Albert-Schweitzer-Kinderdorf
Ein Albert-Schweitzer-Kinderdorf ist ein Kinderdorf, das verwaiste, verlassene Kinder aufnimmt.
Geschichte
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges entstehen in der Schweiz, Österreich und Deutschland die ersten Kinderdörfer. So gründet Robert Corti das erste Pestalozzi-Kinderdorf bei St. Gallen und Hermann Gmeiner den SOS-Kinderdorf-Verein in Tirol.
1957 folgt in Waldenburg (Württemberg) die Gründung des ersten Albert-Schweitzer-Kinderdorfs durch Margarete Gutöhrlein. Hier übernehmen Elternpaare die Betreuung. Albert Schweitzer nahm die Bitte von Margarete Gutöhrlein mit den Worten an: „Gerne tue ich dies. Kinderdörfer sind eine Notwendigkeit in unserer Zeit.“ und wurde persönlicher Pate des ersten Albert-Schweitzer-Kinderdorfs.
Mittlerweile hat sich aus dem ersten Kinderdorf der Albert-Schweitzer-Verband der Familienwerke und Kinderdörfer mit Sitz in Berlin entwickelt. Zur Erinnerung an ihren Paten feiern die Albert-Schweitzer-Familienwerke und Kinderdörfer jedes Jahr am 1. Juni den Albert-Schweitzer-Tag.
Selbstverständnis
Die Albert-Schweitzer-Kinderdörfer und -Familienwerke sehen sich als qualifizierter Dienstleister von Menschen für Menschen. Unabhängig von Religion, Herkunft oder Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen, werden Kinder, Jugendliche und Familien in ihrer Entwicklung gefördert. Ein respektvolles und gewaltfreies Miteinander ist dafür besonders wichtig.
Ziel ist es, familiäres Leben mit all seinen Aspekten dort zu erhalten und wieder möglich zu machen, wo es ohne Hilfe nicht mehr gelingt. Es gilt, gemeinsam Familien in Deutschland zu stärken und Kindern faire Zukunftschancen zu geben.
Die Kinderdorffamilien.
"Kinderdorfeltern", auch "Hauseltern" genannt, bilden mit bis zu sieben aufgenommenen Kindern und Jugendlichen sowie gegebenenfalls ihren leiblichen Kindern eine Kinderdorffamilie. Leibliche Geschwister können hier gemeinsam aufwachsen. Mindestens ein Elternteil hat eine entsprechende sozialpädagogische Ausbildung (als ErzieherIn, SozialpädagogIn, SozialarbeiterIn, HeilpädagogIn oder HeilerziehungspflegerIn) und Berufserfahrung. Der Partner arbeitet ehrenamtlich mit. Kinderdorfeltern handeln fachlich nach pädagogischen Grundsätzen und gestalten das Familienleben mit den Kindern weitgehend selbstständig. Erzieher– und Hauswirtschafter/–innen unterstützen sie im Familienalltag und psychologische und therapeutische Fachkräfte in ihrer professionellen Arbeit. Die Familien wohnen direkt in einem Albert–Schweitzer–Kinderdorf oder dezentral in der Region.
Kinderdorffamilien bieten Lebensräume, die sich am normalen Familienleben orientieren. Ziel ist es, Kinder und Jugendlichen, die aus sehr schwierig Lebensumständen kommen, intensiv und individuell zu fördern. Nach Möglichkeit wird der Kontakt zu den leiblichen Eltern gehalten. Ziel ist es die Ursprungsfamilie zu stabilisieren, um sie eventuell wieder zusammenzuführen.
Anforderungen an die Kinderdorfeltern
Sie müssen zur Ausübung des Berufes Organisationstalent, Geduld und Belastbarkeit mitbringen und die Fähigkeit, Zusammenleben zu gestalten. Die Ehepaare oder zusammenlebende Paare sollten in einer stabilen Beziehung zusammenleben und zu einer längerfristigen Bindungen mit den aufgenommenen Kindern und Jugendlichen bereit sein. Die eigenen Kinder müssen einer Vergrößerung der Familie zustimmen. Als Kinderdorfmutter oder -vater kann man Beruf und Familienleben sinnvoll miteinander verknüpfen.
Albert-Schweitzer-Familienwerke sind dem Paritätischen Wohlfahrtsverband angeschlossen. Nicht alle Albert-Schweitzer-Familienwerke besitzen das Spendensiegel des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes.
Netzwerk
Über Jahrzehnte hinweg haben die Albert-Schweitzer-Kinderdörfer und -Familienwerke ein feinmaschiges und deutschlandweites Netz geknüpft. Basierend auf ihrer langjährigen Erfahrung bieten sie heute als moderne soziale Dienstleister Hilfen für jedes Lebensalter und jede Lebenssituation.
Die unterschiedlichen regionalen Vereine sind dabei recht unterschiedlich aufgestellt. Kinder, Jugendliche und Familien stehen bei allen im Mittelpunkt. Die Bandbreite reicht vom real als Dorf angelegten Kinderdorf in Waldenburg, das 1957 gegründet wurde, über Familienwerke mit Familienberatungsangeboten, über Schulsozialarbeit, verschiedene heilpädagogische Albert-Schweitzer-Erziehungsstellen, Waldkindergarten bis zu Intensiven Sozialpädagogischen Einzelmaßnahmen (ISE) und Clearing Maßnahmen für Kinder und Jugendliche auf der Insel Ruden (Ostsee).
Die Albert-Schweitzer-Kinderdörfer und -Familienwerke sind in verschiedenen Bundesländern als selbständige Vereine organisiert. Für die entsprechende Vernetzung und Kooperation sorgt der Albert-Schweitzer-Verband der Familienwerke und Kinderdörfer e.V. mit Sitz in Berlin.