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Homöopathie

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Allgemeines

Die Homöopathie ist eine, in Deutschland kontrovers diskutierte, alternative Heilmethode. Sie wurde von Samuel Hahnemann begründet und hat auch heute viele Anhänger. Sie wird in Deutschland vor allem von Heilpraktikern angewendet. In Österreich darf Homöopathie nur von Ärzten nach einer speziellen Ausbildung angewendet werden.

Die vier Grundsätze der Homöopathie:

1.) similia similibus curentur ("Ähnliches heile Ähnliches"). Bei der Behandlung wird versucht, das Symptombild des Stoffes ("Arzneimittel-Bild") möglichst genau mit dem Krankheitsbild jedes einzelnen Betroffenen in Beziehung zu bringen. ( = Individualisierung der Therapie.) Homöopathisch wird zum Beispiel ein Durchfall behandelt, indem man nach 1.) eine Substanz wählt, die selbst einen Durchfall mit gleichem Symptombild erzeugt und von dieser eine sehr niedrig konzentrierte Verdünnung wählt, die dem Kranken verabreicht wird.
2.) Arzneimittel-Prüfungen an gesunden Menschen, um empirisch das Symptombild einer jeden Substanz zu finden.
3.) Herstellung sehr niedrig konzentrierter Verdünnungen (oft 1:1030 bis 1:10200). Die Forderung nach Verdünnung entstand ursprünglich, weil zunächst vor allem giftige Stoffe verwendet wurden. Sie erfolgt schrittweise, es soll eine so genannte "Dynamisierung" des Stoffes erreicht werden.
4.) Die Lehre der chronischen Krankheiten nach Hahnemann. Christian Friedrich Samuel Hahnemann hat herausgefunden, dass die chronischen Krankheiten zu Beginn homöopathisch sehr gut zu behandeln sind. In der Folge aber weniger günstig, und im Ausgang hoffnungslos. (Bd I. Die chronischen Krankheiten, S. Hahnemann, Haug Verlag). Daraus schloss er, dass hinter den chronischen Krankheiten ein tief liegender Mechanismus bestehen muss, den man mit den bisherigen Forschungen nicht erreicht hatte. (1816/1817)So kam er durch Forschung in seinen Krankenunterlagen und durch Nachdenken darauf, dass es sich um chronisch-miasmatische Krankheiten handeln müsse. Diese chronischen und weitervererbbaren Krankheiten erkannte er in der Syphilis, der Sykosis (Feigwarzenkrankheit als Folge der Gonnorrhoe) und der Psora (welche er als Folge der Krätzekrankheit Skabies sah). Viele seiner Anhänger kritisierten diese Aussagen und deshalb ist dieses 4. Grundprinzip heute verdrängt. Die miasmatische Homöopathie (deren Grundlagen im 1. Bd. "Die chronischen Krankheiten" und im "Organon der Heilkunst" von Hahnemann beschrieben sind) ist seit 1991 in der Praxis erfolgreich erprobt. (H. Trott, Samuel Hahnemanns Vermächtnis-von der Psora zur Gesundheit, Oratio Verlag Schaffhausen, 1996)

Geschichte

Samuel Hahnemann übersetzte eine englische Abhandlung über die Heilweise von China-Rinde bei Malaria. Er empfand die in dem Artikel bemühten Erklärungen als willkürlich und verfiel deshalb auf die Idee, als gesunder Mensch Chinarinde einzunehmen. Daraufhin bekam er einige der bekannten Malaria-Symptome. Diese Zufallsentdeckung löste seinen Forscherdrang aus, und er begann, weitere giftige Substanzen selbst einzunehmen wie z.B. viele giftige Heilpflanzen. Die darauf auftretenden Symptome notierte er. Später behandelte er Kranke mit ähnlichen Symtombildern mit diesen Stoffen. Um sie ihrer Giftigkeit zu berauben, verdünnte er die Stoffe. Erstaunt war er selbst darüber, dass die Heilwirkung nicht verschwand, sondern sich sogar zu verstärken schien.


Die Nationalsozialisten in Deutschland sahen die Homöopathie als Bestandteil einer "neuen deutschen Heilkunde", die es zur Wahrung der "Volksgesundheit" zu vereinnahmen galt.

