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Marxismus

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Der Marxismus gilt als philosophische, historisch-politische und ökonomische Gesellschaftstheorie mit wissenschaftlichem Anspruch. Sie bezieht sich auf die Schriften von Karl Marx (1818–1883) und Friedrich Engels (1820–1895). Marxisten versuchen seit Erscheinen des dritten Bandes des „Kapitals“ 1895 deren Ideen in ein schlüssiges Gesamtkonzept zu integrieren, das dem Aufbau einer sozialistischen und/oder kommunistischen Gesellschaftsordnung dienen soll.

Seitdem haben sich verschiedene marxistisch beeinflusste Richtungen entwickelt, die jeweils das Erbe der „Klassiker“ beanspruchten und sich voneinander abgrenzten, darunter:

Karl Marx (1818–1883)
Friedrich Engels (1820–1895)

Überblick

Der Terminus Marxismus wurde zunächst von politischen Gegnern pejorativ verwendet. Erst Ende des 19. Jahrhunderts wurde er von Anhängern selbst übernommen. Marx selbst sagte, er sei kein Marxist, und bevorzugte für seine Theorie den Begriff „Wissenschaftlicher Sozialismus“. Damit grenzte er sich von anderen Staats- und Gesellschaftsentwürfen ab, die er dem Utopischen Sozialismus oder dem Anarchismus zuordnete. Er warf diesen Vorläufern und Zeitgenossen vor, eine gerechte und den Idealen der Französischen Revolution verpflichtete Gesellschaft nur zu „erträumen“, ohne die Bedingungen für ihre Verwirklichung wissenschaftlich zu erforschen und sie mit praktikablen Erfolgsaussichten anzustreben.

Marx und Engels setzten sich mit verschiedenen Denktraditionen wissenschaftlich-kritisch auseinander, die Grundgedanken von Marx wurden erst nach seinem Tod systematisiert. Ihre Einordnung in eine konsistente Theorie steht unter einem doppelten Vorbehalt:

  • Marx verstand sein Werk zunächst als ständig überprüf- und revidierbare Analyse der jeweiligen Verhältnisse und als eine daraus abgeleitete Zukunftsprognose.
  • Engels wollte die Theorie in allgemeinverständlicher Form verbreiten und trug damit aus kritischer Sicht auch zu ihrer Schematisierung und Vulgarisierung bei.

Marxismus versteht sich als theoretisches und praxisorientiertes System und als Weltanschauung. Die marxistische Theorie unterscheidet verschiedene Kernbereiche, die die Entwicklung der Ideen von Marx und Engels widerspiegeln:

  • Die umfassende Kritik der herkömmlichen Philosophie und deren „Aufhebung“ [1] im dialektischen Materialismus. Die Marxschen Frühschriften begannen in diesem Sinn mit der Religionskritik und Ideologiekritik vor allem des deutschen Idealismus seiner Lehrer Hegel und Ludwig Feuerbach. Er beanspruchte, Hegels dialektische Methode mit realem historischem Inhalt zu füllen und den Idealismus so „vom Kopf auf die Füße“ zu stellen. Zielpunkt dieser Kritik war die 11. These zu Feuerbach: Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern. [2] (siehe Dialektischer Materialismus)
  • Das [gesellschaftliche] Sein bestimmt das Bewusstsein [3]: Die wirtschaftlichen Produktionsverhältnisse bedingen nach Marx als Basis das kulturelle und geistige Leben einer Gesellschaft, den so genannten Überbau. Nach dieser historisch-materialistischen Geschichtstheorie wird die Menschheitsgeschichte maßgebend von Klassenkämpfen bestimmt, die zwangsläufig zu Revolutionen führen und die Entwicklung der Gesellschaft bestimmen. Die Staatsformen von der Antike bis zum modernen Nationalstaat sind für Marx Ergebnis solcher Kämpfe. (siehe Historischer Materialismus)
  • Herzstück seines Werks ist die „Kritik der politischen Ökonomie“ in den drei Bänden des „Kapitals“. Die Gesetzmäßigkeiten der Ausbeutung im herrschenden Kapitalismus, die Entstehung der modernen Klassengesellschaft und der Konzentrationsprozess des Kapitals werden sowohl mikro- wie makroökonomisch differenziert analysiert. Dabei griff Marx auf Vorarbeiten der Nationalökonomie von Adam Smith und David Ricardo zurück. Werttheorie, Verelendungs- und Krisentheorie sind wichtige Bestandteile dieser Analyse. (siehe Politische Ökonomie (Kapitalismusanalyse))
  • Der Übergang vom Kapitalismus zur klassenlosen Gesellschaft im Kommunismus - über ein Zwischenstadium des Sozialismus - ist Gegenstand der Marxschen Revolutionstheorie. (siehe Wissenschaftlicher Sozialismus)

Praktische Anwendung (siehe Geschichte) fand der Marxismus zuerst in der Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts, vor allem der deutschen Sozialdemokratie (siehe Marxismus in der Sozialdemokratie), welche die Theorien von Marx und Engels zur Grundlage ihrer ersten Programme und Mitgliederschulungen machte. Sodann entwickelte Lenin im Anschluss an Marx seine Imperialismustheorie, die nach der Oktoberrevolution 1917, zusammen mit den Ideen von Marx und Engels, zur neuen Staatsideologie der Sowjetunion wurde.

Dieser Marxismus-Leninismus bestimmte den so genannten real existierenden Sozialismus nach 1945 in weiten Teilen der Welt, darunter in Ost- und Mitteleuropa, China (in der modifizierten Form des Maoismus), Kuba, Nordkorea (hier wurde er 1977 durch die Chuch'e-Ideologie ersetzt) und in Nordvietnam. Ob und wie weit dieser sich noch aus den Grundideen der „Klassiker“ herleiten lässt oder eine „Fehlentwicklung“ darstellt, ist eine der umstrittensten Fragen innerhalb der marxistischen Theoriebildung. Die praktische Politik dieser Länder wird insbesondere in Nordkorea bis heute vom Stalinismus beherrscht. Heute wird das Gulag-Regime weitgehend als totalitäres System eingeordnet und von fast allen Marxisten abgelehnt.

