschen getötet wurden. Khin Nyunt wurde daraufhin mit der Leitung des Militärischen Geheimdienstes beauftragt.

Nach der blutigen Niederschlagung der Aufstände im August 1988, an denen Khin Nyunt maßgeblich beteiligt war, errichtete das Militär den "Staatsrat für die Wiederherstellung von Recht und Ordnung" SLORC (State Law and Order Restoration Council). Khin Nyunt wurde dessen Erster Sekretär, eine Funktion, die er auch über die Umbenennung von SLORC in SPDC (State Peace and Development Council) am 15. November 1997 hinaus behielt. Mit der Ernennung zum Premierminister musste er diesen Posten an Generalleutnant Soe Win abtreten.

Schon kurz nach dem Amtsantritt präsentierte der neue Premierminister einen 7-Punkte-Fahrplan (Roadmap) für die Wiederherstellung der Demokratie. Dieser Fahrplan wurde jedoch sowohl von der myanmarischen Opposition im In- und Ausland wie auch von vielen ausländischen Staaten als ungenügend kritisiert, da er zum einen versuchte, die bereits in der verfassunggebenden Versammlung 1996 vorgegebenen Eckpunkte festzuschreiben, hier insbesondere die Beteiligung des Militärs an der Regierungsgewalt, und zum anderen keinerlei zeitlichen Horizont enthielt.

Der erste Schritt des 7-Punkte-Plans, die Wiedereinberufung der 1996 ausgesetzten Nationalversammlung zur Erarbeitung einer Verfassung, erfolgte angesichts des zunehmenden Drucks des Auslands am 17. Mai 2004.

Nach nur zwei Monaten Tagung auf einem Militärgelände außerhalb von Rangun - abgeschirmt von der Öffentlichkeit - wurde die Nationalversammlung auf unbestimmte Zeit ausgesetzt.

Die Unterstützung für seine eigene "Roadmap für die Wiederherstellung der Demokratie" lässt sich an der Tatsache ablesen, dass weder der Premierminister Khin Nyunt noch der de-facto-Staatschef Than Shwe an der Eröffnungszeremonie zur Nationalversammlung teilgenommen haben.

Khin Nyunt gilt als der Initiator von Waffenstillstandsverhandlungen und Verträgen mit verschiedenen ethnischen, bewaffneten Bewegungen z.B. mit der UWSA United Wa State Army und der KIA Kachin Independent Army.

Seit der Ernennung zum Premierminister wurde immer wieder über die tatsächliche Rolle von Khin Nyunt spekuliert. Khin Nyunt galt innerhalb der Militärjunta als gemäßigter Pragmatiker, der die Notwendigkeit zum Dialog mit der demokratischen Opposition erkennt. Dahingegen gelten der Vorsitzende des SPDC, Than Shwe, sowie dessen Stellvertreter, General Maung Aye, die Nummer 2 im Staat, als Hardliner und Gegner der Demokratisierung Myanmars.

Das Amt des Ministerpräsidenten ist - im Gegensatz zu demokratischen Systemen - nur mit geringen Machtbefugnissen ausgestattet. Außerdem konnte Khin Nyunt als Führer des gefürchteten Geheimdienstes nur auf geringen Rückhalt im eigenen Land bauen, wohingegen Angehörige der Streitkräfte über eine breite Basis verfügen. Andererseit gilt Khin Nyunt als Zögling General Ne Wins, der bis zu seiner Internierung im Jahre 2002 immer noch maßgeblichen Einfluss auf die Politik im Lande ausübte, und konnte somit mit dessen Protegierung seine Macht verfestigen.

Am Abend des 18. Oktober 2004 wurde Khin Nyunt als Premierminister von der Junta wegen Korruptionsverdachts abgesetzt und unter Hausarrest gestellt. Nach Beobachtermeinung war dies das Ergebnis einer geplanten Kaltstellung des ungeliebten Pragmatikers. Die offizielle Begründung, er habe sein Amt 'aus gesundheitlichen Gründen' aufgegeben, ist ein Euphemismus, um die wahren Gründe für die Entfernung einer Amtsperson zu verbergen. Nachdem einen Monat zuvor, am 18. September, bereits der als enger Verbündeter geltende Außenminister Win Aung seines Amtes enthoben worden war, haben sich die Falken innerhalb des Regimes endgültig durchgesetzt.

Mit der Neubesetzung des Postens des Premierministers durch den dem Staatschef als loyal geltenden Generalleutnant Soe Win präsentiert sich die Führungsspitze nunmehr geschlossen. Die Aussicht auf eine Annäherung an die demokratische Opposition ist geschwunden.

Im Lande wurde die Absetzung von Khin Nyunt mit Erleichterung aufgenommen, da dies gleichzeitig das Ende des Wirkens des ungeliebten Geheimdienstes bedeutete, der in den nachfolgenden Wochen aufgelöst wurde.

Khin Nyunt ist verheiratet mit der Ärztin Dr. Daw Khin Win Shwe (* 6. Oktober 1940), die verschiedene Ämter in staatlichen Einrichtungen für Frauenfragen innehatte. Zuletzt war sie unter anderem Vorsitzende der staatlichen "Myanmar Women’s Affairs Federation". Diese Funktion ist mittlerweile auf die Ehefrau des amtierenden Premierministers Soe Win, Daw Than Than Nwe, übergegangen.

Khin Nyunt und Dr. Khin Win Shwe haben eine Tochter, Thin Le Le Win, und zwei Söhne, Oberstleutnant Zaw Naing Oo und den Geschäftsmann Dr. Ye Naing Win, der bis zum Sturz von Khin Nyunt das Internet-Portal Bagan Cybertech leitete. Den letztgenannten haben die Eltern im Jahre 1998 öffentlich - durch Schaltung einer Anzeige im Staatsblatt The New Light of Myanmar - enterbt, angeblich wegen seiner Heirat mit einer Singapurianerin.

Über das Schicksal von Khin Nyunt und seiner Familienangehörigen nach dessen Sturz gab es lange Zeit nur Spekulationen. Am 5. Juli 2005 wurde er vor ein Sondertribunal im berüchtigten Insein-Gefängnis in Rangun gebracht und hatte zuvor offensichtlich unter Hausarrest gestanden. Das Gericht verurteilte Khin Nyunt am 21. Juli 2005 wegen insgesamt acht Anklagepunkten, darunter auch des Vorwurfs der Korruption, zu 44 Jahren Haft auf Bewährung, die er wahrscheinlich wieder im Hausarrest verbringen wird. Am selben Tag wurden die Urteile gegen seine Söhne Zaw Naing Oo und Dr. Ye Naing Win verkündet. Im Gegensatz zu ihrem Vater erhielten sie deutlich höhere Haftstrafen von 68 bzw. 51 Jahren. Bereits im April 2005 war sein Schwiegersohn Tin Htut wegen Wirtschaftsverbrechen abgeurteilt worden. Ob auch Dr. Daw Khin Win Shwe zur Rechenschaft gezogen wurde, ist unklar. Sicher scheint nur zu sein, dass sie ihrem Mann ins Insein-Gefängnis gefolgt ist.