Empirische Basis

Ihre empirische Basis begründet die Homöopathie mit zwei verschiedenen Erfahrungsbereichen: der Arzneimittelprüfung am Gesunden und der Dokumentation geglückter Behandlungsverläufe.

Weil die Arzneimittel-Bilder durch praktische Versuche an freiwilligen Gesunden Menschen ermittelt werden, ist eine empirische Basis dafür vorhanden, welche Symptome ein homöopathische Mittel beim Gesunden erzeugte. Arzneimittelprüfungen werden auch in der Gegenwart durchgeführt. Dabei werden die Mittel in der Regel so lange eingenommen, bis Symptome auftreten. Durch blinde oder doppelt blinde Versuchsdurchführung soll erreicht werden, dass die Freiwilligen sich unvoreingenommen beobachten. Die Ergebnisse neuer Arzneimittelprüfungen werden in einer großen Zahl Bücher und Zeitschriften publizert. Die Dokumentation geglückter Behandlungsverläufe ist das zweite emprirische Standbein der Homöopathie.

In einem "Repertorium" werden die beobachteten Symptome in Buchform hierarchisch aufgeführt, und zu jedem Symptom werden alle Mittel genannt, bei denen es bisher auftrat. Die Wertigkeit eines Mittels (1-wertig bis 4-wertig) gibt einen Hinweise darauf, wie bewährt das Mittel bei der Heilung dieses Symptoms ist. Eine hohe Wertigkeit im Repertorium erhält ein Mittel nur, wenn es einerseits bei der Arzneimittel-Prüfung am Gesunden bei einer hohen Zahl von Probanden dieses Symptom hervorrief und wenn es andererseits auch viele Fälle mit diesem Symptom geheilt hat. Eine klare statistische Definition für die "hohe Anzahl" gibt es nicht. Deshalb werden in modernen Repertorien auch Kennzeichnungen für bewährte Mittel geführt, die auf die Erfahrung einzelner Homöopathen mit hohem wissenschaftlichem Ansehen zurückgehen. Die so genannten Künzli-Punkte werden zum Beispiel von vielen Autoren zitiert.

Schulen der Homöopathie

Klassische Homöopathie

Die klassische Homöopathie bezieht sich direkt auf Hahnemann. Sie lehnt den Einsatz von Komplexmitteln ab. Im Vordergrund steht die eingehende Anamnese des Patienten, die dann zu einem umfassenden Bild seiner Persönlichkeit führt und daraus abgeleitet das Mittel, das dem Zustand des Patienten am ehesten entspricht.

Homöopathie mit Komplexmitteln

Bei dieser Arbeitsweise werden verschiedene homöopathische Mittel vermengt und dem Patienten gleichzeitig verabreicht. Diese Komplexmittel dienen meist der gezielten Behandlung von bestimmten Symptomgruppen (z.B. Erkältung ). Sie steht somit also im Widerspruch zur "Klassischen Homöopathie" (s.o.).


Potenzierung

Die homöopathischen Arzneimittel wie z.B. Tropfen, Tabletten, Globuli werden nach den Vorschriften des Deutschen Homöopathischen Arzneibuches (»HAB«) durch stufenweises "Potenzieren" (Verdünnen: z.B. D1 = 1:10, D2 = 1:100) aus Urmischungen (pflanzlichen und tierischen Ursprungs: Symbol: Ø oder mineralischen und chemischen Ursprungs: Symbol O) und aus indifferenten Verdünnungsmitteln wie Weingeist, destilliertes Wasser, Glycerin und Milchzucker hergestellt. Daneben gibt es zahlreiche fabrikmäßig hergestellte Fertigpräparate.

Unter dem Potenzieren versteht man dabei nicht nur eine Verdünnung. Durch mehrstufige Verreibung nach einem festen Schema oder durch Verschüttelung sollen die Arzneistoffe zusätzlich noch eine "Umwandlung" erfahren. Die Verdünnung ist höchst umstritten, und viele Naturwissenschaftler gehen davon aus, dass ein echtes homöopathisches Medikament chemisch und wahrscheinlich auch physikalisch gesehen praktisch reines Wasser ist (s.u.).

