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Niemcza

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Niemcza (deutsch Nimptsch) ist eine Stadt mit 3.500 Einwohnern in Niederschlesien. Sie liegt an der Lohe östlich von Dzierżoniów (Reichenbach) im Powat Dzierżoniówski, Woiwodschaft Niederschlesien, Polen. Die Stadt war vor Breslau der Hauptort Schlesiens.

Geschichte

Die Stadt liegt am Böhmersteig, einem uralten Verbindungsweg von Böhmen zur Ostsee und war in der Frühzeit eine der bedeutendsten Siedlungen Schlesiens.

Frühzeit

Erste Besiedlungsfunde der Lausitzer Kultur stammen aus der Bronzezeit. Etwa 1000 v. Chr. wurde auf dem Stadtberg oberhalb der Lohe eine erste Burganlage errichtet, die um 500 v. Chr. zerstört wurde. Im 4. Jahrhundert entstand auf dem Berg eine befestigte Ansiedlung als Gauort der Silinger, die als einzige bekannte im ostdeutschen Raum gilt. Sowohl durch Grabungen von 1935-1936 als auch 1960-1965 wurde bestätigt, dass sich Sippen der Silinger nicht der Völkerwanderung angeschlossen hatten, sondern in einem Siedlungsraum zwischen dem Zobten und der Lohe verblieben waren. Zur Zeit der slawischen Besiedlung im 6. Jahrhundert entstand der Name der Siedlung aus dem Wort Němci (Stumme, Fremde) für die hier lebenden Germanen. Um 700 hat sich diese Kultur mit der slawischen vermischt, wie Funde einer slawischen Burganlage bestätigen. Nemzi wurde zum Hauptort des Gaues Slensane.

Piastenzeit

990 wurde die zuvor zu Böhmen gehörenden Burg von den Polen erobert. Der dabei von Monachus Sazawensis schriftlich belegte Ortsname Nemzi stellt den ältesten überlieferten Ortsnamen in Schlesien dar. Die strategische bedeutsame Anlage am Hauptverkehrsweg nach Böhmen spielte bei den Ansprüchen Böhmens und Polens auf Schlesien eine gewichtige Rolle. 1017 berichtete Thietmar von Merseburg von einer vergeblichen Belagerung durch Kaiser Heinrichs des Heiligen. Ebenso scheiterte Herzog Břetislav II. von Böhmen im Jahre 1093 bei dessen Besetzung Schlesiens. Die Burg verblieb in polnischem Besitz und hier wurde 1137 der Friede von Glatz besiegelt.

Nemzi war seit 1155 Sitz eines Kastellans der Piasten, dessen Bezirk etwa die Grenzen der alten Landkreise Strehlen, Frankenstein und Reichenbach umfaßte. Auf dem Stadtberg befanden sich neben der hölzernen Kastellansburg mit der Peterskapelle noch eine Stadtsiedlung in ausGroßmähren stammender steinerner Bauweise innerhalb der Wallanlagen sowie ein vorgelagerter Marktflecken um die nach 1039 gegründete Adalbertkirche. Direkter Besitz der Kastellane waren die Wasserburg Vogelgesang und die Güter Woislowitz und Pangel.

Bei der deutschen Besiedlung im 13. Jahrhundert entstand auf der altpolnischen Anlage ein eingeengtes Städtchen, das 1282 Stadtrecht erhielt und neben dem sich um die Adalbertkirche die Altstadt, ein polnisches Waldhufen- und Stadtdorf entwickelte. Die 1295 begründete Marienkirche (nach der Reformation Peter und Pauls-Kirche) der Stadt war der Adalbertkirche unterstellt und wurde von der polnischen und deutschen Bevölkerung gemeinsam aber getrennt genutzt. Zum gleichen Zeitpunkt entstand die heute noch teilweise erhaltene Stadtmauer mit zwei Stadttoren und an Stelle der Burg entstand das Stadtschloss in steinerner Bauweise.

Die seit dessen Gründung dem Fürstentum Breslau angehörige Stadt gelangte mit der Teilung von 1311 zum Fürstentum Brieg. Zeitweilig an die Herzöge von Schweidnitz verpfändet, benutzte dessen Herzog [[Bolko II. (Schweidnitz)|Bolko II.] während seiner Fehden mit dem Böhmenkönig Johann die günstige Lage von Nimptsch zur Sperrung der Straße von Prag über Glatz nach Breslau. Bei dem im 14. Jahrhundert einsetzenden Niedergang des Fürstentums Brieg durch Aufsplittung in zahlreiche Herzogtümer und Herrschaften entging Fürst Ludwig III. nur dadurch dem Verlust der Fürstenwürde, dass das für ihn errichtete Herzogtum Nimptsch nicht zustande kam, weil 1430 die Hussiten die Stadt besetzt hatten. Erst 1434 gelangt den Piasten in der siebenten Belagerung die Einnahme von Nimptsch, das anschließend geschliffen wurde.

