Kinderkrippe
Kinderkrippen sind Einrichtungen oder Gruppen der Kindertagesbetreuung bzw. familienergänzende Kinderbetreuungen für Kleinkinder. Als Kurzform wird auch das Wort Krippe gebraucht.
Deutschland
Kinderkrippen sind in Deutschland Einrichtungen für Kinder bis zum vollendeten dritten Lebensjahr oder Gruppen für Kinder dieser Altersgruppe in Kindertagesstätten. Zuweilen werden Krippen noch entsprechend dem Alter der Kinder unterteilt in Liege-, Krabbel- und Laufkrippen. Regionalspezifisch gibt es eine Reihe weiterer abweichender Bezeichnungen, wie z.B. Krabbelgruppe. In der Regel ab dem dritten Lebensjahr erfolgt der Übergang in die Kindergärten. Reine Kinderkrippen findet man inzwischen selten; vielmehr werden Kinder dieser Altersgruppe in altersgemischten Gruppen oder in Kindertagesstätten mit verschiedenen Altersgruppen betreut.
Kinderkrippen gehören zur Kindertagesbetreuung und somit zur Kinder- und Jugendhilfe. Erst seit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG) vom 27. Dezember 2004 (s. SGB VIII) wird der Ausbau von Kindertagesstätten- und Kindertagespflegeplätzen in allen Bundesländern zu einem wichtigen politischen Ziel und erhält die Erziehung, Bildung und Betreuung von Kleinkindern rechtlich, politisch und finanziell eine neue Aufmerksamkeit. Als pädagogisches Personal werden überwiegend Erzieher, aber auch Kinderkrankenpfleger und Kinderpfleger beschäftigt.
Eine Alternative zur Kinderkrippe ist die Betreuung in Kindertagespflege durch Tagespflegepersonen (zumeist eine Tagesmutter). Daneben gibt es andere Kleinkindgruppen, die weniger die Aufgabe haben, eine Berufstätigkeit der Eltern zu ermöglichen, sondern besondere Angebote machen und als Treffpunkt für Eltern und Kinder dienen. Solche Angebote haben regional- oder konzeptspezifisch verschiedene Bezeichnungen; gebräuchlich sind z.B. Spielkreis, Krabbelgruppe oder PEKiP-Gruppe.
Eine Sonderrolle für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nehmen Betriebskinderkrippen ein, die Müttern das Stillen in der Nähe des Arbeitsplatzes ermöglichen und den Wiedereinstieg in den Beruf erleichtern.
Verfügbarkeit
Während es in der ehemaligen DDR ein dichtes Netz an Kinderkrippen gab und bis 1989 die Geburtenrate der DDR durchgehend höher als in der BRD lag, sind Kinderkrippen in Westdeutschland kaum etabliert worden (Ausnahme waren die großen Städte, insbes. Westberlin). Seit der Wiedervereinigung ist auch in den westlichen Ländern die Anzahl der Plätze für Kinder im Krippenalter gestiegen; allerdings ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau. Eine bedarfsgerechte Versorgung, wie sie das Tagesbetreuungsausbaugesetz (s.o.) als Ziel ausgab, ist in den meisten Bundesländern längst nicht realisiert. Die Nachfrage nach Krippenplätzen ist so groß, dass in vielen Gemeinden schon das ungeborene Kind auf die Warteliste gesetzt werden muss. Die Gebühren liegen nach einer Übersicht der AOK zwischen 70 und 425 Euro pro Monat, abhängig nach Wohnort und Einkommen der Eltern [1].
Einen Überblick über die in den deutschen Bundesländern höchst unterschiedlichen Versorgungsgrade (Anzahl der Plätze zur Anzahl der Kinder der Altersgruppe) geben der Beitrag zum Kindergarten, die Bundesjugendstatistik, der Zahlenspiegel des Deutschen Jugendinstituts oder die Länderübersichten des Jugendministeriums Brandenburg. Ein allgemeiner Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige existiert bisher in keinem Bundesland. Die Anzahl der Plätze richtet sich nach dem von den Ländern definierten Bedarf.
