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Montague Summers

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Montague Summers (* 10. April 1880 in Clifton bei Bristol (Südengland); † 10. August 1948 in Richmond bei London) war ein britischer Literaturwissenschaftler und Dämonologe, sowie Verfasser berühmter Bücher über Hexen, Vampire und Werwölfe.

Jugendjahre und angebliche Priesterweihe

Montague Summers – mit vollem Namen Alphonsus Joseph-Mary Augustus Montague Summers – hat wie niemand sonst so viel Wissen - und leider auch Halbwissen! - über Hexen, Vampire und Werwölfe angesammelt und niedergeschrieben. Montague Summers kam als der jüngste Sohn eines wohlhabenden Brauereibesitzers, Bankiers und Friedensrichters zur Welt. Der literarisch interessierte Jüngling sollte eine Karriere in der Church of England einschlagen. Doch schon während seines Studiums am hochberühmten Trinity College in Oxford und am Theological College of Lichfield interessierte er sich für Hexen, Vampire, Werwölfe. Offenbar war er homosexuell veranlagt und bekannte sich in seinem ersten Gedichtband Antinous (1907) – in unverkennbarer Anspielung auf Antinoos, den Lieblingsknaben des römischen Kaisers Hadrian – zu seinen Neigungen. Zeitweise soll er den "Uranian Poets" angehört haben, einem Dichterkreis, der offen die Homoerotik propagierte. Im Jahre 1908 wurde der angehende Geistliche Summers, der als Diakon in Bath angestellt war, der Sodomie angeklagt, d. h. homosexueller Beziehungen zu einem Minderjährigen. Das Vergehen konnte ihm nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, aber seine erhoffte Karriere in der Anglikanischen Staatskirche war danach beendet.

Aus Protest, so heißt es in den gängigen Biographien, habe Montague Summers die heuchlerische Anglikanische Kirche verlassen, sei zum Katholizismus übergetreten und habe sich zum Priester weihen lassen. Die Bilder, die von ihm existieren, zeigen ihn stets in der Tracht eines katholischen Geistlichen, wie sie im 19. Jahrhundert üblich war. Ob die Schilderung dieses Teils seines Lebens jedoch in allen Punkten den Tatsachen entspricht, muss fraglich bleiben, denn seine Priesterweihe wird von den Akten keiner einzigen britischen Diözese bestätigt. Vieles spricht dafür, dass er Mitglied einer der zahlreichen altkatholischen Freikirchen war, die sich nach dem 1. Vatikanischen Konzil aus Protest gegen den Unfehlbarkeitsanspruch des Papstes von Rom abgespalten hatten und von offizieller Seite nicht anerkannt wurden (und werden). Einige dieser altkatholishen Freikirchen vertraten nicht nur eine extrem konservative Theologie, sondern rechtfertigten im Nachhinein auch die Judenpogrome und vor allem die frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen, was für Summers durchaus attraktiv war.

Summers ließ in seinem Umfeld verschiedene Gerüchte verbreiten, so etwa die Behauptung, dass er nicht nur die (alt-)katholische Priesterweihe erhalten habe, sondern bis zum Amt eines Bischofs seiner Kirche aufgestiegen sei. Welcher Diözese er vorgestanden haben soll, bleibt unklar. Gerüchten zu Folge soll es sich dabei um die so genannte „Diocese of Glastonbury“ gehandelt haben. Die südenglische Stadt Glastonbury wird seit dem Mittelalter mit dem Grals-Mythos in Verbindung gebracht und genießt daher in esoterisch-okkultistischen Kreisen eine gewisse Berühmtheit. Es ist beinahe schon überflüssig zu vermerken, dass ein offizieller katholischer Bischofssitz gleichen Namens nicht existiert. Einer Pfarrei hat er freilich nie vorgestanden, sondern an verschiedenen Privatschulen Literatur und Latein unterrichtet, wobei er stets in der Tracht eines katholischen Geistlichen auftrat und sich als „Reverend“ anreden ließ. In seinem Umfeld wurde zuweilen gemunkelt, dass Summers einen Spezialauftrag besonderer Art von „ganz oben“ im Vatikan erhalten habe, nämlich die systematische Erforschung des Hexenunwesens. Wahrscheinlich hatte er dieses Gerücht persönlich in die Welt gesetzt, um den offensichtlichen Widerspruch zwischen seinem geistlichen Status und seinen okkultistischen Interessen zu erklären.