Gegen die unterschiedlichen Ideologien von Lenin, Stalin und Mao beansprucht auch der Trotzkismus mit seiner Theorie der „permanenten Revolution“ das wahre Erbe von Marx. (siehe Entwicklung des „Realsozialismus“)

In Abgrenzung zu Stalinismus und Faschismus entstanden seit den frühen 1930er Jahren die Arbeiten der Frankfurter Schule, die versuchten, die Ideen von Marx auf die veränderten politisch-ökonomischen Bedingungen der Moderne anzuwenden und teils mit der Psychoanalyse zu verbinden.

In den 1960er Jahren entstanden besonders im Zusammenhang mit der weltweiten Studentenbewegung, den westeuropäischen Arbeiterstreiks und den so genannten Befreiungsbewegungen in der „Dritten Welt“ verschiedene Formen des Neomarxismus, des Eurokommunismus (insbesondere des Operaismus) und des demokratischen Sozialismus. (siehe Neomarxistische Strömungen)

Die Kritik am Marxismus begann zeitgleich mit seiner Entwicklung und hat sich im 20. Jahrhundert im Laufe der Entstehung der sich auf Marx berufenden Staatssysteme verschärft. Sie greift vor allem inhumane Politik und ökonomische Ineffizienz im „Realsozialismus“ als Ergebnis marxistischer Theorie an. Marxistische Kritiker dagegen wenden die Marxsche Theorie auf diese Systeme selber an, um ihre Entwicklung und das praktische Scheitern der behaupteten Gesellschaftsziele zu erklären. (siehe Kontroversen um den Marxismus)

Philosophie

Marxistisch-Leninistische Interpretation: Dialektischer Materialismus

„Neomarxistischer“ Interpretationsansatz: Dialektik bei Marx - Engels

G.W.F. Hegel

Der Marxismus ist eine humanistisch geprägte philosophische Lehre und strebt die Emanzipation des Menschen an. Erkenntnis- und wissenschaftstheoretisch ist der Marxismus von zwei wesentlichen Elementen geprägt: Von der Dialektik Hegels und vom erkenntnistheoretischen Materialismus (Feuerbach), der im Gegensatz zum Idealismus alle Ideen, Vorstellungen, Gedanken, Empfindungen usw. als Manifestationen der Materie auffasst und darauf zurückführt. Marx übernahm das materialistische Weltbild, und fügte aus dem Werk Hegels die Dialektik und den damit verbundenen Gedanken ständiger Entwicklung hinzu. Er überwand somit die Sichtweise früherer Materialisten, die die Welt als unveränderlich verstanden.

Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern. - Marx, Thesen über Feuerbach. MEW, Band 3, Seite 533 ff. 1845 (1888 Überarbeitung Engels).

Nach der Hegelschen Dialektik ist das Abbild der Welt im tätigen Begreifen ihrer Zusammenhänge von aufeinander bezogenen Gegensätzen - Thesen und Antithesen - geprägt, die sich gegenseitig im dialektischen Dreischritt zu Synthesen vorwärtsentwickeln. Diese Synthesen treiben die „objektive Wirklichkeit“ voran und „bestimmen“ damit die Zukunft, bis diese keine Widersprüche mehr enthält und im Begriff des „Absoluten“ „aufgehoben“ ist. Für den idealistischen Philosophen ist dieser Fortschritt, der die materielle Welt insgesamt durchwirkt, ein Produkt des menschlichen Geistes, der im Begreifen seiner selbst mit dem absoluten „Weltgeist“ identisch wird.

Ludwig A. Feuerbach war ein deutscher Philosoph, Anthropologe und Religionskritiker.

Marx betrachtet die Hegelsche Dialektik aus Sicht des Materialismus: Er stellt sie „vom Kopf auf die Füße“ und postuliert, dass sich die objektive Wirklichkeit aus ihrer materiellen Existenz und deren Entwicklung erklären lässt und nicht als Verwirklichung einer göttlichen absoluten Idee oder als Produkt des menschlichen Denkens. Daher versteht sich der Marxismus auch als eine atheistische Lehre.

Meine dialektische Methode ist der Grundlage nach von der Hegelschen nicht nur verschieden, sondern ihr direktes Gegenteil. Für Hegel ist der Denkprozeß, den er sogar unter dem Namen Idee in ein selbständiges Subjekt verwandelt, der Demiurg des wirklichen, das nur seine äußere Erscheinung bildet. Bei mir ist umgekehrt das Ideelle nichts andres als das im Menschenkopf umgesetzte und übersetzte Materielle. - Marx, „Das Kapital“, Nachwort zur zweiten Auflage

Das Universum wird wie in der universalhistorischen Philosophie Hegels als Totalität, also objektiv zusammenhängendes Ganzes gesehen. Aber Marx versteht die im Idealismus bloß geistigen Gegensätze als Abbild und Ausdruck realer, materieller Gegensätze: Auch diese hängen gegenseitig voneinander ab und befinden sich in ständiger wechselseitiger Bewegung. Diese ist insgesamt aufsteigend, d.h. sie verläuft vom Einfachen zum Komplexen und durchläuft dabei bestimmte Ebenen, denen bestimmte qualitative Veränderungen entsprechen, so dass sie die Entwicklung vorantreiben.

Eine objektive Realität existiert nach dieser Sichtweise auch außerhalb und unabhängig des menschlichen Bewusstseins in den materiellen Bewegungen, auf die jedoch die Menschen (ebenfalls ein Teil des Materiellen) bewusst zurückwirken. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass die Menschen ihre Umwelt objektiv richtig erfassen, gerade der ideologischen Selbsttäuschung [dem falschen Bewusstsein von der Umwelt, daher der Problematik der Subjekt-Objekt-Spaltung], wollen Marx und Engels entkommen:

Nicht in der geträumten Unabhängigkeit von den Naturgesetzen [Anm. Der Begriff sollte nicht fälschlicherweise mit der modernen Begriffsnutzung gleichgesetzt werden] liegt die Freiheit, sondern in der Erkenntnis dieser Gesetze, und in der damit gegebnen Möglichkeit, sie planmäßig zu bestimmten Zwecken wirken zu lassen. - Engels, Anti-Dühring

