Altkatholische Kirche
Die Alt-Katholische Kirche in Deutschland und Österreich und die Christkatholische Kirche in der Schweiz entstanden im Anschluss an das Erste Vatikanische Konzil (1870). Die katholischen Christinnen und Christen, die die Beschlüsse des ersten Vatikanischen Konzils nicht annahmen, wurden von der römisch-katholischen Kirche exkommuniziert und gründeten in der Folge schließlich eigene Gemeinden und Kirchen. Die wesentlichen Konfliktpunkte waren die auf dem Konzil formulierten Dogmen von der Unfehlbarkeit des Papstes sowie des päpstlichen Rechtsprimats über alle Bischöfe.
Eine besondere Bedeutung bei den Altkatholischen Kirchen besitzt die Altkatholische Kirche der Niederlande als Sitz des Altkatholischen Erzbischof von Utrecht und erste Altkatholische Kirche. Sie wurde bereits 1723 gegründet. Von dieser haben alle anderen alt-katholischen Kirchen die apostolische Sukzession erhalten, so dass nach offizieller römisch-katholischer Auffassung die alt-katholische Kirche zwar als häretisch und schismatisch gilt, die Weihen der alt-katholischen Bischöfe (und Priester) aus Sicht des Heiligen Stuhls und der orthodoxen Kirchen jedoch für gültig erachtet werden.
Die altkatholischen und christkatholischen Kirchen sind in der sogenannten Utrechter Union zusammengeschlossen.
Unterschiede zu anderen Konfessionen
Weitere Unterschiede zur römisch-katholischen Kirche sind:
- Größere Verantwortung und Rechte der Laien und der Synoden
- Gottesdienst seit 1871 in der Landessprache
- Anerkennung der Bibel als übergeordnete Autorität
- Wiederherstellung des biblischen Verständnisses von Messe und Beichte
- Aufhebung der verpflichtenden Beichte, der erzwungenen Ehelosigkeit von Geistlichen (Priesterzölibat) und der Ablässe
- Die Predigt ist im Gottesdienst ebenso zentral wie das Abendmahl.
- Das Abendmahl wird als reale Vergegenwärtigung des Opfers Christi verstanden, nicht als fortwährende Erneuerung des Sühneopfers Jesu Christi. Kommunionempfang in beiden Gestalten (Brot und Wein) ist die Regel bei der Eucharistiefeier. Christen anderer Konfessionen werden zur Teilnahme eingeladen.
- Maria und Heilige werden nicht als Vermittler zwischen Gläubigen und Gott oder Christus angerufen sondern als Vorbilder im Glauben gesehen.
- Die römisch-katholischen Mariendogmen des 19. und 20. Jahrhunderts (unbefleckte Empfängnis, leibliche Himmelfahrt) werden abgelehnt.
- Frauen werden in einigen Kirchen zu Priesterinnen geweiht (siehe Frauenordination).
- Es wird niemand von den Sakramenten ausgeschlossen.
- Homosexuelle werden voll anerkannt und auch zu kirchlichen Diensten zugelassen.
Die alt-katholische Kirche sieht in den meisten dieser Punkte keine Neuerungen gegenüber der alten Kirche. Durch die Neuerungen wird ein ursprünglicher Katholizismus angestrebt, der dem Evangelium von Jesus Christus entspricht. Viele Römische Katholiken betrachten die Altkatholiken allerdings als Protestanten, die sich kaum von anderen Protestanten abheben.
Seit 1931 stehen die altkatholischen und christkatholischen Kirchen in voller Kirchengemeinschaft mit der Anglikanischen Kirche. Sie sind Gründungsmitglieder des Ökumenischen Rates der Kirchen und wirken maßgeblich in der ökumenischen Bewegung mit. Unionsversuche mit der Orthodoxen Kirche scheiterten dagegen, weil die Altkatholiken nach orthodoxer Ansicht die altkirchliche Praxis in Bezug auf die Priesterweihe von Frauen und der eheähnlichen Segnung von gleichgeschlechtlich liebenden Menschen verlassen haben. Die deutschen, österreichischen und schweizerischen Kirchen gehörten 1889 - neben der wichtigen Kirche in den Niederlande - zu den Gründungsmitgliedern der Utrechter Union der Altkatholischen Kirchen.