Unklar bleibt weiterhin, ob sich der selbsternannte dem „Ordo Templi Orientis“ des Wiener Großindustriellen Carl Kellner (1850-1905), angeschlossen hat. Sicher ist jedoch, dass Montague Summers der magischen diskreten Gesellschaft „The Hermetic Order of the Golden Dawn“ beigetreten war, deren Mitglied auch der Schriftsteller Bram Stoker, der geistige Vater von Graf Dracula, war. Verbindungen zu satanistischen Zirkeln hat Montague Summers öffentlich nie zugegeben, denn damit hätte er seiner pädagogischen Laufbahn selbst ein abruptes Ende gesetzt. Durch seine okkulten Interessen kam er natürlich in Kontakt mit anderen „Experten“. Ausgerechnet mit Aleister Crowley (1875-1947) verband ihn eine besondere Freundschaft, die offenbar auf gegenseitiger Bewunderung beruhte. Dies ist insofern erstaunlich, als Summers in seinen Büchern über das Hexenwesen ständig die Gefährdung der Menschheit durch die Anhänger Satans in den grellsten Farben ausmalte und sich selbst als den letzten der großen Hexenjäger betrachtete. Vielleicht fühlten sich der selbst ernannte Prophet und der falsche Reverend auch nur durch die kuriose Tatsache verbunden, dass sie beide als Söhne wohlhabender Brauereibesitzer auf diese Welt gekommen waren.

Forschungen zur Geschichte der Hexen

Obwohl kein Vertreter des offiziellen Katholizismus, verfocht Summers standhaft die auch noch heute von Rom behauptete These, dass Satan ein reales Wesen sei, welches das Heil der Menschheit bedrohe und sich vieler Helfer und Helferinnen auf Erden bediene. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass er nicht nur die Werke der wichtigsten Dämonologen studierte, sondern sie auch ins Englische übersetzte, um seinen Zeitgenossen anhand dieser „Zeugnisse“ die Gefahr durch Satan und seine Anhänger drastisch vor Augen zu führen. Unter den Autoren, die er edierte finden sich solche „Berühmtheiten“ wie Jean Bodin, Henri Boguet, Nicholas Rémy und Francesco-Maria Guazzo. Als seinen wichtigsten Beitrag zur Dämonologie müssen wir seine Übersetzung des Malleus Maleficarum, des Hexenhammers, ins Englische ansehen. Für den tiefgläubigen und von seiner Mission überzeugten Dämonologen Summers stellte diese Arbeit nicht nur einen wissenschaftlichen Kraftakt dar, sondern auch einen – wenn man so will – Hammerschlag gegen das grassierende Hexenunwesen in seinem Heimatland. Im Hexenhammer sah Summers keinesfalls nur ein historisches Dokument. Er pries dieses Werk sogar als eines der wichtigsten, weisesten und bemerkenswertesten Bücher in der Welt („One of the most important, wisest and weightiest books in the world“). In der Tat war seine Vorstellung von den Hexen keinen Deut weniger negativ als das Bild, das der Verfasser des Hexenhammers, der Dominikaner Heinrich Kramer (genannt: Institoris), von ihnen – und auch von den Frauen generell – entworfen hatte.

Gerade die Epoche zwischen den Weltkriegen war in Großbritannien gekennzeichnet durch die Wiedergeburt einer Fülle von angeblich uralten Kulten wie Druidentum und Wicca und neuen Formen von „paganism“ and „satanism“. Summers führte über Jahre hinweg eine literarische Fehde mit der Ägyptologin Margaret Murray, die die heute nur noch von pseudofeministischen „New Age“-Hexen akzeptierte Theorie aufgestellt hatte, beim Hexenwesen des Mittelalters und der frühen Neuzeit habe es sich um ein Überbleibsel der ominösen „Old Religion“ gehandelt. Für Summers waren die Hexen weder die letzten Priesterinnen eines vorzeitlichen Kultes noch die unschuldigen Opfer fanatischer Hexenjäger, sondern Verbrecherinnen, die im Bund mit dem Teufel standen. Somit waren die Geständnisse nicht erpresste Schuldbekenntnisse, sondern spiegelten das Ausmaß der tatsächlichen Verbrechen der Zauberinnen wider. Absurd wirkt angesichts der offen zur Schau getragenen Frauenfeindschaft des Autors seine ebenso fanatische Marienverehrung, die sich darin niederschlug, dass er die Einleitungen zu seinen Büchern stets auf einen hohen Marienfeiertag datierte, wohl auch mit dem Ziel, sich nach außen als katholischer Priester zu präsentieren.

