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Albert Speer

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Berthold Konrad Hermann Albert Speer (* 19. März 1905 in Mannheim; † 1. September 1981 in London) war ein deutscher Architekt. Im Nationalsozialismus war Speer seit 1937 Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt und plante zahlreiche Monumentalbauten, die den NS-Herrschaftsanspruch unterstreichen sollten. 1942 von Hitler zunächst zum Reichsminister für Bewaffnung und Munition ernannt, war er schließlich für die Organisation der gesamten Kriegswirtschaft des Deutschen Reichs verantwortlich. Speer wurde 1946 im Nürnberger Prozess als Kriegsverbrecher verurteilt und erst nach vollständiger Verbüßung der Strafe im Jahr 1966 entlassen.

Albert Speer als Angeklagter bei den Nürnberger Prozessen, 1946
(Foto: Truman Library)

Leben

Werdegang vor 1933

Albert Speer entstammte einem großbürgerlichen Elternhaus in Mannheim, bereits Vater und Großvater waren Architekten. Speer studierte zunächst in Karlsruhe und von Frühjahr 1924 bis Sommer 1925 an der Technischen Hochschule München (heute Technische Universität München). Im Herbst 1925 wechselte er an die Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg und bemühte sich vergeblich darum, in das Seminar von Hans Poelzig aufgenommen zu werden. 1926 wurde Speer Schüler Heinrich Tessenows und nach dem Diplom (1927) dessen Assistent.

Im Sommer 1922 hatte Speer die gleichaltrige Margarete („Margret“) Weber (1905 - 1987) kennengelernt, die aus einer Heidelberger Handwerkerfamilie stammte. Albert und Margret heirateten am 28. August 1928 in Berlin gegen den Willen von Speers Mutter, die die Schwiegertochter nicht für „standesgemäß“ hielt. Margret Speer brachte zwischen 1934 und 1942 sechs Kinder (Albert, Hilde, Margarete, Arnold, Fritz und Ernst) zur Welt.

1932 verließ Albert Speer Berlin und ging zurück nach Mannheim. Er ließ sich dort als Architekt nieder, erhielt jedoch keine Aufträge.

Architekt Hitlers ab 1933

Nach eigenem Bekunden erwachte sein Interesse am Nationalsozialismus im Dezember 1930 nach dem Besuch einer politischen Kundgebung in der Berliner Hasenheide, bei der Hitler als Redner auftrat. Am 1. März 1931 trat er in die NSDAP ein. Seine ersten Bauaufgaben waren ab 1932 kleinere Umbauten von Parteigebäuden. Nach der NS-Machtergreifung im Jahr 1933 lernte Speer Hitler persönlich kennen und der architekturbegeisterte „Führer“ nahm ihn in den engeren Kreis seiner Günstlinge auf. 1934 starb Hitlers bisheriger „Hofarchitekt“, der Münchner Paul Ludwig Troost, und Speer übernahm dessen Aufgaben.

In den Jahren nach 1933 entwarf Speer monumentale Bauten für die Reichsparteitage der NSDAP in Nürnberg, die jedoch kriegsbedingt nur zum Teil realisiert wurden. 1937 ernannte Hitler Speer zum Lürs geworden Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt (GBI), dem eine gleichnamige Behörde unterstellt war. 1938/1939 ließ Speer in Rekordzeit den Bau der Neuen Reichskanzlei errichten.

Speers Hauptaufgabe als Generalbauinspektor war der Umbau Berlins zur Welthauptstadt Germania. In diesem Rahmen sollte im Spreebogen mit der Großen Halle die größte Kuppelhalle der Welt entstehen.

