Lectorium Rosicrucianum
Das Lectorium Rosicrucianum, auch: "Internationale Schule des Goldenen Rosenkreuzes", ist eine Religionsgemeinschaft, die den Bezug auf die Tradition der Rosenkreuzer des 17. Jahrhunderts mit einer Neuaufnahme der spätantiken Gnosis verbindet.
Geschichte
Entstanden ist das Lectorium Rosicrucianum 1924 aus einer Abspaltung der niederländischen Zweigstelle der Rosicrucian Fellowship unter Jan van Rijckenborgh alias Jan Leene. Zusammen mit seiner Mitarbeiterin Henny Stok-Huyzer, die mit dem spirituellen Namen "Catharose de Petri" auftrat, sorgte er für die Ausbreitung des Lectorium Rosicrucianum. Diese beiden Gründer gelten heute als die Großmeister des Lectorium Rosicrucianum. Im Rahmen einer Begegnung 1954 mit Antonin Gadal (1877-1962), der sich selbst als letzten Patriarchen der Katharer verstanden hat, soll auch die Tradition der Katharer auf das Lectorium Rosicrucianum übergegangen sein.
Die Zentrale des Lectorium Rosicrucianum befindet sich in Haarlem (Niederlande).
Lehre
Das Lectorium Rosicrucianum vertritt ein neugnostisches Glaubenssystem. Darin unterscheidet es sich von den meisten anderen Rosenkreuzergemeinschaften. Grundlegend ist die Unterscheidung von zwei Naturordnungen: dem Reich der Dialektik, zu dem die (grobstoffliche) Welt und auch das (feinstoffliche) Jenseits gehören, und dem davon völlig unterschiedenen göttlichen (geistigen) Lebensfeld. Infolge eines kosmischen Unfalles sei es zur Entstehung der Dialektik gekommen, der Welt der Gegensätze. Aufgabe des Menschen sei es, auf dem Weg der Transfiguration zurück in die göttliche Lichtheimat zu finden. Die Rosenkreuzer des 17. Jahrhunderts gelten als vorangegangene Bruderschaft, die ebenso wie das heutige Lectorium Rosicrucianum von der gnostischen Lichtbruderschaft entsandt worden sei, um den Menschen den Weg zurück zu weisen.
Das Lectorium Rosicrucianum lehrt u. a., dass nur durch die Gruppeneinheit der Geistesschule eine Rückkehr in das göttliche Lebensfeld möglich sei. Ohne die Geistesschule könne niemand zu Gott zurückfinden. Menschen außerhalb des Lectorium Rosicrucianum unterlägen einer vollkommenen Täuschung und seien im Wahn der Dialektik gefangen. Kritiker behaupten, durch diese Lehre würden Schüler gezielt in eine starke psychische Abhängigkeit geführt und der Gesellschaft und ihren Mitmenschen entfremdet. Weiter sollen Menschen außerhalb der Schule (auch alte Freunde, Ehepartner oder Verwandte) als Gesprächspartner bald nicht mehr ernst genommen werden.
Zum Rosenkreuzertum gehört nach Auffassung des Lectorium Rosicrucianum:
1. die Erkenntnis der bereits erwähnten zwei Naturordnungen: der göttlichen und der, von ihr abgetrennten, irdischen bzw. dialektischen, die diese göttliche nicht begreift, bzw. bewußteinsmäßig nicht erfassen kann;
2. das Wissen um den Zusammenhang, dass der Mensch hier als Mikrokosmos mit einem göttlichen Funken als letztem Überbleibsel des Göttlichen in sich existiert;
3. die Erkenntnis, dass das Grundübel des hiesigen Lebens in der Selbstbehauptung und im Egozentrismus des Menschen liegt, und der entscheidende Schritt auf dem Weg zum Leben im Göttlichen die Übergabe (oder Opferung) des Selbstes an dieses Göttliche ist (Endura, Selbstübergabe);
4. die Notwendigkeit der Wiedergeburt der neuen Seele in Christuskraft, aus dem Geiste, als Grundlage zur Verbindung mit dem Göttlichen;
5. die Notwendigkeit der Transfiguration, d.h. der Entstehung einer neuen Persönlichkeit im Unterschied zur verbreiteten Praxis, den bisherigen Menschen zu schulen, ihm Übungen beizubringen und ihn in Richtung auf das Göttliche hin weiterzuentwickeln.
