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Multiprotocol Label Switching

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Multiprotocol Label Switching (MPLS) ermöglicht die verbindungsorientierte Übertragung von Daten in einem verbindungslosen Netzwerk entlang eines zuvor aufgebauten („signalisierten“) Pfades. Es wird typischerweise von Netzwerkbetreibern für das Routing in ihrem Autonomen System (AS) benutzt.

Was bedeutet verbindungsorientiert, was verbindungslos?

Können Daten von einem Endgerät spontan an einen Empfänger gesendet werden, und weiß jedes Datenvermittlungssystem (Router) eigenständig, wie es die Daten weiterzuleiten hat, spricht man von verbindungsloser Datenübertragung.

Muß vor dem Senden von Daten durch ein Endgerät erst ein Pfad durch das Netzwerk zum Empfänger signalisiert werden, spricht man von verbindungsorientierter Datenübertragung. In diesem Fall werden die Datenvermittlungssysteme (Switches) mit den notwendigen Verbindungsinformationen versehen, um die gesendeten Daten korrekt weiterzuleiten.

Es ist wichtig zu verstehen, daß ein verbindungsorientiertes Netzwerk ein deterministisches (gut kontrollierbares) Verhalten aufweist, also Ressourcen in den Vermittlungssystemen während der Signalisierungsphase reserviert werden können.

Dahingegen weist ein verbindungsloses Netzwerk ein stochastisches (eher zufälliges) Verhalten auf. Daten können zu beliebiger Zeit und in beliebiger Menge im Vermittlungssystem eintreffen. Ressourcen sind nur eventuell vorhanden.

ATM-Netzwerke, sowie das analoge und digitalen Telefon-Netz, arbeiten verbindungsorientiert. Die Vermittlungssysteme dieser Netzwerke nennt man Switch. Sie bearbeiten die Sprache und Daten auf Layer-2 des OSI-Modells.

IP-basierten Netzwerk arbeiten "von Natur aus" verbindungslos. Die Vermittlungssysteme dieser Netzwerke nennt man Router. Sie bearbeiten die Sprache (z.B. VoIP = Voice over IP) und Daten auf Layer-3 des OSI-Modells.

Warum MPLS?

Die gesamte Historie von Netzwerk-Transport-Infrastrukturen zu beleuchten, wäre an dieser Stelle zu viel des Guten. Daher wird lediglich die relativ neue Zeitspanne ab Mitte der neunziger Jahre, mit Augenmerk auf die Weitverkehrsnetze (WANs= Wide Area Networks), des letzten Jahrhunderts betrachtet.

Das Verhältnis zwischen Daten und Sprache in den bestehenden Netzwerken liegt bei ungefähr 30/70 (also 70% Sprache). Unternehmen betreiben, wenn sie es sich leisten können, getrennte Netzwerke für die Daten- bzw. Sprachübertragung, was erhebliche Kosten verursacht. Die Datennetze bestehen oft aus Mietleitungen oder angemieteten Datenkanälen (64kbit/s - 2 MBit/s). Eine netzwerkweite Dienstequalität (QoS- Quality of Service) gibt es nicht. Die Sprachnetze bieten diese Dienste-Qualitäten für Sprachdienste, aber die erforderlichen Bandbreiten zur Datenübertragung sind nicht vorhanden oder extrem teuer. Es fehlt eine Übertragungsplatform, die beiden Netzwerktypen gerecht wird.

Die Einführung der ATM-Technologie löst diese Problematik in vielen Teilbereichen. Sprache und Daten werden nun über eine gemeinsame Infrastruktur übertragen. ATM nutzt P-NNI als Signalisierungsprotokoll, um Pfade, bestehend aus VPI/VCI Tupeln, zu signalisieren. VPI steht als Abkürzung für Virtual Path Identifier (virtuelles Leitungsbündel), VCI für Virtual Circuit Identifier (virtuelle Leitung).

Allerdings stellt das ATM Transportnetz keinerlei Routing-Funktionalitäten für die immer weiter verbreitete, IP-basierte, Datenübertragung zur Verfügung. Dieses geschieht, wie bisher, in Routern.

(Anmerkung: Auch andere Protokolle werden so übertragen. Die Router sind multiprotokoll-fähig, daß heißt, sie vermitteln auch Datenpakete für Protokolle wie SNA, Banyan-Vines, IPX, DECNet, etc. Allerdings konsolidiert sich auch in diesem Bereich der Markt zu Gunsten von IP).