Speers Behörde zeichete verantwortlich für Planung, Genehmigung und Bau von Zwangsarbeiterlagern und betrieb etliche in eigener Regie. Nach der Siemens AG und der Reichsbahn war der GBI 1942/43 drittgrößter Betreiber von Zwangsarbeiterlagern im Großraum Berlin. Mit Heinrich Himmler vereinbarte Speer die Herstellung und Lieferung von Baumaterial durch KZ-Häftlinge. Das Kapital für die von der SS gegründete Firma „Deutsche Erd- und Stein-Werke GmbH (DEST)“ wurde aus dem Haushalt Speers finanziert. Das Geld floss direkt in den Aufbau des KZ-Systems. Der zinslose Kredit war an die SS-Totenkopfverbände rückzahlbar in Form von Steinen. Zu diesem Zweck wurden fast alle KZs zwischen 1937 und 1942 in der Nähe von Tongruben oder Steinbrüchen gebaut. Für die Lager in Groß-Rosen in Schlesien und Natzweiler-Struthof im Elsass hat Speer 1940 die Standorte wegen der Granitvorkommen selbst festgelegt. Aufgrund der Aktenlage lässt sich heute beweisen, dass die Deportationslisten zwischen Oktober 1941 und März 1943 von Speers Mitarbeitern zusammen mit der Gestapo erstellt wurden. Speer hat die Kenntnis davon bis zu seinem Tode bestritten. Gleichwohl schreibt er in einem Brief vom 13. Dezember 1941 an Bormann, dass die „Aktion in vollem Gange“ sei und beschwert sich darüber, dass Bormann „Judenwohnungen“ ausgebombten Berlinern bereitstellen wolle, obwohl doch diese ihm (Speer) zustünden.

Speers Biograf und „vernehmender Redakteur“ (Zitat Siedler), der Publizist und frühere FAZ-Herausgeber Joachim Fest, äußerte sich über diese Vorwürfe in der Sendung „Literatur im Foyer“ am 15. April 2005, sie seien typisch deutsch und „kleinkariert“. Wer täglich mehrere hundert Unterschriften zu leisten habe, der könne nicht über alles im Detail Bescheid wissen. „Daher ist die Mitwisserschaft Speers nicht erwiesen, doch er wusste sicher mehr, als er zugegeben hatte.“ Diese großmütige und generöse Geste Fests steht im Widerspruch zu einer nicht mehr abreißenden Kette von Enttäuschungen über Speer. Denn schon seit 1982 sah sich Fest von Speer getäuscht aufgrund seiner Lektüre der Speer-Dissertation von Matthias Schmidt.

Raumentwürfe für das Dritte Reich

Albert Speer ordnete sich als führender NS-Architekt ganz den Vorstellungen Hitlers unter. Sein Bauherr und Stichwortgeber Hitler plante sämtliche städtebaulichen Veränderungen, so etwa Hamburg als „Welthandelszentrum“, München als „Hauptstadt der Bewegung“, Nürnberg als „Stadt der Reichsparteitage“ und Linz, hier wollte Hitler begraben werden. 1937 erteilte Hitler Speer den größten Auftrag, Berlin in die „Welthauptstadt“ Germania umzubauen. Er meinte zu Speer: „Berlin ist eine Großstadt, aber keine Weltstadt. Sehen sie Paris an, die schönste Stadt in der Welt! Oder selbst Wien! Das sind Städte mit einem großen Wurf. Berlin aber ist nichts als eine ungeregelte Anhäufung von Bauten. Wir müssen Paris und Wien übertrumpfen.“ (Quelle?) Speer übermittelte an anderer Stelle: „ [...] Dann kam er [Hitler] gern auf die alte Klage zurück, dass er wider Willen Politiker geworden, im Grunde ein verhinderter Architekt und nur deshalb als Baumeister nicht zum Zuge gekommen sei, weil er nur als staatlicher Bauherr diejenigen Aufgaben stellen konnte, die ihm selber angemessen gewesen seien.“ (Quelle?)

Siehe auch: Architektur im Nationalsozialismus

Minister ab 1942

Nach dem tödlichen Flugzeugabsturz von Fritz Todt (1942) ernannte Hitler Speer zum Reichsminister für Bewaffnung und Munition und zum Generalinspektor für das deutsche Straßenwesen, Festungsbau, Wasser und Energie. Speer gehörte seitdem endgültig zum engsten Kreis der Machthaber der Nazis. Er war in seiner neuen Position auch verantwortlich für die Zuteilung von Baumaterial an die Konzentrationslager. In diesem Zusammenhang erlangte er über zwei Angestellte auch Kenntnis von der Funktion des KZ Auschwitz bei der künftigen „Endlösung der Judenfrage“. Auch diese Tatsache hat Speer bis zuletzt bestritten.

