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Harnstoff

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Strukturformel
Strukturformel von Harnstoff Datei:Urea3D.png
Allgemeines
Name Harnstoff
Andere Namen
  • Kohlensäurediamid
  • Carbamid
  • Carbonyldiamid
  • Diamid der Kohlensäure
  • Urea Pura (lat.)
Summenformel CH4N2O
CAS-Nummer 57-13-6
Kurzbeschreibung weiße Kristalle
Eigenschaften
Molmasse 60,06 g/mol
Aggregatzustand fest
Dichte 1,335 g/cm³
Schmelzpunkt 132,7 °C
Siedepunkt (Zersetzung unterhalb des Siedepunktes)
Thermische Zersetzung >132 °C
Dampfdruck <0.1 hPa (20 °C)
Löslichkeit (20 °C) Wasser ~1000 g/l; Ethanol 50 g/l; fast unlöslich in Ether und Chloroform
Sicherheitshinweise
Gefahrensymbole
keine
R- und S-Sätze

R: keine
S: S22 (Staub nicht einatmen)
S24/25 (Berührung mit den Augen und der Haut vermeiden)

MAK nicht festgelegt
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Harnstoff (Kohlensäurediamid, lat. Urea Pura) – nicht zu verwechseln mit Harnsäure – ist eine organische Verbindung, die von vielen Tieren als ein Endprodukt des Stoffwechsels von Stickstoffverbindungen (z.B. Aminosäuren) im sogenannten Harnstoffzyklus produziert und anschließend im Urin ausgeschieden wird. Reiner Harnstoff ist ein weißer, kristalliner, geruchloser, ungiftiger und hygienisch unbedenklicher Feststoff.

Entdeckung

Christian Harnstoff entdeckte diese Flüssigkeit 1937. Harnstoff war die erste synthetisch hergestellte organische Verbindung. Sie wurde 1773 von Hilaire Rouelle als Substanz entdeckt und 1828 von Friedrich Wöhler erstmals durch Reaktion von Kaliumcyanat und Ammoniumsulfat künstlich synthetisiert. Dies widerlegte die damals verbreitete Vorstellung, dass organische Substanzen grundsätzlich nur von Lebewesen durch die so genannte "vis vitalis" (Lebenskraft) hergestellt werden könnten, und ebnete den Weg für die organische Chemie.

Anwendungen

Auf Grund seines hohen Stickstoffgehaltes von 46 % ist Harnstoff das weltweit bedeutendste Stickstoffdüngemittel. Harnstoff wird aufgrund seiner hohen Wasserbindungsfähigkeit darüber hinaus häufig als Feuchtigkeitsfaktor in Kosmetika eingesetzt. In der Pharmazie kennt man Harnstoff als Keratolytikum. Diese Eigenschaft macht man sich in verschiedenen Rezepturen zu nutze. Beispielsweise wirkt es hoch konzentriert (40 %) in Pasten zusammen mit einem Antimykotikum (Antipilzmittel) gegen Nagelpilz (Onychomykose), wobei der Harnstoff den Nagel so weich macht, dass man die infizierte Nagelsubstanz Stück für Stück abtragen kann. Weiter dient es als Feuchtigkeitsspender in Salben zur Bekämpfung von atopischen Ekzemen und Lichenerkrankungen.

Zigarettenhersteller mischen Harnstoff dem Tabak bei, damit das Nikotin durch Erhöhung des pH-Wertes besser aufgenommen werden kann. So werden aus vermeintlich leichten Zigaretten, die auf der Packung einen niedrigen Nikotinwert angegeben haben, starke Zigaretten.

Harnstoff kann auch als Streusalz-Ersatz eingesetzt werden; Aus Kostengründen ist dies aber nicht rentabel.

Eigenschaften

Harnstoff zerfällt beim Schmelzen unter Abspaltung von Ammoniak – NH3 – zu Biuret. Es ist schwach wassergefährdend und hat daher die Wassergefährdungsklasse 1. Harnstoff bildet farb- und geruchlose Kristalle.

Industrielle Herstellung

Harnstoff wird in großen Mengen industriell hergestellt (2004: 127 Mio t weltweit) und dient z. B. als Stickstoffdünger oder als NOx-Reduktionsmittel beim SNCR-Verfahren. In Ländern mit großen Erdgasvorkommen, die früher oft einfach abgefackelt wurden, wird Erdgas heute in Harnstoff umgewandelt. Dazu dienen große Anlagen, die aus Erdgas, Luft und Wasser in den Prozessschritten Wasserstoffherstellung -> Ammoniakherstellung -> Harnstoffsynthese schließlich Harnstoff herstellen. Dabei wird das bei der Wasserstoffherstellung anfallende CO2 als Harnstoff gebunden und nicht in die Atmosphäre freigesetzt. Der zunächst in Lösung anfallende Harnstoff wird in Granulat umgewandelt und in Säcken oder auch lose vertrieben. Die größten Anlagen der Welt produzieren ca. 4.000 t Harnstoff am Tag.

Reaktionsgleichungen:

2 NH3 + CO2 ---> [H2N-CO-O]NH4 (Ammoniumcarbamat)

[H2N-CO-O]NH4 ---> H2N-CO-NH2 + H2O

Eine industrielle Weiterverwendung von Harnstoff ist die Herstellung von Melamin, das z. B. mit Formaldehyd zu Kunstharzen verarbeitet wird, und von Harnstoff-Formaldehyd-Harzen (Harnstoffharz, so genannte UF-Harze), die z. B. zur Produktion von Spanplatten eingesetzt werden.

Siehe auch