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Demut

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Demut ist nach Kant "nichts anderes als eine Vergleichung seines Wertes mit der moralischen Vollkommenheit." Dies ist allerdings Polemik gegen die christlich-mittelalterliche Demut, die keineswegs vergleichen, sondern sich der willkürlichen Gnade von Autoritäten unterwerfen sollte.

Begriffserklärung

Der Demütige erkennt und akzeptiert – aus freien Stücken –, dass es etwas für ihn Unerreichbares, Höheres gibt. In Abhängigkeitssituationen kann Demut bis zur Selbstunterwerfung gehen. Vor allem hier ist zu unterscheiden zwischen innerer Einstellung und der nach außen gezeigten Haltung. Daraus abgeleitet wird Demütigung als eine öffentliche Beschämung (bis an den Rand der Schande) verstanden, die der Starke dem Schwachen zufügt. Der im Mittelalter übliche Zwang zur „freiwilligen“ Annahme der Gnade ist seit dem 19. Jahrhundert verpönt. „Große Völker vergessen Leiden, nicht aber Demütigungen.“ (Winston Churchill).

Demut wird gelegentlich mit Bescheidenheit verwechselt.

Ihr Gegenstück ist Hochmut und Überheblichkeit (vulgär: die Großkotzigkeit, in der Sprache der Prägungszeit von Demut: die Hoffart; als Superbia eine der sieben Todsünden).

= Bedeutung in der Religion

In der christlichen Religion bedeutet Demut das Anerkennen der Allmacht Gottes. Demut beschreibt demnach die inneres Einstellung eines Mensches zu Gott.

Die Demut spielt im jüdischen und christlichen Denken eine besondere Rolle. Im Alten wie im Neuen Testament ist Demut eine wesentliche Eigenschaft des wahren Gläubigen, desjenigen, der mit Gott im Reinen ist. Die Wurzel des verwendeten hebräischen Wortes enthält die Bedeutungen von "sich beugen" oder "herabbeugen". In Psalm 18,36 und 2. Samuel 22,36 wird die Demut Gott selbst zugeschrieben: »deine Demut machte mich groß« (Martin Luther übersetzte: »wenn du mich demütigst, machst du mich groß.«). Das Verb demütigen hatte dabei nicht die heutige negative Bedeutung. Demut wird im Alten Testament dem Hochmut entgegengesetzt (Sprüche 29, 23).

Gott demütigt Menschen, um sie zu ihm (zurück) zu bringen (z.B. 5. Mose 8,2-3), und Menschen demütigen sich selbst vor Gott, um von ihm angenommen (akzeptiert) zu werden (z.B. 1. Könige 21,29; 2. Chronika 7,14).

»Demütig mit/vor seinem Gott zu wandeln« vollendet Gottes Anspruch an den Menschen (Micha 6,8). »Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum und bei denen, die zerschlagenen und demütigen Geistes sind, auf dass ich erquicke den Geist der Gedemütigten und das Herz der Zerschlagenen.« (Jesaja 57,15; vgl. Jesaja 66,2).

Entgegen manchen Formen des religiösen Lebens, in denen eher Demütigung als Demut im Vordergrund stand, wird in der heutigen christlichen Spiritualität Demut nicht als ein sich klein Machen oder als Leugnen des eigenen Wertes gesehen, sondern als realistische Selbsteinschätzung des Menschen in seiner Position in der Welt: seiner eigenen Geringfügigkeit im Vergleich mit der Größe Gottes, aber zugleich seine Würde und seinen Wert als Geschöpf und Kind Gottes.

Für Christen bedeutet Demut gegenüber Gott, ihn anzubeten, ihn zu achten, zu ehren und zu loben, weil man erkennt, dass alles, was man ist und hat, von Gottes Gnade ist.

Beispiele für ein demütiges und letztendlich gesegnetes Leben sind in der Bibel im Alten Testament Ijob und in den Spätschriften Tobit. Aus diesen Begebenheiten können und sollten die Menschen, nach christlicher Auffassung, auch heute noch lernen. Ferner ist als Fazit aus solchen Erzählungen zu erkennen, dass im christlichen Glauben die Demut der Schlüssel zu allem ist. Nur der Demütige wird den Segen des Herrn empfangen. Ein Punkt, der zeitgeistbedingt bei vielen "Christen" in Vergessenheit geraten ist, bzw. bewusst unterschlagen wird.

Demut in der Psychologie

Nach Erich Fromm (Die Kunst des Liebens) ist Demut die der Vernunft und Objektivität entsprechende emotionale Haltung als Voraussetzung der Überwindung des eigenen Narzissmus.

Literatur

  • Horst Dietrich Preuß, Marianne Awerbuch, Stefan Rehrl u.a.: Demut I. Altes Testament II. Judentum III. Neues Testament IV. Alte Kirche V. Mittelalter VI. Reformation VII. Neuzeit VIII. Ethisch. In: Theologische Realenzyklopädie 8 (1981), S. 459-488 (wiss. Überblick mit weiterer Lit.)
  • Eckhard Zemmrich: Demut. Zum Verständnis eines theologischen Schlüsselbegriffs. In: Ethik im Theologischen Diskurs 4, Berlin 2006
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