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Gazprom

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Gazprom

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Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 5. November 1992
Sitz Moskau, Russland
Leitung Alexei Miller
Mitarbeiterzahl 330.000
Website www.gazprom.com

Gazprom (russisch Газпром, wiss. Transliteration und engl. Transkription Gazprom, deutsche Transkription Gasprom) ist das weltweit größte Erdgasförderunternehmen und das größte Unternehmen Russlands. Der ehemalige Staatskonzern, der 1998 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde, ist heute mit rund 330.000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber des Landes. Gazprom ist im RTS Index gelistet.

Entwicklung des Unternehmens

Gazprom ist eigentlich eine Abkürzung für Gasindustrie (russisch газовая промышленность, gasowaja promyschlennost) und war früher ein Geschäftsbereich des Ministeriums für Gasförder- und Gastransportindustrie für Erdöl- und Gaswirtschaft der UdSSR. Im Zuge der Perestrojka wurde im Jahr 1989 Gazprom in den russischen Staatskonzern Gazprom umgewandelt. Der bisherige Minister für Erdöl- und Gaswirtschaft, Wiktor Tschernomyrdin, wurde zum ersten geschäftsführenden Vorstandsvorsitzenden gewählt. Als Tschernomyrdin 1992 Ministerpräsident wurde, folgte ihm sein Stellvertreter Rem Wjachirew als Gazprom-Vorstandsvorsitzender.

Seit Mai 2001 ist Alexei Miller Vorstandsvorsitzender. Aufsichtsratsvorsitzender ist Dmitri Medwedew, der Erste Stellvertretende Ministerpräsident der Russischen Föderation. Beide sind enge Vertraute Präsident Putins, die der Präsident bereits aus seiner Tätigkeit in der Stadtverwaltung in Sankt Petersburg kennt.

Wichtigste Geschäftsbereiche und Unternehmensstrategie

Gazprom kontrolliert die Gaswirtschaft Russlands weitgehend. Es gibt nur wenige andere Förder- und Handelsgesellschaften im Erdgasbereich. Auf Gazprom entfallen rund 85 % der russischen Erdgasförderung, rund ein Fünftel der weltweiten Förderung. Für den Erdgasexport aus Russland hat Gazprom ein Monopol. Russland – und damit Gazprom – ist mit Abstand weltweit größter Gasexporteur.

Im Jahre 2005 erfolgte eine Vereinbarung zwischen den deutschen Unternehmen E.ON und BASF und der russischen Gazprom, eine Erdgasleitung durch die Ostsee zu verlegen. Nach der Wahlniederlage von Bundeskanzler Gerhard Schröder nahm dieser ein Angebot von Gazprom zur Mitarbeit im Aufsichtsrat der NEGP an.

Gazprom ist aber nicht nur im Erdgasbereich tätig. Weitere Geschäftsbereiche sind in Russland – abgesehen vom Erdölbereich – insbesondere die Stromwirtschaft, der Medienbereich und das Bankwesen. Kritiker der Unternehmenspolitik fordern von der Gazprom-Führung hingegen eine Konzentration auf die Energiewirtschaft. Sie sehen eine Verzettelung, die das Unternehmen unüberschaubar macht. Gazprom wird in Presseberichten auch immer wieder eine besonders ausgeprägte Anfälligkeit für Korruption vorgeworfen, obwohl die Gazprom-Mitarbeiter im innerrussischen Vergleich als privilegiert gelten.

Erklärtes Ziel der Gazprom-Führung ist, das Unternehmen zum weltweit führenden Energiekonzern auszubauen. In den letzten Jahren hat sie bedeutende Beteiligungen im Ölbereich (Sibneft) und Strombereich erworben. Dabei will sich Gazprom nicht auf Russland und den Export von Energie aus Russland beschränken, sondern über ihre Exportgesellschaft OOO Gazpromexport auch ihre Aktivitäten im Ausland, einschließlich des Vertriebs von Energie an Endverbraucher, verstärken.

Zahlen und Fakten

  • Erdgasreserven und -ressourcen: Gazprom verfügt über etwa ein Sechstel aller sicher wirtschaftlich gewinnbaren Gasreserven der Welt. Hinzu kommen umfangreiche potentielle Ressourcen, vor allem in West- und Nordsibirien.
  • Erdgasförderung 2004: 545 Mrd. Kubikmeter (m³)
  • Leitungsnetz: Das Fernleitungsnetz von Gazprom, mit einer Länge von rund 150.000 Kilometer das weltweit größte, transportiert Erdgas zu 179 Verteilungsstationen. Über ein Weiterverteilungsnetz von 428.000 Kilometer werden Unternehmen und Haushalte in rund 80.000 Städten und Ortschaften in Russland beliefert.
  • Umsatz insgesamt: rund 45 Mrd. US-Dollar (2005, geschätzt, ohne Sibneft)
  • Exportumsatz: rund 25 Mrd. US-Dollar (2005 geschätzt)
  • Reingewinn: 161 Mrd. Rubel oder 4,689 Mrd. € (34,3347 Rubel für 1 €)
  • Wertpapierkennnummern: 903276 (WKN) und US3682872078 (ISIN)

Unternehmensdetails

Eigentümerstruktur

Die Gesamtzahl der Aktionäre beträgt rund 470.000 juristische und natürliche Personen.

