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Folge (Mathematik)

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Eine in ihrer Anordnung festgelegte Auflistung von endlich oder unendlich vielen Zahlen heißt in der Mathematik Zahlenfolge oder kurz Folge. Die einzelnen Zahlen, aus denen die Folge zusammengesetzt ist, heißen die Glieder der Folge.

In den meisten Anwendungen sind die Folgenglieder ganze, rationale oder reelle Zahlen. In der Funktionalanalysis wird der Begriff Folge dahingehend erweitert, dass die Folgenglieder Elemente eines beliebigen metrischen Raums sein dürfen. Folgen, deren Glieder nicht Zahlen, sondern Mengen sind, werden in einem eigenen Artikel Mengenfolge behandelt.

Zeitreihen, wie sie durch die Aufzeichnung von Temperaturbeobachtungen oder Wirtschaftsdaten entstehen, können mathematisch als Folgen aufgefasst werden.

Unendliche Folgen können gegen einen Grenzwert konvergieren. Die Theorie der Grenzwerte unendlicher Folgen ist eine wichtige Grundlage der Analysis: auf ihr beruhen die Berechnung von Grenzwerten von Funktionen, die Definition der Ableitung (Differentialquotient als Grenzwert einer Folge von Differenzenquotienten) und der Riemannsche Integralbegriff. Wichtige Folgen erhält man als Koeffizienten von Taylorreihen stetiger Funktionen; manche elementare Funktionen wie tan x führen dabei auf recht exotische Folgen wie zum Beispiel die Bernoullischen oder Eulerschen Zahlen.

In der Informatik kann man Felder (Arrays) als endliche Folgen auffassen.

Formale Definition

Weil die Glieder einer Folge in ihrer Reihenfolge festgelegt sind, kann man jedes Glied durch eine Art "Hausnummer", den Index, eindeutig bezeichnet werden. Die Indizes entnimmt man fast immer der Menge der natürlichen Zahlen N; je nach Anwendungsfall schließt man dabei die Null ein (bei Bedarf explizit als Menge N0 notiert) oder nicht (Menge N+).

Randbemerkung: Diese Mehrdeutigkeit spiegelt sich auch in der Computertechnik wieder: in älteren (Fortran) oder didaktischen (Pascal) Programmiersprachen werden n-dimensionale Felder mit Indizes zwischen 1 und n adressiert; in den meisten Sprachen werden jedoch Indizes von 0 bis n-1 verwendet.

Wie so oft, kehrt man in der formalen Definition die Logik der Begriffsentstehung um und erklärt eine Folge als eine Funktion

die jedem Index i aus der Indexmenge N ein Folgenglied ai aus der Zielmenge X zuordnet. In der Regel ist X ein metrischer Raum; in den wichtigsten Anwendungsfällen ist X ganz konkret die Menge der reellen Zahlen R.

Es ist gebräuchlich, eine Folge mit runden oder spitzen Klammern als (ai) oder <ai> zu notieren; davon zu unterscheiden ist die Bildmenge der Folge {ai | i aus N}.

Beispiel: Die Folge 0, 1, 0, 2, 0, 4, ... hat die Bildmenge { 0, 1, 2, 4, ... }.

Taxonomie

Je nach Anzahl der Folgenglieder unterscheidet man endliche Folgen und unendliche Folgen. In der Analysis meint man mit dem Wort Folge zumeist eine unendliche Folge; nur unendliche Folgen können gegen einen Grenzwert konvergieren.

Wie Funktionen kann man auch Folgen über ihr Steigungsverhalten und ihren Bildbereich charakterisieren:

  • Eine Folge heißt monoton steigend, wenn sie von Glied zu Glied gleichbleibt oder zunimmt, wenn also für alle i aus N gilt: aiai+1.
  • Eine Folge heißt streng monoton steigend, wenn sie von Glied zu Glied zunimmt, wenn also für alle i aus N gilt: ai < ai+1.
  • Die Begriffe monoton fallend und streng monoton fallend sind analog definiert.
  • Eine Folge heißt nach oben beschränkt, wenn sie eine obere Schranke S besitzt, so dass für alle i aus N gilt: ai < S.
  • Die kleinste obere Schranke einer Folge heißt auch ihr Supremum.
  • Die Begriffe nach unten beschränkt, untere Schranke und Infimum sind analog definiert.
  • Eine Folge, deren Werte abwechselnd positiv und negativ sind, heißt alternierend.
  • Eine Folge, deren Glieder alle übereinstimmen, könnte man eine triviale Folge nennen.
  • Eine unendliche Folge, die aus Wiederholungen einer endlichen Teilfolge besteht, heißt periodisch; es gibt eine Periodenlänge n, und für alle i aus N gilt: in der sich eine bestimmte ai = ai+n.

Eine unendliche Folge, die gegen keinen Grenzwert konvergiert, kann nichtsdestoweniger Häufungspunkte besitzen (Beispiel: die Folge -1/2, 3/4, -5/6, 7/8, ... besitzt die Häufungspunkte -1 und 1).

Für monoton steigende (oder fallende) Folgen stimmen Supremum (bzw. Infimum) und Grenzwert überein (Beispiel: die Folge 0, 1/2, 2/3, 3/4, ... konvergiert gegen ihr Supremum 1).

Bildungsgesetz und Beispiele

Eine endliche Folge kann man angeben, indem man sämtliche Folgenglieder nennt. Bei einer unendlichen Folge geht das offensichtlich nicht; stattdessen muss man das Bildungsgesetz der Folge in anderer Form mitteilen.