Zusätzlich berief ihn Hitler 1943 zum Reichsminister für Rüstung und Kriegsproduktion. Albert Speer schaffte eine massive Erhöhung der Produktion durch den Einsatz von Millionen von Zwangsarbeitern, die vor allem von Fritz Sauckel und SS-Gruppenführer Dr.-Ing. Hans Kammler rekrutiert wurden und die unter anderem die zur Wehrmacht eingezogenen Arbeiter ersetzten. Das Konzept der “Selbstverantwortung der Industrie” wurde von Speer umgesetzt und die handwerkliche Fertigung von Rüstungsgütern in den ersten Kriegsjahren wurde durch einen industriellen Fertigungsprozess abgelöst.

Das Ende der Nazizeit und Gefängnis

1945 widersetzte sich Speer nach eigenen Angaben Hitlers „Politik der verbrannten Erde“ (Nerobefehl). Er behauptete später, Anweisungen sabotiert zu haben, die auf die Zerstörung der Infrastruktur in Deutschland und in den teilweise noch besetzten westeuropäischen Ländern zielten. Speer wird vorgeworfen, dass er die Verhinderung des so genannten Nerobefehls nur mit einer Totalisierung des Krieges von Hitler „erkauft“ habe. Diese Totalisierung kostete trotz des absehbaren Kriegsendes noch Millionen Menschen das Leben und führte dazu, dass zahlreiche deutsche Städte von alliierten Bombern in Schutt und Asche gelegt wurden. Weiterhin soll Speer befohlen haben, die Fabriken bis kurz vor der Eroberung Rüstungsgüter weiterproduzieren zu lassen und erst im allerletzten Moment „zu lähmen“.

Speers Ausnahmestellung beruhte vor allem auf seiner engen Beziehung zu Adolf Hitler. Speer hatte (im Gegensatz etwa zu Martin Bormann oder Heinrich Himmler) keine Hausmacht in der Partei (NSDAP), so dass er allein von Hitlers Gnaden abhängig war. Hitlers Wahl auf Speer als Rüstungsminister fiel daher möglicherweise auch aus Gründen des Machtkalküls.

Als Hitlers Rüstungsminister hatte er zunehmend Verantwortung für die Verbrechen der Nationalsozialisten übernommen. In steigendem Maße forderte er Zwangsarbeiter an, die ihm Heinrich Himmler und Fritz Sauckel verschafften. Die Arbeitsbedingungen dieser Sklaven interessierten Speer nicht.

In einem Fernseh-Interview nach seiner Freilassung 1966 behauptete Speer, nichts von der massenhaften Ermordung der Juden und anderer Minderheiten während der deutschen Besatzung gewusst zu haben. Wie sich erst später herausstellte, war dies eine Lüge neben vielen anderen. Neue Dokumente legen den Schluss nahe, dass Speer den Ausbau des Zwangsarbeits- und Vernichtungslagers Auschwitz nicht nur kannte, sondern auch aktiv vorantrieb.[1] Die Selektion in arbeitsfähige Deportierte für die Rüstungsindustrie und in für die Vernichtung bestimmte Alte, Kranke und Kinder kam seinen Interessen entgegen. Als Rüstungsminister brauchte er Zwangsarbeiter und als Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt hatte er für die Neugestaltung Berlins die Massendeportation der Berliner Juden betrieben. Die Recherchen und ihre Bewertung durch die Historiker sind insoweit noch nicht abgeschlossen. Die öffentliche Diskussion um die wirkliche Verantwortung Speers wurde durch Heinrich Breloers Doku-Drama „Speer und Er“ neu belebt.