Altkatholiken im deutschsprachigen Raum
Die Altkatholische Kirche ist eine kleine Kirche, die aber - vor allem durch Übertritte von der römisch-katholischen Kirche - am Wachsen ist. Ihre Gemeinden sind meist von überschaubarer Größe, oft herrscht eine familiäre Atmosphäre.
- In Deutschland hat die alt-katholische Kirche heute etwa 20.000 Mitglieder. Seit 1985 besteht mit den evangelischen Kirchen der EKD eine gegenseitige Einladung zum Abendmahl. In Bonn hat die alt-katholische Kirche Deutschland einen Lehrstuhl an der Universität. Eine sehr starke Konzentration von Altkatholiken findet sich im Nordrhein-Westfälischen (Köln, Bonn, Ruhrgebiet) und in Südbaden, direkt angrenzend an die starke christkatholische Konzentration der Schweiz; dies ist deckungsgleich mit dem Bereich des ehemaligen, sehr liberalen und deshalb zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgelösten Bistums Konstanz der Römisch-Katholischen Kirche.
- In der Schweiz hat die Christkatholische Kirche mit 12.000 Mitgliedern den offiziellen Status einer Landeskirche. Die Universität Bern hatte bis 2001 eine eigene Christkatholische Fakultät, die seither als Departement für Christkatholische Theologie in die Christkatholische und Evangelische Theologische Fakultät eingegliedert ist. Die stärkste Konzentration an Christkatholiken liegt im aargauischen Bezirk Rheinfelden (22% aller Mitglieder). Dort liegt mit Möhlin auch jene Gemeinde mit dem größten Anteil an Christkatholiken (13% der Einwohner oder rund 1.100 Seelen). Weitere starke Konzentrationen befinden sich im Raum Olten und Basel. Diese Konzentrationen finden sich vor allem im Bereich des ehemaligen Bistums Konstanz.
- In Österreich hat die Altkatholische Kirche etwa 18.000 Mitglieder.
Altkatholiken international
Außerhalb des deutschen Sprachraums gibt es altkatholische Kirchen in Dänemark, Frankreich, den Niederlanden, Tschechien (2700, ehemals vor allem sehr viele Sudetendeutsche), Italien, Serbien und Montenegro , Polen, Schweden, Slowakei (150), Slowenien, in den USA, Kanada und auf den Philippinen.
Geschichte
folgt
Literatur
- Küry, U. und C. Oeyen: Die Altkatholische Kirche - ihre Geschichte, ihre Lehre, ihre Anliegen. Evangelisches Verlagswerk 1982. ISBN 3-7715-0190-3
- Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit im Katholischen Bistum der Altkatholiken an Deutschland (Hrsg.): Kirche für Christen heute - eine Information über die Alt-Katholische Kirche. Neuauflage in Vorbereitung. H. Hoffmann 1994. ISBN 3-87344-001-6.
- Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland (Hrsg.): Christen heute - Zeitung d. Alt-Katholiken für Christen heute. Zeitschrift der Alt-Katholiken für Christen heute. ISSN 0930-5718. Web: http://www.christen-heute.de/
Siehe auch
- Ultramontanismus
- Deutschkatholische Bewegung
- Walther Munzinger
- Bischofslisten:
Weblinks
Links zu den offiziellen Kirchenseiten
- Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland
- Altkatholische Kirche in Österreich
- Christkatholische Kirche der Schweiz
- Alt-Katholische Kirche der Niederlande
- Altkatholiken in Italien
- Utrechter Union der Alt-Katholischen Kirchen