Vampire und Werwölfe

Besonders bekannt und geschätzt in Okkultistenkreisen wurde Summers wegen seiner beiden Bücher über die Vampire und eines Werks über die Werwölfe. Die drei Bücher stellen zwar eine auch heute noch brauchbare Materialsammlung dar, aber da Summers fest an die Existenz von Blutsaugern und Gestaltwandlern glaubte, klassifizierte er auch andere Horrorgestalten aus dem Volksglauben der unterschiedlichsten Kulturen und Epochen als Vampire, selbst wenn es sich bei ihnen überhaupt nicht Untote handelte, sondern um Lebende (Hexen) oder Dämonen, also Wesen, die niemals Menschen waren und daher keine Vampire werden konnten. Daher sind die langen Listen von angeblichen Vampirwesen, die bei Summers abgeschrieben wurden und durch die einschlägigen Internetseiten geistern, mit großer Vorsicht zu genießen.

Die Fachwelt betrachtete Montague Summers vornehmlich als Lachnummer, denn die Themen, mit denen er sich beschäftigte, galten als unangemessen für die akademische Forschung. Leider entsprechen die Arbeiten zu okkulten Themen auch nicht unbedingt den Anforderungen akademischer Genauigkeit, obwohl die Bücher in einem geradezu unerträglich gestelzten Schreibstil daherkommen. Im Nachhinein stellt sich das Œuvre von Montague Summers als skurriles Zeugnis einer einzigartigen Sammelleidenschaft dar, die sich bei allem Streben nach Vollständigkeit mit einem absoluten Mangel an Kritikfähigkeit paart. In seinem Bemühen, möglichst viele Belege für das Treiben von Blutsaugern aufzustöbern, packte er jedes Spukwesen, das auch nur eins der Grundkriterien für das Phänomen „Vampir“ erfüllte, unter diesen Begriff, so dass sich in seinen diesbezüglichen Werken auch Schreckensgestalten finden, die keineswegs unter die Rubrik „lebender Leichnam“ fallen. In einer heute kaum vorstellbaren Fleißarbeit durchforstete Summers alle nur denkbaren volks- und völkerkundlichen Werke nach Vampiren und Werwölfen, und dies nicht nur aus wissenschaftlichem Interesse, sondern um den Beweis für die Existenz des Bösen und seiner unzähligen Varianten zu erbringen. Montague Summers war von der Existenz von Hexen, Vampiren und Werwölfen überzeugt und verfocht die Ansicht, dass diese bei allen Völkern und zu allen Zeiten bekannt und gefürchtet gewesen seien. So erklärt sich auch, weshalb Summers auch angebliche Augenzeugenberichte von Werwolf- und Vampirerscheinungen, wie sie in der okkultischen Literatur seiner Zeit und in der Sensationspresse publiziert worden waren, für bare Münze nahm.

Bei all seiner Gelehrsamkeit vermochte es Summers allerdings nicht, die Unmassen an Material noch zu bändigen oder zu ordnen. Überdies sind die Bücher mit langen Zitaten aus diversen Fremdsprachen, vornehmlich aus dem Lateinischen, angereichert, um den Anschein von Wissenschaftlichkeit zu erwecken, und dazu bedient der Autor sich einer schwülstigen Sprache, die seine Begeisterung für Barockliteratur verrät. Diese sprachliche Barrieren erklären, weshalb sich die Mehrzahl der „Internet-Vampirologen“ mit dem Abkupfern von einzelnen Auszügen auf dem Umweg über andere Bücher oder Webseiten zufrieden gibt und die Originalausgaben meidet. Dennoch lohnt sich der Griff nach den Originalen, um sich einen Überblick zu verschaffen und teilweise ganz entlegenen Quellen (Dokumentensammlungen, Reiseberichte etc.) auf die Spur zu kommen. So ist dem Forscherfleiß von Summers zu verdanken, dass die beiden einzigen Exemplare der ansonsten verlorenen Flugschrift über den "Werwolf von Bedburg, dem 1589 hingerichteten Peter Stübbe, wiederentdeckt wurden.

Summers und die Literaturwissenschaft

Um 1930 hatte sich Summers als Koryphäe für Fragen des Okkultismus in der britischen Literaturszene so fest etabliert, dass seine Bücher in großen Wissenschaftsverlagen erschienen und zu Bestsellern wurden. Dieser Erfolg erlaubte es ihm, sich als Privatgelehrter niederzulassen und sich neben dem Okkultismus der englischen Literaturgeschichte zu widmen. Es ist natürlich wenig verwunderlich, dass er sich mit der Entstehung des klassischen Schauerromans befasste und 1938 ein Standardwerk zu diesem Thema herausgab: The Gothic Quest: The History of the Gothic Novel. Zwei Jahre später folgte eine Bibliografie zum Thema, ein bis heute unentbehrliches Hilfsmittel für jeden Wissenschaftler, der sich ernsthaft mit der Geschichte der Gothic Novel befasst.