6. Nicht nur das Wissen und Reden um diese Zusammenhänge und ihr Studium, sondern das ihnen gemässe Leben (u. a. Verzicht auf Alkohol, Drogen, tierische Produkte [Fleisch, Pelze], und Fernsehen) und das Gehen des inneren Weges (des "Pfades") mit entsprechender Ausrichtung und Lebenshaltung, stellt den Schlüssel zur Befreiung und schlussendlich zum ewigen Leben dar.
Das Ziel des Rosenkreuzertums sei also die Wiederverbindung mit dem Göttlichen und das Erreichen des ewigen Lebens in der göttlichen Sphäre, also der Unsterblichkeit, die hier in dieser Welt nicht möglich ist.
Diese Lehre wird weitergegeben mittels
- einem Einführungskurs,
- in Tempeldiensten,
- auf Erneuerungskonferenzen (Wochenendveranstaltungen an eigenen Konferenzorten),
- in der umfangreichen eigenen Literatur,
- in einer Monatszeitschrift.
Aufbau
Das Lectorium Rosicrucianum ist streng hierarchisch aufgebaut. Nach einem 12-teiligen Einführungkurs kann eine Vorhof-Mitgliedschaft oder direkt die Aufnahme in das Vorbereitende Schülertum beantragt werden. Folgende Stufen der Mitgliedschaft bzw. Schülerschaft gibt es beim Lectorium Rosicrucianum:
- Mitgliedschaft im Vorhof
- Vorbereitendes Schülertum
- Probeschülertum
- Bekennendes Schülertum
- Höhere Bewustseinsschule (HBS)
- Ekklesia (Priesterliche Schar)
- Gralsgemeinschaft
- Goldenes Haupt
Zu den grundlegenden Bedingungen der Aufnahme in das Probeschülertum gehören (der vorbereitende Schüler hat sich darauf vorzubereiten) Lactovegetarische Ernährung, Verzicht auf Tabak, Alkohol, Narkotika und Drogen, das Unterlassen Leder oder Pelze zu tragen sowie Verzicht auf Fernsehen. Ausserdem darf der Schüler keiner anderen esoterischen, kirchlichen oder politischen Gemeinschaft angehören, hat regelmässig an den Veranstaltungen der Geistesschule teilzunehmen und sich weiteren Regeln zu unterwerfen. Bei der Erreichung eines neuen Schüler-Grades kommen zu den bisherigen Verpflichtungen neue Aufgaben und weitere strenge Bedingungen hinzu (z.B. die 33 Regeln zur Aufnahme in das bekennende Schülertum). Hierzu gehört die komplette Aufgabe der "dialektischen Persönlichkeit" wie u.a. vollständige Kritiklosigkeit, unbedingter Gehorsam gegenüber der Geistesschule und deren Leitung, die prozessmässige Überwindung der Sexualität oder die Verpflichtung zur absoluten Geheimhaltung aller Schriftstücke, Besprechungen und Handlungen.
Ehemalige Schüler berichten von einer Gängelung und Bevormundung in praktisch allen Lebensbereichen. Nach längerer Zugehörigkeit könnten die meisten Schüler nur noch in den von der Geistesschule vorgegebenen Strukturen denken und seien nicht mehr in der Lage, selbstbestimmt zu leben.
Jugendarbeit: Für Kinder ab dem Schulalter bis zum 20. Jebensjahr existiert ein "Jugendwerk" in mehreren Altersgruppen mit regelmässig stattfindenden Tempeldiensten. In den Niederlanden gibt es hierfür einen eigenen Konferenzort. Für Angehörige der Schule ist es möglich, ihre Kinder vom Lectorium taufen zu lassen.
Größe und Verbreitung
Das Lectorium Rosicrucianum ist mittlerweile weltweit verbreitet, wobei der Schwerpunkt nach wie vor im europäischen Raum liegt. In Deutschland gehören zu ihm ca. 2500 aktive "Schüler" und weitere ca. 2000 "Vorhof-Mitglieder" (lockere Bindung).
Weblinks
- www.rosenkreuz.de Selbstdarstellung der Internationalen Schule des Goldenen Rosenkreuzes, Deutschland. Die Internationale Webseite findet sich unter www.lectoriumrosicrucianum.org
- www.relinfo.ch/lr Darstellung einer Evangelischen Informationsstelle für Kirchen, Sekten und Religionen mit weiterführenden Links. Unter www.xmail.net/demaskierung/ (den Schrägstrich am Ende nicht vergessen) finden sich Insiderinformationen von ehemaligen, langjährigen Angehörigen des Lectorium Rosicrucianum
- www.neue-rosenkreuzer.de/material/material-25.html Informationen aus dem Buch "Neue Rosenkreuzer" von Harald Lamprecht