Zeitreise
Eine Zeitreise ist eine Bewegung in der Zeit, welche vom gewöhnlichen Zeitablauf abweicht. Zeitreisen sind ein beliebtes Thema der Science-Fiction-Literatur. Reisen in die Zukunft sind zwar physikalisch prinzipiell möglich, ihre praktische Durchführung übersteigt jedoch das Menschenmögliche bei weitem. Reisen in die Vergangenheit sind nicht möglich. Siehe hierzu weiter unten.
Zeitreisen aus der Sicht der Physik
Die Relativitätstheorie Albert Einsteins bietet verschiedene Möglichkeiten für die Zeitreisen.
Reisen in die Zukunft
Verlässt man mit einem fast lichtschnellen Raumschiff die Erde und kehrt nach einer gewissen Zeit wieder zurück, so ist auf der Erde ein längerer Zeitraum verstrichen als an Bord des Raumschiffes. Die Ursache ist die Zeitdilatation, die nach der speziellen Relativitätstheorie bei derartig hohen Geschwindigkeiten auftritt. Der genaue Ablauf einer solchen Zeitreise ist unter Zwillingsparadoxon beschrieben. Bei hinreichend großer Reisegeschwindigkeit und Beschleunigung wäre dabei im Prinzip in beliebig kurzer Reisezeit eine beliebig ferne Zukunft auf der Erde erreichbar. Bei einer für einen Menschen zumutbaren Beschleunigung erfordert jedoch eine Zeitverschiebung von Jahren auch eine Reisezeit aus der Sicht der Raumschiffbesatzung von über einem Jahr.
Nach der allgemeinen Relativitätstheorie ist der Lauf der Zeit auch von den Gravitations- und Beschleunigungsbedingungen abhängig, denen ein System unterworfen ist. So vergeht die Zeit auf der Spitze eines Berges schneller und in einem Bergwerk langsamer als auf Meereshöhe. Dieses Phänomen ließe sich als Zeitreise in die Zukunft interpretieren, wobei nicht nur eine raschere, sondern auch eine gebremste Reise möglich ist.
Der am weitesten „gereiste“ Mensch ist der russische Kosmonaut Krikaljow, der 784 Tage an Bord der Raumstation Mir verbrachte. Er „reiste“ im Vergleich zu seinen erdgebundenen Mitmenschen etwa eine Fünfzigstelsekunde in die Zukunft, weil die hohe Geschwindigkeit der Raumstation für eine spezialrelativistische Zeitdilatation sorgt, die wesentlich größer ist als die gravitative Zeitdilatation. Durch die Effekte der gravitativen Zeitdilatation wäre die Erdoberfläche im Vergleich zum Raumschiff in die Zukunft gereist, dies ist bei geostationären Satelliten der Fall, da sie sich nicht so schnell bewegen wie erdnahe Satelliten.
Auf einem Neutronenstern kann die gravitative Zeitdilatation erheblich sein. So könnte ein hypothetischer Bewohner eines Neutronensterns eine zeitaufwändige Aufgabe in einer Umlaufbahn um den Stern erledigen, um einen Termin auf der Sternoberfläche leichter einhalten zu können.
Reisen in die Vergangenheit
Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft sind Zeitreisen in die Vergangenheit nicht möglich. Die bestehenden theoretischen Überlegungen sind meist spekulativ und umstritten. Nicht umstritten ist hingegen die zumindest langfristige Unmöglichkeit einer technischen Umsetzung und Nutzung dieser theoretischen Überlegungen durch Menschen.
- Nach der allgemeinen Relativitätstheorie ist es denkbar, dass zwei verschiedene Bereiche der Raumzeit über so genannte Wurmlöcher miteinander verbunden sein könnten. Wenn die beiden Ausgänge eines solchen Wurmloches zwei Bereiche unterschiedlicher Zeit verbinden würden, wäre eine Zeitreise auch in die Vergangenheit möglich. Allerdings zeigen Rechnungen, dass Wurmlöcher normalerweise nicht stabil sind, und so schnell kollabieren, dass eine Passage nicht möglich ist. Hätte man hypothetische Materie mit negativer Energiedichte, so genannte exotische Materie, so könnte man damit ein Wurmloch stabilisieren. Die dazu erforderliche Menge an exotischer Materie steht aber, soweit bekannt, im gesamten Universum nicht zur Verfügung.
- Eventuell wäre auf einer speziellen Flugbahn in der Umgebung eines hinreichend schnell rotierenden Schwarzen Loches eine Reise in die eigene Vergangenheit möglich. Man nimmt jedoch an, dass es keine derartig schnell rotierenden Schwarzen Löcher gibt.