Der Anteilsbesitz verteilt sich wie folgt: (Stand: 2006)

  • Russische Föderation: 50,002%
  • juristische Personen aus der Russischen Föderation: 29,482%
  • natürliche Personen aus der Russischen Föderation: 13,068%
  • Personen aus dem Ausland: 7,448%

Die Begrenzung des Aktienanteils von Ausländern auf höchstens 20 % wurde Ende 2005 aufgehoben. Nach Einschätzung von Analysten besaßen Ausländer aber schon vor dieser Liberalisierung des Aktienhandels über Strohmänner bereits gut ein Viertel der Gazprom-Aktien.

Tochtergesellschaften

Gazprom hat 61 100%-ige Tochtergesellschaften und hält bei 45 Firmen die Aktienmehrheit. Beteiligt ist Gazprom an 69 Unternehmen, darunter auch bekannte wie die Horizon Investment Company und eine 50% Minderheitsbeteiligung an der deutschen WINGAS.

Unternehmensführung

  • Strategisches Leitungsgremium ist der Aufsichtsrat, der von der Generalversammlung der Aktionäre für jeweils ein Jahr gewählt wird. Vorsitzender des Aufsichtsrates ist Dmitri Medwedew, der Erste Stellvertretende Ministerpräsident der Russischen Föderation. Dem Aufsichtsrat gehört als einziger Ausländer auch ein Deutscher an – Dr. Burckhard Bergmann, Vorstandsmitglied der E.ON Aktiengesellschaft, die gut 6 % der Gazprom-Aktien hält.
  • Vorstandsvorsitzender von Gazprom ist Alexei Miller; Generaldirektor der Exportgesellschaft Gazpromexport ist Alexander Medwedew

Gaspreispolitik

Im Inland fordert der Staatskonzern Gazprom Gaspreise, die deutlich niedriger sind als die Preise für Lieferungen ins Ausland, da im eigenen Land die Maximierung der gesellschaftlichen Gesamtwohlfahrt im Vordergrund steht. So erklärt sich, dass Gazprom zwar mengenmäßig knapp zwei Drittel seines Gases im Inland absetzt, damit aber nur rund ein Drittel der Umsatzerlöse erzielt. Manche Experten halten die Inlandspreise für einzelne Verbrauchergruppen für nicht kostendeckend.

Im Exportgeschäft berechnet Gazprom Pressemeldungen zufolge sehr unterschiedliche Preise und plant für 2007 zum Teil erhebliche Preissteigerungen. Die angegebenen Preise beziehen sich jeweils auf 1.000 Norm-Kubikmeter Erdgas. (Hinweis: 100 $ pro 1000 m³ entspricht rund 1 ct / kWh):

Land Gaspreis 2005 in $ Gaspreis 2006 in $ Gaspreis 2007 in $ Anmerkungen
Armenien 56 [1] 110 [1] 110 [1] Preis bleibt bis 2009 konstant für die Abtretung der Gasnetze
Aserbaidschan 60 [1] 110 [1] 235 [1]
Baltikum 90 [1] 123 [1] 240 [1]
Deutschland 200 [1] 250 [1] k.A.
Georgien 68 [1] 110 [1] 235 [1]
Moldawien 80 [1] 160 [1] 170 [1]
Polen 120 [1] 260 [2] 290 [3]
Russland k.A. 42,6 49
Ukraine 50 [1] 95 [1] 130 [1]
Westeuropa 174 [1] 250 [1] 260 [1]
Weißrussland 47 [4] 47 [4] 110 [4] schrittweise Erhöhung auf Westeuropa-Niveau bis 2011 vereinbart, Kaufoption für Gasnetz

„Gasstreit“ mit der Ukraine

ausführlicher Artikel siehe: Russisch-ukrainischer Gasstreit

Ende 2005 lief der Vertrag über Gaslieferungen der Gazprom an die Ukraine aus. Verhandlungen über einen neuen Vertrag führten zu keiner Einigung. Gazprom forderte eine drastische Erhöhung des sehr niedrigen Preises (50 US-Dollar je 1.000 Kubikmeter) auf das Niveau der Lieferungen an westeuropäische Abnehmerländer (230 US-Dollar). Eine Anhebung des Gaspreises entsprach nicht nur den Gewinninteressen der Gazprom-Gesellschafter, sondern auch Forderungen der Welthandelsorganisation (WTO), die wettbewerbsverzerrende Energiepreissubventionen ablehnt. Die Ukraine war lediglich zu einer schwächeren Erhöhung des Preises bereit. Gazprom stellte die Lieferung an die Ukraine daraufhin am Jahresende 2005 völlig ein.

