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Geschichte des Wikingerschiffbaus

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Ihre historische Hauptleistung vollbrachten die Nordmänner bereits vor der eigentlichen Wikingerzeit: indem sie ein hochseetüchtiges Segelfahrzeug entwickelten, mit dem sich große Distanzen überwinden ließen. Das Wikingerschiff wurde mit den Meereswellen fertig und mit ihm konnten auch Flüsse befahren werden. Selbst ein Transport über Land war möglich.

Einbaum

Am Beginn der Entwicklung zu den hochseetüchtigen Wikingerschiffen stand natürlich der Einbaum (Funde um 5000 v. Chr.), jenes auf der ganzen Welt verbreitete Urboot aus einem der Länge nach halbierten und ausgekehlten Baumstamm. Der Einbaum wurde aufgespreizt und den Seitenwänden Planken aufgesetzt (Funde um ca. 2500 v. Chr.), die einander wie Dachziegel überlappten. Die Spreizung nach außen bewirkte eine Verbreiterung des Schiffsquerschnitts je höher die Seitenwände wurden.

Hjortspring-Boot

Hjortspring-Boot

Frühstes Zeugnis eines so vergrößerten Einbaums ist das 1922 wenige Kilometer östlich von Nydam in Dänemark gefundene Hjortspring-Boot aus der Zeit um 300 v. Chr. Das Boot wurde aus einem kleinen Moor auf der Insel Alsen geborgen. Zusammen mit zahlreichen Waffen war das schnelle Kriegskanu anscheinend einer Gottheit geopfert worden. Gefertigt worden war es aus Lindenholz. Es war eine Art Großkanu (19 m lang, 2 m breit, 0,7 m hoch, Länge des Bootsraumes 13,6 m), das mit Paddeln vorwärtsbewegt wurde und 22 Mann Besatzung hatte. Für den Halt der Seitenwände sorgten in den Schiffsboden eingesetzte Rippen, die mit Tauwerk an den Innenseiten der Planken festgebunden waren. Je 2 Planken waren in Klinkerbauweise untereinander und mit einer gemeinsamen Kielplanke durch Bastschnüre verbunden. Die Herstellung von so dünnen Holzplanken, wie sie beim Hjortspring-Boot Verwendung fanden, setzte jedoch die Verwendung von Metallwerkzeugen voraus. Einige Konstruktionsmerkmale des Bootes weisen auf die über 1000 Jahre jüngeren Wikingerschiffe hin: die dünnen Planken, der flache Boden und vor allem die Doppelenderkonstruktion.

Nydam-Schiff

Nydam-Boot

Das 1863 im Nydam-Moor (Südjütland) gefundene Nydam-Boot von ca. 320 vertritt die nächste Entwicklungsstufe. Die knapp 23 m langen Planken sind einteilig und ziehen sich über den ganzen Rumpf hin. Anders als das Hjortspring-Boot besitzt das schlank gebaute Hochseefahrzeug einen echten, nach oben gezogenen Bug, der mit der Bodenplanke verbunden ist. Auch weist es erstmals eiserne Nieten auf, mit denen die Planken untereinander verbunden sind und sie überlappten, was dem Rumpf große Festigkeit gab. Die Eichenspante waren wie beim Hjortspring-Boot an Zapfen gebunden, die beim Behauen stehen gelassen wurden. Das Schiff war auf den Antrieb mit Rudern anstatt Paddeln eingerichtet und hatte kein Segel. Auf die Reling geschnürte Astdollen dienten wahrscheinlich als Ruderdollen.

Heute wissen wir, dass es als Kriegsfahrzeug, als schneller Truppentransporter, diente und nordseetauglich war. Aufnehmen konnte es bis zu 45 Mann, von denen etwa 30 Mann Ruderer waren, die das Boot antrieben.

Kvalsund-Boot

Das 1920 südlich von Bergen (Westnorwegen) gefundene Kvalsund-Boot von etwa 450-750 zeigt dann schon die für Wikingerschiffe typischen hochgezogenen Steven und es hat eine senkrechte Kielplanke. Es ist an die 18 m lang, breiter und wohl auch stabiler als das Nydam-Schiff. Seine Bodenplatte besitzt an der Unterseite einen leistenartigen Vorsprung, der über die ganze Länge reicht und einen ersten Schritt zum Kiel darstellt. Die Ruderdollen sind mit Holznägeln auf der Reling befestigt. Zwar hat sich kein Hinweis auf einen Mast erhalten, aber der Rumpf ist so gestaltet, dass das Boot Mast und Segel gehabt haben könnte.

Segelschiff

Der Schritt zum Segelschiff wurde zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert gemacht, obwohl es eigentlich spätestens seit der Römerzeit hätte bekannt sein müssen, als die Westgermanen mit den römischen Flotten konfrontiert wurden. Die Entwicklung einer funktionsfähigen Takelage war aber der wesentlichste technische Fortschritt im Schiffbau, da erst mit Hilfe des Segels längere Distanzen bewältigt werden konnten. In Verbindung mit dem schlanken, doppelendigen Schiffstyp konnten die Wikingerschiffe aber vor allem auch Geschwindigkeiten erreichen, die bis in die Neuzeit für größere Segelschiffe sonst unerreichbar blieben. Versuche mit Nachbauten haben ergeben, dass Wikingerschiffe unter Segeln Geschwindigkeiten von bis 14 Knoten erreichen konnten - schneller fuhren auch motorisierte Frachtschiffe in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht. Das erklärt auch die in isländischen Segelanweisungen überlieferten äußerst knappen Reisezeiten, z. B. Westnorwegen-Südisland (rund 1300 Kilometer) 7 Tage, rund um Island 7 Tage.

Siehe auch: Wikingerschiffbau