Relative Wahrheit, oder anders formuliert, die Erkenntnis der Richtigkeit von Annahmen (Theorien), kann für Marx und Engels einzig durch die Bestätigung dieser Annahmen in der Praxis erlangt werden, wie Marx zum Beispiel in den Thesen über Feuerbach darlegt. Dies ist notwendig, da das Bewusstsein des Menschen immer durch seine bewusste Interaktionen mit der Umwelt, dem Sein, bestimmt wird. Prüfstein für das richtige Bewusstsein, daher der Fähigkeit, Bewegungsgesetze von Phänomenen und Ereignissen richtig zu erkennen, kann daher immer nur die Praxis sein die man erschliesst, und nie eine idealistische „Schrulle“, da sie ein Phänomen nicht aus seinen materiellen Ursprüngen, zum Beispiel der gesellschaftlichen Praxis oder einem naturwissenschaftlichen Versuch, herleiten kann. Diese Annahme erfährt seine stärkste Wirkung, wenn man über zukünftige gesellschaftliche Entwicklungen Überlegungen anstellt, in diesem Sinne wird jeglichem Utopismus eine Absage erteilt. [4]

Die Frage, ob dem menschlichen Denken gegenständliche Wahrheit zukomme - ist keine Frage der Theorie, sondern eine praktische Frage. In der Praxis muß der Mensch die Wahrheit ... seines Denkens beweisen. - Marx, 2. These über Feuerbach

Das „bestimmende Moment in der Geschichte muss (nach einer materialistischen Weltanschauung) die Produktion und Reproduktion des wirklichen Lebens“ [5] sein, die Arbeit daher eine zentrale Kategorie für die gesellschaftliche Entwicklung und das Individuum selbst. Ökonomische Bewegungsgesetze bestimmen alle Gesellschaftsordnungen maßgebend:

In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt. - Zur Kritik der Politischen Ökonomie. Vorwort. MEW 13, S. 9, 1859.

Die Konsequenz dieser Sichtweise ist eine umfassende Kritik an Religion, Recht und Moral. Diese begreift Marx als Produkte der betreffenden materiellen Verhältnisse, deren Wandel sie unterworfen sind. Religion, Recht und Moral hätten also nicht die universelle Gültigkeit, die sie beanspruchen.


siehe auch: Dialektische Grundgesetze

Historischer Materialismus

Politische Ökonomie (Kapitalismusanalyse)

Nachdem mit dem dialektischen Materialismus eine Erkenntnis- und allgemeine Geschichtsstheorie entwickelt wurde, und mit dem historischen Materialismus eine allgemeine Gesellschaftstheorie, war Marx seiner Analyse der gegenwärtigen, konkreten Gesellschaft bedeutend näher gekommen. Der nächste notwendige Schritt war nun für ihn, die ökonomischen Bewegungsgesetze in kapitalistischen Gesellschaften zu studieren, da nach der Theorie des historischen Materialismus die Produktionsweise einer Gesellschaft bedeutend für ihre Entwicklung ist.

Geschichte

Grundlagen/Entstehung

Um die Grundlagen des Marxismus besser zu verstehen, schlägt Lenin eine Einteilung der dafür wichtigsten theoretischen Auseinandersetzungen mit Denkern vor, die Marx und Engels führten [6] :

Die ersten Erscheinungsjahre der Schriften von Marx und Engels gelten als Entstehungszeit des Marxismus. Ab 1841 arbeitete Marx in der Rheinischen Zeitung, die er später leitete, und die schließlich 1843 wegen ihrer radikalen oppositionellen Haltung verboten wurde. Das Pamphlet Die heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik. Gegen Bruno Bauer & Consorten“ wurde 1845 zusammen mit Engels veröffentlicht, 1847 verfasste Marx Das Elend der Philosophie als kritische Antwort auf Proudhons „Philosophie des Elends“.

Im Februar 1848 schrieb er mit Engels zusammen das Kommunistische Manifest [7] für den Bund der Kommunisten, dem sie beide angehörten. Dieses bedeutende marxistische Werk enthält zunächst Beschreibungen der damaligen Lebensverhältnisse, besonders der Unterschiede zwischen der arbeitenden und der herrschenden Klasse. Darauf aufbauend fordert es die Abschaffung des Kapitalismus und die Schaffung neuer, kommunistischer Lebensverhältnisse: der „Sturz der Bourgeoisherrschaft“ sollte durch unumgängliche Klassenkämpfe erfolgen. Von 1872 bis 1892 erschienen Neuauflagen mit neuen Vorworten, in denen meist ergänzende Bemerkungen gemacht wurden.

In den Jahren 1848/49 waren Marx und Engels außerdem in der Neuen Rheinischen Zeitung journalistisch tätig.

1852 veröffentlichte Marx die Schrift Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, in der er den Staatsstreich Louis Napoleons 1851 aus historischer, aber vor allem gesellschaftsanalytischer Sichtweise betrachtet. Er erklärt den Verlauf der bürgerlichen Revolution durch seine Geschichtstheorie, und setzt sich anlässlich des geführten Klassenkampfes außerdem mit seiner Theorie der proletarischen Revolution auseinander. Der achtzehnte Brumaire übte Einfluss auf die Totalitarismusforschung aus. Nach marxistisch-leninistischer Sichtweise wird darin dargelegt, dass eine siegreiche proletarische Revolution den bürgerlichen Staatsapparat zerbrechen müsse.[8]

1859 wurde das Buch Zur Kritik der politischen Ökonomie[9] veröffentlicht, das bereits alle Hauptannahmen, die Marx später in seinem Hauptwerk Das Kapital darlegt, beinhaltet. 1867 erschien dann der erste Teil der knapp 3000 Seiten starken Trilogie Das Kapital. Band 1: Der Produktionsprozeß des Kapitals[10] enthält die Definition einer „Ware“ und das Zustandekommen des Tauschwertes dieser Ware ( Wert- und Geldtheorie) sowie umfangreiche Theorien zu Geld und Arbeit. Band 2: Der Zirkulationsprozeß des Kapitals [11], sowie Band 3: Der Gesamtprozeß der kapitalistischen Produktion [12] wurden erst nach seinem Tod 1885 und 1894 von Engels herausgegeben. Engels gab mit der Herausgabe dieser Bände, wie auch mit eigenen populärwissenschaftlichen Zusammenfassungen entscheidende Anstöße zur marxistischen Theoriebildung.

1878 veröffentlichte Engels Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft, oder kurz, den Anti-Dühring. Ursprünglich auf bitten Wilhelm Liebknechts verfasst, um den Einfluss Dührings zu schmälern, entwickelte sich der polemisch verfasste Anti-Dühring neben der Kurzfassung Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft zu den meistgelesenen Werken der Ur-Marxisten Karl Marx und Friedrich Engels, und nicht etwa Das Kapital. Die Bedeutung des „Anti-Dühring“ liegt nicht in seiner Auseinandersetzung mit Dühring, sondern in der Darlegung der „kommunistischen Weltanschauung“ (Vorwort zur 2. Auflage). Nicht nur die Grundzüge des Marxismus werden dargelegt, es werden auch Themen abgehandelt, die bisher unberührt blieben.