Im weiteren Verlauf des Streits beschuldigte Gazprom den ukrainischen Gasversorger Naftohas, illegal Pipelines anzuzapfen, die durch die Ukraine führen und Erdgas nach Westeuropa transportieren. Der ungarische Gasversorger MOL stellte laut eigenen Angaben einen Rückgang der Gasmenge um 25 % fest.

Wenige Tage nach Einstellung der Lieferungen an die Ukraine kam es zu einer Einigung. Gazprom nahm die Lieferungen an die Ukraine wieder auf.

Im Laufe des Jahres 2006 wich Ukraines neue Regierung unter dem prorussischen Ministerpräsidenten Viktor Janukowitsch einem neuerlichen Streit aus und einigte sich diesmal schon früh mit Gazprom über den Preis für 2007: 130 Dollar (100 Euro) für 1.000 m³ Gas sind zwar 40% mehr als 2006, aber nur die Hälfte des Gaspreises, den Russland von anderen ehemaligen Sowjetrepubliken verlangt.

Konflikte mit Weißrussland und anderen ehemaligen Sowjetrepubliken

Im Dezember 2006 kulminierte der aus erhöhten Preisforderungen hervorgegangene Streit Gazproms mit Weißrussland, von dem statt bisher etwa 50 Dollar pro 1000 m³ (relativ günstig) nun 105 $ gefordert wurden. Gleichzeitig sollte Russlands westlicher Nachbarstaat 50% der Anteile am Erdgas-Verteilersystem an den Energiekonzern abtreten.

Zu Preisstreitigkeiten Gazproms in geringerem Maß als der mit der Ukraine und mit Weißrussland kommt es auch mit zwei anderen Erdöl-Lieferanten der ehemaligen Sowjetunion - mit den zentralasiatischen Staaten Usbekistan und Turkmenistan. Ende 2006 musste das kleine Tadschikistan bzw. seine Versorgerfirma Tajikgaz einem fast verdoppelten Preis für Erdgas aus Usbekistan zustimmen; das diesbezügliche Marktvolumen wird 2007 insgesamt 700 Mill. Kubikmeter Gas für 70 Mill. Dollar betragen (100 $ pro 1000 m³). Usbekistan ist nach Russland und Turkmenistan der drittgrößte Erdgaslieferant der früheren Sowjetunion.

Kritik

Der deutsche Experte für organisierte Kriminalität und Wirtschaftskriminalität Jürgen Roth erklärte in einem Spiegel-Interview, Gazprom stehe „für Korruption, für eine gigantische Selbstbereicherung der früheren sowjetischen Nomenklatura, der neuen russischen Business-Elite und kriminellen Strukturen.“[5]

Russland weigerte sich bisher die Europäische Energiecharta zu ratifizieren. Eine Umsetzung der Charta-Bestimmungen würde ausländischen Unternehmen größere Spielräume für unternehmerische Aktivitäten in Russland eröffnen und so den Wettbewerb für Gazprom verschärfen.

Gazprom ist seit 1. Januar 2007 Hauptsponsor des Fußball-Bundesligisten FC Schalke 04. Um seinen Bekanntheitsgrad in Deutschland zu steigern, schloss Gazprom einen über fünfeinhalb Spielzeiten laufenden Sponsoringvertrag mit Schalke 04 ab. Gazprom zahlt dem Verein einen Sockelbetrag von rund 12 Mio. € pro Jahr. Abhängig vom sportlichen Erfolg gibt es Zulagen, sodass das Sponsoring über die Gesamtvertragslaufzeit ein Volumen von bis zu 125 Mio. € erreichen kann.[6]

Quellen

  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x Matthias Streitz: Schluss mit Druschba Auf: Spiegel online vom 8. Hanuar 2006
  2. Gaz zdrożeje o 10 proc. Auf: tvp.pl vom 21. November 2006
  3. Rosyjski gaz dla Polski po 290 dolarów Auf:tvp.pl vom 21. November 2006
  4. a b c Matthias Streitz: Schluss mit Druschba Auf: Spiegel online vom 8. Hanuar 2006
  5. "Gasprom ist ein Synonym für Korruption" In: Spiegel online vom 22. Dezember 2005
  6. http://www.kicker.de/fussball/artikel/356074

Literatur

Englisch