Im Jahre 1455 erhielt die Stadt das Meilenrecht, 1481 verlor sie jedoch den Sitz der Amtsverwaltung des Amtes Teich, später Rothschloß, an das zentral gelegene Dorf Schlottnitz (Białobrzezie). Der Niedergang von Nimptsch wurde durch das Wachstum der benachbarten Städte Frankenstein und Reichenbach beschleunigt, die für die Entwicklung bessere Voraussetzungen boten als das eingeengte Städtchen auf dem Berg über Lohe, das von Adelsgütern umgeben war. Hinzu kam die Lage der Stadt im äußersten Westen des Fürstentums Brieg und am Rande des eigenen Weichbildes; auch der der alte Böhmersteig war nicht mehr die Hauptverbindung Böhmens nach dem Norden.

Erst im 16. Jahrhundert war der Wiederaufbau der Stadt abgeschlossen, die Stadtbefestigung wurde wieder hergestellt und das Schloss als sogenannte Hedwigsburg 1585 zur Residenz der Herzöge von Nimptsch umgebaut, das jedoch von den Fürsten von Brieg, die diesen Titel inne hatten, zu keiner Zeit genutzt worden ist. An der Stelle der Adalbertskirche entstand 1612 die evangelische Georgskirche. Nimptsch besaß seit 1513 das Recht zur Abhaltung von Märkten, hinzu kam 1579 das Braurecht. 1534 hielt die Reformation in Nimptsch Einzug.

Die Phase der Erholung der Stadt wurde durch den Dreißigjährigen Krieg beendet. 1633 wurde Nimptsch durch die Truppen Wallensteins niedergebrannt, nur das Schloss blieb erhalten. Es folgte eine Pestepidemie, so dass 91 der 103 Grundstücke keinen Besitzer mehr hatten, und 1642 der Einfall des schwedischen Heeres unter Torstensson.

nach 1675

Mit dem Tode des letzten Piastenherzog Georg Wilhelm von Brieg wurde das Fürstentum von Österreich besetzt und in den bisher evangelischen Gebiet kam es zur Gegenreformation. Die Errichtung der katholischen Kirchgemeinde, der von 1701 - 1707 die Stadtkirche St. Peter und Paul zugesprochen war, führte zu einem Streit zwischen beiden Konfessionen in der Stadt. 1712 bauten die Katholiken eine eigene Kirche (Hedwigskirche) am Schloß. Unter dem Kantor Quiel entwickelte sich Nimtsch zu einem Zentrum der evangelischen Kirchenmusik.

Ein Stadtbrand zerstörte im Jahre 1735 Teile des Schlosses und die katholische Kirche. Während die Hedwigskirche schon 1736 wieder errichtet wurde, erfolgte der Wiederaufbau des Schlosses erst 1830 als schmuckloses Bauwerk, bei dem vom alten Schloss nur das aus der Renaissancezeit stammende Oktogon mit wertvoller Sgraffitoausgestaltung erhalten blieb.

1742 kam Nipmtsch, wie der größte Teil Schlesiens, zu Preußen.

Während der Napoleonischen Kriege kam es in Nimptsch zwischen 1805 und 1807 durch Truppen des Rheinbundes mehrfach zu Plünderungen.

1853 brannte das Rathaus nieder und im Jahre 1859 wurden erneut Teile der Stadt durch ein Schadfeuer zerstört.

Die Peter- und Paulskirche, die 1852 wegen Baufälligkeit geschlossen worden war, entstand 1864 im neoromanischen Stil neu.

1884 bekam Nimptsch mit der Strecke nach Heidersdorf (Łagiewniki) einen Anschluss an das Eisenbahnnetz, der zugleich eine Fortsetzung der Bahnstrecke Breslau - Heidersdorf darstellte. 1894 wurde die Strecke bis nach Gnadenfrei Piława Górna verlängert und bildete einen Anschluß zur Verbindung zwischen Reichenbach (Dzierżoniów) und Frankenstein (Ząbkowice Śląskie).

Nimptsch war von 1742 bis 1932 Sitzgemeinde eines Landkreises, nach dessen Auflösung gehörte die Stadt bis 1945 dem niederschlesischen Landkreis Reichenbach (Eulengebirge) an.

Zwischen 1926 -1934 erfolgte die Restaurierung der Stadtmauer Beide im 19. Jahrhundert abgetragenen Stadttore wurden 1936 in ähnlicher Form nachgestaltet.