In Abgrenzung zu anderen Bestrebungen, wie dem utopischen Sozialismus oder Anarchismus, die die immer größer werdende Arbeiterklasse in ihre Überlegungen einbezogen, um deren Lebenssituation zu verbessern, prägte Friedrich Engels für seine und Marx' Theorien den Begriff des Wissenschaftlichen Sozialismus.

Schon zu Lebzeiten von Marx bildete sich eine Gruppierung von Sozialisten, die sich „Marxisten“ nannte, aber bereits um die Jahrhundertwende schon stark inhaltlich abwich.

Marxismus in der Sozialdemokratie

Im Zuge der politischen Liberalisierungen der bürgerlichen Märzrevolution 1848/1849 in Deutschland begannen sich erstmals Arbeiter in gewerkschaftsähnlichen Vereinen zu organisieren. Daraufhin bildeten sich erste verschiedene Arbeiterorganisationen, die Vorläufer der Gewerkschaften und schließlich sozialdemokratische und sozialistische Parteien [13], wie 1863 der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV) und 1869 die marxistisch orientierte Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) um Wilhelm Liebknecht und August Bebel als deutsche Sektion der ersten Internationale.

ADAV und SDAP vereinigten sich 1875 in Gotha unter dem Namen Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) auf Basis des Gothaer Programms, welches von Marx wegen seiner kompromisslerischen Anpassung gegenüber dem reformorientierten ADAV kritisiert wurde. Unterdrückung, juristische Verfolgung und zeitweilige Verbote sowie die Sozialistengesetze zwischen 1878 und 1890 unter Reichskanzler Otto von Bismarck konnten die Mitgliederzuwächse von marxistischen Organisationen in diesem Zeitraum kaum stoppen und so ging dann 1890 aus der SAP die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) hervor, die sich mit dem von Karl Kautsky und Eduard Bernstein ausgearbeiteten Erfurter Programm wieder stärker am Marxismus orientierte. Sie war zum damaligen Zeitpunkt die größte, ideologisch von Marx geprägte Partei und vereinigte Anhänger verschiedener marxistischer Strömungen in sich. In ihren Anfängen wurde die Partei durch einen starken linken/marxistischen Flügel, teils um die Person Rosa Luxemburgs versammelt, beeinflusst. Es gab um die Jahrhundertwende eine sehr kontroverse Diskussion über die politische Zielsetzung innerhalb der SPD, die u.a. durch den Aufsatz Sozialreform oder Revolution von Rosa Luxemburg zugunsten der Marxisten und der „Revolution“ entschieden wurde. Jedoch verlief der praktische politische Kurs der Partei, auch nach dem Aufsatz Die Aufgaben der Sozialdemokratie (1899) von Eduard Bernstein, in Richtung einer bürgerlichen Sozialdemokratie (Demokratischer Sozialismus, Reformismus/Revisionismus).

Beim Kriegsausbruch 1914 hatte die SPD die Vorkriegsbeschlüsse der II.Internationale missachtet und den Krieg durch Zustimmung zu den Kriegskrediten zunächst ohne Gegenstimme unterstützt. Ab September 1914 begannen die linken Oppositionellen sich zu sammeln und am 2.Dezember 1914 stimmte Karl Liebknecht als einziger Abgeordneter unter Missachtung des Fraktionszwangs der SPD gegen die Bewilligung der Kriegskredite. Die linken Kriegsgegner, unter ihnen Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Franz Mehring und andere, formierten sich zunächst in der Gruppe „Internationale“, die am 1.Januar 1916 in Berlin eine Reichskonferenz abhielt. Da ihre „Politischen Briefe“ ab dieser Konferenz mit „Spartakus“ unterzeichnet waren, erhielt sie den Namen „Spartakusgruppe“. An die Stelle der „Politischen Briefe“ trat ab September 1916 das illegale Organ „Spartacus“.

Im April 1917 gründeten die Führer der aus der SPD ausgeschlossenen „Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft“ die „Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands“ (USPD), der sich die „Spartakusgruppe“ unter dem Vorbehalt politisch-ideologischer Selbständigkeit anschloss und auf deren Gründungsparteitag mit einem eigenen revolutionären Programm auftrat. Auf ihrer illegalen Reichskonferenz am 7.Oktober 1918 in Berlin beschloss die „Spartakusgruppe“ ein Programm, das die sofortige Beendigung des Krieges, die revolutionäre Erringung demokratischer Rechte und Freiheiten und den Sturz des Imperialismus und Militarismus als Voraussetzung der sozialistischen Revolution forderte. Während der Novemberrevolution 1918 widersetzten sich die Führungen von SPD und USPD einer Initiative zur Umwandlung des Kaiserreiches in einen sozialistischen Staat, woraufhin vom 30 Dezember 1918 bis zum 1.Januar 1919 im Festsaal des preußischen Abgeordnetenhauses der konstituierende Parteitag der „Kommunistischen Partei Deutschlands“ (KPD) stattfand. Die Arbeiterbewegung spaltete sich endgültig in Reformisten (Sozialdemokraten) und Revolutionäre (Kommunisten) [14].

1956 wurde die KPD vom Bundesverfassungsgericht als „verfassungsfeindlich“ verboten [15]. 1959 legte die SPD endgültig mit dem Godesberger Programm ihre marxistische Weltanschauung als theoretische Grundlage ab.

Der Austromarxismus war eine Strömung im Rahmen des Marxismus, die vor allem in der Sozialdemokratie Österreichs im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts verbreitet war. Unter dem Oberbegriff „Austromarxismus“ sind durchaus unterschiedliche Ansichten zu fassen. Insofern ist der Begriff tendenziell eher eine Herkunftsbeschreibung im Sinne einer österreichischen Schule des Marxismus als die klare Basis eines gemeinsamen inhaltlichen Nenners. Zum Austromarxismus können verschiedene Intellektuelle gerechnet werden, unter anderem Max Adler, Rudolf Hilferding, Otto Bauer, Karl Renner und Gustav Eckstein.