Angabe von Anfangsgliedern

Die in manchen Intelligenztests gestellte Aufgabe, eine Folge fortzusetzen, deren erste Glieder gegeben sind, ist aus mathematischer Sicht problematisch: durch noch so viele Anfangsglieder ist der weitere Verlauf einer Folge nicht eindeutig festgelegt. Es gibt nur mehr oder weniger plausible Fortsetzungen. Beispiele:

  • Gegeben ist 0, 1, 2, 3. Am plausibelsten ist die Fortsetzung 4, 5, 6, ..., also die Folge aller natürlichen Zahlen. Möglich ist aber auch die Fortsetzung 0, 1, 2, 3, 0, ...., also als die periodische Folge der natürlichen Zahlen modulo 4. In einem Computer werden ganze Zahlen oft mit 32 Bit, also modulo 231 dargestellt; beim sukzessiven Erhöhen eines Registers durchläuft man dann die Zahlenfolge 0, 1, 2, 3, ..., 2147483647, -2147483646, -2147483645, ..., -1 und periodisch weiter.
  • Ein mathematisch unvorgebildeter Proband nennt für die Zahlenfolge 3, 1, 4, 1, 5 als plausibelste Fortsetzung 1, 6, 1, 7, ... Inhaber der mittleren Reife sollten hingegen die Dezimaldarstellung der Kreiszahl π wiedererkennen und die Fortsetzung 9, 2, 6, ... vorschlagen.

Die Online-Enzyklopädie der Zahlenfolgen (OEIS) enthält tausende mathematisch relevanter Folgen; darin kann man nach einer gegebenen Teilfolge suchen.

Zur Notation: Wenn eine Folge nichtganze Zahlen enthält und Folgenglieder als Dezimalzahlen angegeben werden sollen, trennt man die Folgenglieder zweckmäßigerweise durch ein Semikolon anstelle des sonst meist verwendeten Kommas, also z.B. 1; 0,5; 0,25; 0,125; ...

Angabe einer Funktionsvorschrift

Für viele, aber nicht alle wohldefinierte Folgen kann man die Funktionsvorschrift

als eine geschlossene Gleichung angeben.

In den folgenden Beispielen legen wir Indizes aus der Menge N0 zugrunde.

Die Folge der natürlichen Zahlen 0, 1, 2, 3, ... Dieses Beispiel ist speziell, weil die Werte von Folgenglied und Index übereinstimmen; die Funktionsvorschrift lautet einfach

Eine andere arithmetische Folge, also eine Folge mit konstanter Differenz zwischen aufeinanderfolgenden Gliedern. Für die Folge 5, 7, 9, ... lautet die Funktionsvorschrift

im allgemeinen Fall (mit konstanter Differenz d)

Innerhalb der Mathematik oder Informatik benötigt man besonders häufig die Folge der geraden

oder der ungeraden Zahlen,

Die Folge der Quadratzahlen 0, 1, 4, 9, ... hat die Funktionsvorschrift

die der Kubikzahlen 0, 1, 8, 27, ...

was man für s-te Potenzen der natürlichen Zahlen zu

verallgemeinern kann, wobei s eine beliebige reelle Zahl sein darf. Mit s=1/2 erhält man die Folge 0, 1, &sqrt;2, &sqrt;3, 4, &sqrt;5, ... der Quadratwurzeln der natürlichen Zahlen,

Bei negativen Exponenten s<0 ist zu beachten, dass 0s nicht exisitiert. Beispielsweise mit s=-1 und der Funktionsvorschrift

ist es nicht möglich, dass Folgenglied zum Index i=0 zu berechnen. Man den Index 0 ausschließen, indem man sich die Indexmenge N+ beschränkt. Oft ist es jedoch zweckmäßiger, die Indexmenge N0 unverändert zu lassen und stattdessen die Funktionsvorschrift in

zu ändern. Dann lauten die ersten Folgenglieder 1, 1/2, 1/3, 1/4, ... In gleicher Weise kann man eine Funktionsvorschrift für beliebige Exponenten s aufstellen:

.

So wie in einer arithmetischen Folge aufeinanderfolgende Glieder eine konstante Differenz haben, so stehen in einer geometrische Folge

aufeinanderfolgende Glieder in einem konstanten Verhältnis zueinander, ai+1 / ai = q. Zum Beispiel ergibt q=2 die der Folge der Zweierpotenzen

von der jeder mit Digitaltechnik Befasste mindestens die ersten zehn Glieder 1, 2, 4, 8, 16, 32, 64, 128, 256, 512, 1024 auswendig weiß; in dieser Folge ist jedes Glied genau doppelt so groß wie das vorangegangene.

Eine geometrische Folge mit |q|<1 konvergiert gegen Null, wie beispielsweise die Folge 1; 0,1; 0,01; ... zu q=0,1:

Wenn q=1 erhält man die triviale Folge 1, 1, 1, ...; wenn q=-1, erhält man aus

die fundamentale alternierende Folge 1, -1, 1, -1, ...


Angabe als Reihe

Addiert man die Glieder einer Folge, so erhält man eine Reihe, was bei der Herleitung der Integralrechnung von großer Bedeutung ist.

Angabe einer Rekursion

Die Fibonacci-Folge:
mit und

Eine rekursiv definierte Folge rationaler Zahlen, die gegen √2 konvergiert:

Angabe über einen Algorithmus

Die Primzahlen:


Beispiele

... Bei regelmäßigen Folgen lässt sich jeweils ein Bildungsgesetz. Zum Beweis der Konvergenz ist hier die Methode der Vollständigen Induktion ein nützliches Hilfsmittel.


Folgen in den ganzen Zahlen

Die Dreieckszahlen:


Eine alternierende Folge:


Goodstein-Folgen

siehe Goodstein-Folge.