Diese nicht gesicherte Kleinkindbetreuung wird vielfach mit als eine Ursache für die niedrige Geburtenrate in Deutschland gesehen, welches wissenschaftlich allerdings nicht tragfähig ist, worauf Manfred Spieker hinweist. [2][3]
Forderung nach Ausbau der Krippenplätze
In der Vergangenheit stand man der Kleinkindbetreuung in Kinderkrippen in West-Deutschland überwiegend kritisch gegenüber. Dabei wurde darauf verwiesen, dass in diesem Alter Kinder die Bindung an eine Bindungsperson brauchen.
Demgegenüber hat sich die Debatte in der Öffentlichkeit in den vergangenen 20 Jahren verschoben. Nach den Grünen/Bündnis 90[4] , der Linkspartei [5], der FDP und den Sozialdemokraten[6] ist unter Familienministerin Ursula von der Leyen, auch innerhalb der CDU-Parteispitze unter Bundeskanzlerin Angela Merkel die Forderung nach Ausbau von Kinderkrippenangeboten mehrheitsfähig. Von der Leyen beabsichtigte, die Zahl der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren bis 2013 auf 750.000 zu verdreifachen.[7] [8] Die Pläne zum Ausbau der Krippenplätze von Frau von der Leyen wurden am 05.03.2007 durch den Koalitionsausschuss von CDU und SPD gestoppt. Man verständigte sich auf die schon im Koalitionsvertrag vorgesehene Anzahl von 230.000 Betreuungsplätzen bis 2010. [9]
Finanzierung des Ausbaus der Kinderkrippen
Während der weitere massive Ausbau von Kinderkrippen in Deutschland von allen Parteien im Bundestag in der Zielsetzung gefordert wird, besteht Uneinigkeit unter den Parteien, wie die Finanzierung dieses Ausbaus sichergestellt werden soll. Hierzu gehen die Parteienkonzepte der Gegenfinanzierung auseinander.[4] [10]
Kritik
Kritisiert wird die Qualität vieler Kinderkrippen in Deutschland, wie vom Psychologen Wassilios Fthenakis: "Es gibt einzelne Orte in Deutschland, wo die Krippen gut sind, aber bisher sind das Glücksfälle.". [11]
Vor möglichen langfristigen Schäden aufgrund mangelnder Qualität in den Krippen warnten über 100 Experten in der englischen Daily Telegraph. Durch nicht adäquate Betreuung, in Kinderkrippen, könnten die Kinder in der Entwicklung beeinträchtigt werden und dadurch langfristige Verhaltensauffälligkeiten entwickeln.[12]
Die Kinderärztin und Familientherapeutin Maria Steuer vertritt die Meinung, dass für die gesunde Entwicklung eines Menschen nicht deren frühkindliche Bildung, sondern die frühkindliche Bindung fundamental sei. Diese würde durch die Abgabe der Kinder in Betreuungseinrichtungen beinträchtigt. [13] Lieselotte Ahnert, Professorin für Entwicklungsforschung der Universität Köln dagegen betonte, dass das National Institute of Child Health in Washington seit 1991 an 1000 Kleinkindern untersuche, inwiefern sich Fremdbetreuung auf die Mutter-Kind-Beziehung auswirke: Dabei gäbe es keinen negativen Einfluss auf das Verhältnis zwischen Mutter und Kind, solange die Beziehung zwischen Mutter und Kind intakt sei.[14]
Albin Nees vom Deutschen Familienverband forderte, dass man das Geld für die institutionelle Kinderbetreuung direkt den Familien ausbezahlten solle. Dadurch würde es echte Wahlfreiheit geben, ohne ein "bestimmtes Lebendsmodell vorzuschreiben". Auch könnten die Eltern direkter die Qualität der Betreungsangebote beinflussen. [15]