Ein gemeinsamer Nenner des Austromarxismus ist das Parteiprogramm der SDAP von 1926, das so genannte „Linzer Programm“. In diesem Programm, das hauptsächlich von Otto Bauer verfasst wurde, wurden die allgemeinen Grundprinzipien des Austromarxismus dargelegt. Dieses Programm der Austromarxisten versteht sich als Mittelweg zwischen sozialdemokratischem Reformismus und der damals vor allem von den Komintern-Parteien vertretenen revolutionären Orientierung.

siehe weiterführend: Sozialdemokratie, Sozialistische Partei, Arbeiterbewegung, Arbeiterbewegung in Deutschland

Marxismus in der Sowjetunion

Obwohl eines der mächtigsten Länder der Welt, war das zaristische Russland bis ins ausgehende 19. Jahrhundert noch überwiegend landwirtschaftlich geprägt. Vielerorts herrschten noch vorkapitalistische Feudalstrukturen (Feudalismus). Eine verstärkte Industrialisierung setzte vor allem seit der Regierung von Zar Nikolaus II. (ab 1894) ein. Das darauf schnell anwachsende Proletariat litt unter miserablen sozialen Verhältnissen. Eine linke Opposition gegen den Zarismus war im 19. Jahrhundert in Russland stärker als in den meisten anderen europäischen Ländern von sozialrevolutionären und anarchistischen Strömungen geprägt, wohingegen die organisierte marxistische Sozialdemokratie zu Beginn des 20. Jahrhunderts erst noch in ihren Anfängen steckte.

1898 wurde die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands (SDAPR) als Bund von drei marxistischen Organisationen gegründet, der jedoch schnell wieder verboten wurde. 1903 spaltete sich die Partei im Exil in die Bolschewiki („Mehrheit“), unter der Führung von Lenin, und Menschewiki („Minderheit“), nach Lenin durch „... den rein zufälligen Umstand, daß wir 1903 auf dem Parteitag in Brüssel-London die Mehrheit hatten“. [16] Nachdem die Februarrevolution 1917 unter Führung der sozialdemokratischen Menschewiki nicht zum Austritt Russlands aus dem Ersten Weltkrieg führte, wurde Lenin mit Hilfe des Deutschen Reiches über Finnland nach St. Petersburg gebracht, um von dort eine weitere Revolution zu initiieren und einen Waffenstillstand auszuhandeln.

Die Oktoberrevolution 1917 war von Lenin und Leo Trotzki angeführt worden, Lenin blieb bis zu seinem Tod am 21. Januar 1924 die unbestrittene Führungsperson der Partei.

Er schuf ein Partiekonzept, nach der sie ein straff „organisierter Trupp“ [17] und „Instrument der Diktatur des Proletariats[18] sein sollte. (Siehe dazu auch Was tun, Demokratischer Zentralismus und Leninismus)

Die Revolution wirkte sich stark auf die internationale Arbeiterbewegung aus: ab 1918 wurden in ganz Europa kommunistische Parteien gegründet, die Mitgliedszahlen stiegen rapide und es entstand bald ein offener Konflikt mit dem Bürgertum. Vor allem in Deutschland (Weimarer Republik) und Italien kam es zu teils bürgerkriegsähnlichen Zuständen, bis Benito Mussolini 1922 in Italien und Adolf Hitler 1933 in Deutschland die Macht übernahmen und jegliche Arbeiterorganisation zerschlugen oder in den Widerstand drängten.

Josef Stalin, der schon seit Beginn der Revolution an Macht gewann, definierte den Leninismus 1924 als „Marxismus der Epoche des Imperialismus und der proletarischen Revolution... die Theorie und Taktik der proletarischen Revolution im allgemeinen, die Theorie und Taktik der Diktatur des Proletariats im besonderen.“ („Über die Grundlagen des Leninismus“). Trotzki entwickelte hingegen als Reaktion auf den Stalinismus eigene Ideen, die zunächst abwertend Trotzkismus genannt wurden. Der Begriff wurde später von seinen Anhängern übernommen. Er stützte sich im Wesentlichen auf zwei Theorien: zum einen die Theorie der „permanenten Revolution“, derzufolge der Sozialismus als Übergangsgesellschaft zum Kommunismus nur auf internationaler Ebene funktionieren kann, weswegen die ganze Welt durch eine Revolution vom Kapitalismus befreit werden muss. Zum anderen die Analyse der Sowjetunion als „degenerierter Arbeiterstaat“, indem eine Bürokratie die Macht usurpiert hatte.

Nach dem Tod von Lenin entbrannte innerhalb der KPdSU ein Machtkampf zwischen Stalin und Trotzki, der die Linke Opposition anführte. Stalin entschied diese Auseinandersetzung durch Manipulationen, die er dreist der Nachwelt überlieferte [19], für sich und konzentrierte bald genug Macht in seiner Person, um Trotzki 1927 aus der KPdSU auszuschließen. Später wurde diesem noch die sowjetische Staatsbürgerschaft entzogen und er floh über Umwege nach Mexiko, wo er nach unzähligen anti-stalinistischen Veröffentlichungen 1940 von einem Agenten Stalins ermordet wurde. Von 1929 bis 1953 war Stalin quasi Alleinherrscher über das Sowjetreich, in dieser Zeit setzte er seine politischen Vorstellungen mit brachialer Gewalt und paranoider Angst vor Verschwörungen von innen durch (Stalinismus). Der Stalinismus basierte auf dem Sozialismus, der Verstärkung von Klassenkämpfen und kompromissloser Führung nach innen und nach aussen. Die Klassenkämpfe sollten möglichst schnell die Entwicklung der Gesellschaft zum Kommunismus herbeiführen und so das Proletariat befreien. Praktisch war dieser Grundsatz die Legitimation für verstärkte Säuberungswellen und Konzentrationslager (Gulag-Lager).