Entgegen weit verbreiteter Auffassung ist die Verdünnung unter die physikalische Auflösungsgrenze jedoch kein zwingendes Element der Homöopathie. Insbesondere Ärzte arbeiten in Deutschland gern mit Niedrigpotenzen (D4, D6), in denen die Stoffe noch in nennenswerter Konzentration vorliegen. Eine D6 enthält den Ausgangsstoff in der Verdünnung von 1:1 000 000, also in µg/g.

Erklärungsversuche

Für die einzenen Elemente der homöopathischen Behandlung sind die verschiedensten Erklärungsversuche bemüht worden. Aus physikalisch-chemischer Sicht lassen sich die bekannten Erklärungsversuche nicht schlüssig belegen. So kann beispeilsweise das Modell der Wassercluster nicht erklären, warum homöopathische Mittel auch in ungelöster Form auf Milchzucker wirken sollen. Die eventuellen Mechanismen einer homöopathischen Heilung sind unbekannt.

Erkenntnistheoretisch sind Begründungs- und Widerlegungsversuche kein Kriterium für die Wirksamkeit eines Phänomens. Deshalb werden auch klinische Studien durchgeführt.


Studien

Das Universitätsklinikums Freiburg hat in einer über fünf Jahre laufenden Wirksamkeitsstudie positive Effekte der Homöopathie auf das Empfinden der Patienten nachgewiesen [1]. Harald Walach, der Leiter des Freiburger Instituts, ist ein langjähriger Verfechter der Homöopathie.


Teilbereiche der Homöopathie

Tier-Homöopathie

Teilbereiche der Homöopathie, wie etwa die Tier-Homöopathie werden in Österreich zunehmend akademisch. Nachdem die Homöopathie für Haustiere akademisch gelehrt wird, soll sich dieses Themas eine neue Vorlesung an der Veterinärmedizinischen Universität Wien annehmen. "Die Homöopathie ist als rückstandsfreie Medizin für Bio-Landwirtschaft von besonderem Interesse", sagte Andreas Meinl, Diplom-Homöopath der "Österreichische Gesellschaft für veterinärmedizinische Medizin" [2]. Ein Ausbildung zum Fachtierarzt für Homöopathie ist vorgesehen.

Allergie

Um Allergikern eine alternative Therapie zu Verfügung zu stellen, arbeiten momentan (2003) deutsche Pharmazeuten an einem neuen homöopathischen Medikament, das keine Nebenwirkungen besitzen soll. Es wird aus verschiedenartige pflanzlichen Allergenen zubereitet. Damit soll das Immunsystem gegen Pollenattacken desensibilisiert werden und auch gestärkt werden.

Dr. Walter Glück, Komplementärmediziner: Wir leben in einer Zeit, wo die Allergiker immer mehr werden und man eigentlich nicht weiß warum. Die wissenschaftliche Medizin nicht wirklich auch eine Erklärung hat, warum die Allergien so zunehmen. Man hat bereits vor 20 Jahren in Amerika davor gewarnt, dass wir in eine Immunkatastrophe kommen, wenn wir so weiter therapieren, das heißt ein Missbrauch von starken Medikamenten und auch Antibiotika... [3]

Kritik an der Homöopathie

  • Es gibt bis heute keine naturwissenschaftliche Erklärung, warum die Gabe eines krankmachenden Stoffes den Körper zu einer Heilreaktion anregen sollte.
  • Oft ist die Dokumentation von Fällen aus naturwissenschaftlicher Sicht nicht genau genug, weil sie z.B die Reaktion von Laborwerten auf die homöopathischen Gaben nicht zeitnah belegen kann.


Homöopathie-Kritiker verweisen auf unabhängige Studien, die positive Ergebnisse aus der Homöopathie-Forschung nicht reproduzieren konnten. Einige dieser Studien sind aus homöopathischer Sicht umstritten. Heute steht die Mehrzahl der Wissenschaftler an den medizinischen Hochschulen der Homöopathie ablehnend gegenüber. Der Hauptgrund dafür ist die Tatsache, dass man in wissenschaftlichen Doppelblindstudien die Wirkung von homöopathischen Medikamenten, die über die Wirkung von Plazeboeffekten hinausgehen bisher nicht schlüssig nachweisen konnte. Abgesehen von dem bisher ausgebliebenen empirischen Beleg eines Nutzens, sind auch theoretische Bedenken anzumerken. Wenn bspw. ein Stoff durch eine Verdünnung ("Potenzierung") seine Wirkung verstärkt, stellt sich die Frage, warum nur der Stoff, der potenziert werden soll, auch tatsächlich potenziert wird, und nicht auch all die anderen Spurenelemente, Reststoffe etc. im Alkohol oder im Gefäß.