Vielfach wird bemängelt, dass bei nicht Inanspruchnahme eines Krippenplatzes, die eingesparten Kosten nicht an die Familien ausbezahlt werden. Die Kosten pro Krippenplatz betragen mindestens 700 € [16] , die teilweise oder ganz der Staat übernimmt. Dadurch würden Doppelverdiener-Haushalte durch Einverdiener-Haushalte subventioniert.[17]
Aufgrund der hohen Lebenshaltungskosten werden Einverdiener-Haushalte in Zwangslagen gebracht, die die freie Wahlmöglichkeit einschränken bzw. erst gar nicht entstehen lassen. Dies ist z.B. in Schweden vielfach der Fall, wo Steuern und Sozialabgaben auf sehr hohem Niveau sind. Schweden führt aufgrund dieser sozialen Schieflage ab 2008 eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 300€ ein.[18]
Kritik gibt es vor allem über eine mögliche Finanzierung. Nach Berechnungen der SPD sind 6,36 Milliarden Euro für den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen notwendig. Aufgebracht soll die Summe durch Umschichtungen, was zu Einschnitten für Eltern und Kinderlose führen kann.[19] Der Deutschen Städte- und Gemeindebundes kommt bei Kostenfreiheit auf rund 9,5 Millarden fur circa 897. 000 Krippenplätze (40 Prozent der Kinder unter 3 ). [20]
Schweiz
Der Begriff der Kinderkrippe wird in der Schweiz uneinheitlich definiert. Meist umfasst die Definition besonders das Altersspektrum von der Geburt bis zum Eintritt in den Kindergarten mit fünf oder sechs Jahren, oft wird der Begriff aber synonym zu Kindertagesstätten ganz allgemein verwendet, also auch in der Bedeutung des Schulhorts.
Der Begriff wird gegenwärtig zu Gunsten des Begriffs Kindertagesstätte, regional auch zu Gunsten des Begriffs Tagesheim stark zurückgedrängt (Stand 2007).
Quelle
- ↑ Netzeitung: Von Krippe bis Au Pair - Eltern haben die Wahl
- ↑ Bundeszentrale für politische Bildung: Manfred Spieker: Mehr Kinder oder mehr Erwerbstätige?
- ↑ 3sat: Familienpolitik - ein europäischer Vergleich
- ↑ a b Bündnis 90/Die Grünen: Trauerspiel: die Kinderbetreuungs-Debatte
- ↑ Die Linkspartei: Hände weg vom Kindergeld
- ↑ n-tv: Union gegen SPD-Plan
- ↑ Financial Times Deutschland: Althaus stellt sich hinter von der Leyen
- ↑ die tageszeitung: Ministerin will die Kinderkrippe für alle
- ↑ Die Welt: [1]
- ↑ SPD: Bessere Kinderbetreuung für echte Wahlfreiheit
- ↑ die tageszeitung: interview mit Wassilios Fthenakis: "Kita erst ab 18 Monaten"
- ↑ Daily Telegraph: Day nursery may harm under-3s, say child experts
- ↑ Familiennetzwerk: Ursula von der Leyen: Verkannte Heldin der Familienpolitik? Schein und Wirklichkeit eines Politikkonzeptes
- ↑ Tagesschau: "Kinderkrippen schaden einem Kind nicht"
- ↑ Deutscher Familienverband: Deutscher Familienverband zur Krippendiskussion: Familien brauchen echte Wahlfreiheit
- ↑ Focus: "Elterngeld: Die grosse Mogelpackung", Feb. 2007, Ausgabe 8, S.20-24
- ↑ Kath.net :Sind Hausfrauen die neuen ,Rabenmütter’?
- ↑ Tagesschau: Streit um Kinderbetreuung mal anders: Verkehrte Welt in Schweden
- ↑ Netzeitung: Eltern und Kinderlose sollen Krippen finanzieren
- ↑ heute: Wer bezahlt die Krippenplätze?
Weblinks
Deutschland
- Bundesjugendministerium
- Deutsches Jugendinstitut
- Jugendministerium Brandenburg > Länderübersichten
- eltern.de Stichwort: Kinderbetreuung
- kita-eltern-sh.de Stichwort: Elternvertretung
- Deutscher Bildungsserver - Elementarbildung
- Verband Evangelischer Kindertageseinrichtungen