1941 griff die Armee Adolf Hitlers trotz eines Freundschafts- und Nichtangriffspaktes die Sowjetunion an (Zweiter Weltkrieg) und besetzte die westlichen Teile des Landes, doch konnte die UdSSR die deutsche Wehrmacht nach großen Anstrengungen zurückschlagen und schließlich im Mai 1945 Berlin besetzen. Stalin blieb danach noch acht Jahre Führer der UdSSR. Nach Stalins Tod 1953 erfolgte unter der Führung von Nikita Chruschtschow der Beginn der Entstalinisierung (siehe auch 20. Parteitag der KPdSU, 1956) und die sogenannte Tauwetterperiode, wobei im weiteren Verlauf der Geschichte der Sowjetunion aber wieder eine teilweise Rehabilitierung Stalins einsetzte. Der letzte mächtige Politbürochef Michail Gorbatschow leitete die endgültige Abkehr vom Personenkult um Stalin, sowie tiefgreifende Reformen (Perestroika und Glasnost) ein, worauf dann der Verlust der Satellitenstaaten und damit am Ende des Jahres 1991 der Zusammenbruch der Sowjetunion folgte.

siehe weiterführend: Marxismus-Leninismus, Kommunistische Partei, Legale Marxisten, Arbeiterbewegung, Realsozialismus

Marxismus in der „3.Welt“

In der 3. Welt griffen zur Mitte des 20. Jahrhunderts antikoloniale Befreiungsbewegungen im Zuge der Entkolonialisierung oftmals marxistische Ansätze auf, wobei sich speziell in Südamerika auch eine an marxistischen Ansätzen orientierende Befreiungstheologie bildete.

1949 errang Mao Zedong mit der Kommunistischen Partei die Macht in China. Mao, dessen wichtigster Verbündeter bis 1965 die UdSSR war, herrschte auf der Grundlage des Maoismus bis 1976. Der Maoismus war eine totalitäre Weiterentwicklung des Leninismus und Stalinismus, in der der Fortschritt eine zentrale Rolle einnahm. Die Menschen sollten sich Mao und der Partei unterordnen und den Sozialismus nicht zur Erleichterung nutzen. Im Gegensatz zur „Assoziation der freien Produzenten“ nach Marx waren die Arbeiter unter Mao Zedong starken Zwängen unterworfen. Mao Zedong, der durch den „Großen Sprung nach vorn“, eine Kampagne, die die Wirtschaftskraft der Volksrepublik China stärken sollte und eine verheerende Hungersnot zur Folge hatte, politisches Vertrauen innerhalb der Partei verloren hatte, versuchte seine Vorstellungen eines maoistischen Staates durch die 1966 ins Leben gerufene Kulturrevolution in die Tat umzusetzen. Diese „Revolution“ bestimmte bis zu Mao Zedongs Tod das politische Geschehen in China und führte zu exzessiven Morden, Misshandlungen, Zerstörungen kultureller Güter und Restriktionen gegenüber dem Volk. Nach dem Tod Maos öffnete sich China wieder mehr und mehr westlichem Kapital und damit dem Kapitalismus.

Die Việt Minh unter Führung Hồ Chí Minhs kämpften in Vietnam während des Zweiten Weltkrieges (wie die KP Chinas in China) gegen die japanische Besatzungsmacht und gegen das französische Kolinialsystem in Vietnam. Nach der Augustrevolution 1945 wurde am 2. September 1945 die Demokratische Republik Vietnam ausgerufen. Frankreich trat daraufhin in den Indochinakrieg ein, aus dem auf der Indochinakonferenz 1954 eine Teilung Vietnams in Nordvietnam unter Führung Hồ Chí Minhs, und Südvietnam hervorging. Der Zweite Indochinakrieg gegen die USA endete am 1. Mai 1975 mit einem Sieg der Kommunisten und einer Wiedervereinigung Vietnams, die „Sozialistische Republik Vietnam“ besteht bis heute.

Nachdem 1959 in Kuba die Revolution erfolgreich war, erklärte Fidel Castro erst 1961 seine Revolte zu einer „sozialistischen Revolution“. Als am 2. Dezember 1961 dann die Sozialistische Republik proklamiert wurde, wurde Kuba damit als ein marxistisch-leninistischer Staat definiert. Im Kalten Krieg beschränkten sich die Politik- und Wirtschaftsbeziehungen auf sozialistische Staaten wie die UDSSR oder China, wobei es während der Kubakrise fast zu einem offenen Konflikt zwischen den Weltmächten gekommen wäre. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion folgte eine schwere Wirtschaftskrise und dann eine Öffnung gegenüber Konzernen und Touristen. Momentan wird Kuba noch immer von Castro regiert.

Kim Il-sung führte von 1948 bis 1994 in Nordkorea eine Diktatur auf der Grundlage des real existierenden Sozialismus mit Orientierung am Maoismus an. Die offizielle Staatsideologie ist die sogenannte „Chuch'e-Idee“. Nordkorea wurde und wird wirtschaftlich von China unterstützt, so zum Beispiel während des Koreakrieges (1950-1953). Nach dem Tode Kim Il-sung's übernahm sein Sohn Kim Jong-il alle Macht und führt die Demokratische Volksrepublik Korea im Stil seines Vaters weiter.

„Westlicher Marxismus“ / Neomarxistische Strömungen

Neomarxismus ist nicht unbedingt neu, er wird vielmehr als Sammelbegriff für marxistische Denkrichtungen verstanden, die von einer orthodoxen Betrachtung der marxschen Theorie abweichen und sich von der marxistisch-leninistischen Denktradition, vor allem von dessen realen Umsetzungen, abgrenzen. Trotzdem sind die Theorien Lenins, Trotzkis oder Rosa Luxemburgs bedeutend für den neomarxistischen Diskurs.

Zu den bedeutendsten frühen Theoretikern des Neomarxismus zählen Karl Korsch, Georg Lukács, Ernst Bloch und Antonio Gramsci.

Karl Korsch überwand mit seinem Werk Marxismus und Philosophie als erster den „dogmatischen“ Diskurs über marxistische Theorie, indem er die marxistische Geschichtstheorie kritisch auf die Entwicklung des Marxismus selbst anwandte.[20]

Kernbegriffe marxistischer Theorie, die Georg Lukács einer Analyse unterzog, sind Entfremdung, Verdinglichung und Klassenbewusstsein. Lukács geht unter anderem davon aus, dass mit Fortdauer der Kapitalisierung einer Gesellschaft immer mehr Subsysteme derselben kapitalistische Strukturen aufweisen (Bildungsstätten werden zu Bildungsbetrieben, die wie Unternehmen wirtschaften müssen; der Staat soll wie ein Unternehmen geführt werden, usw...). Das bedeutet: der Verdinglichungsprozess bestimmt alle gesellschaftlichen Verhältnisse. Sein bedeutendstes Werk ist Geschichte und Klassenbewußtsein. [21]

Ernst Bloch versuchte, den Marxismus für einen Wärmestrom empfindsam zu machen, da die Menschen nicht nur mit rationalen (kalten) Argumenten zu erreichen seien, sondern aufgrund ungleichzeitiger Entwicklungen auf einer tieferen Ebene angesprochen werden müssten. Er verwies dazu auf unabgegoltene Kämpfe in der Geschichte und auf den Vorschimmer einer herrschaftsfreien Welt, welcher in konkreten Utopien sichtbar werde. Mitte der 1950er Jahre, kurz nach Fertigstellung seines Hauptwerkes Das Prinzip Hoffnung verließ er die DDR, da Schüler von ihm inhaftiert wurden.