Datei:Angeklagte-im-Nuernberger-Kriegsverbrecherprozess.jpg
Speer Auge in Auge mit dem Psychologen Dr. Gustave M. Gilbert in Nürnberg

Im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess, (1945 - 1946) wurde Speer wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 20 Jahren Haft verurteilt, die er im alliierten Kriegsverbrechergefängnis Spandau verbrachte. Seine langjährige Sekretärin Annemarie Kempf hatte als Zeugin durch positive Aussagen und Zusammensuchen von Entlastungsmaterial versucht, das Urteil zu mildern.

Während seiner Gefangenschaft unterstützen ehemalige Mitarbeiter auf Initiative von Rudolf Wolters seine Ehefrau Margarete Speer und die Kinder finanziell. Speer wurde erst nach vollständiger Verbüßung der Haftstrafe (1966) entlassen, da die Sowjetunion eine vorzeitige Begnadigung ablehnte. Seine in dieser Zeit heimlich erstellten Aufzeichnungen über die Haft, den öden Tagesablauf und die Konflikte unter den Mitgefangenen wurden hinausgeschmuggelt und später als „Spandauer Tagebücher“ veröffentlicht. 1981 starb Speer während einer Interviewreise in London an den Folgen eines Schlaganfalls. Speer wurde in seinem letzten Wohnort Heidelberg beigesetzt.

Speers Beziehung zu Hitler

Speer selbst war schon bei der ersten Teilnahme an einer Kundgebung mit Hitler von diesem und seinen Visionen, Idealen, seiner intuitiven Anpassungsfähigkeit und seinem österreichischen Charme beeindruckt. Er sagte später über sich und Hitler: „Wenn Hitler Freunde gehabt hätte, dann wäre ich bestimmt einer seiner engen Freunde gewesen“.[2]

Hitler wiederum fand in Speer den Architekten, der ihm in kürzester Zeit mit einem unglaublichen organisatorischen Talent Großbauwerke erstellen und mit dem er über Kunst philosophieren konnte. Vor allem aber wusste er Speers Loyalität zu schätzen. Hitler war an der Kunst im Allgemeinen, vor allem aber an Architektur interessiert* und gewährte Speer alle möglichen Mittel für seine Bauten, was wohl der Traum vieler Architekten ist (Zitat Speer: „Für einen großen Bau hätte ich wie Faust meine Seele verkauft. Nun hatte ich meinen Mephisto gefunden.“).(Quelle?) Speer hatte durchaus eigene Interessen und Ziele, die er als Architekt von Hitlers Bauideen noch am ehesten verfolgen konnte, so etwa die gigantomane Umgestaltung von Berlin in „Germania“ als ein Über-Rom und Über-Paris. Speer verkörperte das, was Hitler immer so gern gewesen wäre: Künstler und Visionär. Er schätzte bei Speer auch Ehrlichkeit, Fleiß, Arbeitseifer, Pflichtbewusstsein („preußische Tugenden“).

Damit bot sich Speer den Tätern, Mitläufern und Hinterherläufern des „Dritten Reichs“ als Identifikationsfigur an: Speer, der verführte Künstler. Die neueren Erkenntnisse lassen ihn dagegen eher als „Verführer des Verführers“ erscheinen. Historisch gesehen ist die persönliche Beziehung zu Hitler weniger entscheidend. Speer kann als Beispiel für die Unterstützung des Bürgertums für den Nationalsozialismus betrachtet werden. Die NS-Diktatur konnte nur deshalb so effektiv werden, weil Akademiker, Großbürgertum und Industrielle sich offensiv für das Regime einsetzten.

Die Selbstdarstellung Speers als verführten Intellektuellen und reumütigen Opportunisten glich der Rechtfertigung vieler NS-Funktionsträger, mit der diese nach Kriegsende freigesprochen wurden und in der Bundesrepublik neue Ämter übernehmen konnten. Diese Rechtfertigung hat zwar Speer das Leben gerettet; dennoch steht Speer aufgrund seiner Verantwortung für die Verbrechen des Nationalsozialismus in einer Reihe neben den weniger weltläufigen Nazi-Größen.

