ITER
Der ITER (engl. International Thermonuclear Experimental Reactor, internationaler thermonuklearer Versuchsreaktor) ist ein gemeinsames Forschungsprojekt der Europäischen Union und der Länder Japan, Kanada, Rußland, China, Südkorea und USA. Der ITER soll als Versuchsreaktor Wege zu einer wirtschaftlichen Nutzung der kontrollierten Kernfusion aufzeigen.
Kernfusion
Nach dem Vorbild der Sonne wird bei der Kernfusion Wasserstoff zu Helium verschmolzen. Dabei wird eine große Menge Energie in Form von (Wärme)-Strahlung frei. Ein Gramm Wasserstoff setzt dabei etwa dieselbe Menge Energie frei, wie acht Tonnen Erdöl. Die Wasserstoffbombe macht sich diesen Effekt zu nutze, allerdings wird die Energie unkontrolliert auf einmal freigesetzt.
Fusionsreaktor
Schon seit Jahrzehnten wird an der zivilen Nutzung der Kernfusion geforscht, das größte Probleme dabei ist die hohe Zündtemperatur: Der Fusionsprozeß kommt erst bei Temperaturen von mehreren hundert Millionen Grad Celsius in Gang. Auf derart hohe Temperaturen kann man den Wasserstoff aber nicht in bisher gebräuchlichen Medien erhitzen, da er sofort alle Gefäße zum schmelzen oder verdampfen bringen würde.
Der Wasserstoff wird daher in einem Vakuum erhitzt, schwebend, ohne Kontakt zum Behältnis. Um das zu erreichen, werden starke Magnete um die torusförmige Reaktionskammer errichtet, die das hocherhitzte Wasserstoffplasma durch Magnetfelder in Position halten. Damit die Magnetfelder überhaupt die erforderliche Stärke erreichen, müssen die Magnete bis zur Supraleitung heruntergekühlt werden.
Das Kühlen der Magnete, das Halten und Erhitzen des Plasmas benötigt enorme Energiemengen, bis der Fusionsprozeß überhaupt einsetzt. Bei bisherigen Projekten konnte die Fusion nur über kurze Zeit aufrecht erhalten werden, so daß die durch die Fusion gewonnene Energie nur einem kleinen Teil der eingesetzten Energie entsprach.
ITER-Projekt
Der ITER-Reaktor soll die wissenschaftliche und technische Machbarkeit der Einergieerzeugung aus Kernfusion demonstrieren. Als erster Testreaktor soll er netto mehr Energie liefern, als er zum Betrieb benötigt. Der Energieausstoß soll sich dabei in den Dimensionen eines herkömmlichen Kraftwerks bewegen. Mit dem Projekt sollen wesentliche Schlüsselelemente getestet werden, die für eine praktische wirtschaftliche Anwendung der Kernfusion notwendig sind. Er soll außerdem Erfahrungen im Betrieb liefern, die für einen geplanten nachfolgenden Demonstrationsreaktor (DEMO) notwendig sind.
Technische Daten
Der ITER-Reaktor funktioniert nach dem Tokamak-Prinzip: in einem toroidalen Magnetfeld wird aus Wasserstoff ein Plasmastrom erzeugt. Dieser soll auf die entsprechende Temperatur und Dichte gebracht werden, um eine Fusion zu ermöglichen.
Nach den bisherigen Planungen (Stand 2001) sind die technischen Eckpunkte:
- Gesamtradius: 10,7 Meter
- Höhe (über alles) 30 Meter
- Plasmaradius 6,2 Meter
- Plasmavolumen 837 Kubikmeter
- Magnetfeld 5,3 Tesla
- Maximaler Plasmastrom 15 Megaampere
- Heizleistung und Stromtrieb 73 Megawatt
- Fusionsleistung 500 Megawatt
- Energieverstärkung 10
- Mittlere Temperatur 100 Millionen Grad
- Brenndauer > 400 Sekunden
Projekt
Bei Gesprächen 1985 zwischen Michail Gorbatschow, Francois Mitterand und Ronald Reagan wurde eine Zusammenarbeit bei der Forschung beschlossen. Die ersten Planungen begannen 1988 im deutschen Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, die 1990 in einem ersten Entwurf eines Testraktors resultierten.
Mittlerweile sind auch Japan, die EU, China, Kanada und Südkorea an den Forschungen beteiligt. Von 1998 bis 2001 wurde die Reaktorkonstruktion detailliert ausgearbeitet und abgeschlossen.
Seit 2001 wird über einen Standort für den ITER beraten, Standortbewerbungen liegen aus Kanada]], Frankreich, Spanien, Japan und Kanada vor. Innerhalb der EU gibt es unterschiedliche Ansichten, ob der Standort in spanischen Vadellos oder im französischen Cadareche besser geeignet ist. Im September 2003 hat die vom wissenschaftlichen Berater der britischen Regierung David King geleitete King-Komission einen Abschlußbericht mit Standortempfehlungen vorgelegt. Eine endgültige Standortentscheidung soll Ende 2003 getroffen werden.
Mit einem Baubeginn rechnet man im Moment erst im Jahr 2006, mit einer Betriebsaufnahme ist ab ca. 2015 zu rechnen.
Die Kosten für das ITER-Projekt werden auf etwa 10 Milliarden Euro veranschlagt, etwa 4 Milliarden Euro davon entfallen auf die Planung und den Bau der Anlage, ca. 1,5 Milliarden Euro muß das Land tragen, in dem der Reaktor errichtet wird, den Rest teilen sich die anderen Projektpartner.
Nicht nur der Bau, auch der Betrieb des Testreaktors ist teuer, in den geplanten 20 Betriebsjahren wird er nochmal rund 4,5 Milliarden Euro kosten.
Wenn sich die Ergebnisse aus dem Testbetrieb wie erwartet gestalten, kann mit einem ersten regulären Fusionskraftwerk ab 2030-2040 gerechnet werden.
Von deutscher Seite am Projekt beteiligt ist das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching bei München und das Institut für Plasmaphysik (IPP) am Kernforschungszentrum Jülich. Weitere wissenschaftliche Zentren liegen in San Diego, USA und Naka, Japan. Das Aufsichtsgremium ITER-Council hat seinen Sitz in Moskau, Rußland.