Schienenverkehr auf Korsika
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Die Korsische Eisenbahn verbindet als Eisenbahngesellschaft mit dem Namen CFC (Chemin de Fer de la Corse) die beiden Hafenstädte Bastia an der Ostküste und Ajaccio an der Westküste auf der französischen Insel Korsika. Außerdem erschließt sie die Nordküste der Insel mit der Stadt Calvi. Das Eisenbahnunternehmen ist eine Tochter der französischen Staatsbahn SNCF und betreibt eine eine durchweg eingleisige Schmalspurbahn mit 1000 mm Spurweite und einer Streckenlänge von insgesamt 231 km. Die Gesellschaft wurde 1983 gegründet, nachdem die Gesamtstillegung des Eisenbahnnetzes auf Grund der Proteste aus der Bevölkerung verhindert wurde.
Die Hauptstrecke
Die Hauptstrecke hat ihren Anfangspunkt in der Nähe des Hafens von Bastia. Auf ihrem Weg in Richtung Ajaccio verläuft sie erst entlang der Ostküste der Insel und dann in Richtung des Inneren der Insel bis an die Westküste. Auf ihrem Weg verschafft sie der innerkorsischen Universitätsstadt Corte eine schnelle Eisenbahnverbindung ans Meer. Die Strecke ist 157,4 km lang, überwindet auf ihrem Weg durch die Insel einen Höhenunterschied von 930 m bei einer maximalen Steigung von 3 % und wurde von 1888 bis 1894 erbaut.
Besondere Bauwerke
Der Hauptkamm des korsischen Hochgebirges wird unterhalb des 1163 m hohen Col de Vizzavona im 3916 m langen Vizzavona-Tunnel unterquert. Dieser Tunnel ist schnurgerade angelegt, so dass man an einem seiner beiden Enden ganz schwach das Licht am anderen Ende erkennen kann. Diese Bauart ist sehr ungewöhnlich, denn bei einem Scheiteltunnel legt man normalerweise den höchsten Punkt eines Tunnels genau in seine Mitte, um beim Bau das eindringende Wasser problemlos ablaufen lassen zu können. Nördlich des Tunnels befinden sich mehrere Kehrschleifen mit kurzen Kehrtunnels, die in ihrer Anlage an die Nordrampe der Gotthardbahn bei Wassen erinnern. Bei diesem Aufstieg wird der 140 m lange und 80 m hohe Vecchio-Viadukt überquert, dessen Entwurf auf Gustave Eiffel zurückgeht. Ein weiteres bemerkenswertes Bauwerk ist der zwei Kilometer lange Tunnel unter der Altstadt von Bastia. Die gesamte Strecke ist landschaftlich und technisch ebenso interessant wie die Eisenbahnen in den Alpen.
Die Zweigstrecke
Zum Netz der CFC gehört noch eine Zweigstrecke vom einsam an der Hauptstrecke gelegenen Bahnhof Ponte Leccia über den Küstenort L'ile Rousse zur Hafenstadt Calvi an der Nordküste. Die Strecke ist 73,1 km lang, durchquert zunächst ebenfalls das korsische Hochgebirge, um dann auf der zweiten Hälfte ab L'ile Rousse als Tramway de Balagne an der Küste entlang nach Calvi zu führen. Sie hat beim Bahnhof von Novella ihren höchsten Punkt mit 462 m über NN und erreicht 30 km weiter bereits wieder das Meeresniveau.
Stillgelegte Strecken und gescheiterte Projekte
Bis zum zweiten Weltkrieg betrieb die damalige Eisenbahngesellschaft eine weitere 152 km lange Strecke entlang der Ostküste der Insel. Sie zweigte in Casamozza von der Hauptstrecke ab und führte durch die Ebene bis nach Porto Vecchio, wo 1935 der Weiterbau Richtung Bonifacio am südlichsten Punkt der Insel stecken blieb. Die Strecke wurde 1943 beim Rückzug des deutschen Militärs aus Afrika vollkommen zerstört und nicht wieder aufgebaut. Heute dient diese ehemalige Eisenbahnlinie mit ihren imposanten Brückenbauwerken zum Teil als Landstraße, zum Teil führt sie als Trampelpfad durch die korsische Macchia.
Weitere gescheiterte Projekte waren die geplanten Verbindungen von Caldaniccia in der Nähe von Ajaccio nach Propriano an der Westküste und Vico im Hochgebirge. Ebenfalls nicht weiter verfolgt wurde die geplante Direktverbindung von Calvi über Porto nach Ajaccio, obwohl der Bahnhof von Calvi entsprechend dieser Erweiterung bereits als Durchgangsbahnhof in Seitenlage angelegt wurde.
Die Betriebsführung
Die CFC unterhält auf ihrem Streckennetz insgesamt 32 Tunnels, 76 mittlere und große Brücken, 83 niveaugleiche Bahnübergänge, elf Triebwagen für den Personenverkehr, 77 Güterwagen und sechs Diesellokomotiven. Insgesamt sind 221 Personen bei der CFC beschäftigt, davon 201 an einem Dauerarbeitsplatz. Etwa 300.000 Fahrgäste nutzen die CFC im Jahr, die meisten von ihnen sind Touristen (Stand von 1998). Bedeutende Bahnhöfe befinden sich in Bastia, Casamozza, Ponte Leccia, Corte, Ajaccio und Calvi. Die vollständig ausgestattete Hauptwerkstatt des Unternehmens liegt in der Nähe des Bahnhofs von Casamozza.