Speers Selbstdarstellung als „anständiger Nazi“

Speer betrieb in Freiheit jahrelange Recherchen u. a. im Bundesarchiv in Koblenz für den Nachweis, bei Himmlers berüchtigter Rede über das Genozid-Programm am 4. Oktober 1943 vor den Gauleitern nicht mehr in Posen anwesend gewesen zu sein. Daher wäre die Ansprache an Speer in Himmlers Rede nur eine rhetorische Figur gewesen, die durchaus auch gegenüber Nichtanwesenden üblich sei.

Die Einstellung Speers dokumentieren auch die sogenannten „Kransberg-Protokolle“, die die Niederschrift der ersten Vernehmungen Speers nach dem Krieg durch Briten und Amerikaner dokumentieren. Speer wurde zwischen dem 22. Juni und dem 7. September 1945 auf Schloss Kransberg im Rahmen der Operation „Dustbin“ befragt. Die Süddeutsche Zeitung kommentierte die Gespräche wie folgt: „Auf die egomanische Selbststilisierung verstand sich der Taktiker Speer bestens und allem Anschein nach schon, bevor ihn die Alliierten vor das Militärtribunal stellten. Kransberg, so ließe sich zugespitzt sagen, bot Speer die Gelegenheit zu üben.“ [3]

Speer erwähnt in seinen Erinnerungen nichts über seinen engen Mitarbeiter Rudolf Wolters, der zeitlebens ein Nationalist und Hitleranhänger geblieben war. Wolters führte seit 1941 die „Chronik der Speerdienststellen“, welche die Beteiligung des „Generalbauinspektors“ an der Entmietung von „Judenwohnungen“ durch die Speer unterstellte „Hauptabteilung Umsiedlung“ aktenkundig festhielt. Ihr Abteilungsleiter war der spätere Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Karl Maria Hettlage. Speer verhinderte 1970, dass Wolters die ungereinigte Fassung dieser Chronik an das Bundesarchiv in Koblenz übergab. Wolters machte dann aber 1980 den Historiker Matthias Schmidt auf dieses Schlüsseldokument aufmerksam. Schmidt publizierte 1982 darüber seine Dissertation, was wiederum Fest veranlasste, erst jetzt von seiner Version vorsichtig abzurücken.

Die Schärfe des Konflikts zwischen Speer und Wolters ist jedoch nicht allein auf eine einfache Ignoranz Speers gegenüber ihm zurückzuführen. Denn Speers Angehörige wurden während dessen Zeit im Gefängnis über einen „Schulgeldfonds“ via Wolters unterstützt, in den ein Freundeskreis von Architekten und führenden Beamten wie Karl Maria Hettlage, Walter Rohland, Ernst Wolf Mommsen, Friedrich Tamms einzahlte. Nach Speers Haftentlassung 1966 kam es zu Differenzen zwischen den Freunden und 1971 schließlich zum Bruch. Wolters warf Speer vor, seine Parteifreunde beim Nürnberger Prozess symbolisch getreten und damit verraten zu haben. Den endgültigen Bruch in tiefer Verachtung löste ein 1971 geführtes Interview Speers aus, das er mit dem Journalisten Eric Norden in der US-Zeitschrift Playboy geführt hatte und das dann in der deutschen Zeitschrift Quick in Auszügen übersetzt wurde.

Reaktionen auf Speers Selbstverständnis

Erst Jahrzehnte später wurden zunehmend kritische Stimmen gegenüber Speers Selbstdarstellung laut. Die Kritik entzündete sich unter anderem an der „Phrase“ von seiner „Verstrickung“ in die Verbrechen der Nationalsozialisten. Hans Mommsen trat mit einem Zwischenruf auf dem Historikertag 1999 dieser Schutzbehauptung vehement entgegen: „Das ist keine Verstrickung in den Nationalsozialismus, das ist der Nationalsozialismus.“ [4]

Vor allem Breloers Speer-Film ließ die letzte Zurückhaltung schwinden. In einem Leitartikel von Franziska Augstein heißt es: „Wer war schon ein Nazi? Spätestens seit Heinrich Breloers Film-Trilogie „Speer und Er“ sind zwei Dinge endgültig klar. Erstens: Es gab keine guten Nazis. Zweitens: Was Verstrickung genannt wird, war in Wahrheit Mord. Es war verbrecherische Überzeugung und Opportunismus aus Habgier, es war Verrat aller Sittlichkeit aus Eigensucht, Bereicherung an fremden Eigentum, kein Tanz auf dem Vulkan, sondern ein Gang über Leichen.“ (SZ, 12. Mai 2005, S. 4)

