NS-Staat
Dieser Artikel behandelt die politische Struktur des Deutschen Reiches in der Zeit des Nationalsozialismus, also von der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1945.
Die Eigenbezeichnung des Staates war seit der Staatsgründung „Deutsches Reich“, allerdings unterscheidet man historisch 3 Epochen:
- Deutsches Kaiserreich (1871-1918)
- Weimarer Republik (1918-1933)
- Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945)
Umgangssprachlich wird für das Deutsche Reich des Nationalsozialismus auch Benennungen wie „Nazi-Deutschland“ oder „Hitler-Deutschland“ verwendet. Lange Zeit wurde auch die Bezeichnung „Drittes Reich“ verwendet, eine Propaganda-Bezeichnung, die von den Nazis selbst allerdings früh aufgegeben wurde.
Territoriale Gliederung
Deutschland war während der NS-Zeit weiterhin administrativ in Länder gegliedert. Die Länder verloren jedoch im Rahmen der gesetzlichen Maßnahmen zur Gleichschaltung mit dem Reich ihr staatliches Eigenleben und bildeten lediglich administrative Instrumente der nationalsozialistischen Reichsregierung zur Durchsetzung ihrer Politik in einem Einheitsstaat. Die staatlichen Organe wie Ministerpräsidenten und Regierungen blieben erhalten, ihnen wurden jedoch "Reichsstatthalter" übergeordnet. Ein Reichsstatthalter war in der Regel für ein Land zuständig, in Preußen wurden diese Aufgaben für jede Provinz von einer anderen Person wahrgenommen, teils in Personalunion mit dem NS-Gauleiter und/oder dem Oberpräsidenten der preußischen Provinz. Verschiedene kleinere Länder wurden zu Reichsstatthalterbezirken zusammengefasst. Auch in den anderen Ländern war es üblich, dass der NS-Gauleiter gleichzeitig Reichsstatthalter (oder Ministerpräsident) war.
In den an das Deutsche Reich angeschlossenen Gebieten Österreich, Sudetenland sowie in den eingegliederten polnischen Gebieten wurden 1939 Reichsgaue gebildet, die später auch im übrigen Reich eingerichtet werden sollten. Dazu kam es bis 1945 jedoch nicht mehr. Die nebenstehende Karte stellt somit nicht die verwaltungsmäßige Gliederung Deutschlands, sondern diejenige der NSDAP dar.

Ausgehend von den Grenzen der Weimarer Republik eignete sich das Dritte Reich bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs eine Anzahl von Gebieten auf legalem oder illegalem Weg an. Dazu gehörten:
- das Saarland (nach Auslaufen der Frist aus dem Versailler Vertrag und Volksabstimmung 1935)
- Österreich (durch den „Anschluss“ 1938)
- das Sudetenland (von der Tschechoslowakei nach dem Münchner Abkommen 1938)
- das Protektorat Böhmen und Mähren (Zwangs-Einverständniserklärung des tschechischen Präsidenten 1939)
- das Memelland (deutsch-litauischer Staatsvertrag 1939)
- nach dem Polenfeldzug 1939 durch Annexion:
- unter deutscher Verwaltung:
- nach dem Frankreichfeldzug 1940:
- nach dem Balkanfeldzug 1940
- vormals jugoslawische Teile Kärntens und der Krajina
- Untersteiermark
- nach dem Russlandfeldzug 1941:
- der Bezirk Białystok
Vor dem Zweiten Weltkrieg waren die Angliederungen staatsrechtlich wirksam mit Ausnahme der international nicht anerkannten Bildung des Protektorats Böhmen und Mähren. Während des Zweiten Weltkrieg waren die Eingliederungen völkerrechtlich unwirksam, mit Ausnahme der Freien Stadt Danzig und des Gebietes Eupen-Malmedy.
Exekutive
Staatsoberhaupt des dritten Reichs war Adolf Hitler. Er trug den Titel „Führer und Reichskanzler“.
Ministerien
Sicherheitsapparat und Militär
Eine Sonderrolle kam dem „Reichsführer-SS“ Heinrich Himmler zu, dem praktisch der gesamte Sicherheitsapparat abzüglich des Militärs unterstand. Nach der Liquidierung großer Teile der SA-Führungsschicht im Röhm-Putsch 1934 entwickelte sich die SS zur Schaltzentrale und zum „Gehirn“ des NS-Systems. Ziel der Machtkonzentration war der Aufbau einer parallelen, auf Überwachung ausgerichteten Struktur („Staat im Staate“). Diese trat zeitweise in Konkurrenz zu dem traditionellen Ministerialsystem, insbesondere nach der Übernahme von Verwaltungsfunktionen in den besetzten Gebieten (siehe Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete). Zudem diente die SS der Elitenbildung mit starker Bindung an den „Führer“.
Eine der zentralen Einrichtungen war das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) unter Reinhard Heydrich, später Ernst Kaltenbrunner. Es entstand aus der Zusammenlegung von Sicherheitspolizei (SIPO) und Sicherheitsdienst (SD). Dem RSHA unterstand unter anderem die „Geheime Staatspolizei“ (Gestapo) unter Heinrich Müller, bei der wiederum Adolf Eichmann für die Organisation der Judentransporte in die Vernichtungslager zuständig war.
Zur Organisation der SS siehe: Organisationsstruktur der SS, SS-Hauptämter
Das Militär, ab 1935 Wehrmacht, war wie folgt gegliedert:
Judikative
Zu den Gerichten im NS-Staat gehörten:
Verbände und Massenorganisationen
Die Organisation des NS-Staats stützte sich stark auf die Parteiapparate der NSDAP und ihrer Unterorganisationen. Nach der Machtergreifung wurden Nichtparteimitglieder in führenden Verwaltungspositionen schrittweise durch Parteikader ersetzt. Dies erstreckte sich auch auf die Verbände und Organisationen des öffentlichen Lebens, später wurden diese sämtlich gleichgeschaltet (in Einheitsorganisationen überführt) und der Kontrolle des NS-Apparats unterstellt. Eine wichtige Rolle als Mittler zwischen Parteibasis und NS-Führungsspitze spielte der Leiter der Parteikanzlei der NSDAP Martin Bormann. Näheres siehe Struktur der NSDAP.
Siehe auch
- Reichsparteitage, Vierjahresplan, Wehrwirtschaftsführer, Reichskommissar, Reichskulturkammer, Großdeutscher Rundfunk, Struktur der NSDAP
Literatur
- Kershaw, Ian: Der NS-Staat - Geschichtsinterpretationen und Kontroversen im Überblick. Rowohlt, Reinbek 1999, ISBN 3-499-60796-4