Die Routing-Systeme bekommen nun durch ATM die Möglichkeit sich wesentlich höherer Übertragungs-Bandbreiten zu bedienen. Allerdings endet die Migration der Netzwerkstrukturen bei der Signalisierung von Verbindungswegen. Diese bleibt einzig und allein dem ATM-Netzwerk überlassen, während die IP-Router weiterhin verbindungslos, also stochastisch, ihre IP-Datenpakete übertragen. Eine netzwerkweite Dienstequalität (QoS) um Daten und Sprache wirklich, unter Nutzung der hohen Bandbreiten, zu integrieren, existiert immer noch nicht.

Es entstehen sogenannte Overlay-Architekturen. Die ATM-Transportschicht sieht die IP-Netzwerkschicht nicht und umgekehrt. Begriffe, wie Ship-In-The-Night-Routing sprechen für sich.

Zudem gelangen die verfügbaren Routersysteme an ihre Kapazitätsgrenzen. Sie sind lange Zeit nicht in der Lage, die neu verfügbaren Bandbreiten von bis zu 622 MBit/s zu 100% zu bedienen. Außerdem stellt das Zusammenfügen und Zerlegen von IP-Pakete (bis zu 1536 Byte oder mehr) in ATM-Zellen (53 Byte)in Hardware eine schwer überwindbare Grenze für Geschwindigkeiten über 622 MBit/s dar. Erforderliche SAR-Chips (Segmentierung und Reassemblierung) für volle 2.048 GBit/s (OC-48c/STM-16c) lassen Jahre auf sich warten.

Eine zusätztliche Problematik stellt sich diesem Lösungsansatz ebenfalls in den Weg. Das Vermaschungsproblem der IP-Router durch die erforderlichen Verbindungen untereinander. Sie haben eine Vielzahl von VCIs zu managen, ganz besonders zentrale Lokationen (Orte), wie z.B. Firmenzentralen sind massivst betroffen. Die eingesetzten Routing-Protokolle (IGPs) wie OSPF, RIP oder IS-IS sind für diese Art der Topologie nicht geeignet (n-square-Problematik). Es entsteht ein immenser Stress für die Routing-Kontroll-Ebene der Router. Sie kollabieren immer wieder oder entwickeln sich zu permanenten Engpässen im Netz. Die Übertragung von unterschiedlichen Diensten (Sprache, Daten, Video) über eine einheitliche und vereinfachte Platform rückt in weite Ferne.


MPLS, ein Licht am Ende des Tunnels!

Das ist die Geburtsstunde der MPLS-Technologie. Primär mit dem Ziel, die gestressten Routing-Systeme zu entlasten und endlich die bereitgestellten (und teuren) Bandbreiten der Übertragungsleitungen voll zu nutzen.

Die Idee ist es, Datenpakete nicht mehr länger von einem Router zum nächsten Router (Hop-by-Hop) weiterzuleiten und in jedem Router aufs Neue die Entscheidung für den günstigsten Weg zu treffen, sondern diese an einem Eingangspunkt (Ingress-Router) auf einen vorsignalisierten Datenpfad zu senden und erst wieder am Ausgangspunkt (Egress-Router) die herkömmliche Hop-by-Hop Weiterleitung zu nutzen. Idealerweise liegen Ingress- und Egress-Router z.B. an den Grenzen eines Netzwerkes (z.B. bei Transit Providern).Das entlastet einen Großteil der Netzwerkrouter erheblich. Auf allen MPLS-fähigen Zwischenstationen (Routern) werden lediglich die den MPLS-Paketen vorgeschalteten Label ausgewertet. Dies erfolgt bereits auf der Transportschicht (Layer-2).

MPLS bietet also ein verbindungsorientiertes Verkehrsverhalten (wie ATM) für IP-Datenpakete. Die Pfade werden vor der Paketweiterleitung signalisiert. Zudem können mit Hilfe zusätzlicher Protokolle wie RSVP, Ressourcen auf den Routern reserviert werden. Dies erlaubt, in einem gewissen Rahmen, QoS für die kombinierte Übertragung von Sprache, Daten und Video, netzwerkweit zu realisieren.

Trotzdem ist es wichtig zu verstehen, daß MPLS (auch mit RSVP) keine Bandbreiten reservieren kann, wie es ATM ermöglicht. Es ist möglich, ein gewisses deterministisches Verkehrsverhalten anzunähern, aber IP-Routing ist und bleibt in seinem Verhalten stochastisch, auch mit MPLS.

MPLS Protokoll-Architektur

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