Im gleichen Tenor kommentierte Peter Siebenmorgen: „Das Speer-Bild, das einst in Stein zu hauen er [Joachim Fest] tatkräftig half, passte perfekt zum Entlastungsbedü Lüers rfnis der NS-kontaminierten Nachkriegsdeutschen: Im Kern sind sie, trotz aller Sünden, Gute geblieben, so wie er, Speer, der gute Nazi war. Nach Breloer kann dies im Ernst niemand mehr sagen.“ [5]

Joachim Fest versuchte die Besonderheit und das spezifische Selbstverständnis Speers als „anständiger Nazi“ genauer zu beschreiben: „Das Problem liegt bei Speer viel tiefer: Er hat sich wirklich schuldig gefühlt. Aber er verstand eigentlich nicht, was ‚Schuld‘ bedeutet. Mit der metaphysischen Dimension, die zu jeder ernsthaften Vorstellung von Schuld gehört, konnte er nichts anfangen. Daß Schuld erst durch eine übernatürliche Instanz ihre besondere Bedeutung, ihre Schärfe bekommt, hat er nie begriffen. Speer war ein moderner agnostischer Mensch und wußte mit dem, was Schuld im strengen Sinn bedeutet, überhaupt nichts anzufangen. Er sprach von seiner ‚Schuld‘, weil sich das so gehörte - aber er wußte nicht, wovon er sprach.“ [6] „Das Problem sind nicht die Hitlers dieser Welt. Das Problem sind die Speers.“ [7]

Familie

Einige von Albert Speers Kindern sind bekannte Persönlichkeiten. Sein Sohn Albert Speer jr. ist ebenfalls Architekt und wurde ein Stadtplaner von internationalem Rang. Seine Tochter Hilde Schramm ist Erziehungswissenschaftlerin und ehemalige Abgeordnete der Alternativen Liste im Berliner Abgeordnetenhaus. In den Neunziger Jahren war sie Vizepräsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses. Im Jahr 2004 erhielt sie für ihr Engagement in der Stiftung „Zurückgeben“ zugunsten künstlerischer und wissenschaftlicher Arbeiten noch unbekannter jüdischer Frauen den Moses-Mendelssohn-Preis.

Quellen

  1. „Sonderprogramm Prof. Speer“, WDR
  2. Speer, Erinnerungen, Propyläen 1969 / Ullstein 2003, Seite 517
  3. „Mobilisierendes Management. Ulrich Schlie ediert die Kransberg-Protokolle von Albert Speer aus dem Jahr 1945“, SZ, 25. November 2003
  4. Franziska Augstein: „Wer war schon Nazi?“, SZ, 12. Mai 2005, S. 4, Leitartikel
  5. Peter Siebenmorgen: „Speer und wir: Das Ende einer Lebenslüge“, Tagesspiegel, 11. Mai 2005
  6. „Er wußte nicht, was Schuld ist“, Die Welt, 17. März 2005, Interview
  7. „Zeugen des Jahrhunderts.“ Roger Willemsen befragt Joachim Fest, ZDF, 2. Februar 2003