Den Zweiten Weltkrieg überstand die Stadt unbeschadet. Die deutschen Bewohner wurden 1946 vertrieben und polnische Vertriebene aus Galizien angesiedelt. Während der kommunistischen Herrschaft verfiel Niemcza völlig.

1964 wurden die Hedwigskirche und das Oktogon des Schlosses abgerissen. Das aus der Zeit des Barock stammende Interieur der Kirche gelangte in das Nationalmuseum Wrocław. Die verbliebenen Teile des Schlosses wurden zu einer Fabrik umgebaut. Die Georgskirche ist einsturzgefährdet.

Lediglich die Stadtkirche St. Peter- und Paul, die barocken Stadthäuser am Ring und die 1966 erneut restaurierte Stadtbefestigungsanlage blieben ohne größere Schäden erhalten.

Sehenswürdigkeiten

Auf dem Friedhof zu Niemcza befindet sich die 1784 errichtete Grabstätte für Friedrich Bernhard von Prittwitz und Gaffron. Die Ruine dieses Mausoleums wurde 2001 restauriert.


Der Rhododendronpark Wojsławice (Woislowitz) geht auf den unter Rudolph von Canitz und Dallwitz im Jahre 1825 angelegten Gutspark Woislowitz zurück. Durch den Dendrologen Fritz von Oheimb wurde der 150 ha große Park zu einem bekannten Rhododendronpark umgestaltet, der heute als Arboretum des Botanischen Gartens der Universität Breslau genutzt wird.

Persönlichkeiten

  • Daniel Casper von Lohenstein (* 25.1.1635 auf Schloss Nimptsch; † 28.4.1683 in Breslau), deutscher Dichter
  • Johann Heinrich Quiel (1680-1768) evangelischer Kantor und Kirchenmusiker in Nimptsch
  • Fritz von Oheimb (1850-1928), Dendrologe und Gestalter des Rhododendronparks Woislowitz
  • Ernst Schenke, (* 24.5.1896 in Nimptsch; † 11.12.1982 in Recklinghausen), bedeutender schlesischer Mundartdichter
  • Jo Brauner (* 29.11.1937 in Nimptsch), ehemaliger Nachrichtensprecher der ARD

Einwohnerzahlen

1740: 1150 Einwohner
1787: 1256
1825: 2182
1905: 2216
1939: 3523 (16,24 km²)
1961: 3557 (19,25 km²)
1970: 3772

Städtepartnerschaften

Gmina

Die Gmina (Großgemeinde) Niemcza umfaßt ein Gebiet von 72 km² mit 6.734 Einwohnern. Dazu gehören folgende Orte:

  • Gilów (Girlachsdorf)
  • Gola Dzierżoniowska (Guhlau)
  • Kietlin (Kittelau)
  • Niemcza (Nimptsch) - Stadt, mit
    • Gumin (Gaumitz), 2 km südwestlich der Stadt gelegene Ortschaft
    • Jasin (Johannisthal), 2 km nordwestlich der Stadt gelegene Ortschaft
    • Mieczniki (Vogelgesang), 1,5 km nördlich der Stadt befindliche und 1262 als Meznikovo erstmals erwähnte Wasserburg
    • Piotrkówek (Petrikau, 1937-45: Petersrode (Schlesien)), 2,5 km östlich der Stadt gelegen Ortschaft
    • Stare Miasto (Altstadt), im Nordwesten der Stadt am Schlossteich angrenzendes ehemaliges Dorf
    • Stasin (Pangel), 0,75 km östlich der Stadt gelegenes Dominium, das eigene Patrimonialgerichtsbarkeit besaß
    • Wojsławice (Woislowitz, 1936-1945: Eibenhof), 1,5 km südöstlich der Stadt gelegenes und erstmals 1366 als ''Wyselicz genanntes Gut mit Rhododendronpark
  • Przerzeczyn-Zdrój (Bad Dirsdorf) mit
    • Ligota Mała (Klein Ellguth)
    • Nowa Wieś Niemczańska (Neudorf b. Bad Dirsdorf)
    • Podlesie (Kunsdorf)
    • Ruszkowice (Ruschkowitz, 1936-45: Lohenstein)
  • Wilków Wielkie (Groß Wilkau) mit
    • Chwalęcin (Quanzendorf)

Literatur

  • Martin Illig: Der Kreis Nimptsch im Laufe der Geschichte. Ein Beitrag zur Heimatkunde, 1922
  • Ernst Rauch: Geschichte der Bergstadt Nimptsch, 1936
  • Jürgen Schölzel: Nimptsch in Schlesien. Vorzeit, Frühzeit, Mittelalter, 1974
  • Jürgen Schölzel: Nimptsch in Schlesien 1282-1982. Fundsachen zum Jubiläum, 1982