Antonio Gramsci, Mitbegründer der PCI, verfasste mit seinen Gefängnisheften eines der bedeutendsten Werke des Neomarxismus. Hauptbegriff seiner theoretischen Darlegungen ist die Hegemonie, verstanden als die „einheitliche Herausbildung eines kollektiven Bewußtseins“ und als „Verbreitung einer homogenen Denk- und Handlungsweise“ (Heft 1 §43[22]). Mit seinen Werken beeinflusste Gramsci nicht nur marxistische Denker, sondern die europäische Theoriebildung in den Sozial- und Politikwissenschaften. Ebenso legte er theoretische Grundsteine für den Eurokommunismus[23].

Der Eurokommunismus ist eine der bedeutendsten neomarxistisch geprägten politischen Strömungen. Dieser setzte sich für Veränderungen innerhalb der pluralistischen Demokratien (des Westens, einschließlich Japan) ein. Die begrifflich getroffene Abgrenzung gegenüber dem „Realsozialismus“, besonders in den 70er und 80er Jahren, wurde nach dem Zusammenbruch der UdSSR ungebräuchlich und ist heute selten anzutreffen. Bedeutende, im historischen Kontext zu bezeichnende, eurokommunistische Parteien kandidierten in Italien, Spanien und kurzzeitig in Frankreich.

Die erstmals in den 30er Jahren von Max Horkheimer begründete und bis 1959 bestehende Frankfurter Schule am Institut für Sozialforschung entwickelte mit ihrer Kritischen Theorie eine von der abendländischen Vernunftkritik beeinflusste, ideologiekritische Sozialphilosophie und Gesellschaftstheorie, die sich mit gesellschaftlichen und historischen Bedingungen der Theoriebildung (Ideologie) in Gesellschaften auseinandersetzt, speziell mit der des Spätkapitalismus. Mit dieser Kritik war zugleich der Anspruch verbunden, die gesellschaftlichen Verhältnisse zu verändern. Bedeutende Vertreter neben Horkheimer sind Theodor W. Adorno, Walter Benjamin, Erich Fromm und Herbert Marcuse. Die Frankfurter Schule übte Einfluss auf die Neue Linke, andere neomarxistische Strömungen und sozialwissenschaftliche Fachdebatten aus.

Louis Althusser gilt als einer der einflussreichsten europäischen marxistischen Philosophen der 1960er und 1970er Jahre. Althusser, der unter anderem von der Psychoanalyse Jacques Lacans, von der politischen Theorie Antonio Gramscis, von der Philosophie Spinozas sowie von der Epistemologie Gaston Bachelards beeinflusst war, unterzog das Werk von Karl Marx einer strukturalen Lesart.

Mit der Regulationstheorie, den Neogramscianismus oder den Cultural Studies finden sich weitere wissenschaftlich anerkannte neomarxistische Theorien in der sozialwissenschaftlichen Wissenschaftsgemeinde.

siehe auch: Praxis-Gruppe, Weltsystem-Theorie, Critical legal studies, Wertkritik

Geschichte marxistischer Organisationen

siehe: Kommunistische Partei

Die Schriften von Karl Marx und Friedrich Engels sind bis heute theoretisches Gerüst für verschiedene Organisationen und Parteien in allen Teilen der Welt.

In vielen Staaten Europas formierten sich erst kleinere Organisationen und daraus später, Parteien, deren Geschichte Parallelen aufweist. Mit Aufkommen des Nationalsozialismus wurden viele Organisationen aufgelöst und in den Widerstand gedrängt, nach 1945 befanden sich marxistische Organisationen vor allem in einer Auseinandersetzung mit der pluralistischen Demokratie des Westens und der Sozialdemokratie auf der einen Seite, und dem „Realsozialismus“ und der KPdSU auf der anderen. Der Zerfall der Sowjetunion führte oftmals zu einer inhaltlichen Neuausrichtung marxistischer Organisationen und Parteien.

Marxistische Theoretiker und Politiker

Unter Marxismus firmieren inzwischen sehr verschiedene Strömungen, die teilweise nur noch entfernt mit dem Fundament der Werke von Marx und Engels verbunden sind. Diese wurden wiederum durch verschiedene marxistische Theoretiker vertreten und weiterentwickelt, die sich von unterschiedlichen Denkansätzen her seinem vielschichtigen Werk genähert und eine eigene Strömung des Marxismus begründet oder vorhandene Strömungen nachhaltig beeinflusst haben.

Kontroversen um den Marxismus

Seit der Veröffentlichung der ersten marxistischen Schriften formierte sich Kritik an fast jedem Teilbereich der Theorie. Das liegt vor allem an der Unvollständigkeit seines letzten Werkes und daran, dass er seine Theorien auf begründete Kritik hin auch korrigierte („Jedes Urteil wissenschaftlicher Kritik ist mir willkommen.“ [24]). Z.B. gibt es widersprüchliche Aussagen über die gesellschaftlichen Voraussetzungen für eine sozialistische Revolution, wie Marx in seinem Brief an Wera Sassulitsch schreibt. Auch sind manche Formulierungen nicht eindeutig und/oder wurden falsch interpretiert. So schloss Marx aus den Erfahrungen der Pariser Kommune, dass „die Arbeiterklasse nicht die fertige Staatsmaschine einfach in Besitz nehmen und sie für ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzen kann[25] und in „Der Achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“ hatte er bereits geschrieben: „Alle Umwälzungen“ [= der Gesellschaft] „vervollkommneten diese Maschine statt sie zu brechen.[26] Nach Lenins Interpretation bestand deshalb „Der Marx'sche Gedanke (...) gerade darin, dass die Arbeiterklasse ‚die fertige Staatsmaschine‘ ZERSCHLAGEN, ZERBRECHEN muss und sich nicht einfach auf ihre Besitzergreifung beschränken darf. (...) In diesen Worten: ‚die bürokratisch-militärische Maschinerie zu zerbrechen‘, ist“, nach Lenins Interpretation, „kurz ausgedrückt, die Hauptlehre des Marxismus von den Aufgaben des Proletariats in der Revolution gegenüber dem Staat enthalten.[27]. Marx machte keine konkreten Angaben zur politischen Ordnung eines kommunistischen Staates. Innermarxistische Kritik kommt von seiten marxistischer Strömungen (vor allem der Neomarxisten), die jeweils oft nur Einzelbereiche ablehnen. Vollständige, grundlegende Ablehnung hegen viele Anhänger von grundlegend verschiedenen Organisation, oder Philosophien.