Literatur

Monografien

  • Albert Speer: Erinnerungen, Berlin, Ullstein 1969, 610 S., ISBN 3-549-07184-1
    1969 erscheint Speers Autobiografie, deren Schwerpunkt die Jahre 1933 bis 1945 bilden, und in der er ausführlich sein Verhältnis zu Hitler darstellt. Speer setzt sich mit seiner Rolle in der NS-Zeit kritisch auseinander und bestreitet auch nicht seine Mitverantwortung, verschweigt aber nach Heinrich Schwendemann Wesentliches [1]. An der Autobiografie hat im Auftrag von Wolf Jobst Siedler, dem Geschäftsführer des Ullstein Verlags, Joachim C. Fest als Ghostwriter mitgewirkt. [2] Dieses Buch zementierte über lange Zeit die „Speer-Legende“ vom Gentleman-Nazi.
  • Albert Speer: Spandauer Tagebücher, Propyläen 2002 [1975], ISBN 3-54907-158-2
  • Albert Speer: Der Sklavenstaat. Meine Auseinandersetzung mit der SS, Ullstein 1981, ISBN 3-42106-059-2
  • Albert Speer: Die Kransberg-Protokolle 1945. Seine ersten Aussagen und Aufzeichnungen (Juni – September). Hrsg. von Ulrich Schlie. München, F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung 2003, 480 S., ISBN 3776622881

Über Speers Biografie

  • Vorlage:PND
  • Adelbert Reif: Albert Speer. Kontroversen um ein deutsches Phänomen, 1978
  • Matthias Schmidt: Albert Speer. Das Ende eines Mythos. Bern, München, Scherz 1982
    1. Neuauflage: Albert Speer. Das Ende eines Mythos. München, Goldmann 1983
    2. Neuauflage: Albert Speer: Das Ende eines Mythos - Speers wahre Rolle im Dritten Reich, Geleitwort von Heinrich Breloer, Berlin, Netzeitung 2005, ISBN 3-938941-00-6 (Informations- und Bestellseite zur Neuauflage)
  • Gitta Sereny: Albert Speer - Das Ringen mit der Wahrheit und das deutsche Trauma. München, Kindler 1995, ISBN 3-46340-258-0
  • Joachim Fest: Speer. Eine Biographie. Frankfurt a.M., Fischer 2001, ISBN 3-59615-093-0
  • Heinrich Schwendemann: Albert Speer. Architekt des Todes. "Im Herbst 1944 stand NS-Rüstungschef Albert Speer auf dem Höhepunkt seiner Macht. Auch heute noch gern zum »verführten Bürger« umgelogen, gehörte Speer tatsächlich zu den brutalsten Führern des Regimes." Die Zeit, 28. Oktober 2004 → [3]
  • Margret Nissen unter Mitarbeit von Margit Knapp und Sabine Seifert: „Sind Sie die Tochter Speer?“ DVA, 2005, 250 S., ISBN 3-42105-844-X
    - Rezension von Schwendemann → [4]
  • Joachim Fest: Die unbeantwortbaren Fragen. Notizen über Gespräche mit Albert Speer zwischen Ende 1966 und 1981, Reinbek, Rowohlt 2005, 268 S., zahlr. Abb., ISBN 3-498-02114-1
  • Heinrich Breloer: Unterwegs zur Familie Speer. Begegnungen, Gespräche, Interviews. Berlin, Propyläen 2005, 608 S., ISBN 3-549-07249-X

Architektur und Stadtplanung Speers

  • Joachim Petsch: Baukunst und Städteplanung im Dritten Reich. München, Hanser 1976, ISBN 3-44612-279-6
  • Heinrich Schwendemann: "Drastic Measures to Defend the Reich at the Oder and the Rhine..." A forgotten Memorandum of Albert Speer of 18 March 1945, in: Journal of Contemporary History, 38. Jg., 2003, 597 - 614.
  • Susanne Willems: Der entsiedelte Jude. Albert Speers Wohnungsmarktpolitik für den Berliner Hauptstadtbau. Berlin, Edition Hentrich 2002, ISBN 3894682590

Siehe auch: Architektur im Nationalsozialismus

Film

Der Fernseh-Dreiteiler Speer und Er von Heinrich Breloer und Horst Königstein ist eine Mischung aus Dokumentation und Spielfilm (Doku-Drama) zur Auseinandersetzung mit der Biographie Speers. Er verwendet dazu neben rekonstruierten Spielszenen und historischem Filmmaterial auch Interviews mit Augenzeugen, darunter vor allem Gespräche mit den Kindern von Albert Speer, Albert Speer jr., Arnold Speer sowie Hilde Schramm.

Commons: Albert Speer – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Biografien

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