Zu seinen wichtigsten Werken gehört allerdings auch ein Standardwerk über die Theaterdichtung des späten 17. Jahrhunderts, der so genannten „Restauration Period“ – ebenfalls höchst erstaunlich für einen vorgeblichen „Reverend“ der katholischen Kirche, denn viele dieser Stücke, vornehmlich die Komödien, strotzen nur so vor Anzüglichkeiten und sexuellen Anspielungen. Im Jahre 1921 veröffentlichte Montague Summers einen Sammelband u. d. T. Restoration Comedies und gab damit den Anstoß zu einer literaturwissenschaftlichen Beschäftigung mit dieser lange unterschätzten Epoche der englischen Theatergeschichte. Sein Standardwerk The Restoration Theatre erschien 1934, unmittelbar nach seinem Buch über die Werwölfe. Eine eigens zu diesem Zweck von ihm gegründete Theatergruppe widmete sich der Wiederaufführung von „Restoration Comedies“. Anlässlich seines Todes druckte die Times einen Nachruf ab, in dem die dämonologischen Aktivitäten des „Reverend“ Summers mit Schweigen übergangen wurden. Statt dessen rühmte die Zeitung seine zugegebenerweise wichtigen Beiträge zur wissenschaftlichen Erforschung der englischen Theatergeschichte.

Der britische Schriftsteller Dennis Wheatley 1897-1977), der „Reverend“ Montague Summers persönlich kannte, empfand stets einen heiligen Schauder bei seinem Anblick. Die beiden hatten seit den 1930er Jahren häufig Kontakt miteinander, weil der Romanautor den landesweit bekannten Okkultisten mehrfach um Rat und Anregungen gebeten hatte. In einem seiner bekanntesten Romane, To the Devil a Daughter (1953), machte er für die Figur des finsteren Pfarrers und Satanisten Canon Copely-Syle großzügige Anleihen bei der Figur von Summers. Ausgerechnet Christopher Lee, dem man keine äußere Ähnlichkeit mit dem pausbäckigen Montague Summers nachsagen kann, spielte den dämonischen Kleriker in der Verfilmung des Romans aus dem Jahre 1976. Aus welchen Gründen auch immer änderte die Produktionsfirma den Namen des düsteren Klerikers in Father Michael Rayner. Möglicherweise wurde der anglikanische Kanoniker aus Rücksicht auf die britische Staatskirche in einen katholischen Pater umgewandelt. Altbewährte Vorurteile aus der Reformationszeit lassen herzlichst grüßen.

Die wichtigsten Werke von Montague Summers zu okkulten Themen

  • The History of Witchcraft and Demonology. (London 1926. – Reprint: London 1969).
  • The Geography of Witchcraft. (London 1927).
  • A Popular History of Witchcraft. (London 1937).
  • Witchcraft and Black Magic. (London 1946. Reprint New York 2000).

Deutsche Ausgabe: Hexen und schwarze Magie. (Festa Verlag, Leipzig 2005 ISBN 978-3-935822-93-0)

  • The Vampire. His Kith and Kin. (London 1928).
  • The Vampire in Europe. (London 1929. Mehrere Reprints z. Z. erhältlich).
  • The Werewolf. (London 1933. Mehrere Reprints z. Z. erhältlich).

Bemerkung zu diesem Artikel

Es ist nicht leicht, an zuverlässige biographische Daten über Summers zu kommen, da sein Andenken in erster Linie von überzeugten Okkultisten gepflegt wird, deren über das Internet verbreiteten Angaben notorisch unzuverlässig sind. Summers eigene Autobiografie ist lediglich ein Dokument eitler Selbstdarstellung. Ich berufe mich weitgehend auf den biographischen Abriss bei Massimo Introvigne, La stirpe di Dracula (siehe unten), S. 142-149. Professor Introvigne ist Religionswissenschaftler in Rom und beschäftigt sich als Leiter des „Centro di Studi sulle Nuove Religioni (CESNUR)“ intensiv mit der Okkultismusszene in Europa. Die unten zuerst genannte Internetseite enthält Informationen, die z. T. mit Vorsicht zu genießen sind.

Literatur

  • Frederick S. Frank, Montague Summers: A Bibliographical Portrait. Metuchen N. J. 1988.
  • Massimo Introvigne, La stirpe di Dracula. Ingagine sul vampirismo dall’antichità ai nostri giorni. Mailand 1997, S. 142-149.