- Eine Zeitreise in die Vergangenheit wäre auch in der Umgebung zweier kosmischer Strings möglich, die hinreichend schnell aneinander vorbei fliegen. Die Existenz solcher Strings ist jedoch umstritten.
Sollten Reisen in die Vergangenheit möglich sein, so würde sich die Frage stellen, wie die Paradoxa vermieden werden, die sich in diesem Zusammenhang aus der Verletzung der Kausalität ergeben können, wie beispielsweise das Großvaterparadoxon. Als mögliche Antwort käme vor allem die Everettsche Vielwelten-Theorie in Frage. Danach wäre die Vergangenheit, in die man reist, in einer Parallelwelt angesiedelt. Der ursprüngliche Ablauf der Dinge und ein durch einen Eingriff in die Vergangenheit modifizierter Ablauf würden sich beide abspielen. Insbesondere wäre es für den Reisenden unmöglich, wieder in seine ursprüngliche Version der Gegenwart zurückzukehren.
Gelegentlich werden, wenn von Reisen in die Vergangenheit die Rede ist, hypothetische überlichtschnelle Teilchen, sogenannte Tachyonen, ins Spiel gebracht. Könnte sich ein Teilchen mit Überlichtgeschwindigkeit von A nach B bewegen, so ließe sich immer ein Beobachter finden, für den die Bewegung von B nach A stattfände. Da die Beobachter die zeitliche Reihenfolge der Ereignisse A und B unterschiedlich beurteilen, bewegt sich für alle Beteiligten das Tachyon von der Vergangenheit in die Zukunft. Aus einer hypothetisch überlichtschnellen Bewegung die Möglichkeit einer Reise in die Vergangenheit abzuleiten, ist nicht möglich.
Das empirische Gegenargument
Gegen die praktische Möglichkeit von Zeitreisen in der makrophysikalischen Welt spricht die Erfahrung, dass weder in der Gegenwart noch in der Vergangenheit das Auftreten von Zeitreisenden dokumentiert wird.
Dagegen kann eingewendet werden, dass das Argument zur Widerlegung der Möglichkeit von Zeitreisen nicht ausreicht, weil der menschliche Erfahrungsraum begrenzt ist.
Zeitreisen in der Literatur und im Film
Zeitreisen sind ein alter Menschheitstraum und werden daher in der Science-Fiction-Literatur oft thematisiert. Meist erfolgt dort eine Zeitreise mittels einer Zeitmaschine, seltener mittels anderer Methoden (beispielsweise in der Serie Outlander von Diana Gabaldon per Gang durch einen Steinkreis, oder durch Zauberei, wie in der Serie Charmed – Zauberhafte Hexen).
Insbesondere sind die Probleme im Zusammenhang mit der Kausalität bei Zeitreisen in die Vergangenheit ein beliebtes Thema der Science-Fiction-Literatur.
Dabei wird gerne der Schmetterlingseffekt aus der Chaostheorie thematisiert. Das bedeutet, dass selbst kleinste Veränderungen in der Vergangenheit extreme Auswirkungen auf die weitere Entwicklung haben können, die unter Umständen mit der Nicht-Existenz des Zeitreisenden enden. Gelöst wird dieses Problem nicht selten mit der überraschenden Pointe, dass die Zeitreise von Beginn an Teil der bekannten Vergangenheit war und durch die Zeitreise ein Kreis geschlossen wird.
Eine andere wiederkehrende Idee ist die der Zeitschleife, in welcher der Protagonist festsitzt. Dies ist zum Beispiel in den Filmen 12:01, Retroactive oder Und täglich grüßt das Murmeltier der Fall.
Das Problem der grammatikalischen Tempusbildung für Zeitreisende wird von Douglas Adams in seinem Roman Das Restaurant am Ende des Universums thematisiert.
Die Beschreibung einer Zeitreise in die Zukunft bietet dem Autor die Möglichkeit, Fehlentwicklungen und Gesellschaftskritik zugespitzt darzustellen. Davon hat unter anderem H. G. Wells 1895 in seinem Buch Die Zeitmaschine Gebrauch gemacht.
Filme und Serien, die sich vornehmlich mit dem Thema Zeitreise beschäftigen sind u. a.
Siehe auch: John Titor
Literatur
- D. Deutsch, M. Lockwood: Die Quantenphysik der Zeitreise, Spektrum der Wissenschaft, November 1994, S. 50-57
- J. Richard Gott: Zeitreisen in Einsteins Universum, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Mai 2003, ISBN 3499615770
- R. Vaas: Tunnel durch Raum und Zeit, Franckh-Kosmos, Stuttgart 2006 (2. Aufl.), ISBN 3440093603
Weblinks
- Die Zeit – Sklave der Physik Zwischen Wunschdenken und Metaphysik – Anmerkungen zur im Science-Fiction-Genre idealisierten Zeitreise (Telepolis)