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Steinmetzbruderschaft

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Eine Steinmetzbruderschaft ist eine Gemeinschaft von Steinmetzen und ist die ideelle Grundlage der Bauhütte.

„Örtliche Verbände wuchsen zu immer größeren Bruderschaften heran und bereits Mitte des 15. Jahrhunderts hatte sich ein Netz von Haupt-, Vor- und Unterhütten über das gesamte deutsche Kulturgebiet gebildet.“

Der Sage nach wurde die freie Steinmetzbruderschaft 1277 in Strassburg durch Erwin von Steinbach gegründet. Nach B. Schock-Werner hatte sie sich jedoch bereits vor diesem Zeitpunkt langsam entwickelt. Um die Verständigung der einzelnen Hüttenverbände untereinander zu verbessern, wurden im 15. Jh. Gesamttagungen zu Strassburg und Speyer einberufen, wo überregional geltende Gesetze verabschiedet wurden, die angesichts der unsicheren Arbeitssituation der Steinmetze Wanderschaft und Mobilität durch internationalisierte Verhältnisse erleichtern sollten. Denn die Bauhütten wurden nach Arbeitsende vollständig aufgelöst, konnten aus Geldmangel zeitweilig reduziert werden und waren ständig durch die Konkurrenz der Zünfte gefährdet. Am Hüttentag zu Regensburg, einer „Vollversammlung der maßgeblichen Köpfe“, an der auch Hans Niesenberger - Meister von Graz - teilnahm, wurden am 25. April 1459 Beschlüsse verfasst, in denen man sich ausdrücklich auf „alte Bräuche“ berief. Diese sind in der Strassburger Hauptordnung (1464) und späteren Abschriften, wie der Rochlitzer Ordnung (1482), dem steirischen Admonter Hüttenbuch (1497 - 1523), der Tiroler Ordnung (1480) und der Wiener Ordnung (1564) etc. überliefert. Die Strassburger Ordnung war für alle Teilbruderschaften des gesamten damaligen deutschen Reiches gültig, durfte aber nach regionalen und zeitlichen Bedürfnissen aktualisiert werden.

Sie schloss alle am „Steinwerk“ - also an Kirchenbauten - beteiligte Steinmetze mit ein und beruhte auf „reiner Willkür“, da sie aus „selbständiger Rechtssetzung der Steinmetzen“ hervorging. Die Haupthütte in Strassburg überwachte als oberste Gerichtsbarkeit die Einhaltung der Ordnung, die den personellen Aufbau einer Hütte und die Ausbildung des Nachwuchses regelte, sich mit Arbeits- und Lohnfragen, dem Gesellen- und Meisterrecht sowie dem Streikverbot auseinander setzte. Man versuchte, das Leben der Steinmetze bis in privateste Details zu regeln, wobei sich die klösterliche Herkunft in der religiösen und karitativen Grundeinstellung widerspiegelte. So wurden beispielsweise strenge Strafen für Glücksspiel oder Ehebruch verhängt. Für England sind ähnliche Bemühungen schon hundert Jahre früher überliefert. Die 1356 in London verabschiedete Ordnung enthält parallele Bestimmungen. Die 93 Artikel umfassende, 1459 in Regensburg beschlossene Strassburger Ordnung ist in der Thanner Handschrift des 16. Jh.s am besten überliefert. In ihrer Einleitung heißt es:

„Inn dem nammen des vatters, des suns vnnd des heilligen geists vnnd der wurdigenn muetter Marien vnd auch ir salligen dienner, der heilligen Vier Gekrönten, zue ewiger gedechtnus. ... vnd auch umb nutz vnnd notturfft willen aller meister vnnd gesellen des gantzen gemeinen handtwerckhs des steinwerckhs vnnd steinmetzen in teutschen landen, vnnd besonder zuuersechen zwischen dennselben des handtwercks künfftige zweiträcht ... vnnd schadenn, die dann ettlicher vnordentlicher handlunge halb vnder ettlichen meistern schadlich geliten vnnd schwerlich gewesen seindt wider soliche guette gewonheit vnd alt herkomen ...“

Durch das Hüttengesetz waren die Handwerker nur an den zu errichtenden Bau gebunden und hatten keinerlei Verpflichtungen gegenüber dem Gemeinwesen, woraus ihre gehobene Stellung zu anderen Handwerksbünden resultierte. Dennoch wurde gelegentlich um obrigkeitliche Anerkennung angesucht, wovon der durch Kaiser Maximilian I. beglaubigte Schutzbrief von 1498 für das Strassburger Gebiet zeugt.

Das gesamte Gebiet, das sich über das heutige Deutschland, Österreich, die Schweiz, Ungarn sowie Teile des slawischen Ostens erstreckte, wurde in der Strassburger Ordnung organisatorisch den vier Haupthütten Strassburg, Köln, Wien und Bern zugeteilt und stellte eine wirtschaftlich wie künstlerisch imponierende Macht dar. Wien war für die Gegend von „lampach, Styern, Werckhusen, (= Burghausen, für Ober- und Niederbayern), Ungern aus und die Donau abhin“ zuständig, was in etwa den habsburgischen Ländern entsprach. Mit dem Wiener Stephansdom, einer der „ständigen“ Baustellen, war Wien für ganze Generationen von Steinmetzen prägend und zur Arbeitsstätte geworden. Um 1120 wurde dort erstmals eine Baustelle erwähnt, die bis ins 15. Jh. und darüber hinaus in Betrieb blieb. Seit ungefähr 1460 gab es im Wiener Gebiet jeweils eine Vorhütte in Admont, in Hall in Tirol und in St. Veit (oder Klagenfurt) sowie im bayerischen Burghausen und in Passau. Ob man in Maria Saal um diese Zeit ebenso eine Bauhütte oder nur eine Bruderschaft annehmen darf, ist erst ungenügend geklärt. Als weitere Kunstzentren muss man auch die Residenzen Kaiser Friedrichs III. (1436 - 1491) - Wiener Neustadt und Graz - vermuten, wo sich im Zuge umfangreicher kaiserlicher Bauvorhaben wichtige Baustellen entwickelten. Die Viertellade der Wiener Hütte in Steyr war ein weiteres kaiserliches Bauzentrum, deren Tätigkeit sich im Bau der dortigen Stadtpfarrkirche manifestierte.

„Rechtlich und organisatorisch zu unterscheiden von dem in der Steinhütte arbeitenden Team, das als solches weder Rechtspersönlichkeit, noch administrative Befugnisse hatte, ist die Bruderschaft der Steinmetzen Österreichs, eine ... Interessensvertretung ..., der Rechtspersönlichkeit zukam und deren Ordnung ... für alle Mitglieder verbindlich war. Die Bruderschaft bestand unabhängig von einem bestimmten Bauvorhaben, trat jedoch mit ihren Organen und Untergruppen (für die sich der Ausdruck „Hütte“ einbürgerte) naturgemäß nur an solchen Orten in Erscheinung, wo größere Bauvorhaben verwirklicht wurden und eine ‚Steinmetzhütte’ bestand.“