Ein entscheidendes Argument gegen die Homöopathie ist damit, dass bei den oft verwendeten sehr hohen Verdünnungen rein rechnerisch kein einziges Molekül der Wirksubstanz mehr vorhanden ist (eine Potenzierung von 200C etwa entspricht einem Molekül Substanz pro 10400 Molekülen Wasser; das bekannte Universum enthält jedoch nur 1080 Atome). Somit dürfte nach dem naturwissenschaftlichen Erkenntnisstand auch keine Wirkung auftreten.


Manche Homöopathen glauben, Information über die Wirksubstanz werde von der Trägersubstanz "gespeichert", gewissermaßen eine Art Erinnerung des Wassers. Dass ein solcher Mechanismus existiert und wie er funktioniert konnte jedoch bislang nicht schlüssig dargelegt werden. Allerdings weisen Erkenntnisse aus Bereichen der Physik wie z.B. die Quantenphysik darauf hin, das es Mechanismen der Informationsübertragung geben kann, die unserem Alltagsverständnis widersprechen. Zudem ist die Wirkungsweise vieler pharmakologischer Stoffe ebenfalls nicht restlos geklärt.

Als Argument für den Wirkmechanismus der Homöopathie wird gelegentlich angeführt, dass in Deutschland Mittel verboten sind, die nach medizinischer Sichtweise so verdünnt sind, das sie gar nicht wirken können. Warum müsse man Mittel verbieten, die gar nicht wirken könnten? Es müsse dann doch "etwas dran sein". Kritiker der Homöopathie weisen darauf hin, dass auch die deutschen Behörden sich keineswegs immer auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützen und besonders in Deutschland die Homöopathie viele Freunde in der Politik hat.

Kritiker behaupten auch, dass die berichteten Erfolge der Homöopathie, wie auch viele der TCM auf "unspezifische" Effekte zurückzuführen sind (mehr Zuwendung, mehr Hoffnung etc.). Dies sollte auch das Augenmerk der Schulmedzin auf diese Effekte lenken, etwa auf einer partnerschaftlichere Arzt-Patienten-Beziehung ("Compliance").

Johannes Köberling von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin fasste seine Kritik 1997 in einem Vortrag so zusammen:

"Noch eindeutiger ist die Situation bei der Homöopathie. Für die gläubigen Anhänger dieser Therapieform existiert eine Art Bibel der reinen Lehre, nämlich Hahnemanns Organon. Hahnemann hat vor 200 Jahren ein in sich geschlossenes und von ihm selbst als definitiv erachtetes Lehrgebäude errichtet. Solche geschlossenen Systeme, so unsinnig sie auch sind, üben eine gewisse Faszination auf manche Menschen aus. So haben es die Vertreter dieser Lehre geschafft, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden ist, hier sei eine ernsthafte Alternative zur Medizin zu finden, eine Auffassung die nicht selten auch von sonst kritischen und in anderen Bereichen vernünftigen Menschen geteilt wird. Weder der bekannte Ähnlichkeitssatz noch die Potenzierung durch extremes Verdünnen sind in irgendeiner Weise wissenschaftlich belegt. Erfolgsberichte über homöopathische Heilungen betreffen nie größere Patientengruppen mit bestimmten Krankheiten, sondern bestehen aus einzelnen Fallbeschreibungen. Fallbeschreibungen entziehen sich aber der Falsifikationsmöglichkeit, sie sind prinzipiell wahr." [4]:


Siehe auch Phytotherapie, TCM, Medizinische Wirksamkeit

Literatur

  • Peter Christian Endler (Humanbiologe, Mitarbeiter des Ludwig Boltzmann-Institutes für Homöopathie): Expedition Homöopathieforschung Ein altes Heilsystem wird plausibel ISBN 3-85175-695-9
  • Michael Shermer, Lee Traynor (Hg.): Skeptisches Jahrbuch 3. Heilungsversprechen. Zwischen Versuch und Irrtum. Alibri 2000.