Eingesetzte Triebfahrzeuge
Die im Personenverkehr eingesetzten Triebwagen haben ein sehr unterschiedliches Alter, wobei die modernen Fahrzeuge die Hauptverkehrslast auf der Stammstrecke Bastia - Ajaccio tragen. Auf der Tramway de Balagne zwischen L'ile Rousse und Calvi verkehren dagegen mittlerweile 50 Jahre alte Triebwagen des Herstellers Renault mit entsprechenden Personenwagen.
Die Ablösung der Dampflokomotiven begann auf der Insel schon sehr früh. Bereits 1937 verkehrten auf der Hauptstrecke Triebwagen mit Dieselantrieb der französischen Firma Billard. Beschleunigt durch die Zerstörungen des Zweiten Welkrieges endete der Einsatz der letzten Dampflok 1954.
Für das Jahr 2005 ist die Anschaffung neuer Triebwagen geplant, die dann deutlich komfortabler sein sollen als ihr Vorgänger. Ihr herausstechendes Merkmal sollen große Panoramafenster sein sowie die Anordnung des Antriebes unterhalb des Fahrzeugbodens, um den Fahrgästen mehr Raum zur Verfügung stellen zu können. Darüber hinaus gehende Verbesserungen wie zum Beispiel eine Elektrifizierung des Netzes sind nicht geplant.
Der Fahrplan
Der Fahrplan ist relativ dünn ausgestattet: Zwei tägliche Verbindungen von Bastia nach Calvi, vier bis fünf tägliche Verbindungen von Bastia nach Ajaccio, die dann je nach Bedarf in Mehrfachtraktion mit bis zu drei Triebwagen gefahren werden. Hinzu kommt noch ein dichter Verkehr an Werktagen zwischen Bastia und Casamozza sowie Fahrten im Zwei-Stunden-Takt auf der Tramway de Balagne während der Sommer-Saison. Die Kosten für eine Fahrkarte bewegen sich im üblichen Rahmen des ÖPNVs. Für Touristen wird das ganze Jahr über eine Netzkarte für 47 € und einer Gültigkeitsdauer von sieben Tagen angeboten. Bedingt durch die Bedienung von insgesamt über 30 Bahnhöfen und Haltepunkten dauert die Fahrt auf der Hauptstrecke etwa drei Stunden und 30 Minuten. Die morgendlichen Eilzüge mit Halt auf wenigen Stationen durchfahren die Strecke in zwei Stunden und 59 Minuten. Auf der Zweigstrecke benötigen die beiden Züge ab Ponte Leccia bis Calvi eine Fahrzeit von einer Stunde und 50 Minuten. Aufgrund des geringen Platzangebotes können auf beiden Strecken nur beschränkt Fahrräder in den Fahrzeugen mitgenommen werden.
Volks- und Betriebswirtschaftliche Aspekte
Die Kostendeckung des Betriebes stellt sich wegen des Tourismus als Haupteinahmequelle auf der Insel als schwierig dar, denn die eigentliche Saison auf der Insel beschränkt sich auf 10 Sommerwochen. Dennoch wird das ganze Jahr über gefahren, um der einheimischen Bevölkerung in den Wintermonaten die Gelegenheit zu geben, die beiden größten Städte der Insel ohne große Umwege erreichen zu können. Aus diesem Grund wird die Hauptstrecke im Winter vom Schnee geräumt, was bei den Paßstraßen durch das innerkorsische Gebirge problematisch ist.
Im Gegensatz zum Personenverkehr spielt der Güterverkehr keine entscheidende Rolle. Da die Insel keine bedeutenden Bodenschätze besitzt, beschränkt sich der Transport von Gütern auf landwirtschaft- und forstwirtschaftliche Produkte sowie auf den Eigenbedarf der Bahngesellschaft. Für einen Transit zwischen den Häfen fehlt ebenfalls das Transportvolumen, was schon allein an der Tatsache erkennbar ist, dass die Gleise der Bahn nur in Ajaccio bis an die Kaimauern reichen.
Zusammenfassung
Im Gegensatz zu den Bahnen des europäischen Festland zeichnet sich der Betrieb der korsische Eisenbahn durch einige Besonderheiten aus, die sich in erster Linie aus der Insellage von Korsika ergeben. Das Unternehmen hat keine Möglichkeit einer gemeinsamen Nutzung von Infrastrukturen mit anderen Unternehmen und ist daher gezwungen, diese selbst bereit zu stellen. Dies äußert sich in erster Linie in der Notwendigkeit einer eigenen großen Werkstatt für alle anfallenden Reparaturarbeiten und auch in der Tatsache, dass teilweise sehr alte Fahrzeuge auf den Strecken unterwegs sind, die dem Betrieb in gewisser Weise den Anstrich eines Eisenbahnmuseums geben.
Die gefahrenen Geschwindigkeiten sind andererseits auf allen Streckenabschnitten überraschend hoch, auf den neu ausgebauten Gleisen beispielsweise in der Nähe von Ajaccio erreichen die Triebwagen eine Geschwindigkeit von bis zu 90 km/h. Hinzu kommen enge Kurven und tiefe Schluchten an den Streckenrändern; die Fahrt auf der Korsischen Eisenbahn gilt bei vielen Touristen als ein Abenteuer.
Weblinks
- Die Homepage der CFC innerhalb der SNCF
- Eine deutschsprachige Seite über die CFC
- Eine weitere deutschsprachige Seite
- Eine von der CFC selbst gebaute Diesellokomotive
Literatur
- Guide du train malin / la corse en train ISBN 2-9509210-5-1