Siehe auch

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Wiktionary: Marxismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

„Klassische“ Marxistische Texte

Gegenwärtige Texte mit Bezugnahme auf marxistische Theorie

Strömungen & Organisationen

Literatur

Primärliteratur

  • Karl Marx, Friedrich Engels: Werke (MEW = Marx-Engels-Werke; bekannt auch als Blaue Bände). 43 Bände, Dietz Verlag, Ost-Berlin (ab 1989: Berlin) 1956-1990
  • Karl Marx: Ökonomisch-philosophische Manuskripte. (1844)
  • Karl Marx und Friedrich Engels: Das Kommunistische Manifest.(Originalausgabe 1848). Eine moderne Edition. Mit einer Einleitung von Eric Hobsbawm, Argument Verlag 1999, ISBN 3-88619-322-5
  • Karl Marx: Lohnarbeit und Kapital. Artikel in der Neuen Rheinischen Zeitung, April (1849)
  • Karl Marx: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie. (1857/58)
  • Karl Marx: Das Kapital. Band I-III (1. Auflage 1867) Paderborn: Voltmedia, ISBN 3937229345
  • Friedrich Engels: Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft. ,1882

Sekundärliteratur

Quellenangaben / Fußnoten

  1. Marx gebraucht den Begriff „Aufhebung“ (z.B. in Bezug auf die „Aufhebung der Klassen“) im Anschluß an Hegels „Phänomenologie des Geistes“, der diesem Begriff drei Bedeutungen zumaß, es gibt aber vier:
    1. Aufheben im Sinne von Aufhören, wie ein aufgehobenes Gesetz aufhört, gültig zu sein,
    2. Aufheben im Sinne von Bewahren, wie man zum Beispiel ein Andenken aufhebt,
    3. Aufheben im Sinne von Zurückkehren, wie man einen herunter gefallenen Gegenstand aufhebt, und
    4. Aufheben im Sinne von Erheben, wie Christus nach dem „Markusevangelium“ in den Himmel aufgehoben wurde.
  2. Marx, Thesen über Feuerbach. MEW, Band 3, Seite 533 ff. 1845 (1888 Überarbeitung Engels).
  3. Marx, Zur Kritik der Politischen Ökonomie. Vorwort. MEW 13, S. 9, 1859.
  4. Selbstverständlich bilden utopische Gedanken eine wichtige Basis für die Theorien von Marx und Engels, ihr Ziel war es aber, deren soziale Grundgedanken auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen.
  5. Brief von Engels an Joseph Bloch, 1890
  6. Lenin, Drei Quellen und drei Bestandteile des Marxismus. Werke, Bd.19, S.3-9.
  7. Marx; Engels, Manifest der Kommunistischen Partei. 1848.
  8. Stammen, Theo; Riescher, Gisela; Hofmann, Wilhelm: Hauptwerke der politischen Theorie. 1997, S. 320-323
  9. Marx, Zur Kritik der politischen Ökonomie. 1859.
  10. Marx, Das Kapital, Band 1: Der Produktionsprozeß des Kapitals.
  11. Marx; Engels, Das Kapital, Band 2: Der Zirkulationsprozeß des Kapitals.
  12. Marx; Engels, Das Kapital, Band 3: Der Gesamtprozeß der kapitalistischen Produktion.
  13. Die Parteien (politische Vereine) sind eine Errungenschaft der bürgerlichen Revolution und entsprechen in ihrem Charakter als Wahlvereine den Erfordernissen des Bürgertums. Weder Marx noch Engels gingen in ihrer Kritik der bürgerlichen Gesellschaft so weit, diese bürgerliche Organisationsform für das Proletariat in Frage zu stellen
  14. Alle Daten nach „Geschichte der deutschen Arbeiterjugendbewegung“, 1904 - 1945 Dortmund 1973, Seite 122f., 142f.,176f.,216
  15. Obwohl die BRD bis heute keine Verfassung hat und juristisch gesehen kein Staat, sondern ein Regime ist. Der Parlamentarische Rat, der das Grundgesetz ausarbeitete, war weder eine Verfassungsgebende noch eine Gesetzgebende Versammlung, über das sogenannte Grundgesetz fand nie eine Volksabstimmung statt, obwohl das Recht zur Verfassungsgebung ein Recht des Volkes, nicht des Parlamentes ist und schließlich wird durch das sogenannte Grundgesetz auch das unabtretbare (Rousseau) Souveränitätsrecht des Volkes, die Grundlage aller demokratischen Rechtsstaaten, illegal abgeschafft
  16. Lenin „Staat und Revolution“ (LW 25), Seite 468f.
  17. Vergleiche seine Broschüre „Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück“ in Lenin Werke (LW) 7
  18. Zum Beispiel inhaltlich in seiner Schrift Staat und Revolution (LW 25, Seite 416f.)
  19. Siehe Stalin Werke Band 10, Seite 150 - 155
  20. Stammen, Theo; Riescher, Gisela; Hofmann, Wilhelm: Hauptwerke der politischen Theorie. 1997, S.263-265
  21. Stammen, Theo; Riescher, Gisela; Hofmann, Wilhelm: Hauptwerke der politischen Theorie. 1997, S. 291-294
  22. Zitat nach: Stammen, Theo; Riescher, Gisela; Hofmann, Wilhelm: Hauptwerke der politischen Theorie. 1997, S. 162
  23. Zitat nach: Stammen, Theo; Riescher, Gisela; Hofmann, Wilhelm: Hauptwerke der politischen Theorie. 1997, S. 161-163
  24. Das Kapital, Vorwort zur ersten Auflage
  25. Marx; Engels, Vorwort zum „Manifest der Kommunistischen Partei“ (deutsche Ausgabe 1872)
  26. Karl Marx „Der Achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte“ (MEW 8), Seite 196f.
  27. Lenin, Staat und Revolution. Lenin Werke, Band 25, Seite 393 - 507